Autor: Marah Jade

Banner: agentES
Beta Leserin: agentES
Rating: FSK 16
Genre: Actionabenteuer, Drama
Pairing: TIVA


Inhalt: Während seiner Zwangsversetzung zum FBI geht Tony, gegen Gibbs Willen, als Drogenkurier Undercover. Auf seinem letzten Flug fliegt seine Tarnung auf, die Maschine wird sabotiert und stürzt über den Wäldern von Kanada ab. Gibbs, sein Team und Fornell setzen alles daran ihren Agent zu finden. Doch ein Blizzard zieht auf und sie sind mit ihrer Suche nicht die Einzigen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. TONY WHUMP (ohne ein bisschen diesmal)


Disclaimer: Alles nur ausgeliehen: Alle Rechte an den Fernseh-Serien NCIS, ihren Charakteren und Handlungssträngen gehören Donald P. Bellisario, Belisarius Productions, CBS und Paramount.
Die Story und die nicht in den Serien erwähnten Personen und Orte sind meiner Fantasie entsprungen. Mögliche Ähnlichkeiten mit lebenden Menschen oder realen Ereignissen sind reiner Zufall und nicht von mir beabsichtigt!!!

Diese Geschichte ist nicht für die freie Verbreitung im Netz vorgesehen. Sollte jemand Interesse daran haben, diese Story auf anderen Seiten zu posten oder zu verlinken, bitte vorher bei mir melden!




Flug ins Ungewisse



1. Kapitel

Hampton stand auf dem kleinen privaten Flugplatz und sah über seinen Maschinenpark. Mittlerweile hatte er mehr als 20 dieser kleinen, leichten Kuriermaschinen angeschafft. Das Geschäft lief blendend. Nach außen hin die Fassade eines freien Kurierdienstes, doch nach innen Drogenschmuggel im großen Stil. Die Drogen kamen von Chile über einen Militärflughafen in Alaska und wurden dann über die Kanadische Grenze gebracht. Von dort übernahmen seine Teams die weitere Verteilung der Ware. Ein Team bestand aus zwei Personen. Dem Piloten und seinen Begleiter. Doch nicht alle seine Männer wussten von der kriminellen Tätigkeit. Einige hatte er auch nur zur Tarnung seiner Identität angeheuert. Diese, wie der junge Pilot der gerade startete, folgten wirklich den Routen der Holzfäller Camps oder der entlegenen Ansiedlungen und erledigten ihre Arbeit. Und während von ihnen die normale Post eingesammelt wurde, erledigte der zweite Mann in der Maschine den Drogentransport.

Die kleine einmotorige Aviat 1 A Husky wackelte zum Abschied noch einmal mit den Flügeln, dann war sie in den Wolken verschwunden. Er hatte sich damals extra für diese Maschinen entschieden, denn der Rumpf der Flugzeuge bestand aus einem mit witterungsbeständigen Kunststoff PET bespanntes Stahlrohrgerüst. Aufgrund ihrer Leichtbauweise hatte sie für das geringe Fluggewicht eine relativ hohe Leistung und das wiederum ergab eine optimale Kurzstart- und Landefähigkeit. Also genau das, was eine gute Kuriermaschine ausmachte. Als er seinen Assistenten auf sich zukommen sah, riss er seine Gedanken von den Fliegern und drehte sich zu ihm um.

„Wer ist er? Habt ihr es schon herausfinden können?“, fragte Hampton und sah dem kleinen, einmotorigen Flugzeug hinter her, das gerade noch einmal zwischen den Wolken aufblitzte.

„Es war nicht einfach, seine Tarnung war fast perfekt, aber halt nur fast“, teilte ihm Peters grinsend mit.

„Also wer ist er?“ Hampton hauchte sich in die Hände. Mittlerweile hatten sie gute 10 Grad unter Null.

„Ein NCIS Agent, in Diensten des FBIs. Anthony DiNozzo jr., ein Field Agent. Wir mussten wirklich lange suchen bis wir ein Loch in dem Zaum seiner Deckidentität gefunden haben.“ Stolz lag in seiner Stimme.

Sein Boss warf Peters einen abschätzenden Blick zu. „Sag MacKenzie Bescheid, sie sollen ihn beseitigen lassen“, sagte er und drehte sich zur Tür um.

„Wir haben das schon im Angriff genommen, Boss“, kam es eifrig von seinem Mittelsmann.
Doch der Angesprochene drehte sich nicht mehr um, sondern hob nur um sein Verstehen zu signalisieren die Hand.

~~~***~~~

„Wann kommt Daddy zurück?“, fragte Milena zum sechsten Mal in den letzten zwanzig Minuten. Ziva lächelte. Sie wusste, was Tonys Tochter damit verfolgte. Sie wollte einfach Zeit totschlagen.

„Ich habe dir doch schon gesagt, dass er heute Nacht zurückkommt und wenn du morgen früh wach wirst, kannst du ihn wecken. Was hältst du davon.“

Mias Gesicht hellte sich auf. „Au ja, das wird ein Spaß. Aber.....“

„Nein, kein „Aber“ mehr Mia. Jetzt wird geschlafen. Morgen musst du wieder in den Kindergarten.“ Ziva drückte ihr Puppe und Peppo in die Arme und zog die Bettdecke hoch bis zu ihren Schultern. Sie gab Mia einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf schön Kleines.“ Dann stand sie auf, machte die kleine Nachtlichtlampe an und im Nu galoppierten kleine Pferdchen über den Deckenhimmel. Sie liebte dieses Kind und bald würde sie, so Gott wollte, ein Schwesterchen oder ein Brüderchen dazu bekommen. Ziva war schwanger. Mittlerweile im siebten Monat. Leise schloss sie die Tür, ging ins Wohnzimmer und setzte sich auf das Sofa. Mit einem Seufzen zog sie ihre Beine auf die Couch. Ihre Niere machte ihr zu schaffen und sie hatte Wasser in den Beinen. Eine Folge ihres letzten Abenteuers, wenn man so wollte. Die damals teilweise kollabierte Niere hatte sich zwar erholt, war aber seit der Schwangerschaft anfällig und ihre Eiweißausscheidungen waren kritisch erhöht. Die Ärzte hatten ihr eine Risikoschwangerschaft bescheinigt und sie über die Risiken einer Tot- oder Frühgeburt aufgeklärt. Das war jetzt vier Monate her, denn davor ging es ihr eigentlich blendend und die Beschwerden hatten erst nach dem dritten Monat angefangen. Mittlerweile konnte sie im Stehen ihre Füße kaum noch sehen.

„Hallo du“, sagte sie. „Mmh, was meinst du, kannst du mich vielleicht heute mal zur Feier der Rückkehr deines Vaters schlafen lassen?“ Zärtlich strich sie über ihren dicken Bauch und als Antwort bekam sie einen Fußtritt. „Hey Kleines warte noch etwas, wenn dein Daddy gleich kommt, dann kannst du loslegen und ihm zeigen, wie stark du schon bist.“

Es wurde wirklich Zeit das Tony zurückkam. Seine Zwangsversetzung von einem halben Jahr war schon vor einem Monat abgelaufen, aber da er sich in einem Undercoverauftrag befand, wurde seine Zeit beim FBI mit Zustimmung von Direktor Vance verlängert. Bei dem Auftrag ging es um Drogenschmuggel im großen Stil und aufgrund seiner Vergangenheit beim P. D. Baltimore war er für das FBI besonders wichtig gewesen. Also hatten sie ihm eine passende Vergangenheit gestrickt und als Expolizisten, Dean Hunter, in den Ring eingeschleust.

Gibbs hätte dem Einsatz nicht zugestimmt, aber da Tony strafversetzt worden war, lag es nicht mehr in seiner Obrigkeit. Nach der langen Verletzungszeit, die ihrem Mann sehr zugesetzt hatte, hatte er freudig das Angebot des FBIs angenommen. Es war eine gelungene Abwechslung zwischen all der Akten- und Computerarbeit. Der Einsatz sollte nichts Dramatisches beinhalten. Tony sollte die Szene nur ausspionieren und Informationen für eine eventuelle Zerschlagung des Rings sammeln. Das war nun fünf Monate her und Ziva hatte seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm, aber von seiner Kontaktperson beim FBI war sie immer auf dem Laufenden gehalten worden. Es ging ihm gut und der Auftrag verlief für alle Parteien zur Zufriedenheit. Doch trotz der guten Prognosen machte sie sich um ihn Sorgen. Immerhin hatte ihr Mann in den letzten zwei Jahren viel mitgemacht. Sein Oberschenkelbruch machte ihm an manchen Tagen immer noch zu schaffen und ein leichtes Hinken war geblieben. Seine Schulter, die ihm auf brutalste Weise ausgerenkt worden war, war wieder vollkommen beweglich. Jedenfalls hatte ihr das der Verbindungsmann mitgeteilt, denn als Tony, überraschender Weise sofort nach ihrem Hochzeitsurlaub gehen musste, trug er seinen rechten Arm noch in einer Schlinge. Ziva griff sich ein Kissen und schloss die Arme darum. Sie vermisste ihn so sehr, dass es langsam weh tat. Außerdem hatte sie das Gefühl, dass es Zeit wurde. Die Geburt würde laut ihrer Ärztin nicht mehr lange auf sich warten lassen. Durch ihre Risikoschwangerschaft war sie schon seit Wochen gezwungen zu Hause zu bleiben. Aber heute würde das alles vorbei sein. Wahrscheinlich war Tony schon auf dem Rückflug von Kanada. Beschwingt durch ihre Gefühle, zog sie ihre Füße wieder von der Couch und machte sich auf den Weg in die Küche, um sich ihre nächste Flasche Wasser zu holen. Aufgrund ihrer Nierenschwäche musste sie viel trinken. Aber die Prognosen für die Zeit nach der Schwangerschaft standen gut, dann sollten sich auch ihre Werte wieder erholen.

~~~***~~~

Tony lehnte in seinem Sitz und genoss den letzten Flug. Nur noch einmal musste er seine Rolle spielen, dann konnte er sich davon verabschieden. Er sehnte sich nach Hause. Ein halbes Jahr hatte er seine Familie nicht gesehen. Der anfängliche Reiz der Undercover Mission des FBIs war schnell verflogen. Doch es war immer noch besser, als sich sechs Monate mit Agent Sacks herum ärgern zu müssen. Also hatte er dankend angenommen und bis jetzt war auch alles gut gelaufen und er hatte dem FBI jede Menge brauchbares Informationsmaterial übermitteln können. Als die kleine Maschine anfing zu bocken, warf Tony alias Dean Hunter, einen Blick nach vorne.

Der junge Pilot Mike, der die einmotorige Aviat 1 A Husky flog, warf immer wieder einen irritierten Blick zu den Instrumenten. Irgendwas stimmte mit dem Öldruck nicht. Der 180 PS starke Vierzylinder-Boxer-Motor stotterte und bockte. Unter den weit ausladenden Tragflächen des Schulterdeckers war in unmittelbarer Nähe nur weiß verschneites Waldland zu sehen. Sie befanden sich auf dem Rückflug nach Toronto und waren irgendwo im Bereich der großen Seen. Sein einziger Passagier saß hinter ihm im zweiten Sitz der Maschine.

„Was ist los Mike?“, fragte sein Begleiter.

„Ich habe keine Ahnung, aber irgendwas stimmt mit dem Öldruck nicht“, teilte der Pilot ihm mit und widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder den Instrumenten. In dem Moment fiel der Ölmesser plötzlich auf null und im selben Augenblick hörte der Motor auf zu laufen.

„Dean, schnall dich an. Das wird hier gleich ungemütlich.“

Der Angesprochene starrte auf den bewegungslosen Propeller. Dean war seine Deckidentität. Tony fuhr sich durchs Haar. Angstschweiß sammelte sich auf seiner Stirn, obwohl die Temperaturen auch in der Leichtbaumaschine fast den Nullgrad erreichten. Der Propeller stand senkrecht, als wäre er eingefroren. Urplötzlich war Stille eingetreten. Die Maschine zitterte und schien mitten in der Luft stehen zu bleiben. Automatisch drückte der Pilot die Nase der Maschine, damit er genügend Fluggeschwindigkeit behielt. Während Tony sich anschnallte, nahm Mike das Funkgerät auf.

„Mayday, Mayday. Flug Charlie Brava 1.4 auf dem Weg nach Toronto meldet...“, doch weiter kam er nicht, da er beide Hände für den Steuerknüppel brauchte und das Funkgerät fallen ließ.

Tony schluckte und griff an dem Piloten vorbei nach dem Sprechgerät. „Mayday, Mayday“, wiederholte er ohne Unterlass aber er bekam keine Antwort. Die Leitung blieb tot.

„Ich versuche gleich zwischen die Bäume zu kommen. Das wird nicht einfach. Am besten nimmst du deinen Kopf zwischen die Beine“, kam es von Mike und die Maschine rumpelte über unsichtbare Luftwellen.

Tony beobachtete den Piloten. Dessen Gesicht war angespannt und nur das Spiel der Wangenmuskulatur verriet seine innere Erregung. Die eine Hand umklammerte den Steuerknüppel, die andere hastete vom Gashebel zum Propellerstarter, zum Höhenruder und zu den anderen Schaltern und Hebeln. Ein rascher Blick nach Draußen verhieß nichts Gutes. Die grünen Spitzen der Kiefern kamen immer näher an die Schneekufen des kleinen Kurierflugzeuges.

„Achtung Dean, gleich knallt es, nimm jetzt den Kopf runter und ein Gebet könnte nicht schaden“, kam die Anweisung von dem Piloten.

Tony hatte noch nie solche Angst gehabt. Das Gefühl der Hilflosigkeit wütete in seinem Inneren und er betete tatsächlich. Um sein Leben, um das von Mike und darum, dass er seine Familie wieder sehen konnte. Während Mikes Augen verzweifelt umher irrten und nach einer noch so kleinen Lichtung spähten, hielt er die Nase der Maschine gefährlich hoch, um den Gleitflug soweit wie möglich auszudehnen. Aber in dem grün weißen Teppich war keine Lücke zu entdecken. Dann beugte der Pilot sich vor, umklammerte das Höhenruder mit den Fäusten und blockierte das Seitenruder mit den Füßen. Eine Hand schoss zum automatischen Feuerlöscher, der den Motor mit einer schaumähnlichen Masse zudecken und jeden von dort ausgehenden Brand im Keime ersticken sollte. Im allerletzten Moment riss er das Höhenruder an den Bauch.

„Jetzt Dean“, kam die Anweisung und Tony zog seinen Kopf zwischen seine Beine.

Die Maschine krachte in die Bäume. Tony hörte einen Schrei, dann ging alles ganz schnell. Es gab ein großes Krachen und Brechen und dann schien die ganze Welt nur noch aus Blitzen in allen Farben und zuckenden Lichtern zu bestehen. Danach herrschte Grabesstille, die nur durch das leise Aufklatschen des von den Kiefernzweigen fallenden Schnees unterbrochen wurde. Doch das bekamen die beiden Insassen nicht mehr mit, da sich die Dunkelheit über sie gesenkt hatte.

TBC.........



"Hallo an alle zahlreichen Schwarzleser. Schön, dass ihr vorbeischaut, die vielen Klicks freuen mich. Wenn jetzt der ein oder andere noch ein winziges Feedback hinterlassen würde - ich wäre der glücklichste Mensch auf Erden"

2. Kapitel

Die einzige Empfindung, die zu ihm durchdrang, war die Kälte. Ihm war fürchterlich kalt. Seine Finger und Zehen waren steif gefroren. Dafür flammte in seiner rechten Seite der Schmerz auf und ein Stöhnen glitt über seine Lippen. Mühsam versuchte er die Augen zu öffnen, schloss sie aber gleich wieder als der Schwindel über ihn kam und ihn die Dunkelheit ein zweites Mal verschlang.

~~~***~~~

Ziva wurde von der Türglocke geweckt. Aufgeschreckt sah sie auf die Uhr. Sie musste beim Warten auf Tony eingeschlafen sein, stellte sie belustigt fest. Die Schwangerschaft schlauchte sie ganz schön und sie wuchtete ihren aufgeblähten Körper in die Höhe. Endlich kam ihr Mann. Irgendwie hatte sie auch ein bisschen Angst vor seiner Reaktion, denn immerhin hatten sie sich jetzt 6 Monate nicht gesehen und ihre Körpermaße glichen dem eines Elefanten. Da ihr Kreuz sich leicht bemerkbar machte, legte sie eine Hand in den Rücken und watschelte zur Tür. Doch nicht Tony stand davor, sondern Gibbs mit finsterem Gesicht.

„Nein“, sagte Ziva und ihre Hand glitt automatisch zu ihrem Bauch. „Was ist passiert?“

„Wir wissen es noch nicht genau. Darf ich hereinkommen?“

„Natürlich, entschuldige. Ich vergesse meine Manieren.“

Als sie wenig später wieder im Wohnzimmer auf ihrer Couch saß und Gibbs ihr gegenüber Platz genommen hatte, sah sie ihn abwartend an.

„Ziva, wir….“, begann er und unterbrach sich selber. „Fornell hat sich gemeldet. Tonys Maschine ist irgendwo in den kanadischen Wäldern notgelandet. Das Letzte, dass sie aufgefangen haben, war ein Funkspruch des Piloten, dann brach der Kontakt ab.“

Angst schnürte ihr fast die Kehle zu. „Ihr habt also einen ungefähren Anhaltspunkt wo sein Flugzeug herunter gekommen ist?“, fragte sie hoffnungsvoll und unterdrückte das Zittern ihrer Stimme.

Gibbs sah sie lange schweigend an. „Ja, innerhalb eines Radius von 500 Kilometern.“

Diesen Satz musste seine Agentin erst einmal verdauen. 500 Kilometer in dichtem Waldgebiet. Das war die berühmte Nadel im Heuhaufen. Sie schluckte und verdrängte die Tritte ihre Kindes, die ihre Bauchdecke zum wölben brachte. Das Kleine bemerkte die Aufregung seiner Mutter. „Wie geht es jetzt weiter?“

„Fornell hat mir Tony soeben offiziell wieder übergeben. Somit ist er wieder NCIS Angehöriger und wir können auf unsere Satelliten zurückgreifen. Sofern er noch sein Handy hat, finden wir ihn auch.“ Aufmunternd legte er ihr seine Hand auf die Schulter. „Ich habe das Team schon zusammen gerufen. Abby versucht ihn dort zu orten und Tim hilft ihr.“

Ziva nickte und stand langsam auf.

„Was hast du vor?“, fragte ihr Boss.

„Ich wecke Mia und komme mit.“

„Nein, du bist nicht umsonst seit Wochen krankgeschrieben. Du kannst da eh nichts machen.“

„Doch ich kann euch helfen und hier würde ich nur durchdrehen.“

Gibbs sah die junge Frau lange an, dann nickte er langsam. „Okay, zieh dich um. Ich wecke Mia.“

Während Ziva sich ins Schlafzimmer begab, ging Gibbs ins Kinderzimmer und setzte sich auf die Bettkante. Vorsichtig strich er der Kleinen über die Wange.

„Hey Mia, aufwachen. Wir brauchen deine Hilfe.“ Es dauerte einige Zeit, bis er eine Reaktion erhielt, doch dann räkelte sie sich in den Kissen. „Hallo Süße“, sagte er und lächelte sie an. Milena gähnte.

„Ist Daddy schon da?“, fragte sie verschlafen.

Ihr Onkel schüttelte den Kopf. „Das dauert noch ein bisschen. Komm zieh dich an, wir fahren ins HQ. Wir brauchen deine Mommy dort.“

Unsicher sah sie ihn an. „Daddy kommt nicht, oder?“

Gibbs zog sie aus den Decken und nahm sie auf den Arm. Müde legte sie ihren Kopf an seine Schulter. „Vielleicht dauert es noch etwas länger, aber er kommt, Milena. Dein Daddy kommt immer wieder zurück“, sagte er und strich ihr über den Rücken und mehr um sich selbst zu beruhigen, fügte er noch einen Satz hinzu. „Tony ist ein Stehaufmännchen. Wir werden ihn finden.“

~~~***~~~
MacKenzie ging langsam auf Hampton zu.

„Peters sagte, du wolltest mich sprechen?“

„Hast du dich dieses Agents angenommen?“

„Peters hatte schon was in die Wege geleitet“, teilte er seinem Boss mit.

„Also? Wie sieht es aus?“, fragte Hampton.

„Die Maschine ist in den Wäldern bruchgelandet, Boss.“

„Sind die Insassen tot?“

MacKenzie druckste etwas herum. „Wir wissen es nicht.“

„WAS?“

„Ja, Peters hat der Maschine sowie dem Agent einen Peilsender verpasst. Die Maschine ist definitiv notgelandet, der zweite Peilsender ist scheinbar nicht mehr aktiv oder er wird von dem ersten überlagert. Wir müssen noch etwas abwarten, bevor wir sicher seinen können.“

„Wen haben wir in der Nähe?“, fragte ihn sein Boss.

„LeFrey!“, antwortete MacKenzie und ein leichter Ekelschauer lief ihm über den Rücken.

„LeFrey“, wiederholte Hampton genüsslich. „Das scheint mir doch der richtige Mann für diesen Job zu sein. Erteile ihm den Auftrag. Er soll nach dem Agent sehen und ihn mundtot machen, sollte er den Absturz überlebt haben“, und mit einem hinterhältigem Grinsen fügte er hinzu. „Sag ihm, wir lassen ihm völlig freie Hand. Hauptsache er bringt mir einen Beweis.“

„Was ist mit dem Piloten?“, wollte MacKenzie wissen.

„Was soll mit ihm sein. Weg damit.“

MacKenzie schüttelte sich innerlich. LeFrey war ein Sadist der schlimmsten Sorte und seine bevorzugten Souvenirs waren die Augen seiner getöteten Klienten. „Geht klar Boss, ich kümmere mich darum.“ Während er auf den Computerraum zu ging, dachte er an Hunter oder DiNozzo. Er hatte selten Mitleid, aber dieser Agent war eigentlich ein angenehmer Zeitgenosse gewesen und er hatte gerne seine Freizeit mit ihm verbracht. Freundlich, gewitzt, gutaussehend und immer einen flotten Spruch auf den Lippen, so würde er Tony beschreiben. Einen Verfolger wie LeFrey wünschte er nicht seinem stärksten Feind.

~~~***~~~

Als Tony das zweite Mal zu sich kam, bemerkte er wieder die Kälte, aber jetzt ging es seinem Kopf schon besser und er konnte seine Umgebung erkennen. Er befand sich noch immer in der Maschine und er steckte bis zur Hüfte im Schnee. Sein rechtes Auge war verkrustet und als er mit der Hand darüber strich, hatte er geronnenes Blut an den steifen Fingern. Irgendwo musste er sich den Kopf angeschlagen haben, aber durch die Kälte war die Blutung schon gestoppt worden. Das Atmen fiel ihm schwer und seine rechten Rippen brannten. Wahrscheinlich hatte er sich eine oder auch mehrere gebrochen. Mike, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf.

„Mike? Mike? Kannst du mich hören?“ Doch eine Antwort bekam er nicht.

Er musste sehen, dass er aus der Maschine kam und nach ihm sehen. Vielleicht konnte er dem Piloten noch helfen. Mühsam begann er mit seinen bloßen Händen den Schnee von seinen Beinen zu kratzen. Endlich hatte er sie soweit freigelegt, dass ein Bewegen möglich war. Tony wusste nicht wie lange er in dieser Haltung gesessen hatte, aber seine Beinmuskulatur wollte ihm kaum gehorchen. Nur unter äußerster Kraftanstrengung gelang es ihm, sich durch das zerstörte Seitenfenster nach draußen in den Schnee fallen zu lassen. Der Abstand war nicht hoch und doch reichte es aus, ihn an den Rand einer Ohnmacht zu bringen. Schwer atmend und gegen einen erneuten Blackout ankämpfend, lag er im Schnee. Erst jetzt merkte er, dass sein eh schon lädiertes rechtes Knie wieder pochte und merkwürdig steif war. Überall roch es nach auslaufendem Kerosin, aber der Löschschaum hatte ein Explodieren der Maschine verhindert.

Seine Kleidung, die aus einer Jeans, einem grauen Rollkragenpullover und einer Skijacke bestand, war mittlerweile vollkommen durchnässt. Die Kälte kroch ihm über den Rücken. Nach einer gefühlten Ewigkeit drehte er sich unter Stöhnen auf die Knie und robbte auf alle Viere zurück zum Flugzeug. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Tragflächen verschwunden waren und auch das Dach nur noch aus Plastikfetzen bestand. Die gesamte rechte Seite des Leichtbauflugzeuges war aufgefetzt. Irgendwas musste sie dort gestreift haben. Der Baum oder die Äste waren wahrscheinlich auch für seine rechtsseitigen Verletzungen verantwortlich. Mit einem wackeligen Gefühl in den Beinen zog er sich auf die Füße. Sofort schossen ihm Schmerzen durch die rechte Seite und er hatte Mühe auf den Füßen zu bleiben. An der Maschine entlang hangelnd bewegte er sich in Richtung des Piloten. Doch das was er da sah, war das Grauen. Jetzt wusste er auch, warum der Pilot nicht auf seine Rufe reagiert hatte. Mike hatte mit seinem Körper die grausame Wucht des Aufpralls mit dem Wald abgefangen. Sein Oberkörper war fast nicht mehr als solcher zu erkennen und sein Kopf fehlte völlig. Resigniert ließ Tony sich neben der Maschine wieder in den Schnee sinken. Den rechten Arm presste er dabei an seinen Körper. Die gebrochenen Rippen schmerzten unsäglich, bei jeder noch so kleinen Bewegung. Wie sollte es jetzt weitergehen?

Plötzlich fiel ihm sein Handy ein und mit zitternden Fingern versuchte er es aus seiner Anoraktasche zu ziehen. Als er es dann endlich in der Hand hielt, musste er wütend feststellen, dass es keinen Netzempfang gab und das Funkgerät, im vorderen Teil der Maschine, war auch nur noch Schrott. Wenn die Flugsicherheit ihren Notruf nicht aufgefangen hatte, würde ihn auch niemand suchen. Von Oben sehen, konnte man die Absturzstelle wahrscheinlich nicht. Dafür war der Wald zu dicht. Aussichtsloser konnte seine Situation kaum sein. Doch sein Überlebensinstinkt war geweckt. Er musste sehen, dass er an seine Tasche und aus den nassen Klamotten kam. Vorsichtig kämpfte er sich durch den Tiefschnee zum hinteren Teil des Leichtflugzeuges. Gott sei Dank war hinten die Maschine noch vollständig in Ordnung und sein Gepäck und Mikes kleine Reisetasche waren noch an Ort und Stelle. Mit zitternden Händen begann er sich aus der Kleidung zu schälen. Aufgrund seiner Rippenverletzung konnte er den rechten Arm nur unter extremen Schmerzen bewegen, so dauerte die Aktion etwas länger, aber zum Schluss hatte er etwas Trockenes an. Er stopfte die nassen Sachen zurück in die Tasche. Danach durchsuchte er das Flugzeugwrack nach etwas Brauchbarem und fand einen Erste-Hilfe-Koffer, eine Landkarte, eine Signalpistole und sieben Schuss Munition, sowie einen Kompass, sechs Energieriegel und ein Einmann-Zelt für den Notfall. Zusammen mit seiner eigenen Waffe, die er noch immer am Hosenbund trug und dem Messer, sah das gar nicht mal so schlecht aus. Er stopfte alles zusammen in seine Tasche und zog sich den Riemen über die Schulter. Der Ruck fegte durch seine Rippen wie ein Tornado und ließ ihn laut aufstöhnen. Als er den Schmerz wieder einigermaßen unter Kontrolle hatte, ging er noch einmal zum Cockpit. Es tat ihm leid, Mike so ohne Schutz den wilden Tieren zu überlassen, aber er sah keine Möglichkeit dies zu verhindern. Der Boden war hart gefroren und selbst wenn nicht, war er nicht in der Verfassung, ihm ein Grab auszuheben.

„Ich hol dich hier raus Mike und bring dich zurück zu deiner Familie“, flüsterte er der Leiche zu.

Dann zückte Tony den Kompass und versuchte sich an die einfachsten Pfadfinderregeln zu erinnern. Langsam machte er sich durch den Tiefschnee auf den Weg in Richtung Süden.

TBC..........



Ich freu mich auf eure Reviews........ LG Micha

3. Kapitel

Als die Fahrstuhltüren zu ihrem Labor aufgingen, sah sie zum ersten Mal seit geraumer Zeit von dem Computerbildschirm auf. In ihren Augen stand eine leichte Panik, aber ansonsten hatte sie sich erstaunlich gut im Griff.

„Gibbs, das wurde aber auch Zeit“, war alles was sie sagte, bevor sie sich wieder Tim und dem Computer zu wandte. Ihre Finger tanzten mit seinen über die Tasten um die Wette.

Der Grauhaarige, der die wieder eingeschlafene Mia auf dem Arm trug, näherte sich seiner Kriminaltechnikerin. „Habt ihr schon was gefunden?“

Abby schüttelte resigniert den Kopf. „Wir haben Satellitenzeit beantragt, aber das Ding ist erst in zehn Stunden wieder in Reichweite. Solange kann ich nur versuchen, ihn über das Handynetz zu suchen. Und da der Empfang scheinbar gleich null ist… ist das ein PROBLEM“, sagte sie laut, zügelte sich aber gleich wieder und deutete ihm, Mia ins Nachbarlabor zu bringen. Dort hatte sie für Notfälle immer einen Futon liegen. Gibbs kam gerade wieder als sich die Aufzugstüren ein weiteres Mal öffneten und Ziva den Raum betrat.

„Hallo Abby“, kam es müde von der Schwangeren, als sie das Labor betrat.

„Ziva“, kam es von McGee zur Begrüßung.

Die Brünette nickte ihn gequält zu.

„Ziva, ich wusste das du kommst. Du würdest unseren Tiger nie im Stich lassen“, sagte Abby und hüpfte auf sie zu.

Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht Abbs. Auch schwanger kann ich euch helfen. Was soll ich tun?“, fragte sie in der Hoffnung das Abby Herrin der Lage war.

Doch diese schüttelte nur traurig den Kopf. „Wir können im Moment gar nichts machen.“ Sie wollte gerade weiter sprechen, als sich der Fahrstuhl wieder meldete. „Mein Gott, das ist ja heute hier wie im Taubenschlag“, sagte sie in Gibbs Richtung, doch dieser zuckte nur mit den Schultern.

Tobias Fornell, in Begleitung von Agent Sacks, betrat das Labor. Zwei Augenpaar prallten aufeinander... keiner gab nach.

„Was wollen sie hier Tobias?“, raunte Gibbs ihn an.

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht zu überbringen.“

„Bitte Gibbs, bitte lass ihn erst die gute Nachricht sagen“, wisperte Abby an seiner Seite.

„Sie haben es gehört“, kam es da von Gibbs.

Fornell warf einen schrägen Blick auf die schwangere Ziva. „Die gute ist, wir können ihn orten, er hat einen Sender und wir haben die Peilmarken dazu.“

Gibbs runzelte die Stirn, doch McGee sprach aus, was er dachte.

„Woher haben Sie diese Information?“, fragte Tim.

Sacks, der bisher schweigend hinter seinem Boss gestanden hatte, meldete sich nun auch zu Wort. „Von unserem zweiten Mann im Ring. Er hatte den Auftrag bekommen, DiNozzo zu beseitigen.“ Als er Zivas Blick auffing, zuckte er nur mit den Achseln.

„Fornell, Konferenzraum, SOFORT“, donnerte die Stimme des grauhaarigen Ermittlers durch den Raum und er stampfte an dem FBI Mann vorbei in Richtung Aufzug.

~~~***~~~

Als sich die Aufzugstüren schlossen, ließ Ziva sich langsam auf einen Stuhl gleiten. Eine Hand hatte sie dabei auf ihrem Bauch liegen. Das Baby drehte vor Unruhe Purzelbäume in ihrem Bauch.

„Darf ich mal?“, fragte Abby und deutete auf ihren Bauch. Ziva nahm ihre Hand weg und ließ die junge Kriminaltechnikerin nun ihre Hand drauflegen. Wie auf Kommando trat das Baby nach ihr. Abby quiekte auf und drückte leicht gegen den Tritt.

„Das wird bestimmt ein Junge und ein großer Footballspieler“, sagte sie grinsend. „Ich versteh nicht wie du das aushältst, also ich würde es sofort wissen wollen. Hast du dir schon einen Namen überlegt?“

Ziva verneinte. „Wenn Tony wieder da ist, dann überlegen wir uns einen Namen. Nicht eher.“

Abby sah sie traurig an. Und was, wenn ihr Tiger nicht….. doch daran wollte sie gar nicht denken. Trotzdem lösten sich langsam ein paar Tränen und liefen ihr über die Wange.

Ziva indessen wandte sich nun Agent Sacks zu.

~~~***~~~

Der Aufzug hatte sich kaum in Gang gesetzt als Gibbs schon den Nothaltschalter umlegte.
„So Tobias. Nun erzählen sie mir mal was sie wissen? Und woher kommt plötzlich dieser zweite Mann?“, fragte er in einen wesentlich versöhnlicherem Ton als noch gerade vor versammelter Mannschaft.

„Wir hatten von Anfang an zwei Agents eingeschleust. Doch leider kam einer bei einem Unfall ums Leben. Trevor war also bereits ein ganzes Jahr Undercover, als wir Tony ins Rennen schickten. Und bevor sie fragen, DiNozzo wusste nichts von Trevor, aber er von DiNozzo schon.“ Abwartend warf er einen Blick zu dem Grauhaarigen, aber der schwieg ihn nur an. „Auf alle Fälle hat Trevor dem Flugzeug und Tonys Tasche einen Peilsender verpasst. Er hat uns die Marken durchgegeben.“

„Trevor? Welche Position hat er inne?“, fragte in Gibbs.

Fornell räusperte sich. „Trevor MacKenzie, er ist Hampton rechte Hand und somit ganz oben an der Spitze.“

„Dann lief es doch auch mit einem Mann scheinbar ganz gut für euch. Warum habt ihr Tony noch zusätzlich Undercover gebraucht?“

Fornell wischte sich plötzlich einen nicht sichtbaren Flecken von seinem langen Mantel. Dann seufzte er einmal ganz tief und schnaubte durch die Nase. „Als Ablenkung für Trevor, der kurz vor der Entdeckung stand“, sagte er leise und spähte schräg zu dem Ermittler. „DiNozzo hat einfach die richtige Art Aufmerksamkeit auf sich zu beziehen.“

In dem Moment wurde er von zwei starken Armen gegen die Aufzugswand gedrückt und auf die Zehenspitzen gehoben. Schlagartig blieb ihm ein teil seiner Luft weg.

Gibbs Augen hatten sich zu Strichen verengt. „Sie haben ihn da reingeschickt, damit er die Prügel einfängt. WANN hatten sie vor mir diese Kleinigkeit mitzuteilen?“ brüllte Gibbs seinen Freund an.

„Mein Gott, Jethro, ich dachte dein Ziehkind hätte sich langsam frei geschwommen“, erwiderte Tobias gepresst in der persönlichen Anrede, in der Hoffnung den Chefermittler damit etwas versöhnlicher zu stimmen, aber Gibbs ging darauf nicht ein.

„Tobias, als ich sie vor etwas mehr als einem halben Jahr bat, Tony für sechs Monate einen Posten zu beschaffen als Ausleihe, oder was auch immer. Da tat ich das nicht, damit sie ihn Undercover verheizen. Ich wollte ihn hier aus Vance Schusslinie bekommen. Und was machen sie?“

„Der Auftrag war Narrensicher. Es hätte nichts passieren dürfen. Ich versteh das auch nicht“, versuchte er sich entschuldigend zu erklären.

Nur langsam ließ ihn der Grauhaarige wieder auf die Füße nieder und fuhr sich frustriert durch die Haare, während sich Fornell an den Hals faste und tief Luft holte. „Ihr habt ihn sozusagen sofort nach seinen Flitterwochen eingefangen. Er war zu dem Zeitpunkt noch gar nicht arbeitsfähig.“

„Der Zeitpunkt passte hervorragend zu seiner Tarnidentität. Verletzter Ex Polizist. Keiner spielt das so überzeugend wie DiNozzo. Außerdem hatte er echte Wunden vorzuzeigen. Das machte die Angelegenheit noch glaubwürdiger.“

„Das ist mir egal. Er war nicht fit für so einen Auftrag.“

„MacKenzie hat auf ihn aufgepasst und sich auch privat mit ihm angefreundet.“

„Na was daraus geworden ist, können wir ja jetzt sehen“, erwiderte der Grauhaarige sarkastisch.

„Er hat sich hervorragend bewährt, Jethro. War das nicht das, was ihr Direktor mit ihm vor hatte?“, und mit einem großen Grinsen fügte er hinzu. „Dein Junge macht einen großartigen Job. Durch ihn und Trevor sind wir nur Stunden davor, das ganze Unternehmen auffliegen zu lassen. Sie können stolz auf ihn sein.“

Bei diesen Worten linderte sich Gibbs Mine wieder etwas. „Ich werde in ihren Freudentaumel mit einsteigen, wenn Tony wieder wohlbehalten auf seinem Platz im Büro sitzt und keine Sekunde eher.“ Mit diesen Worten legte er den Schalter wieder um und der Aufzug setzte sich in Bewegung.

~~~***~~~

Ziva warf Sacks einen schrägen Blick zu. „Was war eigentlich die schlechte Nachricht?“, fragte sie ihn gerade, als sich die Aufzugstüren öffneten und die zwei Sturköpfe wieder preis gab.

„Ja?“, sagte jetzt auch Gibbs. „Ich war von der Guten schon so erbaut, dass ich an die Schlechte gar nicht mehr gedacht habe.“

„Nein bitte, ich will sie gar nicht hören“, kam es von Abby, sie hielt sich die Ohren zu und fing leise an zu singen. Gibbs stellte sich neben sie, zog sie in seinen Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Also Fornell, wir hören.“

Der Angesprochene atmete tief durch. „Ein gewisser LeFrey ist damit beauftragt worden Tony, falls er den Absturz überlebt haben sollte, zu suchen und zu töten. Er folgt ebenfalls den Peilsendern. Wir haben also nicht mehr viel Zeit um DiNozzo da raus zu holen.“

Im Labor war es schlagartig ruhig geworden, nur Abby Schluchzen durchdrang die Ruhe. Gibbs beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Schläfe, dann drückte er sie Tim in die Arme. „Okay. Abby, ich möchte, dass du alles über diesen LeFrey herausfindest. Auch die kleinste Kleinigkeit. Alles“, als er sie verstehend nicken sah, fuhr er fort. „Tim, du lässt dir vom FBI die Peilsenderdaten geben und siehst zu, dass wir Tony in dem Dickicht finden.“
Der Chefermittler warf einen Blick auf die Kanada Karte die Abby an die Wand geklebt hatte. Das Land war riesig und stark bewaldet, selbst wenn man nur den Bereich der großen Seen nahm. Was, wenn er verletzt war? Dort gab es Bären und Wölfe. „Und Tim, ruf Ducky an, er soll sich bereit halten.“ Doch kaum hatte er den Satz ausgesprochen, revidierte er ihn auch sofort wieder. „Nein, welche Temperaturen herrschen da zu Zeit?“

„Tiefster Winter. Temperaturen zwischen minus 10 bis minus 20 Grad“, teilte ihm Agent Sacks mit.

„Also nicht Ducky, sag Palmer Bescheid. Jetzt kann er mal zeigen ob wirklich ein Agent in ihm steckt, oder ob seine ganze Spielerei mit Tony nur Show ist. Und wenn du das alles erledigt hast…“

„….fahr ich nach Hause und pack meine Sachen“, vollendete Tim den Satz und sah seinen Boss nicken.

„Ziva?“

„Ja Gibbs?“

„Du rufst…“

„….bei der Flugleitstelle der Navy an und lass euch für den nächsten Flug buchen? Fünf Personen?“, fragend sah sie ihn an.

Gibbs warf Fornell einen fragenden Blick zu. „Ich denke doch ihr begleitet uns?“, und als er Tobias nicken sah, nahm er Zivas Blick wieder auf und schenkte ihr ein kurzes Lächeln. Sie hatte noch nichts verlernt und sie versuchte auch gar nicht sich mit ins Spiel zu bringen. Anerkennend nickte er ihr zu.

„Meine Herren, gehen wir packen.“

~~~***~~~

Tony wusste nicht wie lange er schon unterwegs war, er wusste nur, dass er nicht mehr viel weiter kommen würde. Durst peinigte ihn schon seit ein paar Stunden und er hatte begonnen, Schnee zu lutschen, das aber hatte nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Er hatte Kopfschmerzen und ihm war schlecht, seine gebrochenen Rippen schmerzten ohne Unterlass und durch das Laufen im Tiefschnee spürte er auch seine alte Oberschenkelverletzung mehr als sonst, von seinem Knie ganz zu schweigen. Häufig versank er bis zu den Hüften und musste sich jedes Mal mühsam wieder daraus hervorkämpfen. Schneeschuhe wären jetzt von Nöten gewesen, aber so etwas stand ihm leider nicht zur Verfügung. Es wurde Zeit, dass er sich das Zelt für die Nacht aufbaute. Leider hatte er keine Handschuhe dabei, weswegen seine Finger mittlerweile steif und gefühllos waren.

Unter stöhnen ließ er sich auf die Knie fallen und öffnetet mit steifen Fingern den Verschluss vom Zeltgestänge. Eine Stunde und unzählige Versuche später, schlug er den letzten Hering in den Schnee und krabbelte frierend in das kleine Einmann-Zelt. Er war hundemüde und wollte nur noch die Augen schließen, aber gleichzeitig wurde ihm klar, dass er das auf keinen Fall durfte. Sollte er einschlafen, würde er wahrscheinlich morgen nicht mehr aufwachen. Draußen hatte das Wetter umgeschlagen und es schneite heftig. In Nu war das Zelt von einer weißen Decke umgeben.

Plötzlich hörte er ein bekanntes Geräusch. Ein Hubschrauber, schoss es ihm durch den Kopf. Das Geräusch sorgte dafür, dass neue Kraft durch seine müden Glieder fuhr. Tony suchte die Signalpistole und krabbelte so schnell er konnte aus dem Zelt.
„HIER, HIER BIN ICH“, schrie er dem Helikopter hinterher und schoss die Pistole ab.
„HIER Verdammt.“ Doch natürlich hörten sie ihn nicht. Noch einmal schoss er in die Luft. Dann wurden die Geräusche leiser und starben schließlich völlig ab. Plötzlich hatte er keine Kraft mehr und rutschte erschöpft und mutlos auf die Knie. Sie hatten ihn nicht gesehen. Niemand würde ihn hier sehen. Er selber hatte ja Mühe gehabt, den Helikopter zu finden, in dem Dickicht von Tannennadeln und Ästen. Er war alleine, ganz alleine. Frustriert boxte er in den Schnee und bereute es fast sofort als ein feuriger Schmerz durch seinen Oberkörper schoss. Mit schmerzverzerrtem Gesicht presste er den rechten Arm gegen seine Rippen und holte keuchend Luft.  

Nach kurzer Zeit robbte er zurück zu seinem Zelt. Dort kauerte er sich in die hinterste Ecke, steckte seine steif gefrorenen Finger zwischen die Oberschenkel und rollte sich soweit es ging zusammen. Seine Rippen protestierten aufgrund der unbequemen Lage, irgendwo in der Ferne hörte er einen Wolf heulen. Er dachte an zu Hause, an Ziva und Milena und an das Baby, das vielleicht seinen Vater nie kennenlernen würde, sollte er hier in der weißen Wüste erfrieren.

~~~***~~~

LeFrey sah interessiert auf seinen PDA. Er liebte die Jagd und je anstrengender diese war, je mehr Freude hatte er daran. Grinsend schaute er sich noch einmal das Bild der betreffenden Person an. Sportlich und durchtrainiert, so war es ihm am liebsten. Dann schaltete er das Gerät auf den Peilsender um und startete den Motorschlitten. Die Jagd konnte beginnen.

TBC..................

4. Kapitel

Tabitha stand im Türrahmen und sah ihrem Lebensgefährten beim Packen zu. Wenn jemand packen konnte, dann ihr Gunny. Jedes Kleidungsstück wurde in der richtigen Größe zusammen gelegt und kam an den für ihn vorgesehenen, optimalen Platz. Man merkte ihm seine Auslandseinsätze an. Doch dieses Mal waren seine Bewegungen langsam und unkonzentriert und sie konnte sich vorstellen woran das lag. Als sie sah, wie er die Tasche schloss, ging sie langsam auf ihn zu.

„Du wirst ihn finden. Ich bin mir da ganz sicher.“ Ihre Arme schlossen sich um seine Hüften.

„Ich weiß nicht. Diesmal ist es anders. Wir haben nur die Peildaten und du darfst nicht den Absturz vergessen. Ich weiß nicht was wir vorfinden werden. Und das macht mir Angst.“ Während er sprach, hatte er ihr ihre dunklen Haare aus der Stirn gestrichen und seine Stirn an ihre gelehnt. Wenn es jemanden gab, bei dem er sich fallen lassen konnte, dann bei ihr.

Tab strich ihm beruhigend über den Rücken. „Hey, wer bist du? Wo ist mein Gunny? Wo ist der Gibbs den ich kenne? Du fliegst da jetzt hin und du holst deinen Jungen zurück“, sagte sie und boxte ihm leicht gegen die Schulter. „Und jetzt schau nicht so verwundert. Meinst du ich hätte es nicht bemerkt? Ich weiß, dass du zu Tony eine besondere Beziehung hast. Zu ihm und zu Abby“, fügte sie grinsend hinzu. „Und ich finde die Beiden sind jetzt alt genug, dass du sie ihr Leben leben lässt.“ Als sie seinen verständnislosen Blick sah, sprach sie schnell weiter. „Hol ihn zurück. Ich, nein, wir warten gerne auf dich.“ Verwirrt über ihr „WIR“ sah er sie an. „Ziva braucht ihren Mann und Mia ihren Vater. Tony ist schon viel zu lange fort.“ Noch immer ruhte sein Blick auf ihr. „Und dann, lass uns unser eigenes Projekt wagen.“ Lächelnd zog sie seine Hände auf ihren Bauch.

Jethros Augenbrauen zogen sich überrascht in die Höhe. „Du bist schwanger?“

Mit einem unguten Gefühl im Magen nickte sie und sah ihn unsicher an. War es richtig, es ihm jetzt schon zu sagen? Wollte er überhaupt noch ein Kind? Ein Kind mit ihr?

Langsam löste sich die Starre die ihn befallen hatte. Sie war schwanger? Er konnte es kaum glauben. Sollte er tatsächlich noch einmal die Chance bekommen eine Familie zu haben. Ein Kind?

„Oh mein Gott“, schoss es Tabby durch den Kopf. Er sagt nichts. Er zeigt keine Reaktion. Er will das alles nicht. Panik machte sich in ihr breit. Plötzlich hatte sie kaum noch die Kraft sich auf ihren Beinen zu halten. Ihre Knie zitterten und schlagartig wurde ihr schlecht. „Ich.... ich....“, stammelte sie. „Ich werde meine Sachen packen und wenn du wieder kommst, bin ich verschwunden“, sagte sie und dreht sich, um ihre Tränen zu verbergen, von ihm weg.

Diese Worte waren der Schlüssel zu seinem Antrieb. Was redete sie denn? Schnell machte er einen Schritt auf sie zu und hielt sie am Arm zurück, „Nicht, bleib.“

„Du bist nicht böse?“, fragte Tab vorsichtig und ein leichtes Lächeln schlich sich zurück auf ihre Gesichtszüge.

„Warum sollte ich dir böse sein?“ Hilfesuchend sah er sich um. „Ich…es fällt mir schwer über meine Gefühle zu reden“, kam es von ihm zerknirscht. „Du machst mich zu einem glücklichen Menschen“, sagte er und zog sie zärtlich in seine Arme. „Ein Kind? Ich kann das noch gar nicht fassen. Ich werde noch einmal Vater“, stammelte er vor sich hin und erntete von ihr ein Lächeln, während sie sich enger in seine Arme kuschelte. Jethro sah über ihren dunkelhaarigen Scheitel hinaus in den neuen Tag. Das Leben meint es scheinbar wieder gut mit ihm, dachte er grinsend. Nun musste er nur noch Tony finden, dann würde wieder alles gut werden.

~~~***~~~

Sie kreuzten gerade eine Schlechtwetterfront und die Maschine fiel zum dritten Mal kurz hintereinander in ein Luftloch. Gibbs saß auf seinem Segeltuchsitz und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Seine Augen waren geschlossen, seine Atmung beruhigt, doch er schlief nicht. Neben ihm saßen McGee und Palmer, ihm gegenüber Fornell und Sacks sowie die Marines. Als die Maschine wieder absackte, griffen Tim und Sack fast gleichzeitig zu ihren Spuckbeuteln. Gibbs schmunzelte hinter geschlossenen Augen. McGees Magen war einfach zu schwach für solche Unternehmungen. Palmer hingegen schien es blendend zu gehen und er nahm den Flug wie eine Achterbahnfahrt, nach jedem Loch, stieg ihm ein Grinsen ins Gesicht.

Sie waren alle in wetterfeste Kleidung geschlüpft und saßen in einer Militärmaschine, die sie zur Canadian Forces Base nach Trenton bringen sollten. Von dort aus würden sie in kleinere Flugzeuge wechseln müssen, die sie dann direkt in die weiße Hölle Kanadas bringen würden. Direktor Vance hatte es tatsächlich geschafft, den Sec Nav davon zu überzeugen, ihnen eine kleine militärische Einheit, bestehend aus sechs Marines, zur Unterstützung mitzugeben. Woher sein plötzlicher Sinneswechsel kam, war Gibbs schleierhaft, denn vor nicht einmal einem halben Jahr wollte er Tony noch aufgrund *schwerwiegender Differenzen* aus dem Staatsdienst entlassen und nun half er freiwillig bei dessen Rettungsmission mit.

In Trenton würden dann noch einmal ein paar Canadian Rangers zu ihnen stoßen. Der letzte Funkspruch war genau über dem Queen Elizabeth II Wildlands Provincial Park aufgefangen worden. Dank des Peilsenders wussten sie jetzt auch ungefähr wo Tony sich befand und da das Ziel sich bewegte, konnten sie davon ausgehen, dass der Agent noch lebte. Sofern seine Leiche nicht von wilden Tieren gerade verschleppt wurde. Aber an solch finstere Gedanken wollte Gibbs jetzt gerade nicht denken. Ziva und Abby waren mit Ducky zu Hause geblieben. Gibbs hatte ihnen versprochen über Satellitentelefon mit ihnen sofort Kontakt aufzunehmen, sollten sie die Maschine oder Tony finden.

~~~***~~~

Seltsam dumpfe Laute drangen an sein Ohr. Es dauerte eine Zeit bis ihm klar wurde, dass er nicht tot, dafür aber doch wohl eingeschlafen war. Seine Armbanduhr zeigte ihm, dass der Morgen schon ein paar Stunden her war. Vorsichtig setzte er sich auf und hustete sich die Bronchien frei. Es ging ihm nicht besser, aber auch nicht wesentlich schlechter. Sein Magen meldete sich laut zu Wort. Mit steifen Fingern zog er einen Energieriegel aus der Tasche und aß ihn widerwillig. Es kratzte in seinem Hals und zwischen gelegentlichem Husten, machte er Pläne für den Tag. Wenn er jeden Tag nur einen Riegel aß, dann hatte er Proviant für sechs Tage. Vielleicht würde es ihm auch möglich sein, einen Hasen zu schießen. Dann konnte er sich einmal richtig satt essen. Während er jeden Bissen zwanzigmal kaute bevor er ihn schluckte, studierte er die mitgenommene Karte. Er hoffte, dass er sich irgendwo in der Nähe des Lake Simcoe befand. Von dort bis zu den ersten dichter bewohnten Siedlungen war es nicht weit. Vielleicht drei oder vier Tagesmärsche bei gutem Wetter. Wenn Mike allerdings durch den Crash etwas von ihrer Route abgekommen war, dann konnte er sich auch genauso gut im Nationalpark befinden. Je mehr er darüber grübelte, umso unsicherer wurde er. Aber es brachte nichts. Er musste weiter. Mühsam kletterte er aus seinem Zelt und stellte fest, dass dieses bis zur Hälfte unter Neuschnee begraben war. Wahrscheinlich war das seine Rettung für die Nacht gewesen. Heute Nacht würde er versuchen Brennholz zu finden um ein Feuer in Gang zu bringen. Dann hätte er es warm und er würde sich etwas Schnee zu warmem Wasser schmelzen können.

Zwanzig Minuten später war er wieder zum Abmarsch bereit. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als er sich den Taschengurt über die Schultern zog und dabei merklich die Luft anhielt. Tony warf einen Blick auf den Kompass und nahm wieder seinen Weg Richtung Süden auf.

~~~***~~~

Zwei Stunden später, diesmal hatte er extra auf die Uhr geachtet, musste er sich eine Pause gönnen. Er schmiss die Tasche in den Schnee und ließ sich, ein paar Meter weiter, schwer atmend an einen der unzähligen Baumstämme nieder. Dann machte er eine kurze Bestandsaufnahme. Sein Husten wurde immer schlimmer, das eh schon lädierte Knie verweigerte ihm immer häufiger den Gehorsam und sackte einfach unter ihm zusammen. Sein rechtes Auge und der darunter liegende Wangenknochen schmerzten und als er etwas Schnee nahm um die Stelle zu kühlen, bemerkte er, dass die Stelle an seiner Stirn wieder blutete. Tony wühlte in seiner Tasche nach dem Verbandskasten und suchte nach einem Pflaster. Nach dem zweiten erfolglosen Versuch, ließ er es sein. Bei der Kälte klebten die Pflaster einfach nicht. Also nahm er sich eine Mullbinde und wickelte sich diese mehrfach über das Pflaster und die Stirn, dann zog er seine Mütze wieder darüber und versuchte seine schmerzende Gesichtshälfte weiterhin mit Schnee zu kühlen. Wie lange würde es wohl dauern bis seine Finger die ersten Erfrierungen aufwiesen? Tony bereute es zutiefst, dass er keine Handschuhe eingepackt hatte. Sein Magen brachte sich gerade geräuschvoll in Erinnerung, als er nicht weit von sich entfernt eine Bewegung wahrnahm. Tony wusste nicht, was er erwartet hatte, aber mit dem was er zu sehen bekam, hätte er nie gerechnet und der pure Anblick jagte ihm einen Schauer nach dem anderen über den Rücken.

~~~***~~~

„Warum passiert uns das immer, Mommy?“, fragte Milena während sie auf dem Bürostuhl ihres Vaters saß, sich im Kreis drehte und dabei immer abwechselnd ein Bein hochhob.

Ziva sah sie etwas länger an und wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Wie erklärte man einem kleinen fünfjährigen Kind das Schicksal? Gibbs hätte dafür sicherlich eine Erklärung gewusst, aber Ziva war ratlos.

„Mommy, was passiert mit Daddy, wenn Onkel Jethro ihn nicht findet?“, fragte die Kleine da gerade und riss sie aus ihren Gedanken.

„Schatz, er findet ihn und das trifft nicht nur uns. Sieh mal, in dem Flugzeug war noch ein anderer Mann. Auf den wartet bestimmt auch eine Familie. So schlimm es auch ist, aber Abstürze passieren eben. Da kann man nichts gegen machen“, sagte sie, japste plötzlich auf und legte sich eine Hand auf den Bauch.

„Strampelt er wieder?“, fragte Mia und Ziva nickte ihr zu.

Mia hörte auf mit ihrer Dreherei und kam auf Ziva zu. Sie stellte sich genau vor sie und legte ein Ohr an ihren Bauch. „Hallo kleiner Bruder. Ich bin deine große Schwester und wenn du da mal irgendwann heraus kommst, dann können wir auch mal was zusammen spielen.“ Während sie sprach streichelte ihr Hand über Zivas gewölbten Bauch, wie sie es schon häufiger gesehen hatte.

„Woher weißt du, dass es ein Junge wird?“, fragte Ziva belustigt.

„Das ist doch ganz einfach, Mommy. Jungen bekommen Schwestern und ich bin eine Schwester, also bekomm ich einen Bruder“, teilte Mia ihr naseweis mit.

Zivas Lachen erhellte das noch recht leere Büro. „Na wenn das so ist“, sagte sie noch immer lachend und zog die Kleine in ihre Arme.

~~~***~~~

Keine zehn Meter von ihm entfernt stand ein Wolf. Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte Tony sich damit begnügt ihn zu studieren. Denn das Erscheinungsbild war mehr als prächtig. Der Wolf hatte ein fast weißes Fell, nur kleine Stellen zeigten eine dunklere Schattierung. Er war groß und sein Blick starr, während er Tony nicht aus den Augen ließ. Die Lefzen hatte er hoch gezogen und zeigte dabei sein grausiges Gebiss. Langsam kam er auf seine vermeintlich leichte Beute zu und riss Tony damit aus seiner Starre.

Kalter Schweiß lief ihm die Schläfen herunter und brannte in den vielen Schnittwunden, die die Äste auf seinem Gesicht hinterlassen hatten. Mit einer Hand versuchte er so langsam wie möglich an seine Tasche und die da drin befindliche Waffe zu kommen, mit der anderen zog er sich am Baumstamm in die Höhe. Sein Gesicht war verzerrt und er keuchte schwer, während der Schmerz der Bewegung über ihn hinweg rollte. Was sollte er tun? Konnte er ihn vertreiben? Oder war er gezwungen, auf dieses herrliche Tier zu schießen? Wie war nur die Verhaltensweise von Wölfen? Er schalt sich selbst einen Narren, dass er im Biologie Unterricht nicht besser aufgepasst hatte. Plötzlich fiel ihm etwas ein und sein Blick ließ kurz von dem Wolf los und suchte den Horizont ab. Jagten Wölfe nicht im Rudel? Doch dieser schien Gott sei Dank allein zu sein. Langsam, aber unausweichlich kam der Wolf mit gefletschten Zähnen auf ihn zu. Zum ersten Mal fiel Tony auf, dass er nicht nur schön, sondern auch sehr groß war. Neben ihm lang ein längerer, frisch abgefallenen Ast. Diesen nahm er hoch, denn seine Waffe hatte er noch immer nicht in der Hand.

„HAU AB“, schrie er dem Wolf zu, hustete und klatschte mit dem Ast auf den Schnee. Doch das schien dem Wolf nicht zu beeindrucken.
„HHHÖÖÖÖÖ FORT. LOSSSS VERSCHWINDE.“ Doch auch jetzt ließ sich der Wolf nicht von seiner Fährte abbringen. Wie hatte er ihn nur gefunden? Doch dann fiel ihm das Blut wieder ein. Wahrscheinlich hatte er damit den Schnee voll getropft und somit selbst eine herrliche Spur gelegt.
Wieder machte Tony einen Schritt auf den Wolf zu und schwang dabei, laut aufheulend, den Ast hoch über seinen Kopf, als plötzlich der Boden unter ihm nachgab und ihn bis zu der Hüfte verschluckte. Er saß in der Falle.

~~~***~~~

Kaum war die Maschine gelandet, holte Gibbs auch schon sein Handy hervor und wählte Abbys Nummer. Als sie abnahm, glitt ein Grinsen über sein Gesicht.

„Das wurde auch langsam Zeit, wir dachten schon euer Flugzeug wäre auch abgestürzt“, kam es empört von seiner Kriminaltechnikerin.

„Wir sind in schweres Wetter geraten, Abbs, der Pilot musste ein wenig ausweichen. Aber jetzt sind wir da. Sind Ziva und Milena bei dir?“

„Jepp, sie sind hier im Yard, aber gerade mit Ducky Frühstück besorgen.“

„Gut. Also, was hast du für mich?“ Wie immer kam er sofort zur Sache.

„Okay, der Steckbrief von Jacques LeFrey liest sich wie ein Drehbuch zu Freddy Krügers Nightmare on Elm Street“, sagte Abby und schüttelte sich dabei.

„Abbs, komm zum Punkt.“

„Klar, Gibbsmann. Also. Jacques LeFrey, wurde am 14.08.1960 in Québec geboren. Er ist also ein sogenannter Frankokanadier. Über seine ersten zehn Lebensjahre kann ich dir nichts berichten, außer dass er dreimal den Kindergarten und zweimal die Junior High gewechselt hat. Aber dann geht es los. Seine Eltern kamen 1970 bei einem Wohnungsbrand ums Leben. Wie durch ein Wunder überlebte das einzige Kind unverletzt. Danach kam er zu seiner Großmutter väterlicherseits. Die alte Dame kam bei einem Treppensturz ums Leben. Die Zeit im Kinderwaisenhaus ist nicht mehr zu rekonstruieren, da das Heim 1978 bis auf die Grundmauern abgebrannt ist und der Direktor, als einzige Person dabei ums Leben kam. Fällt dir was auf Gibbs?“

„Er beseitigt unbequeme Personen.“

„Ja und das schon seitdem er zehn Jahre alt ist. Ich meine, was ist das für ein Typ?“, kam es von der Technikerin. „Andere Kinder in dem Alter spielen noch mit ihren Eisenbahnen.“

„Vielleicht geht das auch schon länger. So kranke Gestalten fangen meistens mit Tieren an. Wahrscheinlich sind im Umkreis der Familie immer mal wieder Haustiere verschwunden. Das werden wir nicht mehr heraus bekommen, aber mach weiter“, bat er Abby.

Diese holte tief Luft und sprach dann weiter. „Direkt nach der Volljährigkeit ist er ins Militär eingetreten. Er war bei den Joint Task Forces, das ist eine Spezialeinheit für Terrorismusbekämpfung und Geiselbefreiung. Dort hat er am Anfang wahnsinnig hohe Erfolgsquoten gehabt. Er hat mehrere Auszeichnungen bekommen. Doch 1995 muss irgendwas passiert sein und das Morden ging wieder von vorne los. 2000 wurde er dann aufgrund nicht genannter Differenzen unehrenhaft entlassen. Von da an verflüchtigt sich seine Spur. Bis er dann 2008 mit einer Reihe von Serienmorden, bei denen den Opfern die Augen entfernt wurden, in Verbindung gebracht wurde. Doch man konnte ihm nichts nachweisen und ließ ihn ein Jahr später wieder auf die Allgemeinheit los. Seitdem verdingt er sich als Gelegenheitsmörder.“ Sie machte eine kleine Pause. „Und das Mysteriöse ist, es gibt von ihm keine einzige körperliche Beschreibung und auch kein Bild. Findest du nicht auch, dass das sonderbar ist? Geradezu unheimlich, oder Gibbs?“, sagte sie und er konnte sie durch das Telefon fast sehen, wie sie ehrfürchtig mit den schwarzen Mächten rang. „Mehr habe ich nicht herausfinden können, Gibbs.“

„Abby, du hast alles gefunden was wir brauchen.“

„Gibbs?“

„Ja?“

„Hol Tony zurück. Ziva und Mia brauchen ihn und auch ich will meinen Tiger wiederhaben“, während sie sprach, hörte er aus der Ferne Burt das Nilpferd furzen.

Er konnte sie sich genau vorstellen, wie sie da stand, Burt im Arm und Tränen in den Augen. Wenn er ihr jetzt gegenüber gestanden hätte, hätte er sie in seine Arme gezogen und ihr einen Kuss auf die Stirn oder die Wange gegeben. Doch das konnte er aufgrund der Entfernung natürlich nicht, aber er konnte etwas anderes. „Schau mal in den Kühlschrank und gib Tabitha Bescheid“, sagte er und unterbrach die Verbindung.

~~~***~~~

Abby stand noch immer vor dem Kühlschrank, einen CafPow in den Händen und die Flüssigkeit genüsslich durch den Strohhalm ziehend, als Ziva das Labor wieder betrat.

„Hey“, sagte Ziva grinsend und deutete auf den Becher in Abbys Händen. „Wenn du den hast, dann hat Gibbs sich gemeldet. Wie weit sind sie?“

Abby blickte von ihrem Getränk auf. „Nur bis Trenton, weiter sind sie noch nicht gekommen.“ Als sie Zivas verstörten Gesichtsausdruck sah, drückte sie ihr Burt in die Arme.“ Sie zog ihre Lippe zwischen die Zähne. „Gibbs findet ihn und bringt ihn zurück, du wirst sehen.“

„Ja, ich weiß“, sagte Ziva und legte ihre Hand auf ihren Bauch.

~~~***~~~

Panik machte sich in dem Agent breit. So schnell er konnte, versuchte er aus dem Schnee zu kommen. Zuerst gelang es ihm ein Bein zu befreien, dann auch das nächste und dann eilte er immer wieder halb versinkend davon. Seine Atmung rasselte und pfiff. Der Wolf sah sich zu dem Spiel eingeladen und setzte seiner Beute nach. Tony rannte so schnell er konnte, doch er kam nur wenige Meter weit. Der Schnee war einfach zu nachgiebig und der Wolf, mangels Masse, klar im Vorteil. Als er die Tasche erreichte, erreichte ihn auch der Wolf und verbiss sich in seine rechte Wade.

TBC..................

5. Kapitel (06.09.11)          

LeFrey lief um das Flugzeugwrack. Da war nichts mehr zu machen und der Pilot, oder sagen wir mal das, was noch von ihm übrig war, hingen immer noch im Cockpit. Der Peilsender, den er in der Hand hielt, schlug voll aus, doch wo war der zweite Mann? Mit einer Hand nahm er sein Satellitentelefon und wählte die Nummer seines Auftraggebers.

„Wollt ihr mich verarschen?“, brüllte er sofort ins Telefon, als dort abgenommen wurde.

„LeFrey?“

„Ja, wer sonst. Ich bin an dem Wrack, aber die Peildaten betreffen nur die Maschine, nicht ihren Passagier.“

„Dann muss der Sender wirklich kaputt sein“, kam es von MacKanzie.

„Wem willst du das erzählen? Ich werde einfach seiner Spur folgen. Die ist ja nicht zu übersehen. Sag das deinem Boss.“ Mit diesen Worten unterbrach er die Verbindung.

MacKanzie sah noch einige Zeit auf das Satellitentelefon in seiner Hand. Mehr konnte er für DiNozzo nicht mehr tun. Den Rest musste er selber erledigen.

~~~***~~~

Die Schmerzen, die die messerscharfen Zähne in seinem Bein entfachten, waren kaum noch auszuhalten. Während der Wolf sich drehte und zerrte, so als ob er ein Stück Fleisch herausreißen wollte, schrie Tony laut auf, trat mit seinem anderen Bein mach dem Wolf und schaffte es endlich seine Waffe zu ziehen. Doch solange ihn der Wolf auf dem Bauch festhielt, war an einen gezielten Schuss nicht zu denken. Wieder spürte er wie der Wolf nach seiner Wade schnappte, diesmal ein Stück weiter unten. Tony fühlte den Schmerz, als die Zähne an seinem Wadenbein entlang schrappten. Wieder schrie er auf und trat mit dem anderen Bein zu. Er wollte sich nicht zerfleischen lassen und hörte mit Genugtuung wie der Wolf ein Winseln von sich gab. Wahrscheinlich hatte er ihn an einer empfindlichen Stelle erwischt. Dann war ganz plötzlich der Druck auf seinem Bein verschwunden. Diese Sekunden reichten DiNozzo. Er wappnete sich für den Schmerz, biss sich auf die Unterlippe, drehte sich so schnell es ging um und schoss. Der Schuss hallte laut durch den ansonsten stillen Wald. Das Aufheulen des Wolfes zeigte, dass er getroffen hatte, doch dann verstärkte sich das Knurren wieder und das Tier griff ein weiteres Mal an. Doch diesmal schoss er direkt auf Tonys Kehle zu. Mittlerweile war der Wolf so nah, dass Tony seinen schlechten Atem riechen konnte. Panik überkam den jungen Mann und er schoss erneut. Einmal, zweimal, dreimal, viele Male, bis er nur noch das Schlagen des Hammers auf die leere Kammer hörte.

Angewidert schob er den Wolfskadaver von sich herunter. Dann kehrte Ruhe ein und Tony ließ sich erschöpft und schwer atmend in den Schnee zurückfallen. Nach ein paar Minuten, in denen er sich nur auf seinen Husten, die Atmung und den Schmerz konzentriert hatte, rappelte er sich stöhnend auf, um sich den Schaden anzusehen.
„Au scheiße“, entfuhr es ihm, als er das Ausmaß der Verletzung sah und eine leichte Übelkeit machte sich breit. Er sah jede Menge Blut, zerfetztes Gewebe und teilweise war der Knochen freigelegt. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Resigniert ließ er sich wieder in den Schnee sinken, doch dann kehrte sein Überlebensinstinkt zurück. Er musste die Blutung stillen, das Bein verbinden und das Blut abwaschen. Auch musste er sehen, dass er hier weg kam, denn sollte es sich bei dem Wolf um einen Späher eines Rudels gehandelt haben, wollte er nicht mehr in der Nähe von so viel Blut sein, wenn das Rudel hier ankam. Mit zusammengebissenen Zähnen zückte er sein Messer und schnitt die Hose bis zum Knie auf, dann holte er zum zweiten Mal an diesem Tag  den Verbandskasten hervor. Als er die Wunde mit einem sterilen Tuch abdeckte und dann seine Wade mit einer elastischen Binde stramm umwickelte, wurde ihm schlecht und er konnte nur mit Mühe seinen Mageninhalt bei sich behalten. Schwer atmend ließ er sich anschließend wieder in den Schnee fallen. Er brauchte Erholung und Schlaf, er war plötzlich so müde. Doch er wusste, er durfte nicht einschlafen. Nicht hier im Schnee. Das wäre sein Todesurteil. Er musste weiter, aber wenn er nur daran dachte das verletze Bein zu belasten, wurde ihm schon wieder leicht schlecht. Mühsam rappelte er sich auf. Dann wagte er den ersten Schritt und wäre beinah wieder hingefallen, wenn er sich nicht noch im letzten Moment an einem Baum hätte festhalten können. Der Schmerz war schartig, heiß und pulsierte durch sein Bein. So würde er nicht mehr viel weiter kommen. Er versuchte das Bein so gut es ging zu entlasten und bückte sich nach dem Stock, mit dem er gerade noch versucht hatte, den Wolf zu vertreiben. Mit verzerrtem Gesicht richtete er sich wieder auf. Der Schmerz schoss durch seine Brust und sein Bein. Er kämpfte sich mühsam vorwärts, immer einen Schritt vor den anderen und mit den Gedanken bei seiner Familie.

~~~***~~~

LeFrey hatte sich noch nicht weit vom Wrack entfernt, als er plötzlich Schüsse hörte. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht. Weit schien der NCIS Agent nicht gekommen zu sein. Er schulterte sein Gewehr und machte sich auf, dem Klang zu folgen.

~~~***~~~

Sie waren vor einer Stunde in Barrie am Lake Simcoe gelandet. Das kleine Platoon das man ihnen mitgegeben hatte, wurde von First Lieutenant Slayer angeführt. Gibbs sah diesem gerade bei dem Brieffing mit den kanadischen Rangern zu. Fornell und Sacks hatten schon mit der hier operierenden Bundespolizei Kontakt aufgenommen. Sie würden von hier aus den Einsatz gegen Hampton und seinen Drogenring leiten. Als Gibbs Lt. Slayer auf sich zukommen sah, nahm der alte Gunny unbewusst eine militärische Haltung an.

„Special Agent Gibbs, die Schneemobile stehen bereit, Sir. Wir können abrücken.“

Gibbs nickte ihm zu und nahm noch einen Schluck aus dem Thermobecher, den er in seinen Händen hielt. Hier war es empfindlich kälter als noch vor ein paar Stunden in D. C.  Weiße Rauchwolken stiegen von dem Kaffee auf und obwohl er dicke und schneetaugliche Kleidung trug, kroch die Kälte an seinen Beinen hoch.

„Gut, die Männer sollen schon einmal aufsitzen, wir rücken ab.“ Er winkte nach Tim und Jimmy und lief vor ihnen her zu dem ersten Scheemobil. Sie saßen kaum auf ihren Plätzen, als der Fahrer das Vehikel auch schon in Gang setzte. Palmer strahlte unangemessen von einem Ohr zum anderen. Gibbs beobachtete den jungen Mediziner und runzelte die Stirn. Wie ein Kind, das eine Reise nach Disneyland geschenkt bekommen hatte. Es kam ihm vor, als wenn an Jimmy der Ernst der Lage vorbeigegangen wäre. Er würde das nicht durchgehen lassen. Das hier war keine Vergnügungstour. Sie waren als Rettungsteam unterwegs und sie wussten nicht, was sie genau erwartete. Der ergraute Ermittler schwor sich Palmer im Auge zu behalten und ihn gegebenenfalls wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

McGee sah während der Fahrt aus dem Fenster. Die Landschaft verzauberte ihn. Bisher hatte er immer nur über Kanada gelesen. Gesehen hatte er das Land noch nie, aber er war schon seinem Reiz erlegen. Hier konnte er sich vorstellen seinen nächsten Roman spielen zu lassen. Nur, würde er wieder Agent Tommy und Lisa auf die Jagd schicken? Oder sollte er es mal mit einer reinen Abenteuergeschichte ausprobieren? Mittlerweile hatten sie auch die letzte Besiedlung hinter sich gelassen und man sah nur noch verschneite Landschaft soweit man blicken konnte. Seine Hand fuhr in die Jacke zu der Brusttasche und er zog ein schwarzes Buch hervor. Er musste sich unbedingt Notizen machen über die Ortsnamen und die Gegend, das würde er später noch gebrauchen können. Mit dem Daumen fuhr er über einen Gebissabdruck, den Tonys Zähne hinterlassen hatten, als Ducky ihm nach der verpatzten Hochzeit die Schulter wieder einrenkt hatte.

„Tim?“ Er bekam kaum mit, dass Gibbs ihn angesprochen hatte, so sehr war er in seine eigene Gedankenwelt verstrickt. Kanada schien ein herrliches Land zu sein.

„Tim?“, wieder diese Stimme und jetzt spürte er auch eine Hand auf seiner Schulter, die ihn schüttelte.

„McGee, was zur Hölle machst du da eigentlich?“, fauchte Gibbs ihn an und er merkte erst jetzt, dass Palmer seine Hand auf seiner Schulter liegen hatte.

„Oh, ...ich...“, stammelte er.

„Erspar es mir. Was sagt das Peilsignal?“

Tim atmete tief und warf wieder einen Blick auf seinen Laptop, den er auf seinen Knien hielt. „Wir sind auf dem richtigen Weg.“

„Gut“, war alles was der Chefermittler dazu sagte.

McGee schalt sich einen Narren. Da machte er Pläne für sein nächstes Buch und dabei waren sie unterwegs um zwei Überlebende eines Flugzeugabsturzes zu retten. Immerhin bewegte sich das Signal, somit sollte sein Freund noch leben.

~~~***~~~

Tony stapfte weiter durch den Tiefschnee. Sein Husten wurde immer schlimmer und häufig musste er stehen bleiben bis sich seine Lunge wieder beruhigt hatte. Dafür waren die Schmerzen in seinem Bein erträglich geworden. Das lag wohl daran, dass er seine Beine kaum noch spürte. Der Schnee hatte sie vereist, aber dadurch leider auch seine Gelenke unbeweglicher gemacht. Wieder blieb er stehen und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Er war sich nicht sicher ob er jemals wieder seine Finger richtig bewegen konnte, so steif waren diese gefroren. An seinen Augenbrauen und an den wenigen Haaren, die unter der Mütze hervorschauten, hatten sich kleine Eisklumpen gebildet. Die Kälte fraß sich in seine Lungen und er traute sich schon lange nicht mehr tief einzuatmen. Wie es jetzt wohl Ziva ging? Das Baby musste bald kommen und er wusste noch nicht einmal was es werden würde. Er wünschte sich ein zweites Mädchen. Eins, das wie Ziva war. Mit wilden Locken und dunklen Augen. Ob sie ihn so vermissten wie er sie? Ob sie überhaupt schon wussten, dass sein Flugzeug abgestürzt war? Ob Gibbs schon Fornell getötet hatte? Flüchtig zog ein Grinsen über sein Gesicht, doch schnell war es zu anstrengend, die Regung aufrecht zu erhalten. Er war plötzlich so müde und erst jetzt bekam er mit, dass es schon dunkel wurde. Wie weit war er jetzt schon gelaufen? Tony sah auf seine Uhr. Es wurde Zeit das Zelt aufzubauen. Er musste nur einen geschützten Bereich finden und nach seinem Zusammenstoß mit dem Wolf, wäre ihm ein Ort mit drei geschützten Seiten am liebsten.

Eine Stunde später lag er in seinem kleinen Thermozelt in der Dunkelheit. Er fühlte sich zu schwach, um nach Brennholz zu suchen, somit fiel das Feuer für heute aus. Hungrig war er sowieso nicht. Er hatte es geschafft einen einigermaßen sicheren Platz für sein Zelt zu finden, doch der Aufbau hatte ihm die letzten Kräfte geraubt. Erschöpft fiel er in einen unruhigen Schlaf und träumte von Kinderlachen, Kopfnüssen und Superkleber an McGees Tastatur.

~~~***~~~

„Weiter kommen wir heute nicht mehr“, sagte der Ranger gerade. „Nachts ist das Weiterfahren zu gefährlich, wir müssen hier rasten.“ Dabei sah er den Grauhaarigen, der die Leitung dieses Unternehmens inne hatte, genau an, doch dieser nickte ihm beruhigend zu.

„Gut, bauen wir das Nachtlager auf.“ Was sollten sie auch anderes machen? Alles in Gibbs zog ihn weiter in Tonys Richtung, aber er wusste es war für alle weniger gefährlich, wenn sie sich auf den Rat der Ranger verließen.

Eine Stunde später stand er auf einer kleinen Anhöhe und blickte mit einem Nachtsichtgerät in die Dunkelheit. Er wusste, er würde nichts sehen, aber er musste seine Hände beschäftigen und das war das Einzige, was ihm eingefallen war. Tony war schon viel zu lange hier draußen.

„Boss?“, hörte er plötzlich McGees Stimme neben sich.

„Mhmm“, erwiderte er, nahm das Fernglas herunter und blinzelte, weil seine Augen sich erst einmal wieder an die Nacht gewöhnen mussten.

„Wir werden ihn doch finden?“, fragte Tim.

„Wir suchen solange bis wir ihn haben.“ Neben sich hörte er Tim tief atmen.

„Ja, Boss“, kam es von dem jüngeren Agent und er verließ wieder den Hügel. Die anschließenden Worte seines Bosses hörte er nicht mehr.

„Tot oder lebend.“

~~~***~~~

„Ziva, du musst .... nein so nicht ...*Aaagghhrr* warte ich bin gleich bei dir. Ziva? ZIVA?“ Mit einem Schrei wachte Tony auf und schoss hoch. Durch die ruckartige Bewegung fuhren Schmerzen durch seinen Oberkörper und er ließ sich unter keuchen zurückgleiten. Er hatte geträumt. Nur geträumt. Er war von dem Schreck noch immer völlig außer Atem, als ihn ein Hustenanfall überkam. Nachdem er seine Atmung wieder unter Kontrolle gebracht hatte, machte er eine kleine Bestandsaufnahme. Er hatte Schmerzen, aber schlimmer als gestern waren sie nicht geworden. Leider aber auch nicht besser. Da das Zelt schon erhellt war, musste es schon wieder Tag sein. Mit zitternden Fingern zog er seinen Jackenärmel etwas hoch, um auf die Uhr schauen zu können. 11 Uhr. Mein Gott, er schlief viel zu viel. Bevor er sich auf den weiteren Weg machen konnte, musste er etwas essen und sein Bein neu verbinden. Der Energieriegel schmeckte heute wesentlich schlechter als gestern, stellte er mit Erstaunen fest. Trotzdem kaute er jeden Bissen mehrfach durch, bevor er ihn schluckte. Dann rollte er seine Hose hoch und durchschnitt den alten Verband. Was er sah, ließ ihn erschauern. Hatte er gestern vergessen die Wunde zu säubern? Er konnte noch Spuren von Wolfhaaren und Speichel erkennen. Angewidert kramte er in dem Verbandskasten nach einen Jodspray. Mit zusammengebissenen Zähnen machte er sich daran die Wunde zu säubern. Als das erledigt war, gönnte er sich erst einmal eine Pause und ließ sich wieder zu Boden gleiten. Hatte er nicht gerade noch gedacht, die Schmerzen wären nicht mehr geworden. Gedanklich schüttelte er den Kopf. Der Schmerz wütete in seinem Bein und auch seine Rippen machten sich gerade wieder bemerkbar. Er hatte nichts, um den Schmerz zu unterbinden. Er konnte nur hier liegen und hoffen, dass er sich von alleine wieder so weit beruhigen würde, das er fähig war, sich zu bewegen. Gerade als er einigermaßen zu sich gefunden hatte, überfiel ihn erneut ein Hustenanfall. Seine Rippen drohten zu platzen während er versuchte seinen Körper nicht zu viel zu bewegen. Doch je mehr er den Husten unterdrückte, umso mehr verkrampften sich seine Lungen und er war dankbar für die Dunkelheit, die ihm Erlösung brachte.

~~~***~~~

Als er das nächste Mal wieder zu sich kam, war ihm warm. Verwirrt schüttelte er den Kopf um diesen wieder freizubekommen. Doch der leichte Druck blieb. Mit zitternden Fingern befühlte er sein Gesicht. Fieber, erkannte er bestürzt. Scheinbar hatte sich die Bisswunde doch infiziert. Nur unter Stöhnen gelang es ihm sich aufzusetzen. Dann sah er sich noch einmal sein Bein an. Die Wunde brannte und pochte und sendete spitze Schmerzwellen durch seinen Körper. Das ganze Bein schien angeschwollen zu sein. Würde er damit überhaupt laufen können? Wie lange war er Bewusstlos gewesen? Als er auf die Uhr sah, erschrak er. Wie konnte es plötzlich wieder 10 Uhr sein. Gerade war es doch schon 11 Uhr gewesen. Dann setzte sein Verstand ein. Er hatte einen Tag verloren. Kurz überlegte er einen Energieriegel zu essen, aber er hatte keinen Hunger und der bloße Gedanke daran ließ schon seine Galle hochkommen. Dafür hatte er Durst. Müde, mit vom Fieber benebelten Gehirn, robbte er auf den Ausgang zu. Er musste das Zelt noch abbauen. Er musste weiter. Weiter. WEITER. NACH HAUSE. ZU ZIVA. MIA. DEM BABY.

~~~***~~~

LeFrey stand vor dem Wolfskadaver. Die Nacht hatte ihre Spuren hinterlassen und die Natur hatte sich das Tier schon teilweise wiedergeholt. Der Agent hatte es tatsächlich geschafft einen Wolf zu töten. Mit einer Kugel genau zwischen die Augen und noch vielen anderen, die den Wolf regelrecht zerfetzt hatten. Allerdings sah er auch eine zweite  große Menge Blut. Der Kampf schien auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen zu sein. Er war verletzt. Das würde leider die Jagd für ihn erleichtern. Grinsend setzte er sich wieder auf seinen Motorschlitten und wollte der Spur folgen, doch die Maschine, die schon heute früh gebockt hatte, ließ sich nicht mehr starten. Wütend riss er die Motorabdeckung herunter, nur um festzustellen, dass wahrscheinlich die Batterie defekt war. Also würden sie von nun an gleichberechtigt sein. Der Jäger und seine Beute, alleine mit Gepäck und zu Fuß unterwegs. Das würde die Jagd noch interessanter machen, dachte er schmunzelnd.

TBC...............

6. Kapitel  (09.09.11)                  


Drei Tage. Tony war nun schon drei Tage irgendwo in den Wäldern von Kanada. Drei Tage in denen er mit wilden Tieren, der Kälte und vielleicht noch irgendwelchen Verletzungen aufgrund des Absturzes zu kämpfen hatte. Drei Tage. Ziva stand in ihrem gemeinsamen Apartment und sah auf die bewegte Stadt herunter. Drei Tage, die ihr wie eine Ewigkeit vorkamen. Drei Tage der Ungewissheit. Drei Tage, in denen Mia jeden Satz mit „Ich will meinen Daddy“ beendete. Langsam wurde es dunkel in Washington. Der Himmel versprach eine kalte Nacht und schon jetzt waren die Temperaturen auf unter null Grad gefallen. Drei Tage, in denen Tony mit noch tieferen Temperaturen rang und der vierte Tag stand schon bevor. Müde legte sie ihre Hand auf ihren Bauch. Dann wandte sie sich vom Fenster ab und ging leise zu Mias Zimmer. Lächelnd zog sie ihr die Decke hoch und schaltete das Nachtlicht aus.

Als sie wenig später auf ihrem Bett saß, boxte das Kleine wieder mutig drauflos. Sie würden sich eine andere Wohnung suchen müssen, mit einem zweiten Kind würde es hier langsam etwas eng. In der ersten Zeit würde sie das Kleine zu sich ans Bett nehmen, aber später, wenn sie und Tony...die Gedanken an ihn brachten sie zum stocken und das Kleine in ihr vollführte wieder Purzelbäume. Drei Tage und der vierte stand bereits in den Startlöchern.

~~~***~~~  

Dillan McAllistair hackte Holz. Er war der Letzte der Holzfäller im Camp und er hatte sich dazu entschieden, den Winter diesmal hier zu verbringen. Seine Lizzie war im letzten Winter plötzlich und unerwartet gestorben. Fast vierzig Jahre waren ihnen geschenkt worden, ein halbes leben, doch leider hatte Gott ihnen keine Kinder gegönnt. Dillan konnte auf eine lange Familiengeschichte zurückblicken. Angefangen in den schottischen Highlands bis hier her nach Kanada und jetzt würde mit ihm dieser Teil der Familie aussterben. Zu Hause erwartete ihn niemand mehr und hier konnte er dafür sorgen, dass das Camp bewohnbar blieb und nicht zu sehr an die Natur verloren ging. Also hatte er sich jede Menge Proviant besorgen lassen und den Posten des Hausmeisters für ein halbes Jahr übernommen. Die Abgeschiedenheit machte ihm nicht viel aus, er liebte die Ruhe und Beschaulichkeit. Denn in wenigen Monaten würden hier in dem Camp wieder die Holzfäller wie die Fliegen einfallen. Eine Session. Holzfäller waren wie junge Hunde. Sie rauften, sie bissen und sie verbreiteten Unruhe. Da war ihm die Gesellschaft seines Hundes lieber. Grübelnd rieb er sich über seine Glatze. War er auch so gewesen, als er noch jung war? Lizzie würde jetzt wahrscheinlich ja sagen oder auch schlimmeres, dachte er wehmütig. Damals, in seiner Jugend, war das Holzmachen in den Wäldern noch ein großes Abenteuer gewesen. Es hatte nur alle paar Monate einen Buschpiloten gegeben, der sie mit Proviant versorgte, ansonsten waren sie auf sich gestellt. Einmal im Jahr hatte es dann den großen Flosstrieb gegeben. Dann hatten sie alles geschlagene Holz zu einem großen Floss zusammen getrieben und waren den Stankt Lorenz Strom herunter gefahren. Heute wurden die Stämme mit Speziallastern abtransportiert. Früher brauchte man Kerle mit Muskeln und Köpfchen. Es kam nicht auf Schulbildung und Abschlüsse an. Heute mussten komplizierte Maschinen bedient werden, es gab Kettensägen und Maschinen die die Rinde automatisch entfernten da kam es nicht mehr auf Muskelmasse an. Vorbei war die Zeit der Äxte. Ein Holzfäller zu sein, hatte heute einfach eine andere Bedeutung.

Sich stöhnend das Kreuz haltend, stellte er die Axt beiseite und sammelte das Holz ein. Er wurde alt. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, dann hatte er die siebzig erreicht. Aber die jahrelange schwere Arbeit hatte seinen Körper gestählt und er fühlte sich immer noch fit genug, um es im Sommer mit den jungen Hitzköpfen aufzunehmen. Nur, was kam dann irgendwann einmal? Immer konnte es so nicht weitergehen. Irgendwann würde er sich zur Ruhe setzen müssen, seinen Platz räumen, einen jüngeren Mann ranlassen, ob er wollte oder nicht. Eigentlich wollte er sich mit Lizzie schon vor ein paar Jahren aufs Ruheteil zurück ziehen, aber ein Jahr hatte das andere vertrieben und er hatte sich einfach nicht von seinem Job trennen können. Dabei war er schon lange nicht mehr im aktiven Dienst, aber die leichten Tätigkeiten, die er noch verrichten konnte, machten ihm auch Freude. Damals dachte er noch, sie hätten alle Zeit der Welt. Doch dann war alles ganz schnell gegangen. Lizzies Diagnose, die kurze Zeit die ihnen noch blieb und dann die große Leere. Nein, es war besser wenn er arbeitete, es hielt ihm von düsteren Gedanken fern.

Langsam Zeit nach den Fallen zu schauen, ein Sturm würde aufziehen, das spürte er in seinen lahmen Knochen. Er stieß einen kurzen Pfiff aus und aus dem angrenzenden Wald hörte er als Antwort ein Bellen.

„Komm Piet, alter Junge. Schauen wir noch einmal nach, ob sich ein Kaninchen in den Schlingen verirrt hat.“

Der große weiße Malamut kam freudig bellend auf ihn zu. Der alte Holzfäller ließ sich auf ein Knie nieder und fing den heranstürmenden Hund auf. Piet war das Einzige was ihm noch von Lizzie geblieben war. Die letzte Verbindung mit seiner Frau und seiner Ehe. Piet war ihr letztes Geschenk für ihn gewesen. Er kraulte dem Malamut noch einmal die Halspartie, dann stand er auf, holte aus der Hütte sein Gewehr und legte Piet das Geschirr an. Danach holte er den Schlitten. Der Hund konnte vor Aufregung nicht ruhig stehen und zog und zerrte an den Halteriemen. Dillan schmunzelte. Jetzt hatte er Piet schon zehn Jahre und er benahm sich sobald er im Geschirr war immer noch wie ein Welpe. Dillan schmiss sein Gewehr auf den Schlitten und zog sich seine Mütze tiefer ins Gesicht, dann trat er auf den Schlitten und löste den Riemen.
„HooooooHaaaaaaa“, rief er dem Hund zu und Piet legte sich ins Geschirr.  

~~~***~~~

Tony bewegte sich vorwärts. Mehr nicht. Er lief nicht mehr, er bewegte sich nur noch. Immer weiter, nicht aufhalten. Das Zelt hatte er nicht mehr abgebaut, dazu hatte ihm die Kraft gefehlt. Er hatte sich nur den Taschengurt über die Schultern gezogen und war losgelaufen. Jetzt, eine Ewigkeit später, konnte er nicht mehr. Der Husten schnürte ihm die Kehle zu und brachte seine Rippen wieder zum schmerzen. Sein Bein knickte bei jedem Schnitt unter ihm zusammen. Oft versank er bis zu den Hüften im Schnee. Seine Umgebung bekam er nicht mehr mit. Er hörte nur noch seinen eigenen Pulsschlag, der von seinem Bein hoch bis zu seinem Gehirn wummerte. Poch, Poch.... kontinuierlich immer zu. Poch, Poch... Tony war fertig, am Ende seiner Kräfte. Keine Gedanken der Welt konnten ihn noch erreichen. Vergessen waren Ziva und Milena, vergessen war das Baby. Er bemerkte nicht mehr wie er in eine Schlinge trat und ihn der Ruck zu Fall brachte. Den Aufprall im Schnee bekam er nicht mehr mit.

~~~***~~~

Er stand vor den zerfetzten Überresten eines Thermozeltes. Was war hier nur geschehen? Hatten die Wölfe den Agent in der Nacht angefallen? Dafür war zu wenig Blut vorhanden. Nur, warum hatte er den einzigen Schutz vor der Kälte zurückgelassen? Dafür gab es keine vernünftige Erklärung. LeFrey sah sich die behutsam um und nahm die Spur wieder auf. Bisher hatte er das Wolfsrudel nur gehört, aber noch nicht zu Gesicht bekommen. Trotzdem wollte er vorsichtig sein und behielt seine Umgebung lieber im Auge.

~~~***~~~

„Was macht das Signal?“, fragte Gibbs seinen Agent und griff zu der Thermoskanne mit Kaffee.  

„Es bewegt sich nicht mehr, Boss“, kam es besorgt von McGee.

„Was? Warum? Kann der Sender.....“ Plötzlich ging ein Ruck durch das Schneemobil. Dann passierte alles ganz schnell. Es war als wenn sich der Boden unter ihnen auftat, die Maschine verlor an Haftung und überschlug sich auf ihrem Weg nach unten mehrere Male. Die Seitenfenster zerplatzten und sie wurden mit Sicherheitsglas überschüttet. Er hörte Schreie, von allen Seiten, vielleicht war auch einer von ihm dabei. Wie in Zeitlupe sah er, wie auch die Frontscheibe dem Druck der Gewalten nicht mehr stand hielt und sich erst ganz langsam, dann aber immer schneller ein Sprung bildete. Die Thermoskanne entglitt seinen Händen und schoss unkontrolliert durch den Raum. So schnell ihre Rutschpartie begonnen hatte, so schnell war sie auch wieder vorbei, als das Schneemobil gegen einen Baum prallte. Die Frontbesatzung wurde nach vorne geschleudert und Gibbs spürte noch wie sein Kopf gegen den Seitenholm schlug, dann war plötzlich alles ganz still und auch die Schreie der Marines im hinteren Teil des Mobils brachen ab. Das letzte was Gibbs bewusst wahrnahm, bevor sich die Dunkelheit über ihn senkte, war Tims Stöhnen zu seiner rechten.

TBC......



Mhmmmm Schwarzleser? Kann ich dich nicht zu einem FB bekommen? Ist doch gar nicht viel Arbeit und es ist der einzige Lohn den wir hier für bekommen.....
Danke.... *grins*

7. Kapitel (13.09.11)

Langsam kam das Licht wieder zurück in sein Bewusstsein. Benommen fasste sich Gibbs an den Kopf und als er auf seine Finger sah, bemerkte er einen leichten Blutschlier. Er fragte sich gerade wie lange er wohl Ohnmächtig gewesen war, Minuten? Oder doch wohl eher Sekunden? Als er ein Stöhnen neben sich hörte. „Tim? Alles okay?“

„Ja ja Boss, mir geht es gut“, kam es gepresst von dem jüngeren Agent.

Als nächstes warf er dem Fahrer einen Blick zu, der seltsam ruhig neben ihm saß. Er legte ihm seine Finger an den Puls, oder an die Stelle an der normalerweise der Puls sein sollte. Doch er fand nichts. Traurig schloss er ihm die blicklosen Augen. Da das Schneemobil auf der Seite lag, stützte sich der Grauhaarige, während er die Gurte löste, am Armaturenbrett ab.

Lt. Slayer, der das andere Schneemobil befehligte, beugte sich durch das zerstörte Seitenfenster zu ihnen herunter.

„Raus, sofort raus, aber langsam und vorsichtig“, kam seine Anweisung.

Jethro wägte kurz ab, ob er Tim den Vortritt lassen sollte, aber so wie sie saßen war das unmöglich. „Habt ihr die Männer schon hinten herausgelassen?“, erkundigte sich Gibbs, während er sich auf den Weg nach draußen machte. Er stützte seinen Fuß auf die Mittelkonsole, fand aber nicht so recht halt. Ein Blick nach unten zeigte ihm, dass sich die Thermoskanne dort verfangen hatte. Schnell nahm er sie hoch und schob sie in seine Anoraktasche. Vielleicht würde er den Kaffee noch brauchen. Dann kletterte er weiter nach draußen und bemerkte, dass das Mobil zur Hälfte über einen Abgrund hing.

„Ja, alles in Ordnung“, hörte er die Stimme Slayers, der gerade dabei war Tim zu helfen. Gibbs konzentrierte sich auf seine eigene Kletterei, über das Seitenteil des Mobil. Ein falscher oder unüberlegter Tritt und es wäre aus, überlegte er gerade als kräftige Arme ihm herunter halfen.

Tim steckte seinen Kopf durch das zerstörte Fenster. Als er das Ausmaß ihres Unfalls sah, wurde er blass.

„Boss, ich glaube nicht, dass ich das kann“, kam es panisch von dem jungen Agent und entsetzt schloss er seine Augen.

Mit einem Seufzen kam Gibbs in Begleitung von zwei Marines wieder näher. „Doch du kannst. Du vergisst jetzt deine Höhenangst und denkst an etwas anderes.“

„An was Boss?“, fragte Tim stockend, mit ängstlichem Tonfall.

Gibbs nahm seine Mütze ab und fuhr sich durchs Haar. „McGee, beweg deinen Arsch, solange du es noch kannst oder ich komm herüber und verpasse dir eine Kopfnuss die sich gewaschen hat. Wenn das Schneemobil erst mal ins Rutschen gerät...Ich schwöre dir, ich hol dich zurück und wenn es aus der Hölle ist“, weiter musste Gibbs nicht sprechen. Tim verstand auch so. Panisch sah er sich um, dann schluckte er einmal schwer. Mit leicht zusammengekniffenen Augen und unter den Anweisungen von Lt. Slayer kroch er durch das zerstörte Fenster und über das Seitenteil. Durch das Wrack lief ein Zittern, dann rutschte die Maschine etwas ab. Tim schrie und Gibbs trieb ihn zur Eile an. Als die Marines McGee in Empfang nahmen, blieb gerade noch so viel Zeit, dass Slayer sich selber und McGees Laptop in Sicherheit bringen konnte, dann schoss das Wrack an ihnen vorbei in den Abgrund und Tim ließ sich mit zitternden Knien an Ort und Stelle in den Schnee fallen.

„Was war mit dem Fahrer?“, fragte Slayer.

„Tot“, war Gibbs Antwort während er sich langsam und vorsichtig dem Abgrund näherte. Das Schneemobil war über einen verschneiten Abhang gestürzt und hatte auf seinem Weg nach unten eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Überall lagen abgeknickte junge Bäume und Sträucher. Langsam ging er wieder zurück zu Tim und legte ihm seine Hand auf die Schulter. „Gut gemacht, Tim“, war alles was er dazu sagte.  

Als Gibbs seinen Blick schweifen ließ, sah er, dass Palmer sich schon um die Verletzen kümmerte. Selbst noch etwas benommen, ließ er sich an einem Baumstamm nach unten gleiten und legte den Kopf in den Nacken.

„Hier, wischen sie sich damit das Blut ab“, hörte er Jimmys Stimme Augenblicke später neben sich und nahm von ihm ein Tuch entgegen.

„Danke. Wie schlimm ist es?“ fragte er den jungen Arzt.

„Nicht sehr. Ein Marine hat sich den Arm gebrochen, zwei haben Platzwunden wie Sie und alle haben Prellungen und Blutergüsse. Aber es gab keine schlimmen Verletzten. Bis auf ihren toten Fahrer natürlich.“

Gibbs ließ seinen Blick anerkennend über den jungen Mann schweifen. Palmer war ganz Herr der Lage. Sachlich und kompetent hatte er die Versorgung übernommen. Nichts erinnerte mehr an die großen Kinderaugen mit denen er vorhin noch umher gesehen hatte. Unter Druck zeigte er was in ihm steckte.

Nach ein paar Minuten nahm Palmer ihm das Tuch wieder ab, untersuchte und desinfizierte die Wunde. „Das hat schon fast wieder aufgehört zu bluten. Genäht werden muss das nicht.“ Dann sprühte er etwas darauf, das Gibbs zucken ließ. „Sorry, aber das ist ein Sprühverband. Das Einzige was klebt bei diesen Temperaturen. Nachteil allerdings, es brennt.“

Gibbs atmete tief ein und antwortete leicht verstimmt: „Vielleicht hättest du mir das vorher sagen sollen.“ Dann fasste er sich vorsichtig an die Stirn und warf dem Mediziner einen fragenden Blick zu. „Hast du nichts zu tun? Geh ein paar Marines quälen.“

Jimmy, der sich immer noch vor Gibbs Ausbrüchen fürchtete, nickte und trollte sich zurück. Gibbs sah ihm grinsend nach und wuchtete seinen Körper auf die Füße, um nach Tim zu sehen. Doch ein Ranger fing ihn ab.

„Sir, wir müssen unsere Suche hier abbrechen, es zieht ein Blizzard auf. Wir müssen zurück.“

Gibbs schüttelte ungläubig den Kopf. „Auf keinen Fall.“

„Sir, wir haben nur noch die Hälfte unserer Ausrüstung und wir haben Verletzte. Wir müssen umkehren, um die Männer zu tauschen und neuen Proviant zu holen.“

„Was denken Sie was wir hier machen? Das ist kein Sonntagsausflug. Wir sind auf der Suche nach einem meiner Agents. Der hier in ihren Wäldern nach einem Flugzeugabsturz herumirrt. Wahrscheinlich ebenfalls verletzt und da denken sie ernsthaft sie können mich zur Umkehr bewegen?“ Wütend schnaufte er den Canadien Ranger an.

„Sir, nehmen Sie doch Vernunft an. Haben sie in den Wäldern schon einmal einen Blizzard erlebt? Glauben Sie mir, dass ist nichts was sie erleben wollen.“

So langsam reichte des dem Grauhaarigen. Er konnte nur mit mühe seine Wut zügeln. „Glauben Sie mir, die Wüste wollen Sie auch nicht erleben. Aber mein Mann ist irgendwo da draußen und muss sich auch durch den Sturm kämpfen. Wir machen weiter.“

Der Ranger schüttelte den Kopf über so viel Unvernunft, dann drehte er sich zu seinen Männern um. „Ihr hab es gehört. Wir haben bis zum Dunkelwerden noch ein paar Stunden Zeit. Also, alle die nicht so gut zu Fuß sind aufsitzen, der Rest muss leider ab jetzt laufen“, teilte er seinen Leuten mit und maß seinen Kontrahenten mit einem vernichtenden Blick.

Es hatte leicht angefangen zu schneien und Gibbs zog sich die Kapuze seines Anoraks tiefer ins Gesicht. Dann schulterte er seinen Rucksack und nickte Tim zu, der wieder mit seinem Laptop in der Fahrzeugkanzel saß und lief los.

~~~***~~~

Dillan war ungefähr eine Stunde vom Holzfäller Camp entfernt, als er zum ersten Mal die Wölfe hörte. Auch Piet hörte das Heulen und stellte seine Nackenhaare auf. Der Holzfäller streichelte über seinen Kopf. „Machen dich die Wölfe nervös, alter Junge?“ Der Malamut hatte sichtlich eine Fährte aufgenommen. Dillan überlegte kurz ihm freien Lauf zu lassen, oder umzukehren. Der Schlitten war gut gefüllt, der Gott der Jagd war ihnen holt gewesen und hatte ihnen reichlich Beute beschert. Heute Abend würden sie ein Festessen haben. Es waren nur noch drei Fallen, die er noch kontrollieren wollte. Wieder hörten sie das Rudel, doch jetzt war es näher. Der alte Holzfäller überlegte kurz ob er das Risiko überhaupt eingehen oder ob er den Wölfen die drei Fallen überlassen sollte. Doch Piet zog ihn unweigerlich weiter in den Wald und dem Rudel entgegen. Als er wieder das Heulen vernahm, nahm er sein Gewehr von der Schulter und lud die Waffe durch. Das Sturmtief schien näher zu kommen, denn mittlerweile hatte ein leichter Schneefall eingesetzt.

Dann hatten sie endlich das Gebiet erreicht und Dillan sah seine Falle schon aus einiger Entfernung. „Mhm Piet, was haben wir denn da gefangen?“, sprach er mehr zu sich als zu dem Hund und hielt den Schlitten an. Vorsichtig mit dem Gewehr im Anschlag näherte er sich dem großen Gegenstand, von dem er annahm, dass es sich dabei um einen jungen Bären handelte, der aus irgendwelchen Gründen aus dem Winterschlaf erwacht war. Doch seine Vermutung war falsch und er ließ sich neben seiner vermeintlichen Beute auf die Knie fallen.
„Hallo, was haben wir dann da in der Falle?“ Vorsichtig drehte er den Mann auf den Rücken und schlug ihm leicht auf die Wangen. Doch von ihm war keine Regung zu vernehmen. Also ließ er seinen Blick über den Körper wandern. Er fand eine üble Schnittwunde an der Stirn und eine Verletzung am Bein. Dillan nahm sein Messer und schnitt die Hose über dem Knie ab. Er schmiss den Stofffetzen in den Schnee und öffnete auch Tonys selbstgemachten Verband. „AUA Junge, was hast du dir denn da eingefangen?“

~~~***~~~

Er trieb auf einem ruhigen Meer, irgendwo zwischen den Grenzen seiner eigenen Person und der Unendlichkeit. Gedämpfte Laute drangen an sein Ohr. Bilder stiegen daraufhin in seinem Kopf auf, doch bevor er ihrer habhaft werden konnte, zerfielen sie und lösten sich auf. Die Geräusche wurden deutlicher und kamen näher. Stimmen. Er versuchte sich zu bewegen, doch er konnte sich nicht rühren. Dann wurde er unsanft auf den Rücken gedreht. Heftige Schmerzen durchfuhren seinen Körper. Hatte ihn das Wolfsrudel eingeholt? Etwas tastete sein Bein ab und die Schmerzen nahmen noch mal zu. Sein Bein, was war mit seinem Bein? Die Wölfe, sie wollten sein Bein ganz abbeißen, das würde er nicht zulassen. In seinem Kopf befand sich nichts als eine große Leere. Er war zu keiner logischen Aktion fähig und sein Körper war schon zu geschwächt von der Kälte und dem Fieber, so dass er sich nicht mehr wehren konnte.

~~~***~~~

Bevor Dillan eine Bewegung mitbekam, bemerkte er wie sich Piets Körperhaltung veränderte. Er stieß ein tiefes Knurren aus und fletschte die Zähne. Dann waren die Wölfe da. Vier, nein fünf bezogen Aufstellung und kreisten sie langsam ein. „Ho Junge, hast du die eingeladen?“, fragte er den Bewusstlosen und zielte weiterhin auf die Wölfe. Dillan war in der Wildnis Kanadas aufgewachsen. Er wusste das mit einem jagenden Wolfsrudel, nicht zu spaßen war. Die Grauwölfe knurrten und zogen ihre Leftzen hoch. Man sah ihnen deutlich die Blutgier an. Dillan pfiff zweimal kurz durch die Zähne und Piet setzte sich mit seinen Schlitten in Bewegung und kam langsam zu ihm hin. „Gut Piet. Das hast du super gemacht“, lobte er den Hund und kraulte ihn kurz im Genick. „Tja Junge, du musst jetzt leider mit ein paar Reisegefährten vorlieb nehmen, den Rest der Kaninchen lassen wir den Wölfen. Sozusagen als Zoll, damit sie uns gehen lassen.“ Dann packte er sich Tony und lud ihn auf den Schlitten. „Du bist ganz schön schwer. Sieht man dir gar nicht an.“ Die Wölfe ließ er bei seinem Monolog nicht aus den Augen. Nachdem er den jungen Mann festgeschnallt hatte, schmiss er dem Rudel die überzähligen Hasen zu. Sofort brach eine große Rauferei aus. Wenn es ums Fressen ging, dann waren sie alle Einzelkämpfer. Dillan nutzte die Chance ihres Futterneids und Piet legte sich in die Riemen.

~~~***~~~

Als er von starken Händen hochgehoben und auf etwas gelegt wurde, hätte er schreien können, doch auch dazu fehlte es ihm an Kraft. Die Schmerzen, die durch seinen Körper schossen, waren mittlerweile kaum auszuhalten. Tony spürte jeden Hügel und jedes Loch durch das sie fuhren. Immer wieder driftete er dahin, bis er von der nächsten Schmerzattacke wieder ins Leben zurückgerufen wurde. Er versuchte sich aufzurichten, um zu sehen, auf was er lag und wer ihn fuhr, aber die Anstrengung war zu viel für seinen schwachen Körper und er ließ sich wieder zurücksinken. Er genoss die Wärme auf seinem Gesicht, ließ seine vom Fieber glühenden Lider zufallen und zog sich in sein Innerstes zurück. Die Bewegungen wiegten ihn und immer wieder fielen Tony die Augen zu. Da er keine Kraft mehr zum Kämpfen hatte, ergab er sich seiner Qual.

~~~***~~~

Gegen späten Nachmittag wurde der Sturm schlimmer und sie konnten aufgrund des dichten Schneetreibens kaum noch die Hand vor den Augen sehen. Lt. Slayer und die Ranger ließen den Trupp anhalten und das Lager aufschlagen. Sie würden den Blizzard erst abwarten müssen, egal ob das nun einem Special Agent Leroy Jethro Gibbs passte oder nicht. Da es nicht mehr genug Thermozelte gab, mussten einige Männer im Schneemobil schlafen. Zwei Stunden später lagen Gibbs und McGee nebeneinander in ihren Schlafsäcken und lauschten dem Sturm, der das Mobil durch schüttelte. Sie hatten sich beide freiwillig für das Fahrzeug gemeldet. Hier war das schlafen alles andere als angenehm. Viele Männer auf einen Haufen. Es stank schon nach kurzer Zeit bestialisch. Der Laderaum hatte keine Fenster und auch keine Lüftung und aufgrund des Sturms konnte sie auch die Türen nicht auflassen. Es ging ihnen nicht sehr gut, aber wahrscheinlich besser als es Tony jetzt ohne Schutz ergehen würde. Gibbs drehte sich leicht auf die Seite und blickte zu Tim, der schon leise Schnarchgeräusche von sich gab. Die letzte Überprüfung von Tonys Signal hatte gezeigt, dass er sich schon länger nicht mehr vorwärts bewegt hatte. Gibbs hoffte, dass er eine sichere Stelle gefunden hatte, um den Sturm zu überstehen.

~~~***~~~

LeFrey hatte in dem Sturm seinen Meister gefunden. Die erste Stunde hatte er sich noch gegen die Naturgewalten aufgelehnt, hatte gegen den Schnee und dem Wind angekämpft. Stück für Stück und Meter für Meter. Doch je dunkler es wurde, umso mehr kam das Unwetter in fahrt und zwang auch ihn zu einer Pause. Resigniert hatte er sein Biwak aufgebaut und haderte nun mit seinem Schicksal. Denn eins wusste er aus Erfahrung. Der Blizzard würde die Spuren verwischen.

TBC...................

8. Kapitel (16.09.11)

Tim drehte sich von links nach rechts. Das ging jetzt seit einer Stunde so und dabei konnte er noch nicht einmal sagen was ihn geweckt hatte. Neben sich hörte er das leise Schnarchen seines Bosses und das der anderen Männer im Raum. Wieder drehte er sich. Dann gab er auf, an Schlaf war jetzt nicht zu denken. Er brauchte erst einmal frische Luft. Leise um niemanden zu wecken, krabbelte er aus dem Schlafsack und öffnete die Tür des Schneemobils. Heftiger Schneefall empfing ihn und fast sofort wurde ihm die Tür aus den Händen gerissen und sie schlug heftig gegen die Außenseite. Erschreckt fuhr er zu den Schlafenden herum, doch er hörte nur regelmäßige Atemgeräusche. Vorsichtiger quetsche er sich durch die Tür und verschloss diese wieder. Draußen begrüßte ihn der wache stehende Soldat, in dem er die Hand hob und Tim grüßte zurück. Dann lehnte er sich aufatmend an das Fahrzeug und zog die kalte, Schnee verhangende Luft gierig in seine Lungen, froh dem Mief der schlafenden Männer kurzfristig entkommen zu sein. Eine Bewegung zu seiner Linken lies ihn zusammen zucken. Unbewusst griff er zu seiner Waffe, dann erkannte er Jimmy, der langsam gegen den Sturm, auf ihm zu kam.

„Na, kannst du auch nicht schlafen?“, begrüßte er den jungen Pathologen.

„Ich habe gerade noch einmal eine Runde bei den Verletzten gemacht. Aber es scheint allen soweit gut zu gehen und jetzt wollte ich einfach nur noch ein wenig Luft schnappen, bevor ich in mein Zelt krabbel.“

„Wie geht es eigentlich mit dir und Maggie?“, fragte Tim, dabei musste er gegen den Sturm anschreien.

„Ganz okay, warum fragst du?“

„Aus Neugier. Wie kommt ihr mit der Entfernung klar?“ Langsam wurde ihm kalt und unbewusst zog Tim seine Kapuze fester. Es war einfach nicht der richtige Moment für ein Männergespräch.

„Gut“, sagte Jimmy grinsend. „Sie ist manchmal wochenlang mit Sheila bei mir, und wenn das nicht geht, dann fahr ich am Wochenende zu ihr. Gott sei dank ist es nicht so weit von Washington entfernt. Bisher klappt das alles wunderbar. Jeder ist von ihr begeistert, sogar meine Mutter die eigentlich immer etwas an meinen Freundinnen auszusetzen hatte. Maggie ist…“ Er machte keine kurze Pause, als wenn er nach Wörtern suchen würde. „Maggie ist anders. Maggie ist halt Maggie.“ Er sagte es so, als wenn dieser Satz alles erklären würde. „Wir werden uns zu Ostern verloben.“

„Hey Glückwunsch“, sagte McGee und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. „Sie ist also die Richtige?“

„Die eine und einzige“, fügte Jimmy lächelnd hinzu.

Dann schwiegen beide Männer und hingen ihren Erinnerungen nach.

„Wie weit seit ihr? Ich meine du und Abby?“, fragte Jimmy plötzlich.

Tim rieb seine beiden Hände aneinander. Ihm war kalt und er hatte seine Handschuhe drinnen vergessen. „Das ist nicht so einfach.“

„Warum?“

„Regel Nummer 12.“

Jimmy runzelte die Stirn. „Ich dachte die wäre seit der Sache mit Ziva und Tony Geschichte?“

„Tja, für die Beiden schon, aber auch für uns? Abby ist für Gibbs wie eine Tochter. Ich weiß nicht wie er es bei uns so sieht.“

Jetzt klopfte ihn Jimmy auf die Schulter. „Trau dich. Was soll geschehen. Er weiß es doch schon lange und wird dir nicht den Kopf abreisen. Er würde Abby niemals weh tun.“

„Mmmhhhmm,“, kam es skeptisch von dem jungen Ermittler. „Abby vielleicht nicht.“ Dann hingen beiden Männer wieder ihren eigenen Gedanken nach, doch wenn sie nicht einschneien wollten, dann mussten sie wieder rein.

~~~***~~~

Der Holzfäller hatte das Camp wieder wohlbehalten, trotz des immer heftiger werdenden Schneesturms, erreicht. Während der ganzen Fahrt war der junge Mann immer nur kurz aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht, hatte aber keinen zusammenhängenden Satz gesprochen.
Er ließ Piet den Schlitten bis an die Tür bringen, dann machte er den Hund frei und trug seine schwere Last hinein. Er legte Tony auf das Bett und ging noch einmal kurz hinaus, um die Kaninchen zu holen. Danach pfiff er nach Piet und als er ihn ins Haus trotten sah, schloss er die Tür und legte einen Riegel vor. Dillan ging zu dem kleinen Schreibtisch auf dem ein altes Funkgerät stand.
„Camp eins ruft GoodWOOD Forest Products Corpany, kommen“, angestrengt lauschte er dem Rauschen.
„Camp eins ruft GoodWOOD Forest Products Corpany, kommen“, doch wieder war nur das statische Rauschen zu hören. Das hatte keinen Sinn. Solange der Blizarrd tobte, würde er keinen Funkspruch absetzen können. Er warf seinem ungebetenen Gast einen Blick zu. Da mussten sie nun beide durch.

„Na dann wollen wir mal schauen, was du dir so alles eingefangen hast, mein Junge“, sagte er und fing an Tony langsam auszuziehen. Plötzlich wurde der Körper von einem Hustenanfall geschüttelt und nur mit Mühe konnte er den jungen Mann auf dem Bett halten.
„Da hast du dir aber einen bösen Husten eingefangen. Mhmm, ich unterhalte mich ja gerne mal mit jemand Neuem, aber ich fände es toll, wenn du mir auch mal antworten könntest? Mhmm keine Chance? Nein? Okay, dann schauen wir doch mal wie du heißt?“, sagte er, denn er hatte in Tony Hose seine Brieftasche gefunden. „Hallo? Was haben wir denn da?“, fragte er und zog einen kleinen zusammengefalteten Zettel hervor und klappte es auseinander. Was er in den Fingern hielt war ein Ultraschallbild, vom Datum her fast ein halbes Jahr alt. „Deins?“, fragte er ihn, erhielt aber keine Antwort und legte das Bild zurück, um die Brieftasche weiter zu durchsuchen. Aber bis auf einen Ausweis und einen Führerschein, fand er nichts Aufschlussreiches mehr. „Dean also. Das ist ein toller Name. Also Dean, was oder wer hat dich so zugerichtet?“, fragte er und zog ihm mit einen Ruck die Hose aus. Als er Tonys rechtes Bein sah, stieß er einen Pfiff zwischen den Zähnen hervor. „Na was haben wir denn da? Da hast du ja schon mal was mitgemacht“, sagte er und besah sich die lange Narbe am Oberschenkel, bevor sein Blick wieder zu den frischen Bisswunden wanderte. Nachdem er ihn bis auf die Boxershort voll entkleidet hatte, machte er sich erst einmal einen Gesamteindruck. Der Schnitt an der Stirn war nicht so tief wie er zuerst ausgesehen hatte und auch schon verschorft. Sein Auge und der Wangenknochen leuchteten in einem schönen blau violett, das sich fast bis zu seinem Kinn herunter zog. Auch seine rechte Brustseite schimmerte in bunten Farben. Dillan fuhr über die Partie und erntete von seinem Gast die erste Reaktion. „Oh das tut weh, ja? Da hast du dir sicher ein paar Rippen geprellt oder auch ein oder zwei gebrochen. Aber da können wir nichts machen. Das muss so heilen.“ Während er sprach, wanderten seine Hände wieder den Körper entlang und blieben erst einmal an Tonys Händen hängen. „Aber da können wir was machen“, sagte er und holte zwei flache Schüsseln, in die er heißes Wasser tat und anschließend neben dem Körper des Bewusstlosen platzierte. Dann legte er die Hände mit den leichten Erfrierungen hinein. Der Oberkörper wies fast ausschließlich Verletzungen an der rechten Hälfte auf. Dazu hatte sein gesamter Körper diverse Schnitte, aber alle waren nur von oberflächlicher Natur. Der junge Mann schien unter die Räder geraten zu sein, nur wusste Dillan nicht wie. Die Erfrierungen hatte er sich bei seinem Marsch durch den Wald geholt und die Bisswunden wohl auch. Aber die restlichen Verletzungen waren ihm ein Rätsel und er freute sich auf den Zeitpunkt, wo er seine Neugier befriedigen konnte. Plötzlich spürte er eine nasse Hundeschnauze an seinem Arm.

„Piet, ich weiß du hast Hunger, aber noch musst du dich etwas gedulden“, teilte er seinem Hund mit und schob ihn mit seiner Elle weg. Der Malamut beobachtete sein Herrchen und den neuen Menschen eine Zeitlang genau, dann legte er sich neben das Bett auf den Boden.

Nachdem er die üblen Wunden am Unterschenkel ausgewaschen und neu verbunden hatte, deckte er seinen Gast zu und widmete sich den gefangenen Kaninchen. Eine Stunde später kochte auf dem Herd ein Eintopf und alle Tiere waren ausgenommen, gehäutet und hingen in der natürlichen Speisekammer an einem Haken. Im Winter brauchte man hier keinen Eisschrank, eine kleine nicht isolierte Kammer reichte da völlig aus. Der Vorrat würde auch für zwei Esser erst einmal einige Zeit reichen. Jedenfalls solange der Sturm tobte, würde er nicht dazu kommen die Schlingen neu auszulegen. Aber sie hatten auch so noch genug Proviant für die nächsten Wochen.

Nach dem Dillan gegessen und auch Piet sein Fressen hatte, wollte er sich gerade um den Abwasch kümmern, als er Geräusche vom Bett her hörte.

„Nein, Ziva …. Du wirst schon sehen, wir schaffen das...Mia nein, pass auf hinter dir...AHHrrrggg...nein, bitte lassen sie uns zufrieden... Ahhrrrggg... ich kann mich nicht bewegen. Ziva? ZIVA?“, unruhig warf sein Gast sich auf dem Bett hin und her.

Schnell war der alte Holzfäller an seiner Seite, doch außer einem gelegentlichen Husten war sein Patient wieder ruhig geworden.

„Na, was war das denn eben, Dean?“, fragte er, legte ihm eine Hand auf die Stirn und beantwortete sich seine Frage wieder selber.  „Fieber, du hast im Fieber phantasiert. Vielleicht wirst du mir irgendwann mal sagen, wer die beiden Frauen in deinem Leben sind?“ Grinsend ging er zurück zur Spüle und holte einen kalten, nassen Lappen, den er Tony auf die Stirn legte. „Na ich hoffe, dass dein Fieber fällt, denn solange der Sturm tobt, kann ich dir keine Hilfe holen.“ Er hob die Decke auf, die Tony herunter gestrampelt hatte und deckte ihn wieder fest zu. Dann machte er sich an den Abwasch, nicht ohne immer mal wieder einen besorgten Blick zu dem jungen Mann zu werfen.

~~~***~~~

Ziva saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und hielt schon seit Minuten untätig das Telefon in den Händen. Im Hintergrund hörte sie die beiden Mädchen spielen, dazwischen immer mal wieder Mias hohes Kinderlachen und Taljahs etwas dunklere Stimme. Wenn sie Gesellschaft hatte, vergaß Milena alle Sorgen und Nöte. Dann war sie einfach nur ein fröhliches Kind. Ziva beneidete sie um diese Eigenschaft. Sie musste jede Minute an Tony denken, in der Nacht bekam sie kaum schlaf, weil düstere Visionen sie heim suchten und selbst tagsüber, wenn Milena im Kindergarten war, konnte sie nicht abschalten. Sie musste das es ihrem Baby nicht gut tat, aber sie konnte ihre Nervosität einfach nicht abschalten. Die junge Frau strich sich gedankenverloren über ihren Bauch, dann wählte sie die Nummer von Tonys Vater.

„DiNozzo?“

„Ich bin es Ziva.“

„Hallo Ziva, wie geht es dir und was macht mein neues Enkelkind?“

„Dem Kind geht es gut.“ Sie stockte kurz. „Und Mia und mir auch“, setzte sie dann hinzu.

Am Telefon entstand eine Pause. „Aber...?“, fragte plötzlich Tonys Vater und Ziva versuchte ihre Stimme in den Griff zu bekommen. Sie befeuchtete mit der Zunge ihre Lippen und schluckte.

„Aber Tonys Maschine ist auf dem Weg nach Hause abgestürzt und wir....“, sie kämpfte mit ihren Tränen und musste mehrmals schlucken. Dann erzählte sie ihm was sie wusste, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.

„Ich komme mit dem nächsten Zug Ziva.“

„Das musst du nicht“, sagte sie ihm.

„Ich weiß, dass ich das nicht muss, aber ich will es. Oder ist das für dich ein Problem?“

„Nein, es würde mir...uns sehr helfen. Danke“, hauchte sie in den Hörer und legte auf.

~~~***~~~

Anthony Senior starrte den Telefonhörer an, den er immer noch in den Händen hielt. Flugzeugabsturz? Alleine der Gedanke sorgte dafür, dass ihm die Luft knapp wurde. Sein Sohn, bei einem Schneesturm alleine in Kanadas Wäldern unterwegs, sofern er den Absturz überlebt hatte. Er bemerkte wie sich seine linke Seite verkrampfte. Ruckartig verzog er das Gesicht, eine Hand fuhr zu seinem Herz und die andere lockerte den Hemdkragen, der ihm noch zusätzlich die Luft zum Atmen nahm. Mit einem lauten Stöhnen sank er auf den Sessel. Wo war nur das Nitrospray? Er hatte es doch gerade noch..... Der Druck auf sein Herz wurde immer stärker und seine Hand durchsuchte panisch die Hosentaschen. Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter und das Spray wurde ihm in die zitternde Hand gedrückt. Nachdem er zwei tiefe Züge getan hatte und sich schwor, nicht mehr viel länger mit der OP zu warten, klärte sich auch wieder sein Blickfeld und er sah seine Haushälterin Susan vor sich stehen. Ihr Blick, mit dem sie ihn musterte, war besorgt.

„Sie haben es in der Küche stehen lassen“, sagte sie tadelnd.

Da er immer noch nicht genug Luft bekam, um sich mit ihr auf einen Streit einzulassen, beließ er es bei einem Nicken.

„Geburt hin, Geburt her, Sie können nicht mehr länger warten. Sie müssen sich endlich operieren lassen. Oder wollen Sie unsere kleine Mia unglücklich machen?“ Bewusst hatte sie ihre Arme vor der Brust verschränkt. Es lagen ihr noch ganz andere Worte auf der Zunge, aber die behielt sie lieber für sich. Denn auch sie würde er mit seinem Tod unglücklich machen, dachte sie resigniert.

„Sie haben ja recht. Aber jetzt Susan, packen sie bitte meine Sachen, ich muss nach D. C.. Mein Sohn… es gab einen Flugzeugabsturz.“ Seine Stimme war immer noch nicht die alte und seine Atmung ging schwerfällig.

Erschrocken sah ihn seine Haushälterin an und ihre Hand fuhr hoch zu ihrem Hals. Tony hatte einen Absturz? Ihr kleiner Tony? Sie kannte ihn schon, da war er gerade mal acht Jahre alt gewesen. Schon damals hatte er alle, mit seinem Lächeln und den grünen Augen, verzaubern können, dachte Susan traurig. Genauso lange arbeitete sie schon für seinen Vater. Zwar hatte er ihr, als er das Haus verkaufen musste kündigt, aber sobald er das Anwesen zurückgekauft hatte, hatte er auch nach Susan gefragt und sie hatte nur zu gerne wieder für ihn arbeiten wollen.

„Weiß man schon etwas, über den Verbleib der Maschine?“, fragte sie vorsichtig, doch sie sah nur wie er mit dem Kopf schüttelte. „Ich mache mich sofort an die Arbeit“, sagte sie und ging entschlossen zur Treppe, die zur oberen Etage führte. Jetzt war Eile geboten.

TBC.............................

9. Kapitel (20.09.11)


Der Frankokanadier hatte es sich in seinem Biwak so bequem wie möglich gemacht. Seit zwei Tagen hing er hier jetzt schon fest. Er fragte sich gerade, ob seine Beute auch eine Möglichkeit gefunden hatte sich zurückzuziehen? Da er das verlassene Zelt gefunden hatte, war es gut möglich, dass der Agent schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilte. Noch immer rüttelte der Sturm an dem Thermozelt. Mehrmals am Tag musste er hinaus und das Zeltdach von dem vielen Neuschnee befreien. LeFrey wickelte sich fester in seinen Schlafsack. Er konnte nichts machen. Die Natur hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht und er musste sich hier geschlagen geben.

~~~***~~~

McGee schüttelte sich wie ein nasser Hund und die Wassertropfen flogen nur so durch die Gegend. Die wenigen anwesenden Männer brachten sich empört vor den kalten Tropfen in Sicherheit.

„Sorry Leute, kommt nicht wieder vor“, rief er ihnen zu, zog seinen Anorak aus und rieb sich die Hände, um sie wieder aufzutauen.

„Wie sieht es aus?“, fragte ihn Gibbs.

„Unverändert Boss. Es schneit ohne Unterlass und der Sturm ist immer noch sehr heftig.“

„Das Signal, McGee“

„Oh ja, natürlich, auch unverändert, es bewegt sich nicht mehr.“ Niedergeschlagen hauchte er in seine Hände.

„Warst du bei Palmer?“

„Ja. Den Verletzten geht es schon besser. Alles nur Zerrungen und Prellungen. Jimmy ist in seinem Element“, sagte er und steckte seine Hände unter die Achseln. „Er hat wenigstens was zum Arbeiten.“

Gibbs konnte es dem jungen Agent nachvollziehen. Auch an ihm nagte die Untätigkeit. Sie saßen jetzt schon den zweiten Tag hier fest und konnten nichts unternehmen. Aufgrund des Blizzard waren auch die Satellitenverbindungen nur mangelhaft und sein letztes Telefonat mit Abby und Ziva war ein einziges Frage und Antwortspiel geworden. Keiner konnte den anderen richtig verstehen. Die Natur hatte sie voll im Griff und Tonys Chancen sanken immer mehr.

~~~***~~~

Drei Tage wütete nun schon der Blizzard, drei Tage in denen Dillan, zweimal dachte, dass sein Gast sterben würde. Die Bisswunden an seinem Bein hatten sich entzündet und die schwere Bronchitis hatte ihr weiteres dazu getan. Das Fieber war immer weiter gestiegen, bis sich Dillan keinen Rat mehr wusste und von draußen eimerweise Schnee geholt hatte, in das er seinen Gast bettete. Das, in Zusammenarbeit mit dem ihm verabreichten Antibiotikum aus seiner Notfallapotheke hatte dann irgendwann Wirkung gezeigt, das Fieber war zwar nur langsam gefallen, aber seit gestern Abend schlief der junge Mann endlich ruhig und friedlich, von einem gelegentlichem Husten einmal abgesehen.

Als Dillan an diesem Morgen die Fensterläden öffnete, hatte sich der Sturm gelegt. Der Himmel war blau und die Sonne schien ihm entgegen. „Komm Piet, wir schauen schon mal nach den Antennen.“ Er pfiff kurz und klopfte auf sein Bein. Sofort war sein treuer Begleiter an seiner Seite und mit einem letzten Blick zu seinem schlafenden Gast, verließ er die Hütte.

~~~***~~~

„Milena jetzt beeil dich. Der Zug kommt gleich an“, rief Ziva zum zweiten Mal ihrer Stieftochter zu.

„Gleich!“, kam es von der Kleinen.

Ziva stellte sich wieder ans Fenster und blickte auf das verschneite Washington. Gestern war das Sturmtief hier angekommen, das auch Gibbs und den anderen oben in Kanada so zugesetzt hatte. Hier war es allerdings nur noch in abgeschwächter Form erschienen, hatte aber für reichlich Neuschnee gesorgt. Die Medien berichteten fast pausenlos, das sich die Städter mit dem Schnee schwer taten und es schon viel Unfälle und Stürze gegeben hatte. Ziva konnte darüber nur mit dem Kopf schütteln. Sie liebte den Schnee. In ihrem Heimatland kam Schneefall nur sehr selten bis fast gar nicht vor. Wenn sie dabei allerdings an Tony dachte, zog sich ihr Herz zusammen und sie hoffte das er einen warmen Unterschlupf für den Sturm gefunden hatte.

Endlich hörte sie Mia um die Ecke kommen. Doch was sie sah, stimmte sie nicht versöhnlich. Milena hatte sich für ein ärmelloses weißes Hängekleidchen entschieden, dazu hatte sie eine dicke Strumpfhose und Sandalen an. Wenn sie nicht so unter Zeitdruck gestanden hätte, hätte Ziva gelacht, aber so spürte sie nur Ohnmacht.  

„Oh nein Fräulein. So nicht. Draußen liegt Schnee. Los zieh dich um.“

„Och Mommy“, maulte Milena und drehte sich einmal im Kreis. „Das Kleid ist doch viel schöner und Grandpa hat gesagt er findet mich hübsch in dem Kleid.“

„Mal abgesehen davon, dass es ein Sommerkleid ist, dein Großvater findet dich selbst in einem Sack hübsch. Also umziehen. Draußen liegt Schnee. Hose. Dicker Pulli, Stiefel und deine dicke Jacke und alles bitte schnell. Der Zug wartet nicht.“ Kopfschüttelnd blieb sie wieder am Fenster stehen und sah ihrer Stieftochter hinterher, die missmutig zurück in ihr Zimmer lief. Zehn Minuten später war Mia zurück, mit beleidigter Mine, aber in schneefester Kleidung und sie konnten endlich zum Auto.

~~~***~~~

Tony dämmerte schon seit ein paar Stunden vor sich hin. Mal war er wach, dann schlief er wieder ein. Zu schwach sich zu rühren oder auf sich aufmerksam zu machen. Er fühlte sich körperlos und leicht wie eine Feder. Doch jetzt nach seinem erneuten Erwachen, fühlte er sich stärker. Seine Sinne waren bereit, die Umgebung aufzunehmen und als erstes fiel ihm auf, dass er nicht gestorben war und auch nicht mehr im Schnee lag. Es war warm, sauber und weich und von irgendwo kam klare, saubere, frische Luft ins Zimmer. Tony versuchte seine Lungen damit zu füllen und atmete tief ein. Den Hustenanfall, den er daraufhin bekam, ließ ihn auch wieder seinen Körper spüren und starke Schmerzen schossen durch seinen Oberkörper und sein Bein, während er sich leicht verkrümmt auf die Seite rollte.

Sofort stand ein älterer Mann an seiner Seite und drehte ihn wieder zurück auf den Rücken. Starke Hände richteten ihn etwas auf und klopften leicht auf seinen Rücken, was die Verkrampfung seiner Lungen tatsächlich lockerte. Wenig später lag er zwar schweißnass, aber wieder frei atmend im Bett.

„Na Junge, hast du dich doch entschieden, unter den Lebenden zu bleiben?“, fragte der Mann ihn und zog seine schwere Winterjacke aus. „Als ich dich fand, sah es nicht so gut mit dir aus. Aber du hast dich gut berappelt. Mein Name ist übrigens Dillan.“ Während er sprach fuhr er die ganze Zeit mit irgendwelchen Handarbeiten fort. „Du musst nichts sagen, wenn du das noch nicht kannst, oder nicht willst. Ich bin es gewöhnt für mich zu sein und rede viel. Also Dean, wenn es dir zu viel wird, das ich hier stehe und so vor mich hin quatsche, dann….“ Doch weiter kam er nicht, als er eine schwache Stimme vom Bett her hörte.

„Tony“, krächzte sein Gast und versuchte sich etwas aufzurichten.

„Tony? Mhm, warte ich helfe dir“, kam es von dem Holzfäller, schnell war er bei ihm und zog den jüngeren Mann ein Stück nach oben, so dass er mit dem Rücken an dem Bettgestell lehnen konnte.

„Mein Name“, keuchte Tony auf, denn der Ruck der Bewegung hallte noch in seinen Rippen nach. „Tony, das ist mein Name.“

Der Mann sah ihn zweifelnd an. „Ich habe in deiner Brieftasche deinen Führerschein gefunden und der ist auf einen Dean Hunter ausgestellt. Ich meine, wenn du willst kann ich dich ja trotzdem Tony nennen, aber dein Name ist Dean.“

Sein Gegenüber schüttelte den Kopf. „Mein Name ist Anthony DiNozzo und ich bin NCIS Agent, amerikanischer Staatsbürger und Undercover unterwegs.“, erklärte Tony ihm und wurde zwischendurch ein paar Mal von seinem eigenen Husten unterbrochen. „Ich ziehe es vor, Tony genannt zu werden, Sir. Wie lange bin ich schon hier?“, fragte er schwer atmend.

Dillan hatte mit seiner Arbeit aufgehört und sich auf einen Stuhl neben das Bett gesetzt. Die Geschichte, die ihm sein junger Gast zu erzählen hatte, schien spannend zu werden. In seinen Händen hielt er eine Tasse Tee, die er nun an Tony weiter reichte. „Trink, das ist gut gegen deinen Husten“, sagte er und übergab ihm die Tasse. Während Tony den Tee in kleinen Schlückchen trank, beantwortete Dillan seine Frage. „Ich habe dich vor vier Tagen gefunden. Mehr tot als lebendig, verletzt und halb erfroren. Und nenn mich nicht Sir. Ich bin Dillan. Nur Dillan. Das reicht völlig aus.“

Tony erblasste, sofern das bei seiner eh schon blassen Haut überhaupt möglich war. „Vier Tage? Ich habe vier Tage geschlafen?“, ungläubig sah er ihn an.

„Du hast vier Tage gekämpft, mein Sohn. Das würde ich nicht mit Schlafen vergleichen“, sagte er. „Hast du Hunger?“

Tony horchte kurz in sich hinein und tatsächlich hörte er seinen Magen leise grummeln.
Wann hatte er das letzte Mal etwas gegessen?, fragte er sich und nickte seinem Gastgeber zu.

Als dieser Tony nicken sah, stand er auf und ging zum Herd. „Ich habe noch Kaninchenbrühe, die mach ich dir schnell warm und das Antibiotikum musst du auch noch nehmen. Noch haben wir vier Tabletten. Ich hoffe, dass es reicht. Im Moment scheint die Entzündung in deinem Bein nachzulassen und auch dein Husten ist schon besser geworden.“

„Wie haben sie mich gefunden und wo sind meine Sachen?“

„Zufall. Du bist in eine meiner Fallen gelaufen und deine Sachen musste ich leider zurücklassen. Es ging nur eins. Entweder dich oder deinen Seesack. Ich musste schon die Hälfte meiner Beute den Wölfen überlassen. Wenn deine Sachen wichtig sind, kann ich sie dir später holen.“

Sein Gast überlegte. „Nur ein paar Klamotten und meine Waffe. Nein, nichts wirklich wichtiges“, sagte er unter Husten, während Dillan weiter in der Suppe rührte.

Tony indessen machte gerade selber eine kleine Bestandsaufnahme. Sein Auge war scheinbar nicht mehr zugeschwollen, denn er konnte wieder normal damit sehen. Seine Rippen schmerzten immer noch intensiv, aber mit dem stützenden Verband ließen sich die Schmerzen aushalten, außerdem hatte Tony auch keine Wunder erwartet. Mit einer vorsichtigen Bewegung klappte er die Bettdecke auf, um nach seinem Bein zu schauen. Bis auf einen Verband sah er nicht viel, nur dass es bis zu seinem Knie rot und dick angeschwollen war. Langsam versuchte er die Zehen zu bewegen und stellte beruhigt fest, dass es zwar weh tat, aber problemlos ging. Kalte Luft zog unter die Decke und fröstelnd zog er sie wieder über sich. Erst jetzt sah er seine Hände genauer an. Sie waren rot und rissig und an manchen Stellen hatten sie sich gehäutet.
„Was ist mit meinen Händen passiert?“, fragte er neugierig.

„Erfrierungen. Du müsstest mal dein Gesicht sehen.“ Schmunzelnd kam der ältere Mann zurück ans Bett und reichte ihm eine Tasse mit Suppe. „Es ist nicht sehr schlimm, nur wie in starker Sonnenbrand. Du schuppst dich ein bisschen um die Nase und auf der Stirn. Es tut weh, aber es wird schnell verheilen.

Tonys Hände fuhren über sein Gesicht. Doch er konnte nichts Ungewöhnliches feststellen, bis auf die Tatsache, dass er dringend eine Rasur nötig hatte.

„Ich bring dir später einen Spiegel und Rasierzeug, aber jetzt trink die Suppe solange sie noch heiß ist.“

„Gibt es hier ein Satellitentelefon?“, fragte Tony.

Dillan lachte laut auf. „Nein, so einen modernen Schnickschnack haben wir hier nicht. Aber wir haben ein Funkgerät. Allerdings hat der Blizzard die Antennenanlage zerstört. Wir sind hier im Moment von der Außenwelt abgeschlossen. Aber ich denke, ich kann es reparieren. Außerdem kommt in zwei Wochen ein Versorgungs-Helikopter. Da kannst du dann mitfliegen. Die werden dich mit zur Basis nehmen und dann kannst du Kontakt zu deinem Verein aufnehmen. Wie heißt das noch mal, wo du bist?“ Als er sah, dass der jüngere Mann im Begriff war zu antworten, hob er die Hand. „Nein, erklär es mir später, jetzt trink erst.“

Zwei Wochen! Steinzeit, er war in der Steinzeit gelandet. Resigniert trank Tony die Kaninchenbrühe und bemerkte wie ihn die Kräfte schon wieder verließen. Der Husten quälte ihn die ganze Zeit über und seine Rippen gaben bei jeder Bewegung Antwort. Es war ein unausweichlicher Kreislauf. Als er Dillan kurz darauf die immer noch halbvolle Tasse zurückreichte, konnte er kaum noch die Augen aufhalten. Dabei wollte er nicht schon wieder einschlafen. Er musste dem Mann noch so viel erzählen. Er musste Kontakt mit Gibbs aufnehmen. Er musste Ziva und Mia sagen, das er noch lebte, das er nicht gestorben war bei dem Flugzeugabsturz. Das Baby würde bald kommen. Zu müde, um noch herunterzurutschen, legte er einfach den Kopf in den Nacken und schlief augenblicklich wieder ein.

~~~***~~~

LeFrey war von strahlenden Sonnenstrahlen geweckt worden. Der Sturm hatte sich verzogen und mit ihm auch leider alle Spuren, stellte er mit Bedauern fest, als er aus dem Zelt kletterte. Jetzt würde es nicht mehr so einfach werden den Agent zu finden. Die Frage war eh, fand er ihn lebend oder nur noch seine Leiche? Egal wie, er musste ihn finden. Denn nur so bekam er seine Provision. Sein Frühstück bestand, wie auch schon in den letzten Tagen, aus einem Pemmikan Riegel, für den er starke Zähne brauchte. Danach baute er noch schnell das kleine Zelt ab und stopfte alles wieder in den Rucksack, mit der Landkarte in der Hand stand er unschlüssig unter den Bäumen. Welche Richtung möchte der verletzte Agent wohl eingeschlagen haben? Bisher hatte er sich immer Richtung Süden bewegt. Weg aus der Wildnis und hin zur Zivilisation. Das war der einzige Hinweis den er im Moment hatte.

~~~***~~~

Gibbs sah aus der Frontscheibe des Schneemobils. Sie waren jetzt schon wieder über drei Stunden unterwegs, aber laut McGee näherten sie sich nun endlich dem Gebiet in dem Tonys Peilsender war. Dadurch dass die Hälfte der Männer immer laufen musste, kamen sie nur langsam voran. Er selbst war bis vorhin auch draußen gewesen und hatte seinen Platz einem anderen Soldaten überlassen. Jetzt noch spürte er die Kälte in seinen Knochen.

„Stopp“, hörte er Tims Stimme laut und deutlich. „Wir sind da Boss. Das Signal liegt ungefähr 15 Meter vor uns.“

Gibbs ließ seinen Blick durch die Frontscheibe schweifen. Aber hier war nichts. Oder es war zugeschneit. Lt. Slayer nickte ihm zu und befahl seinen Männern auszusteigen, sich mit Lawinenstangen zu bewaffnen und mit der Suche zu beginnen. Die Ranger schlossen sich den Männern an und bald waren alle mit der Suche beschäftigt.

Plötzlich hörte er wieder McGees Ruf. Der junge Mann war die ganze Zeit mit seinem Empfänger durch die Gegend gelaufen, um den Sender wiederzufinden. Jetzt stand er an der Seite und deutete auf eine Schneeanhäufung. „Hier, hier müsste es sein.“ Als die Worte gesagt waren, sah er traurig seinen Boss an und schüttelte in Verzweiflung den Kopf. Sollte das Tony sein, so kam jede Hilfe zu spät. Wenige Minuten später, die allen wie Stunden vorkamen, zogen sie eine große schwarze Tasche aus dem Schnee. Gibbs schloss kurz die Augen. Das war ohne Frage Tonys Tasche. Er selber hatte den jüngeren Mann mit dieser Tasche zum Flugplatz gefahren. Einen Zweifel gab es nicht.

„Weitersuchen“, befahl er kurz und nahm die Tasche entgegen. Ein Ranger kam langsam auf ihn zu.

„Das hat keinen Sinn mehr, Sir. Nach drei Tagen Schneesturm, der Kälte und seinen wahrscheinlichen Verletzungen….“, er ließ den Satz unvollendet. „Das überlebt nicht einmal ein durchtrainierter Mensch. Wir sollten abbrechen und zurückfahren.“

„Nein!“, war alles was er sagte, dann lies er den Mann einfach stehen und beteiligte sich selbst an der Suchaktion.

Eine Stunde später war Gibbs bereit die Suche zu beenden. Sie hatten den Sender gefunden, Tonys Tasche, seine Waffe und ein blutiges Stück einer Jeans, mit unverkennbaren Bissspuren. Der Ranger versuchte es ihnen so schonend wie möglich beizubringen. Wahrscheinlich war der Gesuchte bis hier aus eigener Kraft gekommen, um dann vom Sturm überrascht zu werden. Wenn er Glück gehabt hatte, dann war er beim Eintreffen der Wölfe schon erfroren. Wenn er Pech hatte……!

Gibbs weigerte sich Tonys Tot zu akzeptieren und er wollte auch gar nicht an das erwähnte Pech denken, aber trotzdem stellte er sich die Frage. Wie war es wohl bei lebendigem Verstand von Wölfen zerfleischt zu werden? Wie viel hatte Tony noch mitbekommen, bevor die Welt für immer Dunkel wurde? Und viel schlimmer, wie sollte er es den Zurückgebliebenen erklären. Wie erklärte man einer Fünfjährigen, dass Ihr Vater nie wieder kommen würde? Wie seiner schwangeren Frau und wie Abby? Darauf wusste der Grauhaarige keine Antwort. Aber eins stand fest. Der nächste Anruf stand bevor. Und er musste irgendwie Abby klar machen was passiert war und das es im Moment nicht weitergehen würde. Das alles dafür sprach, dass DiNozzo…. Nein auf keinen Fall. Tony war ein Stehaufmännchen. Er konnte nicht tot sein. Es durfte einfach nicht sein. Nicht so. Das konnte einfach nicht sein, außerdem hatte er Mia versprochen ihren Daddy wieder zu ihr zurückzubringen. Doch wo sollte er noch suchen? Die Karte zeigte keine Bebauungen für diesen Bereich. Langsam holte er das immer schwerer werdende Satelliten Telefon hervor und wählte.

TBC.................................

10. Kapitel (23.09.11)

LeFrey war ratlos. Er suchte nun schon seit Stunden nach einer Spur oder auch nur nach einem Hinweis oder Anhaltspunkt. Aber der Sturm und der heftige Schneefall hatte alles verdeckt. Langsam ging sein Proviant zu Ende und auch wenn er sich gelegentlich etwas schoss, so gab er sich nur noch fünf Tage Zeit, dann musste er zurück. Ob es ihm nun gefiel oder nicht. Allerdings hatte er nicht vor auf die Provision zu verzichten. Der Agent hatte grüne Augen. Es musste ihm doch möglich sein etwas Ähnliches zu finden. Grün war ja nicht eine so seltene Farbe. Aber noch hatte er ja ein paar Tage Zeit, dachte er grinsend und lief weiter durch die schneebedeckte Landschaft.

~~~***~~~

Als sie am Bahnhof ankamen, was aufgrund des Wetters und Zivas aggressiver Fahrweise zu einem echten Abenteuer geworden war, fuhr der Zug gerade ein. Sie waren gerade noch rechtzeitig gekommen.

„Wo ist deine Mütze?“, fragte Ziva, als sie Mia die Tür mit der Kindersicherung öffnete.

„Zu Hause.“

Ziva rollte mit den Augen. Wenn der Tag heute so weitergehen würde, dann wäre sie heute Abend reif für die Insel. „Ich habe doch gesagt, du sollst sie aufsetzten“, kam es ruppiger von ihr als beabsichtigt.

„Die juckt aber immer so“, kam es von Mia weinerlich.

Das war eine neue Marotte von ihr. Wenn sie etwas durchdrücken wollte, dann benutzte sie häufig Weinen als Hebel und meistens kam sie damit auch durch. Tony und der Rest des männlichen Teams lagen der Kleinen eh zu Füssen und Ziva fehlte im Moment die Kraft, das wieder gerade zu rücken. Aber damit würde sie sich demnächst beschäftigen müssen, dachte sie während sie mit Mia an der Hand zu den Bahnsteigen eilte.

„Wenn ich das nächste Mal sage, setz deine Mütze auf, dann machst du das, verstanden?“

„Warum?“, kam es trotzig von Milena, die etwas außer Atem neben ihrer Mommy herlief.

Noch so eine Marotte. Warum, wieso, weshalb und nicht zu vergessen „Aber“. Das Kind brachte sie noch mal zur Weißglut. Sie war schon immer schnell reizbar gewesen, aber im Moment war ihr Nervenkostüm arg strapaziert. Abrupt blieb sie stehen.

„Kannst du dich noch an deine Mittelohrentzündung erinnern.“

„Mhhmm.“

„Willst du wieder eine bekommen?“

„NEIN“, kam es laut von der Kleinen und sie schüttelte heftig den Kopf. „Krank sein ist doof“, fügte sie leise hinzu.

„Dann weißt du ja warum“, sagte Ziva. „Und jetzt komm, wir sind eh schon spät dran.“

Wenig später sah die Brünette schon die NCIS Kappe, die Tonys Vater von Direktor Vance geschenkt bekommen hatte.

„Ist er das?“, rief Mia dazwischen.

„Ja doch, sieh.“

„Darf ich ihm entgegen rennen.“ Doch eine Antwort wartete sie nicht ab, sondern rannte schon laut schreiend los.

„Grandpa, GRANDPA!“

Ihr entgegenkommende Personen machten dem kleinen Wirbelwind freiwillig Platz und so kam sie schnell voran. Ganz im Gegensatz zu Ziva, die sich und ihren Bauch nur schwer voranbrachte.

„Grandpa, da bist du ja endlich“, hörte sie Mia rufen. Dann flog die Kleine regelrecht in die Arme von Anthony Senior, der deswegen extra in die Hocke gegangen war.

„Mia, auch ich freue mich dich zu sehen“, sagte er und schloss lächelnd seine Arme um sie.

Endlich hatte auch Ziva die beiden erreicht. Auch sie war erleichtert ihren Schwiegervater wieder zusehen und als er sich aufrichtete und seinen Arm nach ihr ausstreckte, konnte auch die Schwangere nicht mehr anders und eilte in seine Umarmung.

„Alles wird wieder gut. Du wirst sehen“, flüsterte er in ihr Ohr.

Doch Ziva konnte dem nicht so richtig Glauben schenken. Denn immerhin war Tony schon seit mehr als einer Woche verletzt und allein in den Wäldern Kanadas unterwegs. Sie lehnte sich etwas von ihm fort, um ihn unauffällig zu mustern. Er kam ihr etwas zu bleich und angespannt vor, aber wer wäre das bei der Nachricht nicht?

„Geht es dir gut?“

„Gut genug“, war seine Antwort.

Mia zupfte derweilen an dem Mantelärmel ihres Großvaters. „Hast du mir nichts mitgebracht?“, fragte sie mit ihrem hinreißenden DiNozzo Lächeln.

„Hey“, sagte Ziva. „Was hab ich dir gesagt. Man stellt solche Fragen nicht.“ Böse funkelte sie ihre Stieftochter an und drohte ihr im Stillen mit einer Strafpredigt, wenn sie wieder zu Hause wären. Sie warf Tonys Vater einen entschuldigenden Blick zu, doch dieser lächelte nur milde.

„Leider nein, meine Reise war ja auch nicht geplant. Aber schau mal, das schickt dir Susan meine Haushälterin. Sie meint das wäre etwas, das du gebrauchen könntest.“ Er reichte ihr ein kleines Päckchen weiter.

„Oh von Susan“, quiekte Mia und dachte an CupCakes und Muffins. Sofort fing ihr Magen an zu knurren und das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Lecker. Sie liebte die Muffins von Susan und konnte davon nie genug bekommen. Erwartungsvoll riss sie das Papier auf und staunte nicht schlecht als sie anstelle der begehrten Leckerei, ein paar pinkfarbene Ohrenwärmer in den Händen hielt. Das war nicht das Geschenk, das sie sich gewünscht hätte. Missmutig sah sie ihren Grandpa an. „Was soll ich denn damit?“, fragte sie und zog ihre Nase kraus.

Stumm nahm er ihr die Ohrenwärmer ab und setzte sie ihr auf die Ohren. „So muss das. Susan meint, eine Mittelohrentzündung wäre genug. Das hält deine Ohren warm und sieht niedlich aus“, fügte er hinzu.

Milena krause Nase glättete sich wieder. Wenn ihr Opa sagte, dass es niedlich an ihr aussah, dann fand sie die Dinger auch schön. Ihre Freundin würde staunen wenn sie die mit in den Kindergarten nahm. So ein schönes Geschenk. Und warm waren sie auch noch, stellte sie mit Verwunderung fest.

~~~***~~~

Ducky steckte bis zu den Armen in einer Obduktion. Jimmy fehlte ihm an allen Ecken und Enden. Aber der Junge hatte nun mal im Moment einen anderen Auftrag und Jethro hatte bei seinem letzten Anruf vom Unfall des Schneemobils berichtet und davon, wie gut Palmer mit der Sache klar gekommen war. Ein bisschen Stolz war er ja auf seinen Zögling. Das musste er zugeben, dachte er und wusch sich gerade die Hände, als sein Telefon schellte.

„Mallard?“

„Ducky, ich bin es.“

„Jethro, wie geht es euch da oben und was macht der Sturm?“

„Duck, tu mir einen Gefallen und geh zu Abby. Ich werde sie jetzt anrufen. Kümmere dich um sie“, sagte er und legte auch schon auf.

Der alte Gerichtsmediziner starrte sekundenlang auf das Telefon in seinen Händen. Was war da passiert? Und im selben Moment als ihn die Erkenntnis traf, drehte er sich um und eilte aus seinem Keller zu Abigails Labor.

~~~***~~~

„Verdammte Scheiße“, brüllte Dillan die Antennenanlage an. Langsam war es mit seiner Geduld zu Ende. Seit zwei Stunden war er nun schon damit beschäftigt den Schaden, den der Eissturm angerichtete hatte, zu beseitigen, aber die letzten losen Enden der Kabel wollten sich einfach nicht packen lassen. Mittlerweile waren seine Finger steif gefroren, da er diese filigrane Arbeit nur ohne Handschuh erledigen konnte. „Das wird heute nichts mehr“, sagte er laut zu sich selber und stieg wieder von der Leiter. „Komm Piet, ich brauch etwas Warmes zu trinken. Wir machen hier morgen weiter.“

Leise, um seinen Gast nicht zu stören, öffnete er die Tür zu seiner Hütte, entledigte sich seiner Jacke und den groben Stiefeln. Es war schon eine seltsame Geschichte die Tony ihm da erzählt hatte. Ein Undercover Agent? Flugzeugabsturz? Was davon war wahr und was erfunden, blieb abzuwarten. Vielleicht war er auch nur ein verwirrter Streuner, jedenfalls ging so krank wie der jüngere Mann war, keine große Gefahr von ihm aus. Langsam ging er zum Bett, um nach seinem Gast zu sehen. Doch der schlief zwar tief aber sehr unruhig.

„Tja, Piet mein alter Junge. Ich denke da müssen wir beide uns noch eine Weile alleine unterhalten“, sagte er zu dem Hund und ging zur Küche, um ein Paar Kaninchenteile zu braten.

~~~***~~~

„Komm Milena, es ist Zeit zu schlafen“, sagte Ziva zu ihrer Stieftochter, die es sich auf dem Schoß von ihrem Grandpa gemütlich gemacht hatte und kaum noch die Augen aufhalten konnte. Immer wieder hatte Ziva sie in den letzten Minuten dabei beobachtet wie sie ein Gähnen unterdrückte.

„Nein, ich bin noch gar nicht müde. Ich möchte noch bei Opa bleiben.“

„Mia, du kannst morgen noch den ganzen Tag mit ihm spielen. Jetzt musst du schlafen.“

„Ja genau. Ich bin ja noch ein paar Tage hier. Wir haben noch Zeit genug“, versuchte Anthony Senior seine Enkelin zu beschwichtigen und stellte sie wieder auf den Boden.

„Warum? Du bleibst doch auch noch auf“, kam es trotzig und zur Verstärkung der Wirkung ihrer Worte, hatte sie vor der Brust ihre Arme verschränkt.  

Ziva atmete tief ein. So ging es nun schon seit Wochen. Sie widersetzte sich allem und seitdem nun auch noch ihr Vater nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt zurückgekommen war, wurde es noch schlimmer mit ihr. „Ich diskutiere nicht mit dir. Du machst dich jetzt fürs Bett fertig.“

Wütende, grüne Augen blitzten sie an. „Du bist böse. Ich hab dich gar nicht mehr lieb“, rief sie und stampfte aus dem Zimmer.

Ziva ließ sich erschöpft auf das Sofa sinken. Ihre Hand fuhr dabei beruhigend über ihren Bauch. Das Baby nahm ihr die Aufregung übel und schlug schon wieder Purzelbäume.

Schmunzelnd sah ihr Schwiegervater zu ihr herüber. „Anstrengend?“

Ziva war sich nicht sicher, ob er damit Mia oder das Baby meinte und nickte nur.

„Tony war in dem Alter auch so aufsässig. Ich kann mich noch gut an solche Szenen erinnern. Allerdings habe ich mich dann immer in mein Arbeitszimmer verzogen und den Ärger meiner Frau überlassen. Heute denke ich, das war ein Fehler, aber damals fand ich es ganz normal. Immerhin war sie seine Bezugsperson.“ Entschuldigend zog er die Schultern hoch. In dem Moment kam Mia wieder in das Wohnzimmer.

„Fertig“, sagte sie und lief direkt zu ihrem Grandpa, um ihm eine gute Nacht zu wünschen. „Gute Nacht Opa. Bis morgen. Ich hab dich lieb“, sagte sie und schaute ihn dabei nett lächelnd an. Dann sprang sie von seinem Schoß und lief, Ziva ignorierend, ins Kinderzimmer. „Ich brauch heute keine Geschichte mehr von dir“, rief sie an der Tür und machte diese dann schnell zu.

Kopfschüttelnd, mit Tränen in den Augen ließ die Brünette sich wieder auf dem Sofa nieder. „Sie macht das ganz bewusst. Sie will mir das Gefühl geben, versagt zu haben.“

„Du hast nicht versagt. Du machst das toll und in Anbetracht der Lage in der du dich befindest, machst du das großartig. Mia ist ein Kind und muss ihre Grenzen abstecken. Aber ich glaube, ich bin nicht der richtige Ansprechpartner für Erziehungsprobleme. Vielleicht fragst du jemanden mit Kindern?“

„Danke“, sagte sie und stand auf um etwas zu trinken zu holen.

Jetzt wo Mia endlich schlief, konnten sie sich über Tony unterhalten. Vorher war daran nicht zu denken gewesen. „Gibt es etwas neues zu berichten?“, fragte ihr Schwiegervater.

Ziva stellte ein Glas mit Wasser vor ihm ab und setzte sich wieder hin. „Nein, nichts neues, außer dass der Schneesturm sich endlich gelegt hat.“ Traurig sah sie auf. „Weißt du, tief in mir drin bin ich zweigeteilt. Zum einen will ich einfach nicht glauben, dass er tot sein könnte, zum anderen, und das ist die Mossadseite in mir, sehe ich es realistisch. Er ist nun seit fast einer Woche alleine, während eines Blizzard dort unterwegs. Wir wissen nicht, wie er den Absturz überstanden hat, wahrscheinlich ist er verletzt. Dann hat er nur seine Waffe und ich weiß nicht mit wie viel Munition. Dort gibt es Bären und Wölfe. Und er ist kein Waldgeher.“

Tony Senior schmunzelte. Zum einen weil seine reizende Schwiegertochter einen ihrer berüchtigten Versprecher getätigt hatte und zum anderen weil er sich Tony als Waldläufer einfach nicht vorstellen konnte. Sein Sohn stand auf Armani Anzüge und teure italienische Schuhe, nicht auf Mokkazins und Lederhosen. Doch Zivas Verzweiflung tat ihm weh und zeigte nur einmal mehr ihre Hilflosigkeit. Eigentlich wollte er nur ein paar Tage bleiben, aber jetzt revidierte er sein Vorhaben. Er würde so lange bleiben, wie sie ihn brauchte. „Wir schaffen das“, sagte er ihr deshalb.

~~~***~~~

Besorgt schaute Dillan zu dem jungen Mann, der sich immer noch unruhig auf dem Bett hin und her wälzte. Gestern Abend war das Fieber unerwartet wieder gestiegen. Der Holzfäller hatte die Nacht am Bett seines Gastes verbracht, hatte ihn wieder mit Schnee gekühlt oder in dicke Decken gepackt. Dann gegen Morgen, als er schon dachte, das Fieber sei gebrochen, war es plötzlich wieder aufgeflammt und seitdem wütete es in Tonys Körper. Sein Bein war vom Fuß an bis über das Knie heiß und rot angeschwollen. Immer wieder versuchte Dillan ihm etwas zu trinken einzuflößen, aber sein Patient war nicht fähig zu schlucken und das Wasser oder der Tee liefen ihm am Mund entlang. Später setzte dann der Schüttelfrost ein und auch nach dem er die letzte Decke über ihn gezogen hatte, fror der junge Mann immer noch und er befahl Piet an seine Seite. Der Malamut diente als lebende Wärmflasche.

Gestern hatte er noch gedacht, er hätte das Schlimmste überstanden. Jetzt fragte er sich, ob er den Heli in zwei Wochen überhaupt erleben würde. Der Holzfäller musste etwas unternehmen. Beherzt griff er zum *Erste Hilfe Lexikon* das er bei der Notfallapotheke aufbewahrte und schlug die Seite für Entzündungen auf.

TBC......................

Hallo meine Lieben,

es ist mal wieder Dienstag und ein neues Kapitel folgt. Gott sei dank, habe ich meinen Stick heute wohlbehalten auf meinem Schreibtisch wieder gefunden. Meine Kollegin hat ihn auf dem Weg zum Aufzug gefunden und sichergestellt. Was ein Glück…. Puh.. nicht auszudenken, wenn der wirklich weg gewesen wäre…. Die ganze Arbeit und die vielen noch nicht veröffentlichten Storys…… Da darf ich gar nicht dran denken…*schüttel* Doch jetzt zum neuen Teil.

Mal wieder von allen etwas….. Gefühle, Verzweiflung, Wut, Trauer…… Ich mach mich dann mal vom Acker.. Viel Spaß..

LG Micha
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11. Kapitel (27.09.11)

Als Ducky endlich das Labor betrat, war es schon zu spät und Abigail telefonierte bereits mit Jethro. Er sah ihren verwirrten Gesichtsausdruck und dann hörte er wie sie sagte: „Ja, Bossman, jetzt ist er da. Wieso?“ Wieder hörte sie zu, um dann zu antworten: „Jepp, jetzt bist du auf dem Lautsprecher.“ Sekunden später hörte Duck die sonore Stimme seines Freundes.

„Wir haben Tonys Sender und seine Tasche gefunden.“

„Und habt ihr auch Tony?“, fragte Abby verheißungsvoll und knabberte an ihren Nägeln.

„Nein. Außer einem blutigen Stück Stoff haben wir nichts gefunden.“

Abby runzelte die Stirn. „Nichts? Was meist du mit NICHTS?“

„Tony ist nicht mehr da, Abby.“

„Nicht mehr?“, fragte sie fast schon zu ruhig für seinen Geschmack.

Wie sollte er es ihr nur erklären, ohne ihr zu sagen das er wahrscheinlich wie ein Stück Vieh…..nein, so auf keinen Fall. „Abby hör mir zu. Wir mussten die Suche erst einmal abbrechen. Es besteht keine....“ Er unterbrach sich selber um nach anderen Wörtern zu suchen. „......wenig Hoffnung ihn noch lebend zu finden. Er ist jetzt schon fast eine Woche in der Wildnis unterwegs. Und er hatte scheinbar nichts zum Schutz. Wenn wir…“

„NEIN. Nein und nochmals nein. Ich weigere mich das zu glauben“, sagte sie und stampfte mit dem Fuß auf. Hilfe suchend blickte sie zu Ducky, dem sie nun wortlos den Hörer reichte und den Lautsprecher wieder deaktivierte. Nein, sie wollte das alles nicht mehr hören und sie würde es so lange nicht daran glauben, bis sie ihr das Gegenteil bewiesen hatten. Tony konnte nicht tot sein, das hätte sie doch gespürt, oder? Völlig fertig mit den Nerven glitt sie an ihrem Schreibtisch nach unten und zog die Knie an. Unruhig wippte sie mit ihren Platosohlen auf der Stelle. Nein, Tony war nicht tot. Er konnte es nicht. Nein, er durfte es nicht. Er war ihr Tiger. Ihr großer Bruder. Was sollte sie nur ohne ihn machen? Traurig hob sie ihren Kopf und stieß ihn im Rhythmus ihrer Füße gegen die Wand. Den größten Schock hatte ihr, ihr Silberfuchs versetzt. Wenn er nach Hause kommen wollte, dann stand es um ihren Tiger wirklich nicht zum Besten. Das konnte einfach nicht wahr sein, dachte sie und putzte mit ihrer Hand die ersten schwarz verfärbten Tränen fort, die ihr stetig und unaufhörlich über die Wangen liefen.

~~~***~~~

Er legte an und zielte. Das Reh, das sich vor seinem Lauf befand, würde ihm eine gelungene Abwechslung zu Pemmikan Riegeln und Hasenragout bringen. LeFrey nahm noch einmal Maß und wollte gerade den Abzug durchdrücken, als er bemerkte wie das Reh zusammenzuckte und sich plötzlich aufbäumte. Verwirrt ließ er die Waffe sinken. Das Reh konnte ihm nicht mehr entwischen, es hing scheinbar in einer Falle fest. Aber woher kam die Falle? Neugierig näherte er sich dem Tier, das sich wie wild in der Schlinge wehrte die sich tief in seinem Vorderlauf gegraben hatte.

„Psst, na du bist mir ja eine Hübsche“, säuselte er und näherte sich dem Reh noch mehr. „Schhhhhh....ich will dir nur helfen“, sagte er leise und streckte zur Beruhigung seine Hand nach ihm aus, mit der anderen zückte er sein Messer. Dann ging alles ganz schnell und mit einem tiefen Schnitt, hatte er die Halsschlagader des Rehs durchtrennt. Bewundernd sah er dem Todeskampf zu. Ein Tier hatte zwar keinen logisch funktionierenden Verstand, aber es war fähig Angst und Verzweiflung zu zeigen und genau das waren die beiden Emotionen die LeFrey für einen Kick brauchte.

Während er voller Verzückung auf seine Tat schaute, wanderten seine Gedanken zurück zu dem ersten Tier das er „erlöst“ hatte. Damals war er fünf Jahre alt gewesen. Seine Eltern hatten viel gearbeitet und ihren Sohn nur zu gerne dem Nachbarn überlassen. Er hatte sich nach dem Essen noch in den Garten geschlichen um die Babyhasen im Stall zu beobachten. Da war es dann passiert. Neben dem Stall hing ein Spachtel, mit dem man den Stall auskratzen konnte. Er wusste heute nicht mehr wie es dazu gekommen war, aber plötzlich hatte er den Spachtel in der einen und einen Babyhasen in der anderen Hand. Das nächste an das er sich erinnerte, war das ganze Blut und das Quieken des Hasenbabys. Und dann sah er ihm in die Augen. Braune Knopfaugen sahen ihn panisch an. Die Hand, die gerade noch gestreichelt hatte, hatte sich im selben Moment gegen ihn gewandt. Voller Freude hatte er dem Hasenbaby zugesehen, bis das Licht in seinen Augen erloschen war. Danach war sein Hang zu dem Kick geboren. Aus Hasenbabys wurden Katzen, aus Katzen Hunde und irgendwann war er dann beim Menschen angekommen. Und diese Spezies bereitete ihm die meiste Freunde. Denn sie konnten ihre Angst nicht nur zeigen, sie konnten sie auch sagen, schreien, wispern und flüstern. Der Tot hatte tausende von Gesichtern.

~~~***~~~

Es blieb Dillan nichts anderes übrig, wenn er dem jungen Mann helfen wollte, dann musste er schneiden. Also hatte er sich eine Schüssel mit abgekochtem Wasser geholt und ein paar saubere Handtücher und sein Messer abgekocht. Mit mehr Zuversicht als er in Wirklichkeit verspürte, schlug er die Decke auf und nahm den Verband ab. Vorsichtig fuhren seine Finger an den Rändern der Wunde entlang. Erstaunt stellte er fest, das er wirklich, wie im Buch erwähnt, knapp unter der Haut den Abszess spüren konnte. Dick und nachgiebig lag er ihm unter der Hand.

„Na, dann wollen wir mal. Jetzt bin ich schon so alt geworden, aber das ist das erste Mal das ich jemanden operieren muss. Ich hoffe deine Bewusstlosigkeit ist tief“, sagte er und setzte das Messer an. Der Schnitt ging schnell, trotzdem bäumte sich Tony auf, stöhnte und hustete gleichzeitig. Dillan legte das Messer weg und machte sich an die eigentliche Arbeit. Denn der Abszess musste noch sauber gemacht werden und diese Arbeit ging nicht ganz so schnell und war auch um einiges anstrengender als der Schnitt selber. Während er arbeitete, behielt er immer Tonys Gesicht im Blickfeld. Doch sein Patient schien nun die tiefen Bereiche der Bewusstlosigkeit erreicht zu haben. Denn sein Gesicht und sein Körper blieben ausdruckslos. Nachdem er erstaunliche Mengen an Eiter und Flüssigkeit herausgequetscht hatte, wusch er alles mit fast kochendem Wasser aus, verbrühte sich dabei selbst die Hände und legte zum Abschluss ein abgekochtes, noch dampfendes Tuch auf die Wunde. Dann deckte er seinen Patienten wieder bis zum Hals zu. Jetzt konnte er nur noch warten und hoffen. Entweder hatte er jetzt alles nur noch verschlimmert, oder das Fieber würde fallen und Tony genesen.

~~~***~~~

„Ich sollte jetzt gehen Ziva. Es ist schon spät“, sagte er und stand auf.

„Wohnst du wieder im AdamsHouse?“, fragte sie ihn und als er nickte stand sie ebenfalls auf. „Ich denke es geht der Firma noch gut?“

Grinsend sah er sie an. „Aber sicher doch. Mach dir da mal keine Sorgen.“ Gerade als er sich von ihr verabschieden wollte, schellte ihr Handy. Mit gerunzelter Stirn nahm sie an.

„Ja?“, sagte sie in den Hörer. Dann kam ein „Nein“ und dann schwieg sie, hörte nur zu. Ihr Gesicht verfinsterte sich. Ihre Hand fuhr zu ihrem Bauch. Die andere ließ das Handy fallen und fuhr zu ihrem Hals. Ihre Beine wurden weich und sie rutschte, plumpste aufs Sofa zurück.

Verwirrt und irritiert hob Tony Senior das Telefon auf. „Hallo? Wer spricht da“, rief er in den Hörer und schaute dabei seine Schwiegertochter an.

„Gibbs“, meldete sich eine Stimme, in dem Moment schellte es an der Tür.

Wie in Gedanken sagte der Senior: „Moment, es ist noch jemand an der Tür“, und setzte sich in Bewegung, um die Wohnungstür zu öffnen.

„Ja, das ist Ducky. Ich habe ihn gebeten nach Ziva zu sehen. Aber eigentlich sollte er schon da sein. Ich habe sie gefragt, ob sie alleine wäre und sie sagte nein. Ich wusste nicht, dass sie Sie meinte. Es tut mir leid, aber es besteht keine Hoffnung mehr.“

Tonys Vater schluckte und zog die Luft tief in seine Lungen. Verzweiflung machte sich in ihm breit, während er Ducky die Tür öffnete und dieser mit einem Nicken und einer verweinten Abby im Schlepptau an ihm vorbei ins Wohnzimmer ging. „Wann kommen Sie zurück?“, fragte er den Chefermittler. Voll in dem Wissen, sollte nur noch eine kleine Chance bestehen dass Tony noch lebte, würde Gibbs sich keinen Meter von dort fortbewegen.

„Unser Flug geht in drei Tagen. Wir sind aber schon wieder zurück in Barrie. Tim und ich wollen morgen noch kurz zu Fornell. Dann kommen wir zurück.“

Damit brach auch in Tonys Vater die letzte Hürde, sein letzter Hoffnungsschimmer war vernichtet. Ausgelöscht. Sein Sohn sollte tot sein? Tony hatte einen Kopfschuss und eine Gehirnblutung überlebt. Und nun...Was sollte nun werden? Noch immer hielt er sich das Telefon ans Ohr, doch es war schon lange tot. Gibbs hatte die Leitung unterbrochen. Im Wohnzimmer hörte er Stimmen. Langsam, wie automatisiert, ging er den Stimmen entgegen.

~~~***~~~

Am nächsten Morgen war er sich sicher, der Junge würde es schaffen. In der Nacht war jedoch das Fieber noch einmal gestiegen und der alte Holzfäller hatte mit dem schlimmsten gerechnet. Leise hatte er die ganze Zeit auf ihn eingeredet. Hatte ihm erfundene Geschichten über seine Ziva und Mia, nach denen Tony immer in seinen Fieberfantasien rief, erzählt. Dann hatte er ihm von dem Ultraschallbild berichtet, welches er in seiner Tasche gefunden hatte. Er hatte ihm befohlen zu kämpfen. Für das Baby und die Frauen, die er scheinbar liebte. Hatte ihm berichtet, das ihm und seiner Frau nie ein Kind vergönnt gewesen war und irgendwann war Tony ruhiger geworden. Wahrscheinlich wäre er das auch ohne seine Erzählungen, aber auch Dillan brauchte dieses kleine Wunder für sich.  

Doch jetzt am Morgen schlief Tony tief und fest ein, und die unnatürliche fahl, blass-grüne Leichenfarbe war gewichen. Es war seltsam, denn er kannte diesen Mann gar nicht, trotzdem lag ihm der Junge, wie er ihn gerne nannte, am Herzen. Als er den Waschlappen von Tonys Stirn nahm und wieder einmal die Temperatur maß, stellte er mit Erstaunen fest, dass das Fieber wirklich kontinuierlich fiel. In den letzten Stunden jeweils um ein Grad. Er war immer noch warm, aber das Delirium war vorbei und auch der Husten hatte sich etwas gelegt. Zuversichtlich blickte Dillan nun in den neuen Tag und entschied sich, seinen Patienten heute mal für ein paar Stunden alleine zu lassen. Er wollte solange es noch schön war die Fallen kontrollieren und Piet würde sich auch über ein paar Stunden Arbeit mit seinem Herrchen freuen.

Dillan ging noch einmal zum Bett und zog die Decken über seinen Gast, dann klopfte er auf sein Bein und pfiff einmal kurz. Sofort blickte Piet hoch. Er lag noch immer an Tonys Seite und hatte bis gerade in den Tag gedöst. Jetzt waren all seine Sinne auf sein Herrchen gerichtet.
„Komm mein Junge, wir machen mal einen kleinen Spaziergang“, sagte Dillan und sein Hund sprang freudig vom Bett.

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„Ziva meine Liebe. Komm zu dir“, hörte sie neben sich eine Stimme. Doch sie verstand den Wortlaut nicht wirklich. Tausend Gedanken schossen Ziva in dem Moment durch den Kopf. Sie hatte überhaupt keine Zeit, sie musste nach Mia sehen und dann wartete in der Küche noch der Abwasch. Tonys Vater wollte, dass sie ihm ein Taxi rief. Milena würde nächstes Jahr in die Schule kommen und die ersten Gespräche standen an. Das neue Babybett musste noch aufgebaut werden. Sie musste auch noch unbedingt Tonys Lieblingsjeans flicken. Das hatte sie ihm in Israel versprochen und immer wieder aufgeschoben. Aber jetzt musste sie das unbedingt nachholen. Fest entschlossen stand sie auf und ließ einen erstaunten Ducky auf dem Sofa zurück.

„Ziva?“, rief er ihr hinterher, doch sie drehte sich nicht mehr um, also stand er auch und folgte ihr.

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Der Frankokanadier konnte sein Glück kaum fassen, aber er hatte durch puren Zufall die Spur wiedergefunden. Gerade als er das Reh ausnehmen wollte, hatte er näherkommende Geräusche vernommen. Leise und unauffällig hatte er sich daraufhin wieder verzogen. Nicht ohne das Reh mitzunehmen. Der Mann, der kurz darauf an der Schlinge ankam, war schon älter und in Begleitung eines Hundes unterwegs. Die Nase des Malamut witterte im Wind und kurz wurde es LeFrey ungemütlich, aber dann hatte er wohl die Spur eines Tieres aufgenommen und wurde von seinem Herrn zurückgerufen.

LeFrey kratzte sich am Kinn. Egal wie, er brauchte noch einen Beweis. Vielleicht hatte der Alte ja grüne Augen? Und so war er dem Gespann gefolgt und war erstaunt, als sie zu einem Holzfäller Camp kamen.

Jetzt lag er in einiger Entfernung und beobachtete sprachlos das Geschehen in der Hütte. Das Glück war ihm holt gewesen und hatte ihn tatsächlich zurück zu seinem Auftrag gebracht.

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So langsam kehrte wieder Leben in seinen geschundenen Körper zurück, doch seine Sinne spielten ihm einen Streich. Er sah Ziva, wie sie an der Türzarge zu ihrem Schlafzimmer lehnte und ihrem Mann im Bett einen belustigten Blick zuschmiss. Er stellte sich vor, wie Mia in einem pinkfarbenen Schlafanzug zu ihm ins Bett gehüpft kam, wie sich ihr kleiner warmer Körper an seinen kuschelte und sie ihm vergnügt mit ihrem Finger in die Seite piekte und dabei die ganze Zeit über *Piek, piek, piek* rief. Dann stürmte sie wieder aus dem Bett und Tony wollte ihr hinterher und spannte seine Beinmuskulatur an und……. AUuuuuu, hier hörte der Traum auf und die Realität fing an. Die Schmerzen der abrupten Bewegung fuhren ihm durch Brust und Bein. Noch immer hatte er es warm und weich, aber es roch seltsam, nach Holzfeuer und nassem Hund. Irgendwie hatte er Angst die Augen zu öffnen, um sein Trugbild vielleicht zu zerstören.

~~~***~~~

Wo war nur die verdammte Jeans? Sie öffnete gerade den nächsten Schrank, um auch diesen durchzuwühlen. Auf dem Bett und dem Boden türmten sich schon Mengen an Kleidung, die sie auf ihrer Suche einfach hinaus geschmissen hatte.

„Ziva, hör auf. Was suchst du denn?“, sprach Ducky sie an, aber die junge Frau reagierte nicht.

Noch immer zog sie Kleidungsstück für Kleidungsstück aus dem Schrank und ließ es unbeachtet auf den Boden fallen.

Abby, die immer noch still Tränen vergoss, schaltete sich nun ein. Langsam ging sie auf die Schwangere zu. „Ziva bitte, was machst du denn?“, fragte sie. Als die junge Frau immer noch nicht reagierte, schloss sie sie von hinten in die Arme und hielt sie einfach fest.

Plötzlich mobilisierte Ziva alle Kräfte die ihr noch zur Verfügung standen und drehte sich blitzschnell in Abbys Armen um. „Las mich los, oder du wirst es bereuen“, zischte sie ihr zu und versuchte ihr den Ellenbogen in den Magen zu rammen. Ihre Augen waren schwarz vor Schmerz und sie nahm überhaupt nicht wahr, wen sie vor sich hatte. Bevor Abby reagieren konnte, war der Angriff auch schon wieder vorbei und sie sah Abby hilflos an.

„Ich...ich muss seine Jeans... wo ist nur Tonys Lieblingsjeans geblieben? Ich muss sie noch flicken. Ich hätte das schon vor langer Zeit machen sollen, aber immer war was anderes wichtiger. Ich..“ Plötzlich sackte sie in Abbys Armen nach unten. Nur mit Mühe konnte die quirlige Kriminaltechnikerin sie halten und zum Bett ziehen. Sofort war Ducky da und fühlte Zivas Puls.

„Das war einfach zu viel für sie“, sagte er zu aller Beruhigung und legte ihr ein Kissen unter die Beine.


TBC............................

Hallo zu später Stunde, aber immer noch besser als gar nicht, oder??? lach

Gott sei Dank muß ich hier schreiben und nicht reden, denn meine Stimme ist …. ja wo ist sie nur? Keine Ahnung, aber wer sie finden sollte, ich wäre ihm dankbar, wenn er sie mir zurückbringen würde.

Und weil es mir heute so Baahhh geht und ich nicht arbeiten war, sondern mich in mein Bett verkrochen habe, kommt auch das neue Kapitel so spät. Ich hoffe ihr habt eure Freude daran und ich freue mich wie immer auf eure Meinung, die so aufbauend ist.

In diesem Sinne bis zum nächsten Mal,
LG Micha
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12. Kapitel (30.09.11)

Dillan sah aus dem Fenster, während er den Waschlappen im kalten Wasser auswusch. Das Wetter war schön. Vielleicht würde er ja heute einmal Zeit haben, sich um die Antennenanlage zu kümmern. In Gedanken drückte er den Lappen aus, als er vom Bett her ein Stöhnen hörte.

„Hallo, das wurde aber auch Zeit“, begrüßte er den jungen Mann, der mühsam versuchte seine Augen zu öffnen.

„Was ist passiert?“, kam es undeutlich von seinem Gast.

Dillan drückte den Lappen noch einmal aus und legte ihn wieder auf Tonys Stirn. „Tja, was ist passiert? Um es kurz zu machen, du hattest einen Rückfall. Dein Bein sieht nicht gut aus, das Fieber ist zurückgekommen und zwei Tage lang hatte ich echt Angst, aber jetzt scheinst du die Kurve gekriegt zu haben.“

Tony hob einen seiner bleischweren Arme und legte ihn sich über die Augen. Er musste dringend überlegen wie es nun weitergehen sollte. Mit der Zunge fuhr er über seine vom Fieber aufgesprungenen Lippen. Er musste eine Nachricht an Gibbs und Fornell absenden. Sie mussten wissen, dass er nicht tot war. Und Ziva und Mia. Plötzlich fiel ihm das Funkgerät ein. „Die Anlage…“, krächzte er und musste sich erst einmal räuspern. „Hatten sie schon Gelegenheit die Anlage zu reparieren.“

„Sorry Kleiner, aber in den letzten Tagen hast du meine ganze Aufmerksamkeit gefordert.“ Beschwichtigend hob er die Hände. „Aber ich habe schon mal angefangen und du kannst mich ruhig duzen. Ich hab es hier draußen nicht so mit der Etikette“, fügte er aufbauend hinzu. „Außerdem dauert es ja nicht mehr lange bis der Heli kommt.“ Vom Bett her hörte er ein unterdrücktes Seufzen, als sich der jüngere in eine höhere Position zog. Irgendwie wollte ihn Dillan von den trübsinnigen Gedanken ablenken. „Meinst du, du hast schon genug Kraft mir deine Geschichte zu erzählten? Ich bin neugierig und würde gerne wissen, wen ich hier nun schon fast fünf Tage beherberge.“

Tony nahm seinen Arm von den Augen, nickte dem älteren Mann zu und nahm dankend ein Glas mit Wasser entgegen, das ihm der Holzfäller reichte. Vorsichtig nahm er einen kleinen Schluck und ließ ihn genüsslich durch seine trockene Kehle rinnen. Er überlegte kurz wo er anfangen sollte, entschied sich dann aber für die Wahrheit und erzählte ihm von seiner Arbeit, seinem Undercover Auftrag, dem Flugzeugabsturz und von dem Wolf, der ihn überfallen hatte. Als er zum Ende kam, fielen ihm vor Erschöpfung schon fast wieder die Augen zu.

„Na das nenn ich doch mal eine spannende Geschichte. Da hast du ja viel mitgemacht“, sagte Dillan und schlug die Decke zurück, um sich die Beinwunde noch einmal anzusehen. „Aber bevor ich dich wieder schlafen lasse, musst du mir noch verraten wer Ziva und Mia sind? Es macht mich ganz verrückt, dass ich das nicht weiß“, sagte er grinsend während er den Verband aufschnitt.

„Ziva ist meine Frau und Milena meine Tochter“, knurrte Tony kurz durch zusammengebissene Zähne, da Dillan den Verband mit einem Ruck von seiner Wunde abzog, dann warf er selber einen Blick auf das Schauspiel, dass ihm sein Bein bot. Es war zwar immer noch krebsrot, aber die Schwellung war etwas zurückgegangen. Die Wunde selber sah dafür überhaupt nicht gut aus. Zu den eigentlichen Bisswunden, war nun noch eine Schnittwunde dazu gekommen, an die sich Tony nicht erinnern konnte. Die Wundränder klafften auseinander und sonderten eine übelriechende Flüssigkeit ab. Ein Gestank nach Verwesung hing in der Luft und er ließ angewidert seinen Kopf in die Kissen sinken.

„So was in der Art habe ich mir schon gedacht“, murmelte der Holzfäller und legte neue Kompressen auf die Wunden. „Falls du dich fragst, wo der Schnitt herkommt, das war ich. Ich war ein wenig egoistisch und wollte einfach nicht länger alleine sein“, erklärte er ihm grinsend. „Ne Spaß bei Seite. Der Entzündungsherd musste geöffnet werden. Scheinbar hab ich meine erste OP gut gemacht, denn ich kann endlich mit dir reden.“

„Mhmmm.“ War alles zu dem Tony im Moment in der Lage war. Denn der Ältere hatte sein Bein angehoben und war dabei einen neuen Verband anzulegen. Hatte er vorher schon Schmerzen gehabt, so schlugen sie nun in Wellen über ihm zusammen.

„Ich weiß, das tut weh, aber Lizzie hat immer gesagt, nur was weh tut, kann auch heilen.“  

Tony wünschte sich nur eins. Nämlich das er mit der Prozedur endlich fertig wurde und er sein Bein wieder auf das Kissen legen konnte. Das war zwar auch nicht angenehm gewesen, aber immer noch besser als jetzt. Als der Holzfäller den Verband festzog, keuchte Tony auf und seine Hand verkrampfte sich in das Bettlaken.

„Schon gut. Vergesse das Luftholen nicht, mein Junge“, sagte sein Peiniger belustigt, legte das Bein vorsichtig zurück auf das Kissen und zog die Decke wieder darüber.

An Schlaf war jetzt vorerst nicht zu denken. Die Schmerzen, die durch sein Bein tobten, hielten ihn wach. Unruhig versuchte er sich in eine bequemere Position zu bringen.

Dillan, der das mitbekam, sah ihn bedauernd an. „Ich kann dir leider nichts gegen die Schmerzen geben. Ich hab dir schon alles verabreicht was meine kleine Apotheke aufzuweisen hatte. Tut mir leid Tony.“

„Lenk mich ab, erzähl mir was von dir“, quetschte DiNozzo durch zusammengebissene Zähne hervor.

„Von mir? Da gibt es nicht viel zu erzählen“, teilte er ihm mit, setzte sich dann aber doch wieder auf den Stuhl neben dem Bett und erzählte seinem Gast etwas von seinem Leben.
„…..tja und jetzt wo Lizzie nicht mehr ist und keiner auf mich wartet, kann ich auch die Wintertage hier vor Ort verbringen. Dann bin ich wenigstens noch zu etwas nützlich“, schloss er den Satz und warf Tony einen abschätzenden Blick zu. Während er von sich berichtet hatte, hatte sich die Atmung seines Patienten wieder beruhigt. „Ich habe mir aber auf keinen Fall gedacht, dass ich dieses Jahr noch Krankenschwester für einen Undercover Agent spielen darf.“ Kopfschüttelnd stand er auf. „Wie sieht es aus mein Junge? Du musst was essen, ob du magst oder nicht“, sagte er und ging auch ohne dessen Antwort abzuwarten zum Herd, um den Eintopf wieder warm zu machen.

Tony schluckte und war sich nicht sicher ob er überhaupt in der Lage war etwas zu essen. Aber der verlockende Duft nach warmen Essen, der kurz darauf durch die kleine Hütte wehte, belehrte ihn eines besseren und sein Magen knurrte vernehmlich. Scheinbar befand er sich wirklich auf dem Weg der Besserung. Nun musste Dillan nur noch das Funkgerät repariert bekommen. Dann konnte der Braunhaarige auch wieder für die Zukunft planen.

~~~***~~~

Fornell sah Gibbs traurig an und schüttelte den Kopf. Irgendwie fühlte er sich schuldig. Verantwortlich. Wenn er es ungeschehen machen könnte, würde er es machen. Tobias wusste wie sehr Jethro an seinem Jungen hing. Und jetzt so ein Debakel.

„Wie weit seid ihr?“, fragte ihn der NCIS Ermittler gerade. Palmer und McGee standen etwas abseits und unterhielten sich leise mit Sacks. Gibbs und der Rest seines Teams, waren gestern wieder in Toronto angekommen. Seitdem hatten sie nur über den bevorstehenden Einsatz diskutiert.

„Wir nehmen den Laden morgen hoch. Trevor hat uns signalisiert das morgen ein guter Tag ist, weil die Flugzeugflotte gewartet wird und alle Piloten sich am Boden befinden.“

„Gut, McGee und ich werden dabei sein!“

Fornell sah von Gibbs zu McGee und sah auf beiden Gesichtern die gleiche Entschlossenheit, dann nickte er ihnen zur Bestätigung zu. „Okay, aber wir haben das Kommando. Keine Extrawürste und alles schön nach unserem Plan. Und damit wir uns verstehen, keine Rachefeldzüge. Haben wir uns verstanden?“

Beide Agents nickten ihm zu. Keine Rachefeldzüge, dachte Gibbs. Er schluckte Wut und Verzweiflung herunter. Der Grauhaarige schloss wütend seine Hand zur Faust und der leere Pappbecher der sich darin befand wurde klein zusammengedrückt. Einer würde bezahlen müssen, egal ob es Tobias gefiel oder nicht.

~~~***~~~

Etwas gehetzt sah Tony zur Tür. Dillan war jetzt schon über eine Stunde draußen bei der Antennenanlage. Die Temperaturen lagen immer noch bei minus 15 Grad. Wahrscheinlich waren seine Finger schon halb erfroren. Tony sandte ein kleines Dankesgebet zum Himmel. Er wusste gar nicht, wie er sich jemals bei Dillan für seine Hilfe und Pflege bedanken sollte. Der Mann hatte soviel für ihn getan. Er hatte ihn gerettet und Tony wollte gar nicht daran denken, um was sich Dillan noch alles gekümmert hatte, als er mehr tot als lebendig im Fiebertraum gelegen hatte. Peinlich berührt rieb er sich die Augen. Betrachtete man, was Tony in den vergangenen Tagen alles durch gemacht hatte, ging es ihm erstaunlich gut, allerdings fühlte er sich schwach wie ein Kätzchen. Vorsichtig versuchte er die Lage seines Beines zu verändern, doch bei der kleinsten Bewegung schossen Schmerzen durch die Wunde und er stöhnte leise auf. Noch immer eiterte die Wunde, aber die Entzündung war nicht weiter fortgeschritten. Belasten konnte er das Bein kaum und ein paar Krücken standen ihm nicht zur Verfügung und so war er auch weiterhin auf Dillans Hilfe angewiesen.

Als endlich die Tür aufging atmete er erleichtert auf. Piet schoss als erster in die Hütte und schüttelte sich, dass Schnee und Tauwasser nur so durch den kleinen Raum spritzen. Als nächstes kam sein Herrchen in Sicht. Und als Tony Dillan fett lächeln sah, wusste er, dass seine Gebete erhört wurden. „Du hast es geschafft“, sagte er und es war keine Frage, sondern eine Feststellung. Tony erwiderte Dillans Lächeln.

„Aye, die Antenne ist wieder einsatzfähig“, vergnügt zog er seine Jacke aus, hing sie auf den Haken und ging zurück zum Funkgerät, während es sich Piet neben Tonys Bett gemütlich machte. „Camp eins ruft Company, kommen.“ Das Rauschen, das sie hörten, war nicht sehr vertrauenerweckend.
„Camp eins ruft GoodWOOD Forest Products Company, bitte kommen“, sagte Dillan noch einmal und lauschte mit Tony angespannt auf Antwort.

„Hier GoodWOOD Forest Products Company, Camp eins, kommen“, hörten sie da eine Frauenstimme.

Tony brach in einen Hippppiiieee Ruf aus und büßte dafür sofort mit einem starken Hustenanfall. Sein rechter Arm klemmte sich über seine gebrochenen Rippen, mit der anderen Hand hielt er sich den Mund zu und versuchte dem Gespräch zu folgen.

„Annie, wie gut es tut deine Stimme zu hören, kommen“, sagte Dillan und hörte in der Ferne ihre Hündin bellen.

„Bella aus“, hörte er sie sagen und er konnte sie förmlich vor sich sehen, wie sie mit einer Hand ihren Hund beruhigte.

„Dillan, wir haben uns schon Sorgen gemacht. Hat der Blizzard dir schlimm zugesetzt? Kommen.“

„Leider hatte er die Antennenanlage beschädigt, aber jetzt habe ich es repariert. Sag Annie, hast du etwas von einem Flugzeugabsturz mitbekommen? Kommen“, fragte Dillan und die Frage ließ Tony schmunzeln.

„Ja, vor dem Blizzard. Kleine einmotorige Aviat 1 A Husky. Warum? Kommen.“

„Weil ich hier einen verletzten Mann habe, der dringend ärztliche Hilfe benötigt. Er sagt er sei ein amerikanischer NCIS Agent, mit Namen Anthony DiNozzo.“

„Oh mein Gott. Er lebt noch? Wir haben damit nicht mehr gerechnet. Das muss ich sofort weiter geben. Wie schlimm ist er verletzt? Kommen.“

Dillan brachte Annie schnell auf den Stand von Tonys Verletzungen.

„Ich werde sein Team alarmieren, die sind noch hier. Sagen wir, ich melde mich in einer Stunde wieder bei dir und organisiere am besten schon einmal einen Helikopter für den Rücktransport, kommen.“ Wieder hörte man den Hund bellen. „Dillan sei vorsichtig und pass auf dich auf. Bella vermisst Piet, kommen“, fügte sie mit einem Lächeln hinzu und streichelte ihren Hündin.

„Danke Annie, du bist die Beste und ich werde es Piet ausrichten. Kommen und Aus“, sagte er und legte das Sprechgerät wieder auf den Schrank. Lächelnd drehte er sich zu Tony um. „Jetzt hast du es bald geschafft, Kleiner. Dann kann sich ein richtiger Arzt dein Bein ansehen und auch was gegen deinen Husten unternehmen.“
Während er sprach, war er wieder zum Bett zurückgekommen und klopfte Tony leicht auf den Rücken, bis sich der Hustenkrampf legte und der Agent schwer atmend zurück in die Kissen sank.

~~~***~~~

LeFrey hatte den halben Tag damit verbracht den alten Mann bei der Reparatur der Antenne zuzusehen. Es wäre ein leichtes gewesen ihn auszuschalten, aber irgendwas hielt ihn davon ab. Also beschränkte er sich auch weiterhin nur auf das Beobachten. Dann holte er plötzlich sein Satellitentelefon hervor und wählte die Nummer des Auftraggebers. Doch keiner nahm ab.

~~~***~~~

Ein letzter Griff zur Schutzweste. Noch einmal die Waffe überprüfen. Dann war es soweit. Das FBI hatte ein großes Team aufgebracht und das Gelände war weiträumig umstellt. Alles wartete nur noch auf Fornells Zeichen.

„Einsatz!“, rief dieser in das Mikro.

Man setzte sich in Marsch, auch Gibbs und Tim. Jeder Gang, jede Bewegung war tausendmal trainiert und doch reichte eine falsche Handbewegung und schon konnte alles den Bach runter gehen. Die Waffen im Anschlag, der Blick auf alles gerichtet was sich bewegte, kamen sie langsam näher. Jedes Mal wenn sich Gibbs im Einsatz befand, weiteten sich seine normalen Sinne aus. Alles reagierte nur noch über die Waffe. Er hörte nur noch Geräusche die wichtig waren, er sah nur noch seine Gegner, sonst nichts mehr. Als die ersten Schüsse fielen, zuckte er nicht zusammen, sondern gab Tim nur das Zeichen aufzupassen. Das SEK Team schwärmte in den Raum und nahm die nicht flüchtenden Männer unter Beschuss. Plötzlich war ein Drogenkurier neben ihnen. Dann ging alles ganz schnell.

„Tim runter“, brüllte Gibbs, hob seine Waffe und schoss. Genau wie sein Gegenüber.

Tim schmiss sich auf den Boden und schützte seinen Kopf mit den Armen, während zwei Kugeln gekreuzt über ihm herüber schwirrten. Sein Boss blieb unbeirrt stehen, während der Gangster ebenfalls zu Boden ging. Tim kniff die Augen zusammen und wartete auf den Einschlag oder ein Stöhnen seines Bosses, doch beides blieb aus. Vorsichtig öffnete er wieder die Augen und sah Gibbs stehen. Ein schneller Blick zum Boden neben ihm zeigte, dass der andere von einer Kugel genau zwischen die Augen getroffen worden war. In dem Moment war auch schon Gibbs da und hielt ihm die Hand hin.

„Alles klar Tim?“

„Danke Boss.“

„Nicht dafür. Ich bin nicht gewillt, noch einen meiner Agents zu verlieren“, sagte Gibbs und lief schon wieder weiter.

~~~***~~~

Eine halbe Stunde später war alles vorbei. Sie standen zusammen mit Fornell, noch in voller Schutzmontur, am Einsatzwagen.

„Keinen Rachefeldzug, Tobias“, sagte Gibbs und grinste ihn an.

Hampton war schon zusammen mit seinen Helfershelfern in einem Gefängniswagen abtransportiert worden. Alle anderen waren ebenfalls festgesetzt. Die eigentliche Ermittlungsarbeit würde erst jetzt begingen, denn es galt die richtigen Drogenkuriere von ihren zivilen Kollegen zu trennen. Gibbs beneidete das FBI nicht um diese Arbeit. Aber sie würden einen guten Helfer haben. Trevor MacKenzie, der zweite Undercover Agent hatte sich zu ihnen gesellt.

„Habt ihr schon was von Agent DiNozzo erfahren?“, wollte er als erstes wissen.

Gibbs schüttelte nur mit dem Kopf und Trevor nickte verstehend.

„LeFrey ist noch irgendwo da draußen und solange er sich nicht zurückmeldet, würde ich an ihrer Stelle die Hoffnung nicht aufgeben“, sagte MacKenzie in dem Moment, als plötzlich Gibbs Telefon schellte.

Wer konnte das sein?, dachte er, während er das Handy aufklappte.

„Gibbs.“

„Agent Gibbs vom NCIS?“, fragte eine unbekannte Frauenstimme am anderen Ende der Leitung.

„Ja“, sagte er ungehalten. „Was gibt es?“

„Ich heiße Annie Taylor, von der GoodWOOD Forest Products Company und rufe im Auftrag eines unserer Holzfäller an. Er hat in der Nähe vom Camp 1 einen gewisser Anthony DiNozzo, lebend, aber verletzt, aufgegriffen.“

„Er hat was?“, fragte Gibbs leise, denn sein Herz schlug ihm gerade bis zum Hals. Tony lebte, schoss es durch seinen Kopf, denn genau das war es, was die freundliche Dame ihm mitteilen wollte. Tony lebte. Er wusste nicht wie, aber er hatte es mal wieder geschafft und ein schiefes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

„Ich sagte…“, ergriff sie erneut das Wort und Gibbs konnte auch bei ihr fast das Lächeln hören. „Ich sagte, dass unser Mitarbeiter ihren Agent lebend gefunden hat. Können sie in einer Stunde bei uns in Barrie sein?“

„Wir werden da sein. Egal wie.“

Gibbs ließ sich noch wie in Trance die Adresse geben, dann bedankte er sich bei der Dame. Die letzten Worte ließen Tim auf sehen. Plötzlich war sein Interesse geweckt. Gibbs bedankte sich nie, oder sagen wir mal, er bedankte sich nur bei Abby, aber sonst bei Niemandem. Was war da nur los.

„Boss?“, fragte er und sah ihn verwirrt an, weil dieser ihn mit einem breiten Lächeln bedachte.

„Boss?“, fragte McGee noch ein zweites Mal, zog eine Augenbraue hoch und erreichte erst jetzt eine Reaktion von Gibbs.

„Tony lebt. McGee, pack unseren Kram zusammen und sammle Palmer ein. Wir müssen in einer Stunde in Barrie sein.“ Als er Tims verwirrten Gesichtsausdruck sah, fügte er noch hinzu: „Na los, worauf wartest du? Auf deine Rente?“, und mit lachendem Gesicht schlug er Tobias auf die Schulter.

TBC......................................

13. Kapitel (04.10.11)

Ziva wurde von einer leisen Stimme geweckt. Sie brauchte einige Zeit um sich darüber klar zu werden, wer da vor sich hin murmelte und als nächstes fiel ihr auf, dass sie auf ihrem Bett lag. Warum? „Abby? Was machst du da?“, fragte Ziva die einzige Person die mit ihr im Raum war.

„Oh Ziva, du bist ja schon wieder wach“, quiekte Abby und ließ die Jeanshosen, die sie gerade vom Boden aufgehoben hatte, aufs Bett fallen. Für ihre Verhältnisse relativ langsam, kam sie nun aufs Bett zu und überreichte ihrer Freundin die vermisste Hose. „Hier. Ich habe sie für dich gesucht und gefunden. Jetzt kannst du sie flicken.“

Ziva ergriff die Jeans und presste sie an ihren Bauch. Tony war tot, was wollte sie da noch seine Hose flicken? Ihre bebende Hand fuhr in ein Hosenbein, ihre Finger fanden den Schnitt den sie ihm damals in Israel in die Hose gemacht hatte, damit sein Gipsbein mehr platz hatte. Etwas feuchtes machte sich auf ihren Wangen breit. Nein, sie wollte jetzt nicht weinen und doch konnte sie nicht dagegen unternehmen. Tränen ließen sich nicht beeinflussen.

Wie sollte sie es Mia erklären? Und wie irgendwann einmal ihrem Baby? Wie sollte sie ihm klar machen, was es hieß ein DiNozzo zu sein? Langsam verflog ihre Starre. „Abby? Wie soll es jetzt nur weitergehen?“

Die junge Kriminaltechnikerin zog ihre Schuhe aus und krabbelte zu ihrer Freundin auf das Bett. Auch ihre Augen waren vom Weinen immer noch gerötet und schwarze Spuren liefen über ihre Wangen. Sie schluckte schwer, während sie ihre Arme um die Schwangere schloss. „Ich weiß es nicht, Ziva und ich kann dir da auch nicht weiterhelfen, denn ich kann es ja selbst nicht glauben. Tony darf einfach nicht tot sein.“

„Nein, das darf er auch nicht“, kam es leise von der Brünetten und ihr Herz wurde schwer.

~~~***~~~

Tonys Vater und Ducky saßen im Wohnzimmer auf der Couch. Beiden war nicht nach Reden zumute und so saßen sie sich einfach nur in Gedanken versunken gegenüber. Jeder war in seiner Welt gefangen. Anthony Senior bedachte die Zukunft. Wie sollte es nun weiter gehen? Würde Mia bei Ziva bleiben? Oder sollte er die Kleine besser zu sich holen? Doch im gleichen Moment nannte er sich selber einen Narren. Ziva würde Mia nie freiwillig hergeben und außerdem war sie mit seinem zweiten Enkelkind schwanger. Er wollte keinen Streit. Aber wie wollte sich Ziva um zwei kleine Kinder kümmern? Wenn er sie vielleicht dazu bewegen könnte, mit ihm nach Long Island zu kommen und ihren Job beim NCIS aufzugeben, aber auch hier war er sich sicher, dass dies nur ein Wunschtraum bleiben würde. Und ihr stand ja noch eine Möglichkeit offen. Was, wenn sie zurück nach Israel gehen würde? Den Gedanken wollte er auf keinen Fall weiter verfolgen.

Duckys Gedanken drehten sich derweil um die Vergangenheit. Er sah Anthony wieder im Bett auf der Isolierstation des Navy Krankenhauses Bethesda liegen. Damals hatte er nicht damit gerechnet, dass der junge Mann die Lungenpest überleben würde. Aber er hatte allen Prognosen zum Trotz, den Viren ein Schnippchen geschlagen und war sogar schon wieder früher als gedacht zurück an seinen Arbeitsplatz geeilt. Dann die Geschehnisse von vor einem Jahr. Zuerst die Sache mit seinem Bein, dann der Kopfschuss und die anschließende Gehirnblutung. Alles schwerwiegende Verletzungen und doch war er jedes Mal dem Tod von der Klinge gesprungen. Und jetzt sollte er in einem Schneesturm gestorben sein? Missmutig legte er seinen Kopf in den Nacken.

~~~***~~~

Dank Gibbs Fahrweise waren sie sogar noch vor der verabredeten Zeit in Barrie. Die GoodWOOD Forest Products Company war schnell gefunden und die Bremsen hätten gequietscht, wenn der Wagen kein ABS gehabt hätte, als Gibbs anhielt und zusammen mit McGee und Palmer das Gebäude stürmte. Kurze Zeit später saßen sie bei Annie, die schon das Funkgerät in den Händen hielt.

„GoodWOOD Forest Products Company ruft Camp 1, bitte kommen“, sprach Annie in das Gerät.

~~~***~~~

„Die Stunde Wartezeit ist fast herum. Nervös?“, fragte Dillan lächelnd.

„Nervös ist nicht der richtige Ausdruck“, erwiderte Tony hustend.

Dillan gefiel das gar nicht. Tonys Husten war wieder schlimmer geworden und auch die Entzündung seines Beines war immer noch präsent. Leider hatte er kein Antibiotikum mehr. Es wurde wirklich Zeit, dass er in ärztliche Behandlung kam. Besorgt kam er zum Bett und reichte ihm das Fieberthermometer.

„Hier, mess noch einmal deine Temperatur. Ich befürchte das Fieber kehrt zurück.“

Tony nahm das Thermometer entgegen und schob es sich unter die Achsel. „Nein, es geht mir gut. Das war gerade nur wegen dem Husten. Mach dir keine Sorgen Dillan“, meinte er grinsend.

„Na gleich werden wir es ja wissen“, antwortete der Ältere und streckte beim Piepen des Gerätes sofort die Hand aus. „Ich wusste es doch“, sagte er, als er wieder hoch blickte. „Was hast du nur in dir, das so resistent ist?“, fragte er, ging zurück zum Herd und holte eine neue Tasse Tee für Tony.
„Hier, ich weiß der schmeckt nicht gut, aber das ist das einzige, das ich dir gegen deinen Husten geben kann.“

„Schon okay“, erwiderte der Agent, im selben Moment schlug das Funkgerät an.

„GoodWOOD Forest Products Company ruft Camp 1, bitte kommen.“

Sofort lief Dillan zum Funkgerät. „Camp 1 an GoodWOOD Forest Products Company, Annie, schön deine Stimme zu hören.“

„Hallo Dillan, ich habe hier einen verdammt ungeduldigen Mann hinter mir stehen. Kannst du das Funkgerät an deinen Gast weiterreichen?“

Dillan sah zu Tony herüber, der schon an die Bettkante gerutscht war. Sein Gesicht war bleich und sein Atem ging schwer, aber seine Augen zeigten die Entschlossenheit. „Sekunde Annie, kommen.“
Schnell war er wieder am Bett und streckte ihm die Hand entgegen.  „Es tut mir leid, das ich das Funkgerät nicht zu dir bringen kann. Na komm. Die paar Schritte wirst du schon schaffen ohne umzukippen.“

Tony grinste ihn bleich, aber frech an. „Eins Dillan solltest du dir merken. Ein DiNozzo kippt nicht um“, sagte er immer noch grinsend und ließ sich von ihm hochziehen. Dillan sah ihn dabei nur skeptisch an.

Doch nur davon zu sprechen oder es zu tun war ein großer Unterschied und die paar Schritte die Tony machte, reichten aus, den Schmerz in seinem Bein aufs Neue zu entfachen. Kurz darauf saß der Jüngere auf einem Stuhl neben dem Funkgerät und er war nicht wirklich weit von einer Ohnmacht entfernt. Sein Atem ging keuchend und auf seiner Stirn stand der kalte Schweiß.

Dillan warf seinem Gast einen besorgten Blick zu und griff wieder zu dem Sprechgerät. „Camp eins an Annie, wir sind soweit.“ Mit einer Bewegung reichte er Tony das Funkgerät weiter.

Tony hatte das Teil gerade in den Fingern, als schon Gibbs sonore Stimme über den Äther kam.

„DiNozzo? Kommen.“

„Hey Boss, schön dich zu hören“, sagte Tony in das Gerät und fügte erst im Nachhinein das obligatorische „Kommen“ hinzu.

„Du bist es also wirklich? Wie geht es dir? Kommen.“

Tony runzelte die Stirn. Hatte er sich verhört, oder hatte die Stimme seine Bosses wirklich gebebt? „Es ging mir nie besser, Boss“, sagte Tony darum schnell und kämpfte gerade mit einem neuen Hustenanfall, doch je mehr er versuchte ihn zu unterdrücken, umso mehr blockierte seine Atmung und der Husten ließ sich einfach nicht mehr aufhalten.

„Klar DiNozzo. Das höre ich. Was ist mit dem Piloten? Ist er bei dir?“

„Nein, Mike hat es leider nicht geschafft.“ Bedauern und Trauer war aus seiner Stimme zu hören.

Am anderen Ende entstand eine kurze Pause. „Okay, Annie hat bereits einen Helikopter für deinen Rücktransport organisiert. Palmer und ich werden mitfliegen. Kommen.“

„Uhhiii, Jimmy ist zu meiner Rettung gekommen?“, witzelte Tony herum und büßte sofort mit einem neuen Hustenanfall. „Und wo ist mein Bambino?“, fragte er heiser nachdem sich seine Atmung wieder beruhigt hatte. Dabei hatte er vollkommen vergessen, dass es sich um eine Funkverbindung handelte.

„Hier Tony“, hörte er eine Stimme im Hintergrund und Tony konnte ihn förmlich grinsen hören.

„Jungs, ich bin gerührt“, teilte er ihnen lächelnd mit. „Soviel Einsatz, nur für mich.“

„Vorsichtig DiNozzo, ich kann dir auch ein paar Kopfnüsse mitbringen. Wir sind in ein oder zwei Stunden bei dir. Eins muss ich dir noch sagen. Eure Maschine wurde sabotiert und Hampton hat einen Killer hinter dir hergeschickt. LeFrey, so heißt er, ist noch irgendwo da draußen. Also seid vorsichtig. Bleibt im Haus, bis wir da sind. Kommen.“ Und wieder hörte DiNozzo Sorge in Gibbs Stimme.

„Kein Problem Boss, ich bin eh nicht in der Lage große Sprünge zu machen“, und nachdem ihn Dillan leicht angestupst hatte, fügte er ein „Kommen“ hinzu. „Ähhmm Boss, Ziva und das Baby?“

„Mit deiner Familie ist alles in Ordnung. Ich bring dir ein Satellitentelefon mit, dann kannst du sie gleich sprechen.“

„Danke und aus“, sagte Tony und war sichtlich gerührt.



14. Kapitel (04.10.11)

Dillan sah ihn fragend an. „Was war das da gerade mit einem Killer?“, fragte er während er das Funkgerät wieder weg räumte.

„Ich habe keine Ahnung, Dillan“, kam es von Tony.

„Na gut. Ich mach auf alle Fälle die Fensterläden zu. Es macht mich ganz nervös zu wissen, dass hier einer durchs Camp stöbern könnte. Und dann sollten wir sehen, dass wir dich angezogen bekommen. Du kannst kaum in meinen alten Klamotten durch den Schnee zum Hubschrauber.“

Während Dillan die Läden schloss, sah Tony an sich herunter. Er trug eine kurze Hose und ein viel zu großes T-Shirt. „Wo sind meine Sachen?“

„Warte ich hol sie dir.“

Kurze Zeit später waren beide Männer damit beschäftigt, Tony in seine Kleidung zu helfen.

~~~***~~~

Der Frankokanadier runzelte die Stirn. Warum verdunkelte der alte Holzfäller die Hütte? Er machte das jeden Abend, aber halt nur abends. Jetzt war es gerade mal ein Uhr. Verwundert sah er dem Treiben zu. Irgendwas ging da unten vor sich.

~~~***~~~

„Erzähl mir von deiner Ziva. Wie sieht sie aus, wie ist sie?“, fragte ihn der alte Holzfäller. Besorgt sah er zu seinem Gast, dem es nach der Anziehaktion sichtlich schlechter ging. Vielleicht würde er ihn so etwas von seinen Schmerzen ablenken können.

Tony, der mittlerweile voll bekleidet am Küchentisch auf einem Stuhl saß, sein Bein ruhte auf einem zweiten, versuchte gerade einen neuen Hustenanfall zu überspielen, dann räusperte er sich. „Ziva ist wunderschön. Sie hat braunes, stark gelocktes Haar, das je nach Lichteinfall mal dunkel, mal hell leuchtet. Ihre Augen sind wie flüssige Schokolade. Ziva ist Israeli. Sie ist das Beste was mir je passiert ist“, schwärmte er unter gelegentlichem Husten. „Sie ist seit einem halben Jahr schwanger und ich habe sie noch nie mit einem Bauch gesehen“, resigniert schloss er die Augen. „Alles was ich von dem Baby weiß, ist ein Ultraschallbild aus dem vierten Monat, das hat mir mein Verbindungsmann beim FBI zugespielt.“ Seine Hand kraulte dabei Piet durch das dichte weiße Nackenfell. Es war seltsam, denn eigentlich war Tony stark allergisch gegen Tierhaare, aber bei Piet schien seine Allergie mal eine Ausnahme zu machen. Der Hund neben ihm stieß ein wohliges Seufzen aus und legte, mit einem genüsslichen Blick zu seinen neuen Freund, seinen Kopf auf Tonys gesundes Bein.

„Und deine Mia? Kommt sie nach der Mutter?“

„Nein“, quetschte Tony durch die Zähne, da er gerade die Lage seines Beines verändert hatte. „Milena ist nicht von Ziva. Sie ist aus einer früheren Beziehung. Ihre Mutter hatte einen tödlichen Unfall und ich habe erst da erfahren, dass ich Vater bin. Wenn du meine Kollegen fragst, dann sagen sie Mia ist wie ich. Ein kleines, fünf Jahre altes, gefräßiges Krümelmonster, mit braunen langen Haaren und grünen Augen. Du würdest sie wahrscheinlich überall erkennen. Mia steht auf Rosa. An ihr ist immer etwas in Rosa und sie hat meistens ihre Puppe dabei.“ Wieder kraulte er Piet den Nacken und der Hund grummelte glücklich. Etwas verunglückt lächelte er den Hund an. „Weißt du Piet, meine Mia wäre sehr glücklich, wenn sie dich kennenlernen dürfte. Sie liebt seit dem Sommer Hunde über alles.“

„Du liebst sie sehr?“, kam es von dem älteren Holzfäller und er streichelte nun ebenfalls seinen Hund.

„Oh ja, ich hätte das vor zwei Jahren nicht für möglich gehalten, aber ich liebe beide mehr als alles andere auf der Welt. Meine Frau und meine Tochter und demnächst auch noch unser neues Kind“, sagte er kurzatmig. Die Schmerzen kamen jetzt in immer schnelleren Wellen über ihn. Resigniert fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. „Ich bin dir zu mehr Dank verpflichtet, als ich dir jemals wiedergeben kann. Wenn du mich nicht gefunden hättest, dann wäre ich jetzt schon tot. Danke Dillan, für alles. Wenn du mal Hilfe brauchst oder so, meld dich.“ Piet, der seinen Kopf noch immer auf Tonys Bein liegen hatte, spitzte plötzlich die Ohren und hob den Kopf an.

„Tony, das war selbstverständlich. Aber vielleicht habe ich ja mal die Gelegenheit deine reizende Familie kennen zu lernen, das würde mich wirklich freuen“, sagte Dillan und deutete mit der Hand nach oben. Aus der Ferne hörten sie einen Hubschrauber.

~~~***~~~

Leider hatten sie Tim in Barrie lassen müssen, da der Helikopter nur für vier Personen, inklusive Pilot, ausgelegt war. Schweren Herzens hatte Gibbs sich für Jimmy entschieden, denn Tony brauchte eher medizinische Hilfe. Eigentlich sollte so langsam das Holzfäller Camp in Sicht kommen, doch noch war nichts zu sehen. Das Einzige was sie sahen, waren Bäume. Immer dichter werdende Bäume.

„Wie lange dauert das denn noch?“, fragte Gibbs ungehalten den Piloten, als dieser nur nach vorne deutete. Und dann sah er es auch. Das Camp. Vielleicht 10 Holzhütten und ein größeres, längliches Blockhaus in der Mitte. Das war alles. Von hier oben sah er keinerlei Bewegung, aber er hatte ihnen ja auch geraten, drinnen zu bleiben.

~~~***~~~

LeFrey sah aus seinem sicheren Versteck nach oben. Ein Helikopter? Zufall oder geplant? Versorgung oder Rettung? Hatte der Alte es doch geschafft, die Anlage zu reparieren? Das hätte er nicht erwartet. Na ja, dann würde er halt von hier aus schießen. Das machte zwar nicht so viel Spaß, als wenn er sich seiner Beute nähern konnte, brachte ihm aber der Provision wieder näher. Grinsend beobachtete er, wie der Heli zur Landung ansetzte.


TBC...........

15. Kapitel (09.10.11)

Die Kufen hatten kaum den Boden berührt, als Gibbs aus der Maschine sprang und gebückt auf die Tür der einzigen Hütte zu stürmte, aus deren Kamin Rauch aufstieg. Er wollte gerade die Hand heben um an die Tür zu klopfen, als ihm diese geöffnet wurde. Palmer folgte ihn beladen mit ihren Rucksäcken, etwas langsamer.

„Agent Gibbs?“, fragte ein älterer Mann, der irgendwo zwischen 60 und 70 Jahre alt zu sein schien.

„Ja und das ist Jimmy Palmer“, stellte er den jungen Mann an seiner Seite vor. „Unser ...“, schnell warf er Jimmy einen Blick zu. „...Mediziner im Team. Und Sie sind Dillan?“ Gibbs sah sein Gegenüber ungeduldig an.

„Kommen Sie herein“, sagte dieser und gab die Tür frei. Gibbs und Jimmy betraten einen recht dunklen Raum. Als sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, sahen sie einen leicht grinsenden Anthony DiNozzo an einen Tisch sitzen, neben ihm ein großer weißer Hund mit einem wie es schien, hervorragendem Gebiss, der unüberhörbar knurrte. Palmer stockte noch an der Tür und eine kräftige Gänsehaut kroch seinen Nacken hoch.

„Piet, aus. Das sind Freunde. FREUNDE. Platz“, sagte Dillan und der große Malamut legte sich, wenn auch widerwillig, neben Tony auf den Boden. Doch seine Augen fixierten die beiden Fremden argwöhnisch.

Gibbs warf Dillan einen Blick zu und als dieser nickte, ging er langsam, um den Hund nicht zu erschrecken, auf seinen Agent zu. „Hey Tony“, sagte er und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er musste ihn jetzt einfach anfassen, um zu wissen, dass er sich nicht wieder in Luft auflösen würde. Am liebsten hätte er ihn in den Arm genommen, so froh war er, das er seinen Freund lebend gefunden hatte.

„Hey Boss. Schön, das du da bist“, kam es von seinem Stellvertreter, der seine Freude darüber nicht länger verbergen konnte und von einem Ohr zum anderen grinste. „Du hast mich vermisst, gib es zu“, sagte Tony mit heiserer Stimme.

„Übertreib es nicht DiNozzo“, knurrte Gibbs betont steng, doch das Lächeln verschwand nicht aus seinen Augen. Noch einmal verstärkte er kurz seinen Griff an Tony Schulter, dann wandte er sich an Palmer. „Jimmy, mach dich an die Arbeit. Ich will hier weg, bevor es wieder dunkel wird.“

„Hallo Tony“, sagte Jimmy und kniete sich neben dem Stuhl auf den Boden. „Annie hat uns schon berichtet was dir fehlt.“

„Dillan, darf ich dir unseren unerschrockenen Boss vorstellen, Special Agent Leroy Jethro Gibbs“, unterbrochen wurde er bei seiner Vorstellung von einigen Hustenansätzen. „Und das ist unser Autopsiegremlin Jimmy Palmer.“

„Der Pathologe?“, fragte Dillan verwundert.

„Mediziner mit Fachrichtung Pathologie“, kam es von Palmer schnell mit einem schiefen Grinsen und selbstbewusster als er eigentlich war. Dann widmete er sich wieder ganz seiner Arbeit und  zog Tony das Hosenbein hoch über das Knie. Vorsichtig löste er den Verband.

„AUua Jimmy, ich lebe und bin keine deiner Leichen“, schnauzte Tony und wurde darauf gleich von einem besonders heftigen Hustenanfall bestraft.

Dillan stand etwas abseits und schaute dem Spektakel zu, das ihm die beiden Männer boten. Wenn er Tony den Verband abgenommen hatte, hatte dieser sich nie beschwert. Sogar große Schmerzen hatte er versucht zu überspielen, aber jetzt erlebte er einen völlig anderen Mann.

„Wundern Sie sich nicht, so ist er nun mal“, versuchte Gibbs es zu erklären. „Das ist seine Art mit Hilfe umzugehen.“ Langsam ging er wieder auf Tony zu.

„Wie geht es dir? Und bitte, keine Ausflüchte.“

„Gut Boss, es geht mir gut“, kam es von dem braunhaarigen Agent. „Du hast mir was versprochen. Hast du das Satellitentelefon mitgebracht?“

Gibbs Grinsen wurde breiter und er reichte seinem Stellvertreter das Telefon. „Sei aber vorsichtig, sie denkt noch immer, dass du tot bist. Erschrecke sie nicht zu doll, nicht dass sie noch vorzeitige Wehen bekommt.

Tony zog seine Stirn kraus und reichte seinem Boss das Telefon zurück. „Dann überlass ich DIR die Erklärung.“

Der Grauhaarige nahm das Gerät, mit einem Schmunzeln,wieder an sich und wählte, während Jimmy sich wieder an Tonys Untersuchung machte.

~~~***~~~

Das wiederholte Klingeln weckte Mia vollends auf. Sie hörte Stimmen und da sie auch Durst hatte, stand sie auf und tapste auf nackten Füßen aus ihrem Zimmer.

„Mommy“, rief sie leise. „Mommy, ich hab Durst.“ Doch eine Antwort bekam sie nicht. Langsam ging sie ins Wohnzimmer und fand dort niemanden. Aber sie hatte doch Stimmen gehört. Wo waren die hergekommen? Dann fiel ihr das Schlafzimmer ihrer Eltern ein und sie ging, voller Hoffnung dort jemanden anzutreffen, hinein und kam inmitten dem Chaos an.

~~~***~~~

„DiNozzo“, hörte Gibbs am anderen Ende der Leitung Tonys Vater sagen.

„Hallo, ich habe eine gute Nachricht“, fiel Gibbs mit der Tür ins Haus, während Tony die Stirn runzelte. Zum einen weil Jimmy ihn gerade quälte und zum anderen weil er sich fragte, ob Gibbs sich das unter ‚Vorsichtig‘ vorstellte und dann kamen auch schon die magischen Worte. „Ihr Sohn lebt.“

„Oh mein Gott“, war alles was man hörte, dann reichte Gibbs das Telefon weiter an Tony und signalisierte Jimmy eine Pause einzulegen.

„Dad, ich bin es.“

„Oh mein Gott, Anthony“, hörte er seinen Vater mit bebender Stimme sagen.

„Dad, wo ist Ziva?“

„Oh mein Gott“, es klang wie ein Mantra und kostete Tony Nerven.

„DAD, jetzt hör auf damit. WO ist Ziva?“

Anthony Senior schüttelte den Kopf, um ihn wieder frei zu bekommen. Sein Sohn lebte und alles was ihm dazu einfiel war ein „Oh mein Gott“. Er hörte sich schon an wie eine verweichlichte Betschwester. „Im Schlafzimmer. Ich bring das Telefon zu ihr. Warte“, und während er lief, fragte er: „Geht es dir gut?“, und schalt sich sogleich einen Esel. Sein Sohn hatte einen Flugzeugabsturz hinter sich. Außerdem hörte sich seine Stimme schwach und heiser an.

„Ich bin etwas angeschlagen, aber ich werde es überleben.“ Tony hörte wie sein Vater keuchend die Luft raus ließ. Er hatte nicht damit gerechnet ihn bei Ziva anzutreffen, aber es freute ihn, dass seine Frau das nicht alles alleine durchstehen musste. So hatte sie wenigstens ein bisschen Unterstützung.

„DiNozzo“, hörte Tony plötzlich ihre flüsternde Stimme.

„Ziva!“

„ Wir dachten du wärst tot“, wisperte sie ins Telefon. Er hörte ihr Weinen und sein Herz wurde noch schwerer.

„Bitte Ziva, nicht du auch noch“, kam es leise von ihm. „Ich lebe und es geht mir gut“, sagte er unter Husten.

„Das höre ich“, kam es tadelnd von ihr und er konnte sie fast sehen, wie sie unter Tränen mit den Augen rollte. „Tony, wir kommen zu dir. Wo müssen wir hin kommen?“, fragte sie aufgebracht.

„Ich glaube nicht, dass das in deinem Zustand so eine gute Idee ist und außerdem möchte ich nach Hause. In unser Bett. Warte einfach auf mich, es wird nicht mehr lange dauern.“

„Bist du dir sicher?“, fragte sie ihn und im Hintergrund hörte er Abby schluchzen und Duckys beruhigende Worte.

Er grinste dümmlich ins Telefon. „Ja. Gib Milena bitte einen dicken Kuss von mir und knuddel Abby einmal durch.“

„Tony?“

„Ja.“

„Beeil dich, wir können nicht mehr lange warten.“ Sanft streichelte ihre Hand über ihnen Bauch.

Tony lächelte. „Ich liebe dich, Ziva. Vergiss das nie.“

„Ich liebe dich auch, Tony“, dann hörte er sie seufzen. „Und jetzt gib mir Gibbs.“

Schweren Herzens gab er das Telefon wieder an seinen Boss.

„Ja?“

„Wie geht es ihm wirklich?“, fragte sie mit fester Stimme. Die Agentin war in ihr  erwacht und Ihre Gefühle hatte sie wieder vollkommen im Griff.

Gibbs drehte sich etwas von Tony weg und deutete Jimmy mit seiner Arbeit fertig zu werden. „Soweit ich es sagen kann, geht es ihm einigermaßen gut. Er hat einen starken Husten und eine scheußliche Bisswunde an der rechten Wade. Aber er kann schon wieder Witze reißen. Mach dir keine Sorgen. Wir bringen ihn dir zurück.“

„Diesmal nehme ich dich beim Wort“, sagte sie und warf ihrer zappelnden Freundin einen Blick zu. Ziva verstand sie auch ohne Worte. „Ist Tim bei euch?“

„Nein, wir hatten nur Platz für einen und ich dachte Jimmy wäre hier nützlicher“, kam es von dem Grauhaarigen, dann war die Leitung tot. Wie immer hatte er ohne Abschiedworte aufgelegt.

~~~***~~~

Ein paar Minuten später hatte Jimmy von Tonys Bein abgelassen und hörte gerade die Lungen ab. Dann kam er herüber zu den beiden älteren Männern, während DiNozzo seinen Pullover wieder herunter zog.

„Und? Wie geht’s ihm?“, fragte Gibbs sofort.

Jimmy kratze sich am Kopf. „Ich wünschte Dr. Mallard wäre jetzt hier“, kam es von ihm unsicher. Dafür erntete er von Gibbs einen bösen Blick.

„Ich frage nicht Ducky, ich frage dich.“

Der jüngere schluckte schwer. „Kurz umrissen, nicht gut und wir müssen sehen, dass wir ihn in ein Krankenhaus bringen. Mindestens zwei Rippen sind gebrochen und er steht kurz vor einer Lungenentzündung. Aber sein Bein macht mir mehr Sorgen. Die Wunde ist noch immer entzündet. Obwohl durch den Schnitt den Dillan angelegt hat, schon ein Großteil des Eiters ungehemmt abfließen konnte, ist immer noch ein großer Bereich rund um den Biss befallen. Das muss gezielt medizinisch gereinigt und versorgt werden. Ich habe ihm jetzt erst einmal ein Breitbandantibiotikum verabreicht. Mehr habe ich nicht, aber er hat immer noch Fieber. Wir sollten uns beeilen“, schloss Palmer seinen Bericht.

„Gut, dann sag dem Piloten, er soll den Heli startklar machen“, sagte Gibbs gerade, als draußen die ersten Schüsse zu hören waren. „Was zur Hölle....“, fluchte der Grauhaarige, das Satellitentelefon fiel ihm aus den Händen und er ging in die Knie. Aus dem Augenwinkel sah er mit Beruhigung, dass Tony gerade den etwas verdutzten Jimmy unter Stöhnen zu sich herunterzog und beide brachten sich hinter dem Bett in Sicherheit. „Runter Dillan. Ich denke LeFrey hat uns gefunden. Können Sie mit einer Waffe umgehen.“

„Natürlich“, kam es von diesem leicht gekränkt. Was dachte sich denn dieser Stadtmensch? Er war ein echter Kanadier, mit schottischen Wurzeln . Er war sozusagen mit der Waffe in der Hand geboren worden, dachte er und holte sein Jagdgewehr vom Harken.

~~~***~~~

Fragend stand Milena im Schlafzimmer ihrer Eltern. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass Onkel Ducky und Tante Abby angekommen waren. Ihre Mommy saß auf dem Bett und weinte in Tante Abbys Armen. Was war hier nur los? „Mommy?“, kam es fragend von der Kleinen.

Erst jetzt fiel allen auf, dass Mia in der Tür stand.

„Hey Kleines. Komm her“, sagte Ziva unter Tränen und streckte ihre Arme nach ihr aus. Langsam und vorsichtig näherte sich Mia ihrer Mommy. Die Situation war ihr unheimlich. Ziva zog sie eng an sich und gab ihr einen schmatzenden Kuss auf die Stirn. „Der ist von deinem Daddy. Es geht ihm gut und Onkel Jethro bringt ihm bald zurück zu uns. Jetzt hellte sich auch Mias Gesicht wieder auf.

„Daddy kommt endlich heim?“, fragte sie hoffnungsvoll.

„Ja“, sagte Ziva, zog Mia wieder an sich und legte eine Hand auf ihren Bauch. „Daddy kommt endlich heim.“

~~~***~~~

LeFrey legte sich die Waffe erneut zurecht, legte an und schoss ein weiteres Mal auf den Helikopter. Dem Piloten wurde es jetzt zu bunt. Er sprang aus dem Heli und lief in Hakensprüngen auf die Hütte zu. Doch der Frankokanadier ließ sich diese Beute nicht entgehen und zielte auf den Fliehenden. Kurz bevor dieser die Hütte erreichen konnte, drückte er ab.

TBC................................................

Hallo,

danke danke… ich glaube ich kann von mir mittlerweile sagen, ich bin ein FB-Süchtling. *grins*

So nun zum Teil… es geht also weiter…. Es gibt einen Bereich, den habe ich kusiv markiert. Wer zart besaitet ist, sollte den Abschnitt vllt. überspringen, obwohl ihm dann etwas von LeFreys „ticken“ entgehen wird.

Ich sag jetzt noch viel Spaß und freu mich auf eure FBs.

LG Micha













16. Kapitel (11.10.11)

Gibbs rappelte sich vom Boden auf und kroch zum Fenster. Durch den Spalt sah er den Piloten auf die Hütte zu rennen. „Dieser Idiot“, brummte er. „Macht sich selbst zur Zielscheibe“, grummelnd riss er die Tür auf um ihn ins Haus zu lassen.

„Beeilen Sie sich“, rief er dem Piloten zu. Angestrengt versuchte er den Standort des Killers auszumachen, aber entdecken konnte er LeFrey nicht. Also ließ er sich von seinem Gehör leiten und gab wahlweise ein paar Schüsse in die vermutete Richtung ab. Der Pilot beschleunigte noch einmal, während Dillan sich neben den Grauhaarigen aufstellte und ebenfalls in Richtung des Gewehrfeuers schoss. Dann als der Pilot schon fast die rettende Tür erreicht hatte, traf ihn eine Kugel in den Rücken und er wurde von der Wucht des Aufpralls gegen die Tür geschleudert. Gibbs packte ihn am Arm und zog ihn in die Hütte. „Jimmy“, rief er und machte Platz.

Sofort robbte der junge Mediziner über den Boden auf den Verletzten zu. Sichere Finger tasteten nach dem Pulsschlag, ein Stück von einer Decke presste er gegen die Blutung im Rücken des Mannes. „Oh nein“, jammerte der Jüngste. „Ich verliere ihn.“ Schnell drehte er zusammen mit Dillans Hilfe den Mann auf den Rücken und fing mit einer Herzdruckmassage an. Geübte Hände fanden die richtige Stelle und augenblicklich begann er mit der Wiederbelegung. Doch Minuten später stand fest das hier seine Hilfe nicht weiter benötigt wurde und er konnte nur noch den Kopf schütteln.

„Verdammt noch mal. Das wäre nicht nötig gewesen. Wieso hatte der Narr die Maschine nicht einfach startklar gemacht und abgehoben?, fragte sich Gibbs und drückte dem Toten die Augenlider zu. Zivilisten, er hatte es ja gleich geahnt, aber er war der einzige Pilot auf den sie kurzfristig zugreifen konnten. Resigniert schlug er mit der Faust an die Wand. Ein unnötiges Opfer mehr, das auf LeFreys Kosten ging. Noch immer hallten die Schüsse.  

„Können Sie neben schießen auch einen Heli fliegen?“ , fragte Gibbs den alten Holzfäller, doch er erntete nur ein entsetztes Kopfschütteln.

„Er schießt nicht aufs Haus. Nur auf den Heli“, rief Jimmy ihnen zu. Und tatsächlich waren LeFreys Schüsse gezielt. Sie legten die Elektrik des Hubschraubers lahm, trafen aber nicht den Benzintank. Zu groß war die Gefahr, dass das Feuer Neugierige anlocken könnte.

„Er will nicht, dass wir hier wegkommen. Wer ist dieser LeFrey überhaupt?“, kam es schwach vom Bett.

Gibbs drehte seinen Kopf in Tonys Richtung. „Hampton hat ihn auf dich angesetzt. Abby hat heraus gefunden, dass der Kerl ein Psychopath ist. Hamptons Ring haben wir zerschlagen, aber scheinbar weiß das LeFrey noch nicht.“ Gibbs hob gerade wieder etwas seinen Kopf, als ein erneuter Schuss zu hören war und diesmal schlug er ins Haus ein. „Scheiße!“, entfuhr es ihm.

„Wie lange kann er das da draußen beibehalten?“, fragte Jimmy.

„Das liegt daran wie viel Munition er hat“, antwortetet Tony unter Husten. Mit beiden Händen versuchte er Piet unten und ruhig zu halten, wobei das fast seine Kräfte überstieg, denn der große Malamut drehte und wand sich wie wild. „Piet, ruhig... Pssst. Piet..Dillan, ich kann ihn nicht halten“, rief Tony und Dillan robbte über den Boden auf ihn und seinen Hund zu.

„Piet aus. Platz“, rief er und befahl den Hund wieder auf den Boden und warf seinem neuen jungen Freund einen besorgten Blick zu. Tony schien starke Schmerzen zu haben. Die unsanfte Bewegung vom Stuhl hinters Bett hatte weder seinen Rippen, noch seinem Bein gut getan. Außerdem war sein Husten wieder mehr geworden und wenn es nach der Gesichtsfarbe ging, dann war auch das Fieber wieder gestiegen.

Angstvoll sah Jimmy sich in der Holzhütte um. „Wie lange halten die Balken den Beschuss aus?“

„Och“, machte Dillan. „Das ist gute kanadische Eiche. Da muss er schon etwas länger auf die gleiche Stelle schießen, um da durch zu kommen.“

Gibbs robbte über den Boden auf das Satellitentelefon zu, das er vorhin fallen gelassen hatte, hob es vom Boden auf und wählte Tims Nummer.

„McGee“, brüllte er in den Hörer, als die Verbindung stand. „Wir stehen unter Beschuss. LeFrey hat uns aufgelauert. Wir sitzen hier in der Falle. Der Heli ist wahrscheinlich nicht mehr flugtauglich und selbst wenn, würde es uns auch nichts bringen, denn der Pilot ist tot. Du musst etwas anderes organisieren“, sagte er und warf seinem Stellvertreter einen besorgten Blick zu. „Und Tim, beeile dich, Tony braucht Hilfe.“

„Geht klar Boss“, kam es von dem jüngsten Agent im Team zurück und schon hatte Gibbs die Verbindung unterbrochen. Die einsetzende Ruhe ließ alle den Kopf heben. Denn so plötzlich wie die Schüsse begonnen hatten, hörten sie auch auf.

~~~***~~~

McGee, der immer noch bei Annie im Büro saß, handelte ohne zu überlegen. Es waren lang eingespielte Abläufe, die er nur noch aktivieren musste. Er sah die Sekretärin an. „Sie haben das Gespräch mitbekommen? Gut, dann machen Sie mir eine Verbindung zu den Canadian Rangern. Wir werden sie brauchen und ich brauch ein normales Telefon“, teilte er ihr mit und hoffte, dass die FBI Agents noch nicht abgereist waren.

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In der Hütte war wieder Ruhe eingekehrt. LeFrey schien sich zurück gezogen zu haben, jedenfalls hatte der Beschuss aufgehört. Den toten Piloten hatten sie in die Speisekammer gebracht und dort mit einer Decke zugedeckt. Vorhin hatte Gibbs versucht die Tür zu öffnen und dafür hatte die Tür nun ein hübsches Loch. Dennoch bedrängte er sie nicht weiter, er ließ sie aber auch nicht ziehen. Sie waren im Moment seine Gefangenen. Tony ging es von Stunde zu Stunde schlechter. Sie hatten ihm mit vereinten Kräften zurück aufs Bett geholfen. Sein Fieber stieg wieder an und das Breitbandantibiotikum, das ihm Jimmy gespritzt hatte, schien nicht anzuschlagen. Palmer lief nervös vor dem Bett hin und her, bis Gibbs Stimme durch den Raum donnerte: „Setz dich endlich hin und hör auf hier herum zu tigern.“

Jimmys Gang stoppte abrupt. Nervös fuhr er sich durchs Haar. „Das Fieber steigt wieder“, sagte er und atmete stöhnend aus. Irgendwie hatte er das Gefühl, versagt zu haben. Einmal mehr wünschte er sich Ducky her. Er hätte sicher gewusst, was man in so einer Situation zu machen hatte.

Dillan ging langsam zu Tony und legte ihm die Hand auf die Stirn. Dann sah er belustigt von Tony zu Jimmy. „Das Fieber steigt jeden Abend an. Es steigt aber nie so hoch, dass es bedrohlich würde. Der Junge schafft das schon und morgen kommt doch eure versprochene Rettung. Oder?“ Aufmunternd, ja fast beruhigend sah er den jungen Mediziner an.

„Könntet ihr bitte damit aufhören? Ich hasse es, wenn ihr über mich redet, als wäre ich nicht da“, kam es von Tony und er versuchte sich die Bronchien frei zu husten. Dillan, der noch neben ihm stand, zog einen Mundwinkel hoch und klappste ihn freundlich auf das gesunde Bein.

„Ich dachte du schläfst schon und träumst von deiner Ziva?“, kam es grinsend von dem alten Holzfäller.

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Mittlerweile war es dunkel geworden und Piet, der weiße Malamut von Dillan, wurde immer unruhiger.

„Er muss raus“, sagte Dillan und kraulte seinem Hund das dichte Halsfell.

Gibbs sah vom Holzfäller zum Hund. „Okay, am besten lenke ich ihn an der Vordertür ab und sie lassen Ihren Hund hinten durch die Speisekammer raus.“

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Als sich vorne die Tür wieder öffnete, reagierte LeFrey sofort, legte an und schoss. Er fragte sich gerade, was das bedeuten könnte, als er aus dem Augenwinkel etwas weißes in den Busch sausen sah. Sofort war sein Jagdinstinkt geweckt. Ein Hund, dachte er entzückt und ein grausames Lächeln lief über seine Gesichtszüge. Er konnte sich noch gut an seinen ersten Hund erinnern. Damals war er sieben Jahre alt. Das ewige Gebell der Nachbarstöhle hatte ihn schon immer gestört und so hatte er sich an einem verregneten Tag in der Abenddämmerung in den Garten geschlichen.

Den Pfiffie herüber zu locken, war kein Problem gewesen, ihn aber festzuhalten, ohne dass sein Herrchen etwas mitbekam, war schon eine ganz andere Sache. Gott sei Dank handelte es sich damals nur um einen kleinen Dackel, aber auch dieser hatte scharfe Zähne und die Bissnarben an seinem Arm konnte man noch heute erkennen. Es hatte einen kleinen Kampf gegeben, doch dann hatte er um die Schnauze ein Gummi ziehen können. Von da an war alles ganz leicht gewesen.

Er hatte ihm erst die Vorderpfoten gebrochen und dann die Hinteren. Noch heute konnte er das Geräusch der übereinander reibenden Knochen hören. Dann, als er das Gewinsel nicht mehr aushalten konnte, hatte er sich zurück in die Küche geschlichen und ein Obstmesser geholt. Langsam, um den Spaß auch auszukosten, hatte er das Messer dem hilflosen Tier unter die Haut geschoben. Das war das erste Mal, dass er ein Wesen häutete. Mittlerweile hatte er Übung in solchen Dingen und schaffte es problemlos und in einem Stück. Damals war es eher stückchenweise passiert. Der Hund war bei diesem Experiment irgendwann gestorben. Leider hatte er den Tod selbst verpasst. Aber bei diesem Exemplar würde er ihn bestimmt mitbekommen.

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„Was wollen Sie mir jetzt damit sagen?“, brüllte Tim, in bester Gibbs-Imitation in das Telefon, so dass Annie zusammenzuckte. „Was soll das heißen und wann können wir dann los?“, resigniert fuhr er sich durch die Haare. „Erst Morgen? Wir haben da unten einen Verletzten. Verstehen sie überhaupt was das heißt? Nein? Auch gut“, rief McGee und donnerte Annies altmodisches Telefon auf die Gabel. „Verdammt noch mal“, entfuhr es ihm.  Bei seinem Boss tobte die Hölle und die Ranger hatten Angst ihren Arsch zu riskieren. Leicht stöhnend schnappte er sich sein Handy und wählte die Nummer von Fornell. Nach mehrmaligen Freizeichen, meldete sich endlich die rauchige Stimme des FBI Agents.

„Ja?“

„Agent Fornell? Hier spricht Agent McGee. Wir brauchen hier ihre Hilfe. Sind Sie noch in Kanada?“ Unbewusst drückte Tim sich selber die Daumen und kniff halb die Augen zu.

„Wir sind in Toronto. Worum geht es?“ Fornell schien die Dringlichkeit in McGees Stimme zu hören.

Schnell hatte McGee den FBI Agent auf den Stand der Dinge gebracht. Am anderen Ende der Leitung wurde Fornell kurz ruhig, dann hörte man, wie er sich mit einem anderen Mann beriet.

„Wir haben hier einen Flieger mit Schneekufen. Ich habe mich gerade mit dem Piloten unterhalten. Wenn wir sofort losfliegen, können wir noch vor dem Morgengrauen bei Ihnen sein. Wenn es bei dem Camp eine Möglichkeit zur Landung gibt, dann ist der Pilot bereit, uns direkt weiterzubringen.“

Tim fiel ein Stein vom Herzen und ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. „Wir erwarten sie hier. Danke“, und damit unterbrach er die Verbindung und umarmte die völlig überraschte Annie, nur um kurz darauf sein Satellitentelefon zu holen und Gibbs Nummer zu wählen.

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„Gibbs“, hörte Tim kurz darauf die Stimme seines Vorgesetzten.

„McGee hier. Boss, Fornell schickt einen Flieger. Allerdings sind die frühestens zum Morgengrauen hier. Die Ranger verweigern die Mitarbeit.“ Er machte eine kleine Pause, aber als er nichts von Gibbs hörte, fuhr er fort. „Wie geht es Tony?“, fragte er und wunderte sich, dass keine Antwort kam, sondern er nur das Zeichen der unterbrochenen Verbindung hörte.

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Gibbs sah verwundert das Telefon an. Was war nur mit der Kiste los? Warum verstand er nur die Hälfte von Tims Gesagten? Und was sollte dieses Getute? Er nahm das Telefon vom Ohr und schüttelte es einmal durch.

Tony auf dem Bett lächelte trotz seiner Schmerzen. „Boss, das bringt nichts, der Akku ist leer“, kam es ziemlich heiser von Tony. „Du musst es erst wieder aufladen. Oder häng es an das Ladegerät, dann kannst du weiter telefonieren.“

Gibbs warf seinen ersten Mann einen bösen Blick zu. Diese ganze modere Technik ging ihm manchmal sowas von auf die Nerven. Resigniert warf er Palmer das Telefon zu. „Tu was er sagt“, sagte er zu dem jungen Mediziner.

Dieser sprang auf und zog das Ladegerät aus dem Rucksack. „Wo haben Sie hier eine freie Steckdose?“, fragte er ihren Gastgeber und Dillan deutete neben den Schrank. Nachdem Jimmy das Telefon angeschlossen hatte, hielt er Gibbs den Hörer wieder entgegen.

Dieser wählte neu und ließ sein jüngstes Mitglied gar nicht mehr zu Wort kommen. „Wiederhole was du gesagt hast.“

~~~***~~~

LeFrey hatte die Spur des weißen Hundes leider vorerst verloren. Wütend über die entgangene Freude, hatte er sich zurück zum Lager geschlichen. Vorsichtig, um nicht aufzufallen, war er einmal rund um die Hütte gegangen. Etwas abseits hatte er den Generator entdeckt und ein Lächeln umspielte plötzlich seine Gesichtszüge, als er sich davor auf ein Knie niederließ und sein Messer zückte.

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Tim wiederholte noch einmal was er bereits gesagt hatte, als plötzlich wieder das Unterbrechungszeichen zu hören war. Stirnrunzelnd sah er nach draußen. Was war da in dem Lager nur los? Was war passiert?

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„Scheiße“, donnerte Gibbs in das Telefon. Ruckartig war in der Hütte der Strom erloschen und damit leider auch seine Verbindung zu McGee.

„Der Generator“, kam es von Dillan und er schaute unvorsichtig aus dem Fenster.

Aus den Augenwinkeln sah Gibbs etwas aufblitzen. „Runter“, brüllte er und zog den anderen Mann zu sich auf den Boden. Der Schuss schlug fast genau an der Stelle ein, wo Dillan gerade noch gestanden hatte. Der alte Holzfäller nickte ihm dankend zu.

„Tja, damit haben wir keinen Strom mehr und somit auch keinen Kontakt zur Außenwelt. Wann sagten sie kommt ihr Team?“, fragte Dillan noch leicht geschockt von dem letzten Schuss.

„Nicht vor dem Morgengrauen“, kam es von dem Chefermittler.

Dillan sah auf seine Armbanduhr. Es war gerade einmal 21 Uhr durch. „Na, die Nacht wird lang. Gott sei dank haben wir genug Holz im Haus. Dann brauchen wir wenigstens nicht frieren“, sagte er und robbte zurück zum Fenster um die Läden wieder zu schließen, dann stand er auf. Den Schock des Schusses hatte er schon wieder verdrängt. „Hat jemand Hunger? Wenn wir hier nicht heraus kommen, dann können wir auch etwas essen. Ich habe noch ein paar Kaninchen, etwas Brühe und Brot.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, feuerte er den Herd an und stellte Töpfe auf.

TBC...............................

17. Kapitel (14.10.11)

McGee sah Annie an. Was war im Camp nur vorgefallen? Es ließ sich einfach keine Verbindung mehr dorthin aufbauen. Weder per Satellitentelefon noch per Funk. Nervös sah er auf die Uhr. Es wurde Zeit, dass Fornell und Sack hier auftauchten. Wenn Gibbs ihn doch bloß mitgenommen hätte, dann bräuchte er jetzt nicht so untätig hier herumsitzen. Er überlegte kurz Abby anzurufen, verwarf den Gedanken dann aber wieder. Irgendwie wollte er keine schlafenden Hunde wecken und sie am anderen Ende weinen zu hören, ohne sie in den Arm nehmen zu können, würde ihm das Herz brechen.

~~~***~~~

Während seine Schwiegertochter und Abby immer noch auf dem Bett in Zivas Schlafzimmer saßen, hatte Anthony Senior seine Enkeltochter zu Bett gebracht und sich dann zusammen mit Ducky ins Wohnzimmer gesetzt. Erleichterung war auf beiden Gesichtern zu sehen.

„Jetzt wo wir alle wissen, dass Tony lebt, können wir uns ja mal über ihre Gesundheit unterhalten, Anthony“, sagte Ducky und nahm sein Glas vom Tisch.

„Ach Dr. Mallard, was soll ich da groß erzählen?“, erwiderte Tonys Vater.

„Ducky, das hatten wir aber auch schon. Für meine Freunde Ducky.“

„Also gut, Ducky. Man hat bei mir eine eingeschränkte Herzfunktion diagnostiziert.“

„Ahhh eine Herzinsuffizienz, ich ahnte schon so etwas.“ Er kniff die Lippen zusammen und zog das Kinn hoch. „Akut oder chronisch?“

„Chronisch“, antwortete Anthony Senior und zuckte mit den Schultern.

„Sie wissen, dass mit so einer Veränderungen der drei Herzkranzgefäße nicht zu spaßen ist?“, kam es von dem alten Arzt kopfschüttelnd. „Wie lange geht das schon?“

„Ich bin seit einem halben Jahr in medikamentöser Therapie.“

„Und gibt es Fortschritte?“ Es ärgerte Ducky etwas, dass er diesem Mann alles aus der Nase ziehen musste.

„Nein, schnellerer Herzschlag, Verdickung des Herzmuskels, Engstellung der Blutgefäße, Vermehrung des Blutvolumens. Die Medikamente scheinen nicht anzuschlagen. Bei stärkerer körperlicher Belastung fangen die Symptome an, Luftnot, Ödeme und Schmerzen linksseitig.“

„Für wann wurde eine Bypass-Operation geplant?“

Tonys Vater stand auf und ging zu Wohnzimmertür, um diese zu schließen. „Vor einem halben Jahr“, sagte er dann leise und hörte das tiefe Einatmen des Pathologen.

„Das glaube ich jetzt nicht. Ist das eine DiNozzo Krankheit? Warum haben Sie die nötige OP noch nicht durchführen lassen?“ Ungläubig sah er den älteren Mann an.

„Ich wollte bis zur Geburt meines Enkelkinds warten. Irgendwie habe ich wohl Angst. Und jetzt wo Tony....“ Er stockte und setzte sich wieder auf den Sessel. „Ich kann Ziva und die Kleine jetzt nicht alleine lassen.“

Ducky schüttelte den Kopf. „Obwohl ich ihre Beweggründe nachvollziehen kann, Anthony. Kann ich sie nicht gutheißen. Sie müssen sich schleunigst operieren lassen. Jeder Tag den Sie warten, kann Ihr letzter sein.“

„Sobald mein Sohn wohlbehalten zurück bei seiner Familie ist, aber nicht eher“, teilte er dem noch immer geschockten Mediziner mit, das Gespräch war für ihn damit beendet.

~~~***~~~

Ein angenehmer Duft wehte durch die kleine Holzhütte. Auf dem Herd köchelte der Eintopf und Dillan übergab gerade Jimmy Teller und Besteck, damit dieser den Tisch decken konnte. Gibbs saß bei Tony am Bett und beobachtete die Beiden.

„Wie geht es dir?“

„Ganz gut soweit“, war die knappe Antwort seines Agents.

Sein Boss warf seinen Stellvertreter einen skeptischen Bick zu, sagte aber nichts weiter. Das Fieber schien wirklich wieder gefallen zu sein und sein Husten kam auch nicht mehr so häufig. Gibbs legte ihm kurz seine Hand auf die Schulter und nahm dann seinen Rundgang wieder auf. An jedem Fenster blieb er stehen und spähte nach Draußen. Doch sehen konnte er LeFrey nicht.

„Wie sieht es aus Tony? Willst du auch etwas essen?“, hörte er Dillans Stimme vom Tisch.

„Ich hätte nichts dagegen“, kam es von dem jüngeren Mann. „Aber am Tisch. Nicht wieder im Bett.“

„Hältst du das für eine gute Idee?“, fragten Gibbs und Dillan fast gleichzeitig und sahen sich gegenseitig erstaunt an.

„Na klar“, erwiderte der Agent schmunzelnd, rutschte schon zum Bettrand und streckte eine Hand aus. „Gute Idee hin oder her, aber jetzt brauch ich Hilfe.“

~~~***~~~

Jacques LeFrey sah durch sein Fernglas zu dem Blockhaus herüber. Eigentlich wollte er mit der Sabotage des Generators die Personen herauslocken, aber irgendwie hatten sie es sich dort gemütlich gemacht. Der Schornstein qualmte und ihn froren so langsam die Finger ab. Wut stieg in ihm auf. Er würde ab jetzt stärkere Maßnahmen ergreifen. Nachdem er ein paar Mal seine steifen Finger angehaucht hatte, überprüfte er seinen Munitionsvorrat und stellte beruhigt fest, dass dieser so schnell nicht zur Neige gehen würde.

Doch plötzlich schob sich eine völlig andere Idee in sein Gehirn. Warum sollte er sich denn keinen Spaß dabei gönnen? Solange der Hund nicht da war, konnte er darauf warten, dass die Personen in der Hütte zur Ruhe kamen. Dann würde er sich mit seinem besten Freund, dem Armeemesser, anschleichen und sich Zugang zum Haus verschaffen. Wenn er leise und schnell genug wäre, dann könnte er die anderen Personen alle schon getötet haben, bevor er sich der Hauptperson annahm.

In Gedanken malte er sich schon einmal aus, wie er das Messer dem Agent an die Augen setzen würde. Wie er die Spitze, oberhalb des Augenlides, an dem Augapfel vorbei einschieben würde und danach, nachdem er den für ihn befriedigenden Schrei seines Opfers genossen hatte, das Messer durch die geleeartige Masse mit einem schnellen Dreh wieder herauszog und dabei das Auge auslöste.
Aber vielleicht würde er ihn auch erst ein wenig anderweitig quälen. Es gab viele Stellen am menschlichen Körper die wehtaten, aber das Opfer nicht töteten. Als erstes würde er ihm die Sehnen an den Fersen durchtrennen. Der Schmerz wäre nur halb so schlimm, aber das Ergebnis war eine Katastrophe. Die Person war danach nicht mehr im Stande, sich auf den Beinen zu halten. Dann würde er sich weiter nach oben arbeiten. Zuerst die Kniekehlen, dann ein schneller Schnitt unter den Achseln und auch seine Arme wären unbrauchbar. Danach brauchte er nur noch den Kopf zu fixieren und er konnte mit den Augen beginnen. Schön langsam und für beide Parteien ein Hochgenuss. All diese Strapazen würde sein Opfer mit vollem Bewusstsein erleiden und wenn der Agent dachte, dass er alles überstanden hätte, dann und auch wirklich erst dann, würde er ihm den Gnadenstoß versetzen. Allein der Gedanke schenkte ihm einen wohligen Schauer der Vorfreude. Genüsslich leckte er sich die Lippen. Es war doch immer wieder schön, einen Job zu haben, der einem Spaß machte.

~~~***~~~

Der Weg ist das Ziel, der Weg ist das Ziel, flüsterte Tony sich gedanklich die paar Schritte zum Tisch zu. Doch der Weg war fast zuviel und wenn ihn Gibbs und Dillan nicht so fest umklammert hätten, hätte er es nie geschafft. Als er endlich, nach einem gefühlten 100 Meter Lauf, wieder saß und sein Bein entlasten konnte, war er schweißgebadet. Der Schmerz pulsierte in der offenen Wunde und in seinen Rippen. Der Husten der ihn durchschüttelte, trug auch nicht gerade zur Verbesserung bei. Er musste mehrmals blinzeln, um die schwarzen Punkte zu vertreiben, die ihm das Blickfeld einschränkten. Der Schmerz und der Geruch der Suppe, die Dillan ihm gerade hinstellte, drehten ihm langsam den Magen um und Tony kniff fest die Augen zusammen und versuchte nur noch durch den Mund zu atmen. An Essen war vorerst nicht mehr zu denken.

Gibbs, der seinen Agent kaum aus den Augen ließ, reichte Dillan den Teller zurück und schüttelte nur stumm den Kopf. Mit einer weiteren Kopfbewegung deutete er Jimmy, der neben Tony saß, den Platz zu verlassen und sein Essen woanders einzunehmen. Er wusste genau, was seinem Stellvertreter zu schaffen machte und so stellten alle ihr Essen erst einmal wieder auf den Herd zurück.

Nach ein paar Minuten öffnete Tony wieder seine Augen. Der Schwindel hatte sich beruhigt und sein Magen scheinbar auch. Trotzdem war sein Blick alles andere als klar.

„Wieder besser?“, fragte ihn Gibbs und blickte seinem Agent in die Augen.

Tony räusperte sich und spürte drei besorgte Augenpaare auf sich. Er versuchte sich in einem Grinsen, das ihm aber gänzlich misslang und nickte dazu. Erst jetzt bemerkte er wie verkrampft er sich am Tisch festhielt. Peinlich berührt über seine Schwäche, löste er seine weiß verkrampften Finger von der Platte. Wieder spürte er die Blicke der anderen. „Was?“, fragte er genervt und es klang härter als es eigentlich sollte. Jimmy sah daraufhin sofort weg, nur die Blicke der beiden Älteren blieben ihm erhalten. „Es geht mir gut“, und nach einem Blick seinerseits in die Runde, fügte er noch hinzu: „Wirklich, es ist wieder okay.“

„Dann können wir ja jetzt essen“, sagte Dillan und verteilte die Teller wieder neu.

~~~***~~~

„Magst du auch eine Portion Eis, Abby?“, fragte Ziva die schwarzhaarige Kriminaltechnikerin.

Abby warf einen Blick auf die Uhr und schmunzelte. „Weißt du wie spät es ist?“

„Magst du nun, oder magst du nicht?“, fragte Ziva mit einem verlangenden Gesichtszug. „Also ich brauch das jetzt.“ Und als sie Abby nicken sah, wollte sie aus dem Bett, doch ihre Freundin hielt sie auf.

„Bleib liegen, ich hol es. Was hast du da?“

Ziva überlegte kurz. Alleine der Gedanke auf eine große Portion Eis ließ ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. „Erdbeere“, sagte sie und strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Eisschrank, dritte Schublade von oben.“

„Okay“, sagte Abby und wollte aus der Tür.

„Warte, bring auch bitte die Tüte mit den Käseflips mit. Die liegt auf der Theke.“

„Käseflips?“, leicht angewidert verzog sich das Gesicht der Schwarzhaarigen.

„Uhhhmmm“, machte Ziva da gerade, scheinbar war auch das Kleine wieder wach. „Bring sie einfach mit. Uns ist danach“, fügte sie grinsend hinzu.

~~~***~~~

Wenig später saßen beide Frauen wieder auf dem Bett. Ziva hatte ihre Beine lang ausgestreckt und Abby saß im Schneidersitz daneben.

„Was meinst du, warum hat Tim mich noch nicht angerufen? Er ruft sonst immer um punkt Mitternacht an“, fragte die Kriminaltechnikerin gerade und schob sich einen weiteren Löffel Eis in den Mund. „Ich meine, wenn er nicht mit Gibbs in der Eiswüste unterwegs ist, warum hat er sich dann heute nicht gemeldet? Er war die ganzen Tage immer pünktlich. Also warum nicht heute?“

Ziva blickte hoch. „Was willst du damit sagen?“, fragte sie mit gerunzelter Stirn und versenkte gerade einen Käseflip in ihrem Erdbeereis.

„Nur, dass er mir aus dem Weg geht und das verheißt nichts Gutes.“ Während sie sprach, hatte sie ihre Augenbrauen zusammengezogen und kramte in ihrer Tasche nach dem Handy.

„Was hast du vor?“, fragte Ziva und ließ sich gerade einen Erdbeer-Käseflip schmecken. Sie liebte diesen würzig süßen Geschmack im Mund. Hungrig leckte sie sich die Lippen.

Angewidert sah Abby ihr zu. „Wie kannst du nur so was essen?“

„Wieso? Probier das mal, das ist super lecker“, kam es achselzuckend von der Schwangeren.

„Nein danke“, sagte Abby skeptisch und wählte Tims Nummer.


TBC.........

18. Kapitel (16.10.11)

Der Frankokanadier hauchte ein letztes Mal in seine kalten Hände, dann sah er zu dem klaren Himmel hinauf. Eine einsame Sternschnuppe zog ihre Bahn. Fast von ganz alleine kamen ihm Erinnerungen an seine Großmutter, bei der er einen Teil seiner Kindheit verbringen musste, in den Sinn.

Es hätte eine glückliche Kindheit werden sollen, doch das Schicksal hatte mit ihm anderes im Sinn. Er erinnerte sich gut an seine zierliche Mutter. Blonde lockige Haare, ihr ganzer Stolz. Sie hatte ihn gewiegt wenn er krank war und sie war mit ihm durch das Wohnzimmer getanzt, wenn sie glücklich war. Sein Vater, ein Bankangestellter mit gutem Einkommen. Es hatte ihnen auch in der schlechten Zeit an  nichts gefehlt. Seine Eltern liebten sich und was noch wichtiger war, sie liebte ihren kleinen Sohn.

Jacques war fünf Jahre alt als sein Grandpa starb und seine Großmutter väterlicherseits zu ihnen ins Haus zog. Die streng religiöse alte Frau, versuchte vom ersten Moment an das Leben im Haushalt neu zu organisieren. Er konnte damals noch nicht verstehen was vor sich ging, doch die Veränderungen bekam auch er schon mit. Seine Mutter hatte eine wundervolle Stimme und sie sang für ihr Leben gerne. Doch seit die Großmutter bei ihnen lebte, hörte er sie nicht mehr singen oder summen. Auch trug sie ihr Haar nicht mehr offen, sondern immer zu einem Knoten oder Zopf geflochten. Wenn sein Dad abends nach der Arbeit nach Hause kam, hatte er fortan keine Zeit mehr mit seinem kleinen Sohn oder seine Frau. Die Großmutter holte ihn immer schon an der Tür ab und zog ihn mit in ihr Zimmer. Einmal, da war er schon etwas älter, da hatte er durch das Schlüsselloch spioniert und gesehen wie sein Vater mit nackten Oberkörper vor einem Bett kniete und seine Großmutter ihn mit einer Gerte schlug. Leider hatte er sich nicht schnell genug zurückgezogen, so das er als Strafe für seinen Ungehorsam, nur bei Wasser, die nächsten drei Nächte im Kellerloch verbringen musste. Er hatte sich tapfer in eine Ecke auf dem Boden gesetzt und seine Knie ganz nah an den Körper gezogen, dann hatte er in seiner Verzweiflung die Arme darum gelegt. Später an seinen ersten Abend kamen die Ratten und er hatte laut um Hilfe gerufen, er hörte oben seine Mutter weinen und die laute Stimme seiner Großmutter, die um Göttlichen Beistand, bei der Bekehrung dieser Familie, bat. Doch geholfen hatte ihn niemand. In dieser ersten Nacht schwor er Rache. Rache an seinen schwachen Vater, Rache an seiner nutzlosen Mutter und Rache an der allgegenwärtigen Großmutter. Doch es sollten noch viele Jahre und viele Nächte folgen, bevor er an die Erfüllung einer Träume kam. LeFrey knetete seine vor Kälte steifen Finger. Den kleinen, verängstigten Jungen, gab es schon lange nicht mehr. Vielleicht saß der immer noch in dem Kellerloch seiner Kindheit und wartete auf Erlösung, dachte er mit einem inneren Kopfschütteln.

Seine Mutter hatte mehr als einmal versucht mit ihm aus der Ehe und dem Einzugsgebiet der Großmutter zu fliehen, aber immer waren sie vom Vater wieder eingefangen  worden. Zur Bestrafung hatten sie ihn wieder in das Kellerloch gesteckt und seiner Mutter für ihre Flucht und ihren Stolz, das letzte das sie liebte genommen. Ihre Haare.

Jahr für Jahr hatte er diese Hölle aushalten müssen. Seine Eltern führten schon lange keine Ehe mehr und im Haus wurde schon lange nicht mehr gelacht und getanzt. Es wurde gearbeitet und die freie Zeit die blieb, wurde gebetet. Seine Großmutter führte ein strenges Regiment. Doch alles beten, schlagen und all die Horrornächte im Kellerloch, machten aus dem Teufelskind, keinen Engel. In all den einsamen, kalten und dunklen Nächten, hatte er aus purer Langeweile die ersten Insekten getötet, etwas später dann die ersten Tiere. Von da an steigerte er sich.

An dem Tag an dem er seinen zehnten Geburtstag feiern sollte, sollte sich auch sein Traum erfüllen. Seine Mutter verweigerte seit Wochen die Nahrung und war mittlerweile zu schwach das Bett zu verlassen. An einem Sonntag morgen, schlich er sich in das Schlafzimmer seiner Eltern. Der Vater und die Großmutter waren zum Morgengebet aufgebrochen und seine Mutter hatte ihn auf riesigen Augen in einem nur noch aus Haut und Knochen bestehenden Gesicht angesehen. Ihr Blick war hilflos und Jacques hatte sofort gewusst das es jetzt an der Zeit für ihn war. Langsam war er auf sie zugegangen und hatte sich auf die Bettkante gesetzt. Seine Finger fuhren über ihr gerade wieder nachgewachsenes Haar und er konnte noch heute ihre seidenen Haarsträhnen an seinen Fingern spüren.

Sie hatte ihn angelächelt und seine Hand geküsst. Dann hatte sie die magischen Worte gesagt. „Tu es.“ Nicht mehr und nicht weniger. Einfach nur „Tu es“. Und er hatte es getan. Als sein Vater und die Großmutter vom Gebet zurück kam, hatte das Haus schon in Flammen gestanden. Der Vater war wie von Sinnen in das brennenden Haus gelaufen, doch die Großmutter hatte sich nicht von seiner Seite entfernt. Dann gab es einen fürchterlichen Krach und das Haus stürzte ein. Ein Entkommen gab es nicht mehr.

Während seine Großmutter laut jammernd ihrem Sohn nachrief, schlich sich über das Gesicht des 10 jährigen ein Lächeln. Er hätte nie gedacht das das Haus so schön brennen würde. Seine Hand hielt immer noch das Feuerzeug festumschlungenen. Er hatte etwas schnell brennbares gesucht und es in den Haare seiner Mutter gefunden. Mit einem wohligen Gefühl dachte er an ihre spitzen Schreie, als sie sich bewusst wurde, was mit ihr geschah. Das war eine Erfahrung, die er nie wieder vergessen würde und auch gar nicht wollte.

Zehn Tage später zogen er und seinen Großmutter in ein altes baufälliges Haus ein. Das war alles das sie sich leisten konnten. Gleich am ersten Tag, hatte er ihr die Wahrheit gesagt, doch sie wollte ihm nicht glauben. Nannte ihn ein Teufelskind und drohte mit Schlägen und Verlies. Doch Jacques war kein Kind mehr das sie verängstigen konnte und so hatte er den Spies einfach umgedreht. Er hatte es sie fühlen lassen, was es hieß Angst zu haben. Das Ende war dann viel zu schnell gekommen und eigentlich ein Unfall gewesen. Er war hinter der alten Schachtel hergewesen. Hatte sich neue Spielzeuge ausgedacht und sie war vor ihm auf der Flucht. Die Treppe hatten sie in ihrer Jagd beide nicht gesehen. Wie am Spieß hatte sie geschrien, doch dann hatte es laut  geknackt und ihre Schreie waren verstummt.

Von da an folgte Kinderheim auf Kinderheim. Bis ja, bis er auch dort.... aber das war eine andere Geschichte. Jedenfalls war er gewachsen. Und damit meinte er nicht seine Größe. LeFrey hatte seine Fähigkeiten gefeilt, verbessert und perfektioniert. Das Töten alleine bereitete ihm kaum noch Befriedigung. Jetzt hatte er sich darauf spezialisiert, seine Opfer langsam und qualvoll zu töten. Das war der Kick den er brauchte.

LeFrey schüttelte sich, um seinen Kopf wieder frei zu bekommen, dann sah er hoch zum Himmel. Von den Sternen war nun nichts mehr zu sehen. Wolken hatten sich davor geschoben und es hatte wieder leicht angefangen zu schneien. Die Kälte kroch ihm die Knochen hoch und machte ihn noch entschlossener. Es musste zuschlagen. Jetzt.

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19. Kapitel (18.10.11)

Vom warmen, trockenen Tower aus, beobachtete McGee die Landung des kleinen zweimotorigen Flugzeugs, das auf Schneekufen über die verschneite Landebahn holperte. Sie waren drei Stunden früher hier als geplant. Tim konnte sein Glück kaum fassen. Er warf Annie einen strahlenden Blick zu.

Da auch sie nicht schlafen konnte, hatte sie sich dazu entschieden, dem jungen Mann in der Nacht Gesellschaft zu leisten und während sie jetzt zusammen mit Agent McGee die Landung beobachtete, dachte sie an Dillan und strich gedankenverloren ihrer Labradorhündin Bella über den Kopf. Sie musste zugeben, der alte Haudegen lag ihr am Herzen. Sie kannte ihn schon so lange und als dann im letzten Jahr seine Frau Lizzie so plötzlich gestorben war und sie die Trauer in seinen Augen sah, da hatte sie erst bemerkt, was sie für ihn empfand und es brach ihr das Herz, ihn da unten in Gefahr zu wissen.

Tim wollte sich gerade die Jacke anziehen um Fornell in Empfang zu nehmen, als sein Handy schellte. Verwirrt sah er auf sein Iphone und erkannte Abbys Bild. Das hatte ihm jetzt noch gefehlt. Kurz überlegte er den Anruf nicht anzunehmen, aber das würde sie nicht beruhigen, sondern sie nur noch mehr in Rage bringen. Seufzend drückte er den Hörer.

„McGee? Warum gehst du mir aus dem Weg?“ Sofort hörte er ihre aufgebrachte Stimme.

„Wie kommst du denn darauf? Ich geh dir doch nicht aus dem Weg.“ Versuchte er sie zu beruhigen.

„Warum rufst du dann nicht wie immer an? Und jetzt keine Ausflüchte, ich kann sehen wenn du lügst.“

„Abby du siehst mich doch gar nicht“, teilte er ihr grinsend mit.

„Papperlapap, dann kann ich es eben hören und lenk jetzt ja nicht vom Thema ab. Also ich höre.“

„Abbs, ich….“ Doch weiter kam Tim nicht, denn genau in dem Moment ging die Tür auf und Fornell und sein Team traten zusammen mit einem Schwall kalter Luft in den Raum. Während sich der alte FBI Agent die Mütze vom Kopf zog und den Schnee abschüttelte, kniff Tim schon einmal die Augen zu. Wohlweislich gefasst auf das, was jetzt folgen würde.

„Hallo Agent McGee“, begrüßte ihn Fornell und nickte gleichzeitig Annie zu. „Wir haben uns beeilt, weil sie es so dringend gemacht haben.“

Wie aus weiter Ferne hörte Tim die Worte doppelt. Fornell, der sie sprach und Abby, die sie ungläubig wiederholte. Er hob kurz die Hand mit dem Handy und signalisierte dem Agent damit, dass er noch beschäftigt war, dann drehte er sich um und flüstere ins Telefon: „Ich hab jetzt keine Zeit. Ich melde mich später.“

„Nichts der gleichen wirst du tun. Du wirst mir jetzt sagen was da bei euch los ist. Das war doch gerade Fornell?“

Tim schluckte schwer. Den Gang wollte er eigentlich nicht gehen, aber einen Ausweg sah er nun auch nicht mehr. Widerstrebend fing er an zu erzählen. Dass Gibbs und Tony im Camp fest saßen, weil der Killer, der hinter DiNozzo her war, sie gefunden, den Piloten erschossen und den Heli unbrauchbar gemacht hatte. Das Fornell und Sacks hier waren, um zu helfen und dass das Camp nicht mehr zu erreichen war, weder über Funk noch per Satellit. Dies setzte ihr besonders zu und er konnte sie regelrecht weinen „sehen“.

„Timmy“, sagte sie unter schluchzen. „Versprich mir, dass du sie alle zurückholst. Und wenn ich alle sage, dann meine ich auch alle“, fügte sie leise hinzu.

Mit geschlossenen Augen flüsterte er zurück. „Ich verspreche es.“ Dann unterbrach er die Verbindung und wandte sich Fornell, Sacks und den anderen beiden Agents zu.

~~~***~~~

„Ich wusste es. Ich wusste es. Ich wusste es.“

„Abby?“ Vergessen war das Eis und die Käseflips.

„Ich wusste es. Ich wusste es.“

„Abby, hör auf damit, du machst mir Angst, was ist passiert?“ Ziva war ganz nah an die Freundin heran gerutscht und schüttelte sie leicht an den Schultern. Dicke Tränen liefen ihr schon wieder über das Gesicht und verwischten die schwarze Schminke.

„Ich wusste es.“

„Abby! Schluss jetzt. Wenn du mir nicht sofort sagst, was da passiert ist, schwöre ich dir, dass ich noch heute das Baby bekomme“, teilte ihr die Brünette mit und hielt sich den Bauch und versuchte, das Kind, das schon wieder vor Aufregung ganz aus dem Häuschen war, zu beruhigen.

Erschrocken verstummte die Kriminaltechnikerin. „Oh, das, das ist noch zu früh.“

„Dann sag es mir endlich“, zischte Ziva ihr zu. Durch ihre lauten Stimmen waren nun auch die beiden Männer im Wohnzimmer auf sie aufmerksam geworden. In dem Moment, in dem Abby anfing zu erzählen, kamen Tony Senior und Ducky dazu.

~~~***~~~

Ziva presse die Hände auf ihren Bauch und versuchte nicht zu viel über das unausgesprochene „Wenn und Aber“ nachzudenken, trotzdem machte sie und das Baby gerade eine Berg- und Talfahrt mit. Innerhalb von ein paar Stunden hatte sie um Tony getrauert und seine Auferstehung gefeiert. Nur mit Mühe konnte sie die eigenen Tränen zurückhalten. Die Schwangerschaft machte sie einfach zu verletzlich. Wütend über ihre eigene Schwäche, wischte sie sich eine entwichene Träne fort. Sie musste jetzt stark sein. Für Mia und das Baby. Noch war nichts bewiesen. Gibbs passte immer gut auf sein Team auf und Tony konnte, wenn es sein musste, auch verletzt seinen Mann stehen. Das hatte er in den letzten Jahren mehr als einmal bewiesen. Doch all diese schönen Phrasen beruhigten sie nicht wirklich und als sie in das viel zu bleiche Gesicht von Tonys Vater blickte, der sich mit letzter Kraft an einer Schlafzimmerkommode festhielt und mit der anderen Hand sich krampfhaft an die Brust fasste, vergaß sie ihre eigenen Probleme.

„Anthony!“, rief Ziva entsetzt, in dem Moment gaben dessen Knie nach und er stürzte wie in Zeitlupe auf den Boden.

Ducky ließ sich schon neben ihm nieder, während Ziva noch vom Bett rutschte und Abby verwirrt an ihren Nägeln kaute. „Na, mein alter Junge, was haben wir denn vor?“, fragte er und öffnete die oberen Hemdknöpfe. Seine Finger suchten den Puls und als er ihn endlich fand, war er viel zu schnell und holperig. „Ziva ruf einen Krankenwagen. Schnell.“ Zufrieden sah er, wie die Schwangere zu ihrem Handy griff. „Kommen Sie Anthony, schön wach bleiben.“ Dabei klopfte er ihm leicht auf die Wangen. „Ziva, weißt du, wo er sein Nitrospray aufbewahrt?“, fragte er die Brünette die gerade ihr Telefon weglegte.

„Rechte Hosentasche“, kam es schnell und präzise.

Nachdem Ducky ihm zwei ordentliche Hübe verabreicht hatte, beruhigte sich seine Atmung wieder etwas.

„Was hat er denn?“, fragte Abby weinerlich. Auch sie hatte das Gefühl, gleich schlapp machen zu müssen. Die Sorgen um alle machten ihr zu schaffen. Tony verletzt in Kanada, Gibbs irgendwo dort verschollen. Tim, der sich zur Rettung aufmachte, Ziva mit ihrer Risikoschwangerschaft und jetzt auch noch Tonys Vater um den sie sich sorgen musste.

Duck fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, die ihm in die Stirn hingen, mit der anderen verfolgte er weiter Anthonys Pulsschlag. „So wie es aufsieht, hat Tonys Vater gerade einen Herzanfall erlitten. Ziva, haben sie gesagt wie lange es in etwa dauert? Ich kann hier nicht mehr für ihn tun. Er muss dringend operiert werden.“ Gott sei dank schellte es in dem Moment an der Tür.

~~~***~~~

Ziva stand, mit der haltlos weinenden Abby im Arm, etwas abseits, während sich das Notarztteam um Tonys Vater kümmerte. Bruchstücke des Gesprächs bekam sie mit. Wörter, wie Herzinsuffizienz und Bypass-Operation, Luftnot und Zusammenbruch. Dann Anweisungen, wie Zugänge legen und Kontrollgeräte anschließen, dann ging plötzlich alles ganz schnell und schon waren sie mit ihm durch die Tür. Fassungslos sah sie hinterher. Hatte sie ihm das angetan? Warum hatte sie nur zugestimmt, dass er nach D. C. kam.

„Ziva, ich fahr mit. Ich melde mich, wenn ich was weiß“, sagte in dem Moment der alte Pathologe und riss sie damit aus ihren düsteren Gedanken.

„Ja, mach das bitte“, sagte sie und war mehr als nur froh, dass Mia schlief und den Zusammenbruch ihres Großvaters nicht mitbekommen hatte. Es war ein Glück, das die Kleine den festen Schlaf ihres Vaters geerbt hatte. Wie sollte sie es ihr nur erklären, dass jetzt auch noch ihr geliebter Opa im Krankenhaus um sein Leben kämpfte?

~~~***~~~

LeFrey hauchte sich in die Hände. Die Kälte setzte ihm heute mehr zu als gestern. Kopfschüttelnd schob er seine Hände wieder unter die Achseln. Er hatte sich bis auf wenige Meter wieder an das Blockhaus herangeschlichen. Ihm blieb nur noch diese Nacht. Morgen würde wahrscheinlich ein großer Rettungstrupp hier einfallen. Dann war an eine langsame Tötung nicht mehr zu denken. Noch einmal ging er in Gedanken den Ablauf der nächsten Stunden durch. Der alte Glatzkopf machte nicht den Anschein als wenn er gefährlich werden würde. Das Jüngelchen, das mit dem Grauhaarigen im Helikopter zuletzt angekommen war auch nicht. Nur der Graue ließ ihn schmunzeln. Mit ihm konnte das Jagen wieder Spaß machen. Eiskalte blaue Augen hatte er bei ihm ausmachen können. Ein solches Souvenir hatte er noch nicht. Genüsslich spielte er mit seiner Zunge. Das Blut würde warm fließen. Warm und lang. Allein der Gedanke an den bevorstehenden Kick brachte ihn in Stimmung und er spürte, wie sich seine Lenden verkrampften. Sobald es in der Hütte ruhiger werden würde, würde er sich durch die kleine Speisekammertür hereinschleichen und dann…… Jacques ließ seinen Gedanken freien lauf.

~~~***~~~

Tony der wieder in dem Bett lag, merkte seinem Boss an, dass etwas nicht stimmte. Mit einer zittrigen Hand strich er sich die Schweißperlen von der Stirn. Das Fieber stieg wieder und Müdigkeit machte sich in ihm breit. Wieder spürte er, wie ein paar Schweißperlen seine Schläfen hinunter liefen. Ihm war so warm und er hatte Probleme beim Atmen, aber noch waren sie nicht so schlimm, dass er es jemanden gesagt hätte. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, aber er wusste genau, sollte er einschlafen, würden die Fieberträume ihn wieder wecken und das war nichts, was er unbedingt noch einmal erleben wollte. Während Gibbs immer noch aus der Schießscharte in die Dunkelheit schaute, wanderte Tonys Blick zu den anderen beiden Personen. Jimmy befand sich schon im Reich der Träume. Bevor er sich auf dem Boden zusammengerollt hatte, hatte er noch einmal nach Tonys Bein gesehen. Das Antibiotikum zeigte noch keine Wirkung und die Entzündung nahm ungehindert ihren Lauf. Dazu schien Jimmy große Angst vor einer bevorstehenden Lungenentzündung zu haben. Und wenn Tony zu sich ehrlich war, war das auch etwas das ihm Scheißangst machte. Er war schon einmal kurz davor gewesen zu ersticken und das wollte er auf keinen Fall noch ein zweites Mal erleben.

Dillan hatte es sich unter seinem Schreibtisch in der Ecke gemütlich gemacht. Doch aus Sorge um Piet, seinen langjährigen Gefährten, war sein Schlaf nur oberflächlich und Tonys Husten weckte ihn jedes Mal wieder auf.

Die Wärme wurde DiNozzo langsam unerträglich und er zog sich die Decken vom Körper, so dass die kalte Luft seinen heißen Körper kühlen konnte. Gibbs, der die Geräusche gehört hatte, kam schnell zu seinem Bett.

„Alles klar?“

„Mir ist nur zu warm“, flüsterte Tony zurück.

„Das kommt vom Fieber.“

„Ich weiß. Aber es setzt mir immer mehr zu.“ Die letzten Worte konnte man nur mit Mühe verstehen, da ihn schon wieder ein Hustenanfall schüttelte.

Damit Tony besser atmen konnte, zog Gibbs ihn schnell in eine sitzende Position hoch. Besorgt und nachdenklich blickte er seinen Freund an, der verkrampft vornüber gebeugt im Bett saß und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die rechte Seite hielt. Wenn Tony Schwäche zugab, dann mußte es ihm schlechter gehen als er zeigte. Als sich seine Atmung wieder beruhigte, ließ er ihn langsam wieder herunter. „Versuch etwas zu schlafen. Ich pass auf.“

„Nein, besser nicht. Ich träume schlecht“, sagte Tony, das Atmen fiel ihm immer schwerer und wieder musste er husten. Mühsam setzte er sich etwas auf und Gibbs schob ihm ein weiteres Kissen in den Rücken.

„Wie geht’s deinem Kopf, Boss?“

Zum ersten Mal seit dem Schneemobil Unfall, dachte Jethro wieder an die kleine Platzwunde über seiner Augenbraue. Er hatte sie völlig verdrängt und spürte sie nur noch gelegentlich wenn er die Augenbraue hochzog oder seine Mütze zu tief ins Gesicht zog.

„Gut, ich spür sie kaum. Wie sieht sie denn aus?“, fragte er und seine Finger strichen über die Verletzung.

Tony musste sich erst die Bronchien frei husten, bevor er wieder sprechen konnte. „Ich denke es wird eine Narbe geben, aber Tabitha wird sie lieben. Frauen stehen auf so was“, sagte er mit einen leichten Lächeln auf den Lippen.

„Na, du musst das ja wissen“, gab Gibbs ebenfalls schmunzelnd zurück.

„Du siehst müde aus, Boss. Leg dich doch etwas hin, heute Nacht wird nichts mehr passieren.“

„Da bin ich mir nicht so sicher“, sagte der Grauhaarige und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, um den Schlaf zu vertreiben. Es stimmte, er war müde. Das Alter setzte im langsam mehr zu als ihm lieb war. Aber er war ein Marine und ein Marine würde sich von nichts aus dem Trott bringen lassen. Auch nicht vom Alter. Vom Bett her hörte er, wie schwer es DiNozzo fiel, zu atmen. Gibbs schluckte. Erinnerungen wurden in ihm wach. Es war fast so schlimm wie damals, als Tony sich die Erreger der Lungenpest eingefangen hatte. Nur mit einem Unterschied, damals konnte man ihm aktiv helfen. Jetzt war er zum Warten verdammt. Wut, Enttäuschung und Verzweiflung, alles Emotionen, die Gibbs normalerweise lieber unterdrückte oder auch ganz außen vor ließ, kamen mit einer Wucht in ihm hoch, dass er nicht sicher war, ob er es noch im Griff hatte. Schnell stand er auf und ging leise zur Spüle, um einen Lappen feucht zu machen. Als er wieder zurückkam, hatte er sich wieder gefangen. Die verräterischen Spuren um die Augen waren verschwunden, als er seinem Freund das nasse Tuch auf die heiße Stirn legte. Er sah Dankbarkeit in Tonys Augen und legte ihm kameradschaftlich die Hand auf die Schulter. „Du schaffst das.“

„Ja“, kam es schwach von dem Jüngeren. Mittlerweile wusste er nur nicht mehr was schlimmer war. Sein Bein, das bei jeder noch so kleinen Bewegung vor Schmerzen schrie, oder das Fieber und der Husten, die ihn langsam aber sicher mürbe machten. „Aber sollte ich es doch nicht schaffen, dann sag Ziva und Mia dass ich sie mehr liebe, als alles andere auf der Welt und...“, er hustete schwach. „...und dass ich es bedaure, unser Kind nicht kennen lernen zu dürfen.“

Es zerriss Jethro innerlich, dass er aus Tonys Mund solche Worte hörte. Damals, als er im Bethesda um sein Leben gekämpft hatte und an dieser Phase angekommen war, da hatte nicht er die Worte entgegen genommen, sondern Kate, die die ganze Zeit bei ihm geblieben war. Sie war danach weinend in Duckys Armen zusammengebrochen, fest in dem Glauben, dass Tony sterben würde. Dann hatte Gibbs das Quarantänezimmer gestürmt, um seinem besten Mann mitzuteilen, dass er gefälligst gesund zu werden habe. Zur Unterstützung hatte er Tony noch eine leichte Kopfnuss verpasst. Das war dann der Ausschlag gewesen, das und die ganzen Medikamente, die ihm zu Verfügung gestanden hatte. Etwas was ihnen hier leider fehlte.

Mit den letzten Worten war Tony immer leiser geworden, dann schlossen sich seine Augen langsam und sein Kopf sackte zur Seite. Alarmiert stand Gibbs auf und beugte sich über seinen Stellvertreter. Mit den Fingern suchte er seinen Puls, stellte aber beruhigt fest, dass er zwar schwach aber stetig schlug. Mit einem besorgten Gesichtsausdruck zog er die Decke wieder hoch und steckte sie um Tony fest, dann blickte er noch einmal durch den kleinen Spalt nach draußen in die Nacht. Irgendetwas braute sich dort zusammen. Er konnte es fühlen, aber nicht greifen. Es war schon viel zu lange ruhig.

TBC..............................................

20. Kapitel (21.10.11)

„Das ist ja zum Ratten melken. Das Warten macht mich noch ganz verrückt“, meinte Ziva und drehte ihre nächste Runde quer durch das Wohnzimmer. Sie hatte beide Hände unter ihrem Bauch verschränkt und ihr Gesicht war nass vom weinen.

Abbs saß im Schneidersitz auf dem Sofa. Sie hob ihre Hand und öffnete kurz den Mund, um ihre Freundin auf den Versprecher aufmerksam zu machen, das es Mäuse waren und keine Ratten. Doch ein Blick auf Ziva ließ sie ihr Vorhaben verwerfen. Denn egal ob Ratten oder Mäuse, beides war eine irrwitzige Vorstellung und wie sollte sie da den Sinn der Redewendung erklären?

Ängstlich warf sie ihrer Freundin einen Blick zu. So kannte sie Ziva nicht. So hilflos und so, so, ihr fiel dafür nur ein Wort ein, das aber wollte so gar nicht zu der jungen gebürtigen Israeli passen. *So weiblich*. Wie sie da stand, so einsam und verlassen, mit beiden Armen ihren Babybauch umfassend. Für Abby sah es so aus, als wollte sie ihr Baby daran hindern, jetzt schon heraus zu kommen. Die Schwarzhaarige beschloss diesmal ihre Gefühle für sich zu behalten. Zivas Verhalten machte ihr Angst, normalerweise war sie immer die Harte, die Realistin, die, die immer für alles eine Erklärung hatte. Zutiefst verängstigt über die Situation, schluckte sie ihre eigenen Tränen herunter.

An schlafen war jetzt eh nicht mehr zu denken. Ducky hatte ihnen versprochen sich zu melden, sobald er etwas erfahren würde. Abby beobachtete ihre Freundin. Klar, sie sorgte sich auch, aber ihre Gedanken drehten sich mehr um Gibbs, Tony und ihren Timmy, als um Tonys Vater. Doch sie konnte ihre Freundin verstehen, denn immerhin gehörte auch der alte Herr zur Familie und ein schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit und setzte ihr zu. Denn in der ganzen Aufregung hatte sie Tabitha völlig vergessen, dabei hatte ihr Silberfuchs sie noch gebeten, sie zu verständigen. Nervös blickte sie auf die Uhr. Es war schon fast Morgen. Sollte sie Tabitha jetzt aus dem Bett schellen? Nein, so gab es wenigstens eine Frau, die heute Nacht ihren Schlaf bekam. Also verdrängte sie ihre eigenen Sorgen und sprang ihrer Freundin hinterher, packte sie an den Schultern und führte sie zu einem Sessel.

„Setz dich. Ich will nicht, dass du auch noch ins Krankenhaus musst“, sagte die Kriminaltechnikerin und drückte sie auf den Sessel nieder. Noch in der Bewegung spürte sie, dass Ziva schon wieder aufspringen wollte.

„Ich weiß es hört sich komisch an, wenn ich das jetzt sage, aber alles wird gut werden. Gibbs findet Tony und sein Vater wird wieder gesund.“ Kaum hatte sie diesen Satz gesagt, schlug sie sich auch schon die Hände vor den Mund. Oh Gott, was hatte sie da nur gesagt? Sie war doch normalerweise immer diejenige die Amok lief und alle nervös machte.  

Ziva stoppte in der Bewegung und suchte den Blick ihrer Freundin. „Sag mal, ist alles okay mit dir?“, fragte sie vorsichtig und ließ sich dann aber wieder in den Sessel sinken.

„Ja, ja, alles bestens“, kam es fast hysterisch von der Kriminaltechnikerin. Dann ließ sie sich neben Ziva auf die Sessellehne plumpsen. „Nein, nichts ist in Ordnung. Ich...ich...“ Dann konnte sie ihre so tapfer zurückgehaltenen Tränen doch nicht mehr aufhalten.

„Hey“, sagte Ziva und legte Abby ihren Arm um die Hüfte. „Pssst, nicht mehr weinen. Sie schaffen das schon.“ Tröstend zog sie ihre Freundin an sich und war ihr dankbar, dass Abby sie daran erinnert hatte, wer sie war und was sie war und still und heimlich gewann ihre Ausbildung wieder die Oberhand.

~~~***~~~

In der Hütte war es ruhig. Nur das gelegentliche Schnarchen von McAllistair deutete darauf hin, dass sich hier überhaupt Menschen befanden. Gibbs Blick wanderte durch den Raum und blieb an DiNozzo hängen. Das Fieber schien wieder gefallen zu sein, oder die letzten Schmerztabletten, die Palmer ihm abends nach dem Essen eingeflößt hatte, zeigten langsam Wirkung. Jedenfalls schlief Tony seit ein paar Minuten tief und fest. Er war froh darüber, denn Tonys Körper brauchte die Ruhe. Der morgige Rücktransport würde noch anstrengend genug für ihn werden.

Ein Kratzen und Heulen an der Tür holte den Chefermittler aus seinen Gedanken und den alten Holzfäller aus seinen Träumen. Dillans Kopf schreckte hoch. „Piet“, brachte er über die Lippen, bevor er überhaupt die Augen offen hatte. Schnell schüttelte er die Decke ab, die über seinen Beinen lag und stand auf, um dem Hund die Tür zu öffnen.

Sofort hob Gibbs die Hand und hielt ihn auf. „Nicht“, kam es leise aber bestimmt von ihm. „Das könnte eine Falle sein.“

„Nein, das ist nur mein Hund. Das macht er immer wenn er wiederkommt. Fragen Sie ihren Freund, der kann das bestätigen“, teilte Dillan ihm mit, deutete auf den schlafenden Tony und ging weiter in Richtung Tür.

Gibbs schüttelte stumm den Kopf, zog seine Waffe und ging in Stellung. Dillan war schon an der Tür angekommen und wartete auf das Zeichen des Grauhaarigen. Von draußen hörte man wieder das Jaulen des Hundes. Gibbs nickte Dillan zu, dieser näherte sich der Tür und stellte sich seitlich daneben, bereit auf Gibbs Kommando die Tür zu öffnen. Aufs Höchste angespannt sah der Grauhaarige über seine Waffe zu MacAllister und gab ihm das verabredete Zeichen.

~~~***~~~

Ducky blätterte nun schon zum fünften Mal die einzige medizinische Zeitschrift durch, die er im Wartebereich, des Krankenhauses, hatte finden können. Seit seine Mutter ihn als Kind einmal auf einer Fähre vergessen hatte, war er das Warten gewöhnt und in Krankenhäusern ganz besonders, trotzdem wäre er jetzt für etwas Unterhaltung dankbar gewesen. Umso erfreuter war er, als er endlich einen Arzt auf sich zukommen sah.

„Dr. Mallard?“

„Ja“, sagte er, stand auf und streckte seine Hand aus. „Dr. Donald Mallard und Sie sind?“

„Oh ja natürlich“, sagte der Arzt und nahm seine Hand aus der Kitteltasche um den Gruß zu erwidern. „Wo sind heute nur meine Manieren, aber Sie müssen entschuldigen, heute war hier die Hölle los. Erst der Massenunfall auf der Autobahn und dann der Großbrand in Chinatown, dazu sind wir unterbesetzt und...“

Ducky hob eine Hand. „Doktor, bitte. Ihre Geschichte ist bestimmt spannend und zu einem anderen Zeitpunkt würde ich sie auch gerne weiter verfolgen, aber mich interessiert im Moment mehr der Gesundheitszustand von Anthony DiNozzo Senior.“

„Wo habe ich nur meinen Kopf“, kam es von dem jüngeren Mediziner und er fuhr sich linkisch über den Kittel. „Dr. Mark Talor, zu ihren Diensten, Sir“, sagte er und nickte Ducky zu.

„Dr. Talor, der Gesundheitszustand?“, fragte Ducky ungeduldig.

„Setzen wir uns doch“, schlug Dr. Talor vor und deutete wieder auf die Stühle. „Wissen sie, durch das ganze Stehen schwellen mir immer die Füße an und ….“

„Dr. Talor, seien sie mir nicht böse, aber zu Hause wartet die hochschwangere Schwiegertochter von Mr. DiNozzo, auf Nachrichten. Also, wenn ich jetzt bitten darf.“ Mein Gott, dachte sich der alte Pathologe, war er auch so schlimm?

„Gut“, kam es unter stöhnen von dem Jüngeren, während er den Stühlen einen sehnsüchtigen Blick zuwarf. „Also, Mr. DiNozzo hat, wie sie ja schon vermutet haben, einen kardiogenen Schock erlitten. Das Röntgenbild seines Brustkorbes zeigte uns die typische Lungenstauung. Wir haben ihn jetzt erst einmal stabilisiert und werden morgen früh eine Herzkatheteruntersuchung vornehmen. Aber ich denke, um eine Bypass Operation wird er nicht herum kommen. Wenn sie wollen, kann ich Sie zu ihm bringen. Im Moment liegt er auf der Intensivstation.“

Ducky nickte dem Arzt zu und zusammen machte sie sich auf den Weg. „Er weiß schon seit einem halben Jahr, dass er eine solche Operation braucht“, kam es von dem Pathologen resigniert.

„Was hat ihn aufgehalten?“, fragte der Arzt verständnislos.

Ducky seufzte schwer und folgte dem Arzt durch den Flur. „Sagen wir es einmal so, familiäre Probleme.“

„Das war ein dummer Fehler. Die Folgen muss er jetzt ausbaden. Hier liegt er. Bleiben sie nicht zu lange. Er sollte schlafen, die Untersuchung morgen wird ihn viel Kraft kosten.“

Der alte Pathologe nickte ihm dankend zu und ließ sich von einer Schwester in einen Besucherkittel helfen.

~~~***~~~

Unruhig warf sich Milena in ihrem Bett, von einer Seite auf die andere. Lautes, wiederholtes Schellen und unbekannte hektische Stimmen, hatten sie kurz
aufgeweckt, doch der Schlaf ließ sie nicht aus seinen Klauen und streckte immer wieder seine Fühler nach ihr aus, sobald sie sich an die Oberfläche zukämpfen wagte. Gerade eben schaffte sie es ihre Augen, einen Spalt, zu öffnen. Ihr Nachtlicht brannte wie immer und über den Deckenhimmel galoppierten Einhörner und kleine Elfen flogen mit ihnen um die Wette. Doch sie schafften es nie, die Einhörner einzuholen. Dafür flogen sie nicht schnell genug. Ihr Bett war warm und bequem. Puppe lag eingekuschelt in ihrer Armbeuge und Peppo, das Daddy Äffchen, saß neben ihrem Kissen. Ihre kleine Kinderwelt war in Ordnung. Müde schloss sie ihre Augen und ließ sich von dem Schlaf davon tragen.

~~~***~~~

Annie stand mit ihrer Hündin zusammen am Fenster und sah den Männern hinterher, die im Laufschritt auf die kleine zweimotorige Maschine zuliefen. Ihre Hand lang dabei auf Bellas Kopf und langsam strich sie Kreise in das weiche Fell. Sie hoffte inständig das die Agents noch rechtzeitig im Holzfällercamp ankamen. Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, als sie an Dillan dachte.

Bella neben ihr seufzte und Annie machte es ihr nach. „Mhmmm, du vermisst Piet auch, oder?, fragte sie ihre Hündin, erwartete aber keine Antwort.

~~~***~~~

Weiß, alles um sie herum war weiß. Weiß und kalt. So weit sie sehen konnte. Überall das gleiche, nur schneebedeckte Bäume. Mia fror, Ihre nackten Zehen sanken tief in den Schnee ein. Sie hatte nur ein Nachthemd an und Puppe und Daddy Äffchen fest vor ihre Brust gedrückt. Milena hatte Angst, sie war alleine.

„Hallo? Ist hier jemand?“, rief sie schüchtern und blickte sich in alle Richtungen um. Mittlerweile hatte es auch noch zu schneien angefangen und sie wischte sich immer wieder über die Augen um die Schneeflocken zu vertreiben. Wo war nur ihre Mommy? Wie war sie hier her gekommen? Die Kleine konnte sich nicht erinnern wie sie in den Wald gekommen war. Plötzlich sah sie neben sich eine Bewegung. Da war etwas, nein, jemand kam auf sie zu. Ängstlich sah sie sich um. Sollte sie wegrennen? Oder sollte sie einfach warten und hoffen, dass die Gestalt ihr nichts Böses wollte? Im Kindergarten hatten sie erst kürzlich ein Märchen gelesen. Wie das Märchen hieß, wusste sie nicht mehr, aber sie konnte sich an die Geschichte noch gut erinnern. Zwei Kinder hatten sich im Wald verirrt und waren von einer bösen Hexe gefangen genommen worden. Die Hexe hatte die Kinder mit Süßigkeiten gemästet und der Gedanke hatte Milena zuerst gefallen, bis sie gehört hatte, dass der Junge gegrillt werden sollte. Puuuuh, das hatte ihr die Lust auf Süßigkeiten für ein paar Tage genommen. Unsicher sah sie wieder der Gestalt zu, die langsam, fast in Zeitlupe, auf sie zukam. Sollte das die böse Hexe sein? Würde sie jetzt auch gemästet und dann gegrillt. Ihre Zehen verkrampften sich, aber sie konnte einfach nicht wegrennen. Ihr Herz schlug immer schneller und ihr Puls stieg. Die Angst schlug über ihr zusammen und als über ihr ein Ast unter der Schneelast knackte, schrie sie vor Schreck laut auf.

„Psst, Mia du brauchst keine Angst zu haben, ich bin es, Daddy“, sagte die Gestalt.

„Daddy?“, fragte sie ängstlich.

„Ja“, sagte die Gestalt wieder und klappte langsam die Kapuze aus dem Gesicht.

Mia traute ihren Augen nicht. Er war es wirklich. Ihr Daddy hatte sie gefunden. Jetzt würde wieder alles gut werden. „Daddy“, sagte sie glücklich und rannte auf ihn zu. Ihre kleinen nackten Füße flogen nur so über den Schnee. Mit einem Jauchzen sprang sie in seine Arme. Plötzlich war ihr nicht mehr kalt. Warme Arme umschlossen sie und pressten ihr fast die Luft aus den Lungen. Sie liebte seinen Geruch und bohrte ihre Nase in seine Halsbeuge.

„Daddy, ich habe dich so vermisst. Komm mit mir nach Hause. Mommy wartet und Tante Abby auch. Bitte Daddy.“ Sie spürte, wie die Arme sie wieder losließen. „Was ist denn?“, fragte sie verwirrt.

„Hey Kleines. Ich kann nicht mitkommen. Ich bin nicht real. Du träumst.“

„Nein, nein. Ich kann dich anfassen, ich träume nicht. Daddy, bitte.“ Verzweifelt sah sie sich um, erhoffte sich Hilfe von ihrer Mommy, doch sie war noch immer alleine.

„Ich liebe dich, Kleines. Sag das auch Mommy wenn du morgen wieder aufwachst. Sag ihr...“, er verstummte und sah seinem kleinen Mädchen in die grünen Augen. „Sag ihr, ich liebe sie und das Baby. Sag ihr, es tut mir leid, dass ich nicht da war. Kannst du das behalten.“

Dicke Tränen liefen ihr über die Wangen. „Na klar, ich bin doch kein Baby mehr“, sagte sie unter schluchzen.

Ihr Vater sah sie traurig an. „Geh zurück und denk immer daran, ich hab dich lieb.“

Mit Entsetzen sah sie, wie sich seine Gestalt langsam auflöste. Zuerst konnte sie sein Gesicht noch einwandfrei sehen, dann wurde es immer durchsichtiger, zum Abschluss hob er noch einmal den Arm und winkte ihr zu. Dann verschwand er und ließ Mia wieder alleine in der Schneelandschaft zurück.

„Daddy“, flüsterte sie und merkte, dass sie immer müder wurde und schließlich an Ort und Stelle einschlief. Die Tränen gefroren auf ihrem Gesicht.  

TBC.................

21. Kapitel (25.10.11)

„MIA“, mit einem Schrei fuhr er aus dem Schlaf hoch und verzog schmerzhaft das Gesicht, als seine Rippen die ruckartige Bewegung nicht gut hießen.

Jimmy, der neben Tonys Bett auf dem Boden geschlafen hatte, schreckte hoch. „Waaas?“ Seine Hand suchte seine Brille, fand sie und setzte sie wieder auf die Nase. „Waas isst paaasssierttt?“, kam es schlaftrunken von ihm und er sah sich panisch im Raum um, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.

„Herr Gott, DiNozzo“, blaffte Gibbs und nahm die Waffe wieder herunter. „Ja, sag uns was passiert ist?“ Dillan der neben dem Grauhaarigen stand warf Tony ebenfalls einen fragenden Blick zu.

Der Jüngere rieb sich über das Gesicht. „´Tschuldige, ich habe von Milena geträumt“, erklärte Tony und zog sich im Bett hoch. Mit seiner noch vom Schreck zitternden Hand, fuhr er sich über die Stirn um die Schweißperlen wegzuwischen.

Palmer stand auf und rückte seine NCIS Kappe zurecht, dann ging er in Richtung Speisekammer. „Ich muss mal kurz für kleine...“ Als er Gibbs Blick bemerkte, verstummte er und zeigte nur noch auf die dritte Tür im Raum, hinter der sich das Bad befand.

Tony war noch völlig von seinem Traum gefangen. Inmitten einer Schneelandschaft hatte er Milena gefunden, nur im Nachthemd, ohne Schuhe. Sie war so real gewesen. Sie hatte sich so warm angefühlt, als er sie in seine Arme gezogen hatte. Kopfschüttelnd rieb er sich noch einmal über das Gesicht, um den letzten Rest des Traumes zu vertreiben. An der Tür hörte er ein Jaulen und Bellen. Piet war zurück.

„Warum lasst ihr den Hund nicht rein?“, fragte er die beiden Älteren.

„Was meinst du, was wir gerade wollten?“, sagte der Grauhaarige und deutete Dillan wieder zur Tür zu gehen. Wieder nahm er die Waffe hoch und nickte dem Holzfäller zu. Dieser streckte die Hand zur Klinke, legte den Riegel um und zog die Tür mit einem Ruck auf.

~~~***~~~

Als die Schwester ihm leise die Zimmertür öffnete, hörte er als erstes das stetige Piepen der Geräte, dann den röchelnden Atem von Tonys Vater. Leise, um den Schlafenden nicht zu stören, näherte er sich dem einzigen Bett in dem Intensivzimmer. Doch er war überrascht, Anthony Senior wach vorzufinden. Sein Gesicht war bleich, er hatte tiefe Ränder unter den Augen und seine Haut war mit einem dünnen Schweißfilm überzogen.

„Wie geht es Ihnen?“, fragte der Pathologe. Dabei wusste er die Antwort auch schon vorher.

„Es geht mir gut“, gab er schweratmend zurück. Jeder Atemzug strengte ihn ungemein an.  „Ich bekomme nur so schlecht Luft“, gestand er dem Mediziner.

Ducky nickte, nahm sich die Krankenakte vom Fußteil des Bettes und setzte sich auf den freien Stuhl. Nach einem kurzen Blick sah er wieder hoch. „Das liegt daran, dass Sie Wasser in der Lunge haben.“ Als er den Kranken nicken sah, sprach er weiter. „Sie haben zu lange gewartet.“ Kopfschüttelnd hängte er die Akte wieder zurück.

„Ziva?“, fragte Tony Senior leise. Das Sprechen fiel ihm immer schwerer.

„Vorhin ging es ihr gut. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie müssen sich jetzt auf ihre Genesung konzentrieren. Ich werde sie jetzt schlafen lassen. Sie haben morgen eine große Untersuchung vor sich“, sagte Duck und stand auf.

„Mein Sohn? Haben Sie schon etwas Neues gehört?“, fragte er schwach.

„Nein, aber wenn wir etwas hören, werden Sie es sofort erfahren.“ Er drückte ihm die Hand. Ich werde morgen nach Ihrer Untersuchung noch einmal wiederkommen. Aber jetzt müssen Sie schlafen.“

„Danke“, war das Letzte was der Mediziner von ihm hörte, dann schloss Anthony Senior seine Augen und Ducky verließ das Zimmer.

~~~***~~~

„Daddy, geh nicht“, hörte Ziva einen Schrei aus Mias Zimmer. Sofort war sie wieder auf den Beinen und mit Abby im Schlepptau, lief sie schnell zu Milenas Zimmer. Die Kleine saß mitten in ihrem Bett und hatte eine Hand ausgestreckt. Scheinbar hatte sie schlecht geträumt.

„Daddy“, wieder der Ruf. Ziva bemerkte schnell, dass die Kleine immer noch schlief. Dicke Tränen liefen ihr über die bleichen Kinderwangen. Noch immer hielt sie eine Hand ausgestreckt, als wollte sie jemanden aufhalten, den nur sie sehen konnte. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken nahm Ziva sie in die Arme und presste Mias Kopf an ihre Brust.

„Hey Engelchen, aufwachen. Du hast geträumt.“

„Mommy?“, kam es verschlafen von der Fünfjährigen. „Wo warst du? Daddy konnte nicht bleiben, aber ich soll dir etwas sagen.“ Traurige Kinderaugen sahen sie an, dann zog sie geräuschvoll ihre Nase hoch und atmete tief durch. „Er hat uns lieb. Dich, mich und das Baby und wir sollen das nie vergessen.“ Sie kratze sich am Kopf. Aber da war doch noch was gewesen. Oder? Hatte sie nicht etwas Entscheidendes vergessen? Verzweiflung machte sich in ihr breit. Dabei hatte sie ihm doch noch gesagt, dass sie kein Baby mehr sei. Tränen der Wut stiegen ihr in die Augen und sie konnte nichts dagegen tun, um diese aufzuhalten. Dann plötzlich fiel es ihr wieder ein. „Er hat gesagt, es tut ihm leid, dass er nicht bei uns seinen kann. Das war es, was ich nicht vergessen sollte.“ Zufrieden mit sich, sah sie stolz ihre Mommy an und stellte mit Entsetzen fest, das nun auch Ziva weinte.

Ziva konnte kaum sprechen, zu hoch saß der Klos in ihrem Hals. Sie umschlang einfach Mia noch etwas fester. Von der Tür her hörte sie Abby schluchzen.

„Du hast geträumt, mein Schatz. Alles wird wieder gut“, die Worte sollten die Kleine beruhigen, doch Ziva wusste, dass sie sich hohl anhörten. „Onkel Jethro hat deinen Daddy gefunden und er bringt ihn uns zurück. Du wirst sehen und jetzt schlafe noch ein bisschen.“ Aber die letzten Worte hätte sie sich schenken können, denn Milena war schon wieder in ihren Armen eingeschlafen. Vorsichtig legte sie die Kleine in die Kissen zurück und zog die Decke hoch. Leise verließen die beiden Frauen das Zimmer.

Als sie wieder im Wohnzimmer saßen, wischte sich Ziva immer noch ein paar Tränen fort. Abby brach als erste das Schweigen.

„Meinst du es war ein Traum?“, fragte sie und Angst blitze in ihren Augen auf.

Ziva sah sie erstaunt an. „Was soll es denn sonst gewesen sein?“

Abby sah sich vorsichtig über die Schulter um, so als hätte sie Angst, dass jemand hinter ihr stehen könnte. „Eine Vorahnung? Geister? Weißt du, es gibt so viel zwischen den Welten, so viel das wir nicht fassen können. Verbindungen und...“

„Stopp, hör auf.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich will das nicht hören. Das war ein Traum. Mehr nicht.“

„Wenn du meinst“, kam es leicht beleidigt von der jungen Goth, dann verfielen beide in Schweigen. Die Türglocke rettete die Situation. „Das wird Ducky sein“, sagte Abby, sprang auf und lief schnell zu Tür.

~~~***~~~

Die Tür wurde Dillan fast aus der Hand gerissen als sich Piet dagegen stemmte. Gibbs ließ erleichtert die Waffe sinken und steckte sie wieder in den Halfter. Mit einem Lächeln sah er, wie Dillan von seinem Hund freudig begrüßt wurde. Dann hörte er hinter sich, wie eine Tür leise geöffnet wurde. Palmer kam zurück, dachte er und drehte sich zu dem Geräusch um.

Er sah den Angreifer nicht, aber er spürte einen Luftzug, dann wurde ihm von hinten ein Knüppel ins Kreuz geschlagen, der ihm die Luft zum atmen nahm. Der Hieb kam überraschend und traf ihn völlig unvorbereitet, sodass ihm keine Zeit mehr zum handeln blieb. Gibbs spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben, wie er plötzlich auf dem Boden kniete. Mühsam versuchte er, den Schmerz zu vertreiben und seinen Kopf frei zu bekommen. Wie hatte er nur auf einen so alten Trick hereinfallen können. Seine Waffe, er musste an seine Waffe kommen. Doch in dem Moment traf ihn nächste Schlag seitlich am Kopf, der ihm vollends zu Boden gehen ließ. Er spürte noch, wie ihm warmes Blut über das Gesicht lief und vor ihm auf den Boden tropfte. Vom Bett her hörte er Tony rufen, dann wurde es schlagartig dunkel.  

Das Ganze, das sich wie Minuten angefühlt hatte, hatte in Wirklichkeit nur Sekunden gedauert und Piet stand knurrend mit aufgerichtetem Fell neben seinem Freund, der sich gerade nach seiner Axt umsah, sie aber so schnell nicht finden konnte. Langsam, mit entsicherter Waffe, ging LeFrey auf den Holzfäller zu. Für Piet war das Angriff genug. Er schnellte vor, wie von einem Gummiband abgeprallt. Zeitgleich versuchte Tony vom Bett aufzustehen. Alleine die Bewegungen zum Bettrand setzten ihm zu. Dillan versuchte Piet zurückzuhalten, doch es war zu spät. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht zog LeFrey den Abzug durch und während der Schuss noch laut in ihren Ohren krachte, brach Piet unter Aufjaulen zusammen.

„PIET“, hallte es von zwei Stimmen durch den Raum, Tony und Dillan hatten zusammen nach dem Hund gerufen. Dillan vergaß jede Vorsicht und überbrückte die letzten Meter zu seinem Hund. Jacques warf schnell einen Blick zu dem braunhaarigen Agent auf dem Bett, aber von dem schien keine Gefahr auszugehen. Dann zog er dem am Boden knienden Mann den Pistolenknauf über den Schädel. Der alte Holzfäller brach mit einem Stöhnen über seinem Hund zusammen. LeFrey grinste sadistisch. Jetzt war er mit seinem Opfer alleine. Das hatte besser geklappt, als er gedacht hatte. Schnell fesselte er den bewusstlosen grauhaarigen Agent, der aus einer klaffenden Kopfwunde stark blutete, mit seinen eigenen Handschellen an ein Ofenrohr. Sollte er doch zusehen. Ihm war es egal und vielleicht brachte das ja auch noch etwas mehr Spaß ins Spiel. Er war der Einzige, der wirklich gefährlich werden konnte. Das hatte er schon beim ersten Blick in die eisblauen Augen gesehen. Doch jetzt hatte er alle Zeit der Welt sich mit DiNozzo zu vergnügen. Schnell, von der Vorfreude angetrieben, beugte er sich über den alten Holzfäller und fesselte auch ihm die Hände mit Klebeband hinter dem Rücken.

~~~***~~~

Die Sonne war schon vor einer Stunde aufgegangen, aber der Himmel sah immer noch verhangen aus. Wahrscheinlich würde es gleich wieder anfangen zu schneien. Die Schwangere wunderte sich, dass Mia immer noch zu schlafen schien. Jedenfalls konnte man aus ihrem Zimmer keine Geräusche hören. Als Ducky vor drei Stunden wieder gekommen war und ihnen von ihrem Schwiegervater erzählte, fiel ihr erst einmal ein Stein von der Seele. Sie hatte die ganze Zeit mit schlechten Nachrichten gerechnet. Noch war er zwar nicht über dem Berg, aber er war auch nicht auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, wie sie es die ganze Zeit vermutet hatte. Er würde den Rest jetzt auch noch schaffen, da war sie sich ganz sicher. Die DiNozzos waren Kämpfernaturen, das hatten Tony und Milena schon häufiger bewiesen und das neue Kind schien aus der Warte gesehen auch ein DiNozzo zu sein. Denn immerhin hatte es, allen schlechten Prognosen zum Trotz, überlebt. Zärtlich strich Ziva über ihren Bauch und dachte an den Tag zurück, an dem sie Tony von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte.


Ziva stand schon den ganzen Morgen in der Küche. Sie hatte sich für heute etwas ganz besonderes vorgenommen. In der Früh hatte sie eine kleine Unpässlichkeit vorgeschoben und sich für heute im Büro abgemeldet. Tony war zu einer Nachuntersuchung bei seinem Arzt und Milena würde den Tag nach dem Kindergarten bei ihrer Freundin verbringen. Ziva hatte eingekauft und jetzt zauberte sie ein Dreigängemenü. Der Esstisch war schon festlich gedeckt und sie musste sich nur noch umziehen, dann konnte Tony kommen. Während sie ins Schlafzimmer lief, dachte sie an die letzten Tage.

Am Montag nach ihren Flitterwochen, war Tony beim FBI gewesen und hatte sich mit Fornell abgesprochen. Jetzt war der Einsatz geplant und er hatte genaue Vorgaben erhalten. Nächste Woche würde er in die Szene eingeführt und in zwei Wochen würde er dann nach Kanada aufbrechen, als Dean Hunter, ein ehemaliger Polizist aus Baltimore. Sie hatten also noch ein paar Tage für sich. Ein paar Tage, danach würde sie ihn mindestens zwei Monate nicht sehen. Ein paar Tage, in denen sie sich darüber klar werden musste, was sie wollte. Sollte sie ihm von dem Kind, das vielleicht in ihr heranwuchs, erzählen? Oder sollte sie es für sich behalten, bis sie Bestätigung hatte? Aber stand ihm dieses Wissen nicht auch zu? Nur, wie sollte sie es ihm sagen? Dann stand irgendwann ihr Entschluss fest und die Vorstellung ließ sie lächeln.

Jetzt stand sie vor ihrem Kleiderschrank. Sollte sie das schwarze Kleid anziehen? Oder doch lieber das dunkelrote, das Tony so sehr an ihr liebte. Unschlüssig sah sie in ihren Kleiderschrank. Oder sollte sie einfach eine Workerhose und ein Shirt wählen, so wie sie es fast täglich zur Arbeit trug? Wehmütig lächelnd fuhren ihre Finger über den Stoff ihres Brautkleides, dann zog sie das rote Kleid heraus. Sie wurde wirklich weich auf ihre alten Tage. In welcher Ecke ihres Gehirns hatte sich ihre Mossad Ausbildung versteckt? Schnell schlüpfte sie unter die Dusche und zog sich  an. Ihre Haare glättete sie heute nicht, sondern ließ sie in weichen Locken auf ihre Schulter fallen. Ein letzter Blick in den Spiegel, dann eilte sie zurück zum Esszimmer und hörte auch schon, wie sich die Wohnungstür öffnete.

„Mmhhmm, wonach riecht es denn hier so gut?“, rief Tony vom Flur und sie hörte, wie er den Schlüssel auf die Kommode legte.

Schnell zündete sie noch die beiden Kerzen an, die auf dem Tisch standen, dann stellte sie sich vor ihr Werk und wartete.

Tony zog etwas umständlich, da er immer noch nur einen Arm zur Verfügung hatte, seine  Jacke aus und folgte dem Geruch. Als er die Tür zum Esszimmer öffnete, sah er seine Frau vor dem Tisch stehen. Erstaunt blieb er in der Tür stehen, als sie mit zwei Weingläsern auf ihn zukam. Sie sah wunderschön aus, mit dem rotem Kleid, das so wunderbar zu ihrem Teint passte und den wilden Locken, die er in den letzten Monaten so vermisst hatte. Sie war einfach perfekt und er fragte sich, womit er nur dieses Glück verdiente. Tony schluckte schwer und sah schräg an sich herunter. Er kam sich in seiner schwarzen Jeans und dem grauen Hemd, im Gegensatz zu ihr, richtig schäbig vor.

„Hey“, begrüßte er sie. „Hab ich....“, er räusperte sich und nahm ihr ein Glas ab. „Hab ich was verpasst?“, fragte er verunsichert und deutete auf den festlich gedeckten Tisch.

„Nein, nein“, sagte sie und wedelte mit ihren Armen. „Komm rein, setz dich, was sagt er Arzt.“

Tony zog eine Augenbraue hoch, da war doch was im Busch? Immer wenn sie sich so benahm, schalteten seine Sinne auf VORSICHT. „Alles verheilt gut“, sagte er vorsichtig und beobachtete sie, wie sie seinen Teller mit Suppe füllte. „Spätestens in zwei Wochen bin ich auch die Schlinge los.“ Langsam öffnete er den Klettverschluss besagter Armschlinge und nahm den Löffel in die rechte Hand. Er hatte zwar vieles mittlerweile mit links gelernt, aber essen gehörte definitiv nicht dazu, es sei denn er wollte sich hinterher noch einmal umziehen. „Womit habe ich das verdient?“

„Oh, ich dachte da du ja demnächst Undercover gehst…dachte ich zum Abschluss….“, sichtlich nervös spielte seine Frau mit dem Glas auf dem Tisch. Dann hatte sie scheinbar einen Entschluss gefasst und schaute ihm tief in die Augen. „Lass uns zuerst etwas trinken“, sagte sie und hob ihr Glas. „Auf dich und das du gesund wieder kommst“, flüsterte sie ihm zu.

Auch Tony hob sein Glas, allerdings mit der linken Hand, da der rechte Arm ihm den Winkel nicht gutheißen würde. „Auf dich und unsere Liebe“, antwortete er ihr und erwiderte ihren Blick aus seinen grünen Augen, so dass ihr ganz warm ums Herz wurde. Tony hob das Weinglas zum Mund, um einen Schluck zu trinken. Schwer und süß glitt die Flüssigkeit über seine Zunge und rann nur widerwillig durch seinem Hals, während sich sein Gesicht überrascht verzog. „IGITT, was ist denn das?“ Aufgebracht hielt er das Glas von sich weg und verzog noch weiter das Gesicht.

Ziva grinste ihn frech an. „Traubensaft!“

Er sah sie erstaunt an und hob nun beide Augenbrauen. „Traubensaft?“ Als er sie nicken sah, fügte er hinzu. „Warum trinken wir Traubensaft?“, fragte er und zog seine Augenbrauen noch ein Stückchen höher.

Unsicher, aber mit einem zauberhaften Lächeln kam sie auf ihn zu. „Weil ich keinen Wein mehr trinken sollte.“

„Weil du keinen Wein mehr trinken solltest?“, fragte er sichtlich verwirrt.

„Ja, es gibt halt gewisse Zustände.“

„Es gibt gewisse ZUSTÄNDE?“, fragte er und sein Gesichtsausdruck war ein einziges Fragezeichen.

Sie sprang vom Tisch auf und funkelte ihn böse an. „Willst du da sitzen bleiben und mich immerzu wiederholen?“

Am liebsten hätte er ihr jetzt mit einer Wiederholung geantwortet, aber er wusste wie schnell bei Ziva das Temperament durchging und er wollte nicht ins Kreuzfeuer geraten. Darum stand er seinerseits auf und legte seinen gesunden Arm um sie. „Ich versteh kein Wort Ziva, war willst du mir sagen?“

Sie beugte sich etwas vor, um ihn ins Gesicht zu sehen, aber was sie sah, bestätigte seine Ahnungslosigkeit nur. Warum machte er ihr das hier nur so schwer? „Herrgott Tony, ich bin in anderen Zuständen. Was ist daran so schwer zu verstehen?“

Sie konnte regelrecht sehen, wie es in seinem Gehirn anfing zu arbeiten. Dann schien ihm die Bedeutung bewusst zu werden, er strahlte sie an und zog sie in eine feste Umarmung. „Seit wann weißt du es?“

„Seit der letzten Untersuchung. Ich wollte eigentlich noch etwas warten, bevor ich es erzähle, aber ich denke, wenn du jetzt weg musst, hast du ein Recht darauf es zu erfahren.“ Aufmerksam beobachtete sie sein Gesicht, aber sie konnte zu keinem Augenblick einen Funken Enttäuschung bei ihm entdecken, nur unbändige Freude.

„Das… das…. Wowww.. ich..“, strahlte er sie an und gab ihr einen schmatzenden Kuss auf den Mund. „Ich werde Vater“, sagte er plötzlich völlig baff und seine Hand wanderte zu ihrem Bauch. „Weißt du schon was es wird?“

Sie klapste ihm lächelnd auf den Arm. „Dafür ist es noch viel zu früh.“

„Oh, ehrlich? Dann wünsch ich mir ein Mädchen, mit deinen Haaren und deinen Augen. Eine kleine Mini Ninja“, verwegen grinste er sie schief an.

„Ich glaube nicht, dass es sich hier um ein Wunschkonzert handelt. Wir bekommen das, was es wird“, sagte sie nun ebenfalls grinsend. „Und nun lass uns essen. Immerhin habe ich den ganzen Morgen dafür in der Küche gestanden.“ Sie hatte ihm bewusst nicht alles erzählt. Das von den Risiken wollte sie ihm vor seinem Einsatz nicht mitteilen. Er sollte sich ja auf das wesentliche konzentrieren und sich nicht von ihren Problemen ablenken lassen.

„Weiß Milena es schon?“

„Nein, du bist der erste.“

„Wer sagt es Ihr?“, fragte Tony, als er zu seinem Platz zurückging.  

Ziva legte den Kopf schief. „DU, du bist ihr Daddy.“

„MMhhhmmm“, machte Tony. So ganz wohl war ihm bei dem Gedanken nicht, aber er verschob es jetzt erst einmal bis nach dem Essen. Nur eins lag ihm noch auf der Seele. „ÄÄhhmmm Ziva?“

„Ja?“, erwartungsvoll sah sie ihn an.

„Umstände.“

„Was? Wo?“ Jetzt war sie sichtlich verwirrt.

„Na, es muss heißen: Du bist in anderen Umständen, nicht Zuständen.“

Seine Frau warf ihm einen tödlichen Blick zu. Sie hätte es ja wissen müssen, selbst in so einer Situation konnte er das Verbessern nicht lassen. Sie bedachte ihn mit ein paar hebräischen Schimpfwörtern, dann widmete sie sich wieder dem Essen.

Tony, der nur ahnen konnte, was sie ihm da gerade an den Kopf geworfen hatte, überlegte, ob er seinen Wunsch von vorhin noch einmal überdenken sollte. Ein Mädchen mit Zivas Aussehen wäre schon okay, aber dann doch bitte mit seinem Gemüt. Wenn schon Wunschkonzert, dann auch richtig, dachte er sich und nahm den Löffel wieder auf.Text


Noch immer streichelte sie ihren Bauch und dachte mit einem wehmütigen Lächeln an den Vater des Kindes. „Okay“, sagte Ziva, um sich selbst auf andere Gedanken zu bringen. „Ich koch uns einen Kaffee, Frühstück?“, und als sie in bestätigende Gesichter sah, stand sie auf und ging in Richtung Küche.

„Warte ich helfe dir“, kam es von Abby,

„Nein, du rufst Tabitha an und fragst sie, ob sie zu uns kommen will. Wir haben Sie schon viel zu lange alleine gelassen.“ Im hinausgehen sah sie die Schwarzhaarige nicken und nach ihrem Handy greifen.

Eine Stunde später saßen drei Frauen am Esstisch und unterhielten sich leise. Noch immer schlief Milena tief und fest und Ziva wollte sie auch nicht wecken. Darum hatte sie schon im Kindergarten angerufen und die Kleine für heute entschuldigt. Ducky hatte sich nach dem Frühstück noch einmal zum Krankenhaus aufgemacht, um nach Tonys Vater zusehen. Sie konnten nun nichts anderes machen, als warten. Warten das Tim mit dem FBI Team zu Unterstützung bei Gibbs und Tony ankam und das es für eine Rettung noch nicht zu spät war.

TBC......................

22. Kapitel (28.10.11)

Als Ducky die Intensiv Station erreichte, herrschte in einem Zimmer aufgeregtes Treiben. Schwestern und Ärzte rannten und gaben Befehle. Dann wurde ein Bett aus dem Zimmer geschoben und Ducky konnte einen Blick auf Tonys Vater werfen, der ohne Bewusstsein zu seinen schien. Auf seinem Bett kniete eine Krankenschwester die den Beatmungsbeutel bediente, während sie hastig das Bett aus seinem Blickfeld schoben. In dem ganzen Tumult entdeckte er plötzlich Dr. Talor der auf ihm zu kam.

„Was ist passiert?“, fragte Ducky besorgt.

„Gegen morgen haben sich seine Werte dramatisch verschlechtert. Wir müssen sofort operieren.“

„Hat er eine Chance?“, fragte der ältere Mediziner sachlich.

„Eine Chance gibt es immer, auch wenn ich seine im Moment nur auf 30 % schätze. Wenn er die Operation und die nächsten Stunden gut übersteht, bin ich bereit ihm mehr einzuräumen, aber vorher....“ Er brauchte auch nicht weiter sprechen. Der Ältere verstand ihn auch so und nickte.

„Ich hoffe nur er schafft es.“

„Wir müssen halt warten. Mehr können wir in Moment nicht machen. Fahren Sie wieder nach Hause. Sollte sich sein Zustand verschlechtern, melden wir uns“, sagte er und ließ den älteren Mediziner im Wartebereich zurück.

~~~***~~~

Endlich waren sie in der Luft. McGee konnte sein Glück kaum fassen. Jetzt war es nicht mehr weit, sie kamen laut dem Piloten zügig voran. Tim hoffte nur, dass es auch noch reichen würde.

~~~***~~~

Während sich der Frankokanadier noch mit Dillan abmühte, hatte es Tony geschafft von Bett aufzustehen. Krampfhaft hielt er sich am Bettgestell fest und versuchte den Husten zu unterdrücken. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gehabt, seinen Verfolger zu betrachten, aber das was er jetzt sah, ließ ihn staunen. Der Mann war ein Niemand. Einer von der Sorte die nirgends auffielen. Die sich unsichtbar in einer Menschenmenge bewegten. Nicht groß, nicht klein, ein Durchschnittesgesicht. Keine auffälligen Merkmale, braune Haare. Nur wenn man ihm direkt in die Augen sah, dann sah man darin den wahren Mann. Eiskalt und berechnend.

Tony wusste er würde nur eine Chance haben LeFrey zu überwältigen, er musste den Moment seiner Unaufmerksamkeit ausnutzen. Ihm war nicht entgangen das ihn der Mann einen Blick zu geworfen hatte, wie eine Spinne eine Fliege betrachten würde. Doch er würde sich nicht kampflos ergeben. Seine einzige Waffe war das nasse Tuch das gerade noch auf seiner Stirn gelegen hatte.

LeFrey zog gerade den bewusstlosen Dillan von seinem Hund herunter, als Tony sich von hinten auf ihn stürzte. Der Aufprall brachte beide zu Fall und entriss LeFrey die Waffe die über dem Boden außer Reichweite der beiden rutschte. Jacques versuchte den jüngeren Mann wie eine lästige Fliege abzuschütteln, aber sein vermeintliches Opfer hatte ihm ein Tuch um den Hals geschwungen und zog nun die Enden stramm. Seine Hände suchten nach dem Knüppel der ihm auf der Hand gefallen war. Die Luft wurde ihm immer knapper und sein Blick verschleierte sich zusehend.

Tony kniete mittlerweile über ihm und zog das Tuch um seinen Hals fest. Er sah wie LeFreys Hände unkontrolliert über den Boden fuhren. Der Braunhaarige musste all seine Kraft aufwenden um den Zugriff um seinen Hals zu bewahren. Plötzlich ging ein Ruck durch den unter ihm liegenden Körper. Der Kanadier hatte es tatsächlich geschafft seine Hände unter das Tuch zu schieben. Mit einem Ruck riss er es Tony aus den kraftlosen Fingern, dann versetzte er ihm einen Ellenbogenschlag gegen die Rippen. Der Braunhaarige bekam kaum noch Luft, der Angreifer ergriff die Chance, schob DiNozzo vollständig von sich und sprang auf. Tony musste hinterher wenn er überleben wollte. Er verfluchte seine Schwäche und quälte sich viel zu langsam auf die Füße.

Der Frankokanadier hatte zwischenzeitlich seinen Knüppel wieder aufgehoben und schwang diesen wie eine Peitsche um sich herum.

„Na Freundchen, du überrascht mich. Ich hätte nicht gedacht, das du die Kraft finden würdest überhaupt vom Bett hochzukommen. Aber das du mich auch noch angreifst. Respekt. Du machst mir Freude mit deinem Mut.“, sagte er anerkennend und fuhr sich mit einer Hand über den Hals an dem man Würgemale sah. „So macht es mir jedenfalls mehr Spaß als wenn ich dich ohne Widerstand töte.“

Tony versuchte derweil dem Knüppel auszuweichen, was nicht so einfach war, da er nur auf einem Bein stehen konnte und der Schlag gegen seine gebrochenen Rippen hatte aufs neue das Feuer in seinem Körper entfacht.

„Mhmm möchtest du dich noch von jemanden verabschieden?“, fragte sein Peiniger höhnisch. „Vielleicht sollte ich warten bis der Grauhaarige wieder aufwacht. Ihm scheint immerhin etwas an dir zu liegen.“ Grinsend zog er den Knüppel plötzlich ein und stellte ihn zu seinen Füßen auf den Boden. „Wir müssen nichts übereilen. Wir haben Zeit mein Freund.“

„Nennen Sie mich nicht „Freund“, zischte Tony und versuchte sich langsam in Richtung Küche vor zu tasten, doch sein Blick verriet ihn. Wo zum Teufel blieb nur Palmer?

Der Kanadier folgte dem Blick und lächelte. „Du willst spielen? Gut, spielen wir.“

Und bevor Tony in Deckung gehen konnte, hob LeFrey den Knüppel, schmetterte das Holz gegen sein verletztes Bein und brachte ihn zu Fall. Tony glaube, sich übergeben zu müssen, so bohrend war der Schmerz. Die Wände der Hütte dehnten sich aus und schoben sich wieder ineinander. Bis er wieder klar sehen konnte, stand LeFrey schon breitbeinig über ihm und hob den Knüppel über den Kopf. Im letzten Moment rollte Tony sich zur Seite und der Knüppel krachte auf den Boden. Er würde ihm nicht mehr lange Paroli bieten können, er konnte förmlich spüren, wie sein Körper schwächer wurde. Seine Muskeln, durch Schmerzen und Fieber geschwächt, machten seine Bewegungen langsam. Nur das Adrenalin hielt ihn noch aufrecht. Seine Hoffnung auf Jimmy verschwand immer mehr. Wahrscheinlich hatte LeFrey diesen als erstes ausgeschaltet. Aus dem Augenwinkel sah er den nächsten Schlag kommen. Wieder versuchte er darunter hinweg zurollen, doch seine Bewegungen waren einfach zu langsam und der Knüppel sauste ein weiteres Mal auf sein angeschlagenes Bein nieder. Der Schmerz der daraufhin durch sein Bein tobte, war so gewaltig, das er die Dunkelheit die von den Seitenränder auf ihm zu schlich, mit Freunden gegrüßte. LeFreys sadistisches Lachen hörte er nicht mehr.

~~~***~~~

Tabitha stand im Wohnzimmer am Fenster und beobachtete den dichten Verkehr, der sich durch Washingtons Straßen quälte. Obwohl die beiden anderen Frauen ebenfalls im Raum waren, fühlte sie sich einsam und nicht dazu gehörig. Als sie den Anruf von Abby erhalten hatte, hatte sie nichts mehr in ihren vier Wänden gehalten. Sie wollte Gewissheit, doch die konnte ihr hier auch niemand geben. Sie hatten bereits mehrfach versucht McGee zu erreichen, aber sein Handy schien nun auch tot zu sein, was nur bedeuten konnte, dass sich das Rettungsteam bereits in der Nähe des Holzfällercamps befand. In ihrer Verzweiflung und weil sie ihre Finger beschäftigt wissen wollte, hatte Abby sogar versucht, sich in einen Militär Satelliten zu hacken, aber leider, oder auch Gott sei Dank, hatte sie es bisher noch nicht geschafft die Firewalls zu knacken. Tabby hatte in ihrer Fantasie sie alle schon mit Handschellen hinter Gittern gesehen. Vor drei Tagen hatte sie das letzte Mal mit ihrem Lebensgefährten gesprochen und da war er so guter Dinge gewesen, das sie endlich eine Spur von Tony gefunden hatten, das alles andere nebensächlich wurde.

Sie warf einen Blick über ihre Schulter und als sie merkte, dass sie nicht beobachtet wurde, hauchte sie wie ein Schulkind gegen die Scheibe und malte in der beschlagenen Stelle ein Herz und schräg darunter noch ein kleineres. Völlig in Gedanken merkte sie nicht, wie sich ihr jemand näherte, erst als sie den Druck auf ihrer Schulter spürte, schreckte sie hoch wie ein erwischtes Kind und wischte ihr Gemälde schnell mit der Hand weg.

„Hey“, sagte Ziva. „Alles klar bei dir? Warum stehst du hier so alleine. Komm doch zu uns“, kam es von der Brünetten.

„Nein, lass mal. Ich will nicht stören.“

Ziva zog die Stirn kraus. „Du störst nicht. Erwecken wir so einen Eindruck?“

„Es liegt an mir, nicht an euch. Ich kann so schlecht über meinen Schatten springen.“

„Komm mit, Tab, wir brauchen dich“, kam es von der Schwangeren und sie hielt ihr ihre Hand hin. Der neidvolle Blick, den sie Zivas Bauch zuwarf, entging ihr nicht.

Als sie wieder zum Tisch kamen, tippte Abby immer noch wild auf ihren Laptop ein. „Also?“, fragte Tabitha. „Worum geht es?“

Die beiden Frauen sahen sie über den Tisch hinweg an, dann ergriff Ziva wieder das Wort. „Wir wollen zu den Männern nach Kanada fliegen. Abby hat gerade gesehen, das heute noch ein Flug geht. Die Frage ist jetzt nur, buchen wir drei oder vier Tickets?“

Völlig fassungslos sah Tab sie an. „Spinnst du? Du bist hoch schwanger und soweit ich mich erinnern kann, stehst du kurz vor der Niederkunft.“ Die Antwort war ein wenig heftiger ausgefallen als sie beabsichtigt hatte. Noch immer geschockt, schüttelte sie den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Das stimmt so nicht. Ich bin in der 30zigsten Woche und ich werde schon nicht unterwegs werfen“, kam es von der Brünetten. Zivas Entschluss stand fest. Ob mit Tab oder ohne. Sie würde mit Mia heute Nachmittag noch nach Kanada fliegen. Tony würde wahrscheinlich erst einmal in ein Krankenhaus müssen und sie wollte da sein, wenn es so weit war.

Tabithas Gesicht verzog sich langsam zu einem Lächeln. „Gebären“, sagte die leise. „Es heißt gebären. Werfen tun nur Tiere!“ Sie legte ihren Kopf schief und stellte sich dann hinter die Frauen die gerade den Flugplan durchsuchten.

Ziva hatte ihr Pokerface aufgesetzt, niemand sollte ihr Lachen sehen. Sie hatte extra das falsche Wort benutzt. Etwas, das sie in letzter Zeit häufiger mal machte, um andere aufzuheitern. Bei Tony und seinem Vater wirkte das immer. Um den Schein zu wahren, schmiss sie Tab einen garstigen Blick zu. „Und was ist jetzt? Kommst du mit?“

„Was ist wenn der Stress für dich zu groß wird und du unterwegs die Wehen bekommst?“, hielt sie ihr vor.

„Wir sind ja nicht am Nordpol, Krankenhäuser oder Hebammen gibt es auch dort. Außerdem nehmen wir Ducky mit. Was soll dann noch passieren?“

Abby drehte ihren Kopf so schnell in Tabs Richtung das ihre Zöpfe flogen. „Mein Gott Tab, das nennt man Frauenpower. Wir sind die Frauen von Helden und was tun Frauen in der Not?“ Abby sah Tabitha abwartend an, aber sie blieb ihr die Antwort schuldig. „Ihre Helden retten. Jetzt komm schon.“ Abby nahm eine Hand von der Tastatur und hielt sie, mit der Handfläche nach unten, ihnen entgegen. Ziva legte ohne zu zögern ihre darauf.

„Ich bin dabei.“

„Was ist mit Margret? Hat sie nicht auch ein Recht darauf zu entscheiden, ob sie mitkommen will?“ Tab hatte in letzter Zeit überhaupt nicht mehr an die junge Frau gedacht, aber gerade war sie ihr spontan eingefallen.

Ziva hielt in der Bewegung inne, dann lächelte sie ihr wissend zu. „Maggie weiß noch nicht Bescheid und wir haben uns auch entschlossen ihr vorerst nichts zusagen. Zum einen hat sie niemanden für ihren Hund und zum anderen hat sie Flugangst. “, erklärte ihr Ziva. Und zum dritten gab es so wenigstens eine Frau die noch schlafen konnte, fügte sie in Gedanken hinzu.

Man sah Tabitha an, wie schwer sie sich mit der Entscheidung tat, denn immerhin war sie die älteste und sollte damit genug gesunden Menschenverstand haben, dass es schwachsinnig war mit einer Hochschwangeren zu verreisen. Aber dann fiel ihr wieder Zivas Ausbildung ein. Sie gehörte immerhin zu den ganz Harten und auch Abby stand, obwohl sie immer so schnell sentimental wurde, ihre Frau. Jethro hatte ihr die Geschichte von dem falschen Labortechniker erzählt, den die Schwarzhaarige ganz alleine überwältigt hatte. Langsam streckte sie ihre Hand aus und legte sie über die der beiden anderen. Etwas albern kam sie sich dabei schon vor. Eine für alle und alle für eine… Mit einem Grinsen fielen ihr die drei Musketiere ein. Ein klasse Film. Tony wäre begeistert, diesen Vergleich ziehen zu können. „Gut!“, sagte sie. „Weiß Ducky es schon?“

„Nein“, sagte Abby und tippte die Personenzahl zum buchen der Bordkarten in den Rechner. „Wenn wir es ihm schon vorher sagen, dann wird er uns einschließen.“ Sie konzentrierte sich wieder auf das Programm, dann klatsche sie in die Hände und sprang auf. „So, ihr habt jetzt genau fünf Stunden Zeit zum packen, dann müssen wir einchecken. Ich werde Vance anrufen und mir ein paar Tage Urlaub genehmigen lassen“, sagte sie während sie auf die Tür zu rauschte. Dann blieb sie stehen, so als hätte sie noch etwas Wichtiges vergessen. „Und Mädels denkt dran, wir fahren zwar nicht an den Nordpol, aber warme Sachen werden trotzdem gebraucht“, sagte sie und war schon durch die Tür verschwunden.

„Okay, dann fahre ich jetzt auch mal nach Hause. Ich hoffe nur du kannst Dr. Mallard überreden.“

Ziva schaute in Richtung Kinderzimmer. Vielleicht würde das eine harte Nuss werden, aber sie würde fliegen, mit oder ohne den alten Mediziner. Tabitha schloss in dem Moment leise die Haustür.

~~~***~~~

Das erste das Tony spüren konnte, als er wieder zu sich kam, war die Kälte, die in jede Faser seines Körpers eingedrungen war und ihm das Atmen erschwerte. Die nächste Empfindung sagte ihm, dass er sich nicht bewegen konnte. Blinzelnd öffnete er die Augen und erblickte die Holzdecke. Krampfhaft versuchte er den Kopf zu drehen, um an sich herunter zu schauen, aber das Einzige das seinem Willen gehorchte, waren seine Augen. Er war nackt, soviel konnte er spüren, einzig der Verband um sein Bein war noch vorhanden und er war auf den Tisch fixiert. Seine Arme und Beine waren gespreizt an den Tischbeinen festgebunden und sein Kopf war ebenfalls mit Klebeband gesichert. So konnte er noch nicht einmal den Oberkörper bewegen. Jetzt wo sein Verstand sich wieder geklärt hatte, bemerkte er auch die Schmerzen wieder, die in seinem Körper tobten. Mühsam versuchte er die aufsteigende Panik zu unterdrücken, die ihn gerade in hohen Wellen überkam. Tony horchte in den Raum. Sehen konnte er niemanden und zu hören war auch keiner. War er alleine? Wo war LeFrey?

„Boss?“, rief er leise und als er keine Antwort bekam, versuchte er es etwas lauter. „BOSS?“

„Mein Gott Junge, du bist wieder wach?“, hörte er den alten Holzfäller fragen.

„Dillan, geht es dir gut? Und wo ist Gibbs?“, fragte Tony hustend.

„Ja, ja, ein bisschen angeschlagen, aber nichts Schlimmes. Und dein Boss liegt hier neben mir. Er ist noch nicht wieder bei Bewusstsein und blutet ziemlich heftig aus einer Kopfverletzung. Das sieht nicht gut aus.“

„Kopfwunden bluten immer sehr stark, das hat noch nichts zu sagen, aber er muss wieder zu sich kommen. Kannst du ihn erreichen?“

„Nein, keine Chance“, kam es von dem Holzfäller.

Nach einen quälenden Hustenanfall fragte Tony heiser: „Wo ist LeFrey und was ist mit Piet?“ Er konnte hören wie der Ältere schluckte.

„Ich weiß nicht genau, aber ich denke Piet ist tot, jedenfalls hat LeFrey ihn nach Draußen geschafft und ist seitdem noch nicht zurück gekommen. Ich mach mir auch Gedanken um deinen jungen Freund. Er ist immer noch nicht zurück, das verheißt nichts Gutes.“

Mittlerweile taten dem Braunhaarigen vom Liegen alle Knochen weh. Der Husten schüttelte seinen Körper unweigerlich durch, seine Rippen reflektierten die Bewegungen nur schlecht und sein Bein war eine einzige Pein. Fuß und Wade pochten im Takt seines Herzschlages. Der letzte Schlag mit dem Knüppel hatte etwas bewirkt, über das sich Tony jetzt noch keine Gedanken machen wollte. Im Moment konnte er sich sowieso keinen Millimeter rühren. Er wollte sich nicht kampflos ergeben, aber wie sahen seine Chancen schon aus? Dillan und Gibbs waren gefesselt und der Letztere war immer noch bewusstlos. Von Jimmy fehlte jede Spur und ob, oder wann McGee hier eintreffen würde, stand in den Sternen und er selber wäre auch ungefesselt kaum in der Lage gewesen, sich zu verteidigen. Außerdem glaubte er nicht mehr, dass sein Bein ihn noch tragen würde. Seine Gedanken wanderten zu seiner Familie. Milena, wie sie bei Regen, fröhlich durch jede Pfütze platschte. Ziva, wie sah sie jetzt wohl aus? Wahrscheinlich war sie wunderschön, mit ihrem dicken Bauch. Nein, er wollte sich nicht ergeben, er würde kämpfen, wenn es sein musste, bis zu seinem letzten Atemzug.

TBC...........................

23. Kapitel (01.11.11)

Dillan hatte sein Bein ausgestreckt und versuchte damit Gibbs zu berühren, aber der Abstand war einfach zu groß. Er musste irgendwie seine Fesseln loswerden, dachte er und versuchte seine gefesselten Hände zu bewegen, er drehte und zerrte, doch das Klebeband zog sich immer weiter in seine Haut, aber er schaffte es tatsächlich so etwas mehr Spielraum zu bekommen. Angestrengt lauschte er nach draußen, doch von dem Kerl war nichts zu hören. Was hielt ihn da draußen nur so lange auf? Dann plötzlich vernahm er vertraute Geräusche. Ein Flugzeug flog über ihnen hinweg und wenn er seinem Gehör noch trauen durfte, dann zog es über ihnen sogar Kreise.

„Hey Tony, deine Kavallerie rückt an“, sagte er und deutete mit dem Kopf nach oben. Eine Geste, mehr für sich selbst, da der jüngere Mann ihn gar nicht sehen konnte. Doch er bekam keine Antwort. War der Junge wieder bewusstlos geworden? Wieder versuchte er seine Hände zu befreien. Er hatte mit LeFrey noch eine persönliche Rechnung offen und wenn es das letzte war was er tat, aber er würde Piets Tod rächen.

~~~***~~~

„Wir sind da!“, rief der Pilot aus der Kanzel und deutete nach unten.

Und tatsächlich, unter sich sah Tim das Holzfäller Camp. Endlich waren sie angekommen. Er hatte schon gedacht, dass dieser Flug, so kurz er auch gewesen sein mochte, nie enden würde. Bei einer Hütte am Waldrand sah er Licht und aufsteigenden Rauch. Der Hubschrauber mit dem Gibbs und Palmer geflogen waren, stand auch dort. Ein Grinsen schob sich über seine Gesichtszüge.

„Ich kann hier nicht landen“, sagte in dem Moment der Pilot und zerstörte damit Tims Hoffnungen.

McGees Grinsen erlosch schlagartig. „Was? Wieso?“, fragte er aufgebracht.

„Die Maschine ist zu groß. Wir brauchen mehr Platz.“

„Nein, nein, versuchen sie es doch erstmal.“

„Das hat keinen Zweck, wir würden an den Bäumen zerschellen.“

Tim fuhr sich durch sein Haar. Das durfte doch alles nicht wahr sein. Jetzt waren sie hier und kamen doch nicht dorthin. In seiner Verzweiflung schlug er auf die Armlehne seines Sitzes. Er spürte, wie ihn Fornell eine Hand auf die Schulter legte. Auch ihm war nicht wohl bei dem Gedanken, Gibbs und die seinen in den Händen eines Psychopathen zu wissen. Aber der Pilot verstand sein Handwerk und er vertraute ihm voll und ganz.

„Wo können Sie denn landen?“, fragte er ihn deswegen.

„Wir sind gerade über einen zugefrorenen See geflogen, da kann ich landen. Das bedeutet aber für sie eine Stunde Fußmarsch.“

Fornell sah herüber zu McGee und nickte dann dem Piloten zu. „Machen Sie es so“, sagte er und drehte sich dann zu seinem Team. „Männer, macht euch bereit, wir landen.“

~~~***~~~

Sein rechter Handrücken blutete aus einer frischen Bisswunde und auch seine andere Hand war über und über mit Blut besudelt. Seine Kleidung sah nicht besser aus. Aber das Hochgefühl in seinem Inneren machte alle Unzulänglichkeiten wieder weg. Er liebte einfach einen guten Kampf. LeFrey wischte gerade seine Klinge sauber, als er über sich Geräusche hörte, er hob den Kopf zum Himmel. Ein Flugzeug? War das Zufall oder hatte es der Grauhaarige doch noch geschafft, Verstärkung anzufordern? Sein rechtes Augenlid fing an zu zucken. Dann würde er sich etwas beeilen müssen. Er hatte schon viel zu viel Zeit mit seiner Beute verschwendet, dachte er, steckte sein Messer in die Hosentasche und ging zurück zur Tür.

~~~***~~~

„Los, raus, raus mit euch. Hopp, hopp“, brüllte Sacks und erntete von Fornell nur ein Augenverdrehen. Die restlichen Männer von Tobias Team würden sich eh beim Aussteigen beeilen. Sacks Ansprache war in seinen Augen vollkommen überflüssig. Fornell griff seinen Rucksack und sah, dass es McGee ihm gleichtat. Sie waren kaum aus der Maschine, als der Pilot zu ihnen kam.

„Folgen sie einfach dem Bachlauf. Dann können sie das Camp nicht verfehlen. Es liegt ungefähr eine Stunde Fußmarsch von hier, in Nord-nord-östlicher Richtung. Ich werde hier auf sie warten.“

„Männer, ihr habt es gehört. Macht euch bereit.“ Befriedigt sah er, dass jeder nach seiner Weste griff oder den Sitz der Waffe überprüfte. Dann liefen sie los. Immer zwei nebeneinander. Tim wurde seiner Nervosität kaum Herr. Er spürte, dass sich in dem Camp etwas anbahnte. Sie würden sich beeilen müssen.

~~~***~~~

Langsam näherte sich Ziva dem Kinderzimmer. Ducky war seit einer Stunde aus dem Krankenhaus zurück und hatte keine guten Nachrichten mitgebracht. Ihrem Schwiegervater ging es zwar den Umständen entsprechend gut, die Operation hatte er scheinbar überstanden, den Rest würde die Zeit zeigen. Ziva hoffte inständig, dass Anthony mit der Operation nicht zu lange gewartet hatte. Wie sollte sie es später Tony erklären, dass sein Vater in der Zwischenzeit gestorben war?

Aus dem Kinderzimmer hörte sie leise Stimmen. Vorsichtig, um die beiden nicht zu stören, öffnete sie die Tür und sah beide in ein Bilderbuch vertieft. Ducky hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht und Mia saß im Schneidersitz bei ihm. Zusammen blätterten sie gerade eine Seite um.

„Siehst du, das ist das Mutterschwein und das dort, das….“, hörte sie ihn sagen, als Mia den Satz vollendete.

„Das sind die Babys. Und das dort hinten? Ist das der Daddy der Kleinen?“

Der alte Pathologe folgte ihrem Blick und sah am Rand des Blattes einen kleinen Ferch in dem ein weiteres Schwein untergebracht war. „Mhmm, ich weiß nicht so recht. Aber ja, das könnte sein.“

„Warum ist der Daddy denn nicht bei seinen Babys?“, kam es von der Kleinen.

„Oh, weißt du, er würde bestimmt gerne bei seinen Kindern sein, aber er scheint dort wo er jetzt ist, gefangen zu sein. Sieh doch, dort ist ein Zaun. Da kommt er nicht alleine drüber.“

Milena besah sich das Bild mehr als genau, dann zeigte sie plötzlich auf eine Stelle der Buchseite. „Schau!“, sagte sie aufgeregt. „Das Pferd ist unterwegs um dem Daddy zu helfen, wieder zu seinen Babys zu kommen.“

Ducky schmunzelte. Ja, dachte er und wahrscheinlich hat das Pferd auch einen Namen. „Tja, vielleicht hast du recht“, sagte er und wuselte ihr durch die Haare.

Ziva hatte genug gehört und bevor Mia noch mehr Vergleiche anstellen konnte, unterbrach sie das Gespräch lieber. „Mia, würdest du bitte in die Küche gehen und uns ein Glas Wasser holen?“

Nur unwillig rutschte Milena vom Bett herunter. „Ja, okay. Aber dann muss Onkel Ducky mir noch eine Geschichte erzählen.“

Ziva lächelte ihre Stieftochter an. „Wenn er mag, kann er das gerne machen“, sagte sie und sah zu wie Mia hüpfend den Raum verließ. Dann wandte sie sich an den Pathologen des Teams. Besser sie stellte sich gleich dem Gespräch. „Wir fliegen in fünf Stunden nach Kanada. Die Frage ist, kommst du mit oder willst du lieber hier bleiben?“

Duck glaubte sich verhört zu haben. „Wer ist wir?“

„Abby, Tabitha, Mia und ich .“

„Du kannst nicht fliegen. Du bekommst ein Kind.“  

„Ich bin schwanger und nicht krank.“

„Du hast eine Risikoschwangerschaft. Das ist ungefähr mit einer Krankheit gleichzusetzen.“

Ziva seufzte. „Um es mal mit Tonys Worten zu sagen, es geht mir gut.“

Ducky schüttelte den Kopf, dann spielte er seinen größten Triumph aus. „Keine Fluggesellschaft wird dich mehr mitnehmen.“

„Doch wenn ein ärztliches Artest vorliegt schon und wenn der Leibarzt dabei ist, erst recht.“ Siegessicher sah sie ihn an.

Frustriert stand er auf und baute sich vor ihr auf. „Okay, dann gebrauch ich auch härtere Argumente. Es geht dir nicht gut, meine Liebe. Schau dir nur deine Beine an, sie sind voller Wasser und deine Nierenwerte lassen zu wünschen übrig. Das Baby kann ab dem achten Monat kommen. Wann ist das noch einmal? Ach ja, jetzt, oder? Was ist wenn du Wehen bekommst?

„Ducky, ich verspreche dir, ich werde mich an keiner Rettungsmission beteiligen, aber ich will da sein, wenn sie Tony ins Krankenhaus bringen. Ob ich jetzt hier sitze und warte, oder in Kanada im Hotel, wo ist der Unterschied? Es wäre mir wohler wenn du mitkommen würdest, aber wenn du dich dagegen entscheiden solltest, werden wir trotzdem fliegen. Die Tickets sind schon gebucht.“ Mit einer Hand strich sie ihre Haare zurück und band sie mit der anderen zu einem Zopf zusammen.

„Wo fliegen wir denn hin?“, hörte sie Mias Stimme. Die Kleine stand mit einer Wasserflasche und zwei Gläsern in der Tür, zu ihrem Zimmer. Wie lange sie schon dort stand, konnte Ziva nur erraten.

„Zu Daddy nach Kanada“, sagte Ziva und erntete dafür ein strahlendes Lächeln von der Kleinen.

„Darf ich Puppe und Peppo mitnehmen?“

„Klar“, sagte sie und blickte dann wieder zu Duck. „Können wir mit dir rechnen?“, fragte sie ihn.

Er atmete einmal tief durch. „Aber natürlich meine Liebe“, sagte er und zwinkerte Milena zu. „Wie könnte ich mich meinen vier Lieblingsfrauen verweigern?“, fragte er und sah dann Ziva streng an. „Aber du wirst tun, was ich dir sage und wenn ich sage leg dich hin, wirst du das auch machen. Okay?“

Der Brünetten fiel ein großer Stein vom Herzen. „Ja werde ich, danke Ducky.“

Der Pathologe ging langsam auf die Tür zu. „Ich werde dann jetzt packen fahren. Dann muss ich mir noch etwas einfallen lassen, was wir Jethro sagen. Er wird nicht erfreut darüber sein, dass ich mich von dir habe weich kochen lassen“, murmelte er vor sich hin und verschwand durch die Tür.

Ziva deutete Mia die Flasche hinzustellen und zu ihr zu kommen. Glücklich über den Ausgang des Gespräches, zog sie Mia in ihre Arme und genoss die Wärme des kleinen Kinderkörpers. „Und wir zwei werden jetzt auch packen. Einverstanden?“

„Einverstanden, Mommy.“

~~~***~~~

Dillan drehte und zerrte hinter seinem Rücken weiter an den Fesseln. Irgendetwas hatte nachgegeben, denn plötzlich hatte er mehr Bewegungsfreiheit als noch vor kurzem. Von dieser Tatsache motiviert verdoppelte er seine Anstrengungen. In kürzester Zeit waren seine Handgelenke wund, aber die Schmerzen waren ihm im Moment vollkommen egal. Der Flugzeuglärm war weniger geworden und von draußen hörte er Geräusche. Schnell warf er noch einmal einen Blick zu Tonys Boss, aber der schien immer noch in seiner Bewusstlosigkeit gefangen zu sein.

~~~***~~~

„Hast du mich vermisst?“, fragte LeFrey, während er den Raum betrat und mit seinen Stiefeln feste auf den Boden stampfte, um den überzähligen Schnee los zu werden. „Du bist ja ein ganz Schöner, weißt du das?“, säuselte er, während er sich langsam dem Tisch näherte und seine blutige Jacke auf den Boden fallen ließ. Seinen anderen zwei Gefangenen zollte er keinen Blick. „Ich sehe, du bist wieder wach?“

Endlich kam er in Tonys Blickfeld. „Du hast mich, lass die anderen laufen“, kam es von DiNozzo heiser.

Er hörte, wie LeFrey kurz stehen bleib. „Warum sollte ich das tun?“, fragte er überrascht.

„Ich bin dein Auftrag, oder?“

„Klar, aber sag mir, warum soll ich mein Wild laufen lassen? Mein Messer ist durstig.“

Und als Bestätigung hörte Tony ein Springmesser aufschnappen. Da sein Kopf noch immer an den Tisch fixiert war, konnte er den Killer nicht sehen.

„Ich habe mir vorhin, als du geschlafen hast, mal deine Brieftasche angesehen. Das Ultraschallbild? Du wirst Vater? Da muss es doch dann auch eine Frau geben?“ Mit der Messerschneide strich er über Tony Arm. „Verrat mir ihren Namen und ich überlege mir vielleicht noch mal, die anderen gehen zu lassen?“

„Niemals“, kam es stockend.

LeFrey setzte das Messer, mit dem er gerade noch flach über seine Haut gefahren war, auf die Schneide und zog es Tony quer über den Oberarm. Der Schnitt war nicht tief und der Schmerz war aushaltbar. Trotzdem verzog er das Gesicht.

„War das nicht schön?“, sagte der Killer und zeigte ihm, das vor Blut triefende Messer. „Du bist hart im nehmen? Das gefällt mir. Also, wie ist der Name?“

„So wirst du nichts aus mir heraus bekommen“, presste DiNozzo hervor.

„Nein? Du schätzt dich falsch ein. Lass mir noch etwas Zeit und du wirst dich freuen, mir ihren Namen zu nennen.“ Grinsend zog er ihm das Messer über den anderen Oberarm.

Da das Messer sehr scharf war, spürte Tony den eigentlichen Schnitt nicht, erst als sich die Wunde öffnete, kamen die Schmerzen. Er musste Zeit gewinnen. Doch seine Situation war aussichtslos. Festgebunden wie er war, war er zu keiner Reaktion fähig.

~~~***~~~

Dillan, von LeFrey unbeachtet, hatte weiter an seinen Fesseln gearbeitet. Es würde nicht mehr lange dauern, dann hätte er eine Hand frei. Er versuchte sich voll auf seine Tätigkeit zu konzentrieren, aber er konnte nicht verhindern, dass ihm Tonys schmerzhaftes Stöhnen durch Mark und Bein ging, während LeFrey sein Messer weiter über dessen Körper wandern ließ.

TBC.........................

24. Kapitel (04.11.11)

Sie waren vor zwei Stunden in Toronto gelandet und sofort mit einem kleinen Flugtaxi zum Lake Simcoe aufgebrochen. Nun saßen die drei Frauen, Ducky und Milena bei Annie im Tower und warteten auf eine Nachricht von McGee. Die Nervosität war kaum auszuhalten. Es war nur gut, dass Mia mit Annies Hund beschäftigt war und von der Anspannung der anderen nicht viel mitbekam. Den ganzen Flug über hatten Ziva Kopfschmerzen geplagt und seit ein paar Minuten spürte sie seltsame Stiche in der Seite. Jetzt stand sie am Fenster und hatte eine Hand seitlich gegen ihren Bauch gestützt. Gerade als sie Tabs Blick bemerkte, fuhr der nächste Stich durch ihren Körper und sie verzog kurz das Gesicht.

„Was ist mit dir?!“, fragte Tabitha leise und kam zu ihr herüber.

„Nichts, was soll denn sein?“

„Ziva, irgendwas stimmt doch nicht mit dir? Hast du Schmerzen, oder haben die Wehen eingesetzt?“

„Nein, nichts ist. Ich bin nur nervös und das Baby rächt sich dafür. Es ist alles in bester Ordnung. Ich…“, sagte sie und zuckte zusammen, als das Satellitentelefon schellte. „McGee“, raunte sie Tab zu und eilte zurück zum Instrumentenpult. Doch bevor sie zum Telefon greifen konnte, hatte Abby es schon an ihrem Ohr.

„Timmy, Timmy, bist du schon da, Timmy ich kann dich schlecht verstehen. Timmy?“, fragte sie und runzelte die Stirn. Dann traf sie für sich einen Entschluss und brabbelte einfach weiter in den Hörer, ohne McGee eine Chance zum Antworten zu lassen. „Tim? Habt ihr Gibbs und Tony gefunden? Wie geht es Tony? Was macht das Wetter? War der Flug…“, wollte sie gerade sagen, als Ziva ihr das Gerät aus den Fingern nahm und als Abby wieder danach greifen wollte, sah Ziva sie nur fest an und hob einen Finger. Sofort setzte die quirlige Kriminaltechnikerin sich wieder neben Ducky und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, und der alte Mediziner legte mitfühlend seinen Arm um ihre Schultern.

„McGee, ich bin es, Ziva.“

„Gott sei Dank, Ziva“, hörte sie ihn sagen. „Ich dachte schon, Abby lässt mich gar nicht mehr zu Wort kommen.“

„Erzähl“, forderte die Brünette ihn auf.

„Wir befinden uns etwa eine halbe Stunde vom Camp entfernt. Wir mussten mit der Maschine etwas außerhalb landen. Aber die Hälfte ist schon geschafft.“ Plötzlich stockte er. „Warum rede ich eigentlich mit dir und nicht mit Annie?“ Seine Tonlage klang nicht überrascht, sondern misstrauisch.

„Wir sind hier Tim. Darum können wir direkt miteinander reden. Wir sind vor kurzem angekommen“, erklärte sie ihm mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Ich hätte es mir ja denken können“, war alles was Tonys Bambino darauf erwiderte. „Ziva, ich melde mich wenn wir beim Camp sind…..“, wollte er gerade sagen, doch im selben Moment hörte er ein lautes Stöhnen.

Ziva stand mit geschlossenen Augen, vornübergebeugt und hielt sich den Bauch. Das Telefon war ihr aus der Hand gefallen. Mehrfache Stimmen schwirrten durch den Raum. Sie hatte zeitweilig Probleme die einzelnen Personen zuzuordnen. Dann verzog sich der Schmerz genau so schnell wie er gekommen war und zurück blieb nur ein dumpfes Echo.

„Mommy?“, hörte sie Mia in ihrer Nähe. „Tritt mein Brüderchen so doll?“ Ihre Stimme klang ängstlich.

„Ziva?“, kam es von Ducky ganz in ihrer Nähe. „Was ist mit dir?“, fragte er und nahm sie am Ellenbogen, um sie zu einem Stuhl zu bringen.

Irgendwo hörte sie eine panische Abby, die McGee am Telefon über die Ereignisse auf den laufenden brachte. Noch immer hatte sie die Augen fest geschlossen und ihre Hand an ihren Bauch gepresst. In dem Moment setzte der nächste Krampf ein und Zivas Knie gaben unter ihr nach. Nur Ducks schnellem Eingreifen hatte sie es zu verdanken, dass sie nicht mit dem Boden Bekanntschaft machte. Dann ging alles ganz schnell. Sie hörte dumpf Mias Weinen und dazwischen Abbys Stimme. Sie fühlte sich hochgehoben und lag wenig später auf einer weichen Unterlage. Noch immer hatte sie die Augen fest zusammengekniffen und konzentrierte sich voll auf ihre Atmung und dem Schmerz in ihrer Seite.  

„Annie, wären Sie so freundlich und versuchen einen Gynäkologen zu erreichen. Wir benötigen hier schnell seine Hilfe.“

„Aber natürlich, Dr. Mallard“, hörte Ziva sie antworten.

Gynäkologe? Was sollte das? Sie brauchte keinen weiteren Arzt. Es ging ihr gut. Gut, zugegeben, das Baby strampelte etwas mehr als sonst, aber darum musste man doch nicht so ein Aufsehen machen. Wenn nur die Kopfschmerzen aufhören würden, dann könnte sie auch die Augen öffnen. Sie versuchte sich aufzusetzen, wurde aber wieder zurückgedrückt.

„Ducky, bitte. Es geht mir gut.“ Im Hintergrund hörte sie Annie am Telefon reden.

„Wo hast du Schmerzen, meine Liebe?“, fragte sie der alte Pathologe.

„Ducky ich….“

„Bitte Ziva“, unterbrach er sie. „Sag mir wo du Schmerzen hast?“

Jetzt wagte sie es doch wenigstens ein Auge zu öffnen und sah in sein besorgtes Gesicht. „Meine Seite schmerzt und ich habe Kopfschmerzen.“ Während er ihr die Seite abtastete, hielt Ziva die Luft an, aber ein neuer Krampf stellte sich nicht ein.

„Wann hast du das letzte Mal etwas getrunken?“, fragte er sie plötzlich und nahm ihre Hand, um den Puls zu messen.

„Ich weiß nicht. Heute Morgen? Den Kaffee, zu Hause?“

„Ziva, du weißt, dass deine Nieren immer noch angeschlagen sind. Und deine Medikamente? Hast du die genommen?“, als er sie nicken sah, stand für ihn die Sache fest. „Daran liegt es. Du musst schnell was trinken. Du bist dehydriert. Da spielen deine Nieren nicht mehr mit.“ Dann sah er Tab an. „Tabitha, meine Gute. Wärst du so freundlich und würdest unserer Ziva bitte ein Glas Wasser holen.“ Zufrieden sah er sie weggehen und nahm von Annie den Telefonhörer entgegen, den sie ihn die ganze Zeit schon hingehalten hatte. Schnell hatte Ducky die Gynäkologien über Zivas Zustand informiert und Dr. Banner versprach auch gleich zu kommen. Während Ziva sich mit Abbys Hilfe im Bett aufgesetzt, in der einen Hand das Glas Wasser und in der anderen Milenas Hand.  Langsam ging es ihr wieder etwas besser. Aber ein wenig Angst hatte es ihr schon gemacht. Sie wollte auf keinem Fall ihr Baby gefährden. Tony, dachte sie, ich brauche dich. Stumm sendete sie diesen Gedanken um die Welt.

~~~***~~~

Dillan, der immer noch unbeachtet von LeFrey seine Fesseln bearbeitete, hatte das Gefühl kurz vor dem Durchbruch zu stehen, als er plötzlich neben sich ein leises Stöhnen vernahm. Scheinbar wurde Tonys Chef wieder wach. Der Holzfäller verzog kurz das Gesicht. Schlechter Zeitpunkt. Er brauchte jetzt keine Aufmerksamkeit in seiner Ecke.

~~~***~~~

„Kommt Männer. Zügig weiter. Das sind nur Wölfe und die haben mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen“, teilte Fornell seinen Leuten mit und scheuchte die verschreckt angehaltenen Agenten weiter. Obwohl er zugeben musste, das es ihm langsam auch etwas unheimlich wurde. Dieses Wolfsrudel folgte ihnen nun schon den ganzen Weg. Kurz nach der Landung hatte das Geheule angefangen und seit dem begleitete es sie. Wobei die Laute immer näher kamen. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung. An der Spitze des Zuges ging McGee. Ihm schienen die Wolfslaute nichts auszumachen. „Wir haben es fast geschafft.“ Beruhigte er die letzten Agenten, die an ihm vorbei liefen und vielleicht auch ein bisschen sich selber.

~~~***~~~

Es brummte unerträglich laut und es war dunkel, aber warm. Völlig desorientiert versuchte er sich zu bewegen, dabei entfuhr Gibbs ein schmerzhaftes Stöhnen. Er fühlte sich seltsam eingeengt und das Motordröhnen wurde immer lauter. Benommen fragte er sich, ob er bei der Reparatur seines alten Wagens in der Garage eingeschlafen war. Hatte er vergessen dabei den Motor auszumachen? Und wieso war er in der Garage? Das Auto....nein, nicht das Auto. Er war auch nicht zu Hause, das spürte er irgendwie. Aber wo war er dann? Eine Panikattacke schlich sich von unten in ihm hoch und er musste mehrmals schlucken, als im plötzlich schlecht wurde. Irgendetwas lief an seiner Schläfe entlang. Wasser? Schweiß? War er zu einem Auftrag in der Wüste aufgebrochen? Er spürte, wie die Feuchtigkeit sich in seinen Pullover fraß. Oder lag er unter einem Wasserkran?

Nein.... in seinem Schädel herrschte ein einziges Chaos. Er war ein Marine. Er durfte sich nicht so gehen lassen. Er musste dieses Chaos lichten. Wenn nur nicht diese lauten Geräusche wären, sie erschwerten ihm jeden klaren Gedanken und er zog seine Stirn kraus. Er musste endlich den Motor ausschalten, der Lärm brachte ihn um . Er versuchte seine Hände nach vorne zu bringen, aber sie ließen sich nicht bewegen. Schlief er in seinem Schlafsack? Wahrscheinlich war dem so. Vielleicht hatte er mit Tobias einen zu viel getrunken und war gleich hier eingeschlafen. Das musste es sein. Kater, er hatte einfach einen Kater und Schlaf würde hier die Erlösung bringen. Schwere Müdigkeit überkam ihn und löschte alle weiteren Überlegungen aus. Er würde sich später um den Motor kümmern und vielleicht war ja auch gleich das Benzin alle. Er hatte es warm und er war müde. So müde.....

~~~***~~~

„Na, bist du jetzt immer noch so standhaft?“, fragte ihn LeFrey und putzte das Messer an einem Tuch ab, während er mit seinem satanischen Lächeln auf das Ergebnis seiner letzten Aktion blickte.

Tony sagte nichts, sondern sah ihn nur an. Schweiß lief ihm in Strömen über das Gesicht und sein Atem ging stosshaft. Die letzten Minuten hatten ihn viel Kraft gekostet. LeFrey hatte ihn unzählige Male geschnitten. Es waren keine tiefen Schnitte, das konnte er spüren, auch wenn er seinen Körper immer noch nicht sehen konnte. Aber schmerzhaft waren sie trotzdem. Seine Oberarme bluteten, auch sein Bauch und seine Oberschenkel hatte er nicht verschont und Tony konnte nicht mehr sagen, wann er angefangen hatte zu schreien. Der Tisch unter ihm, war von seinem Blut glitschig geworden und er hörte es tropfen. Doch konnte er nicht sagen, ob das von seinem Blut stammte oder ob nur der Wasserhahn tropfte.

„Oh, redest du jetzt gar nicht mehr mit mir?“, fragte LeFrey in der Sekunde und kam wieder herüber zum Tisch, damit Tony ihn sehen konnte. Langsam drehte er das Basecup das er verkehrt herum trug um und offenbarte das eingestickte NCIS Logo.„Weißt du, ich habe da draußen einen jungen Mann getroffen, der hat dafür für zwei geredet.“ Während er sprach, schüttelte er mit dem Kopf, als überlege er. „Wie hieß der noch einmal? Mhmm, lass mich mal überlegen. Ach ja, Jimmy. Jimmy war sein Name“, sagte er und beobachtete die Reaktion seines Opfers. Als er Tony leicht zucken sah, fuhr er fort: „Tja, er war nicht so stumm wie du. Eher einer von der redseligen Sorte. Und er war auch nicht so stark wie du. Ich musste nicht viel mit ihm machen. Er war leicht zu beeinflussen und hat mir fast von selbst die Tür geöffnet. Schade um ihn.“

„Nein, NEIN. Du Schwein, was hast du mit ihm gemacht?“, fragte DiNozzo heiser. Durch die ewige Husterei waren seine Stimmbänder angegriffen.

„Das, mein Freund, überlasse ich vorerst einmal deiner Phantasie“, kam es von LeFrey. „Weißt du, eigentlich müsste ich dich gar nicht foltern, um den Namen deiner Frau zu erfahren.“ Mit einem belustigten Gesichtsausdruck ging er rund um den Tisch, auf dem er Tony gefesselt hatte. „Aber es macht mir doch soviel Freude. Und dein kleiner Freund war sehr gesprächig. Las mich einmal überlegen.“ Bewusst legte er eine Pause ein, dann schnalzte er mit der Zunge. „Deine Frau Ziva, ein schöner Name. Du hast auch noch eine Tochter, Milena. Ich glaube, deine Kleine hole ich mir als nächstes.“ Anzüglich wackelte er mit der Zunge.

Tony bäumte sich wild gegen seine Fesseln auf. „Du Schwein. Du elendes Schwein. Nichts wirst du dir holen. VORHER BRING ICH DICH UM!“, schrie er ihm entgegen.

Schneller als er schauen konnte, hatte der Sadist wieder sein Messer gezogen und es Tony bis zum Heft in den rechten Oberarm gerammt. Als der Schmerz über ihm zusammenschlug, konnte er den Schrei nicht aufhalten.

„Aaaaarrgggghhh!“

„Das sollte dir eine Lehre sein. Rede nie wieder in so einem Ton zu mir“, kam es von LeFrey und mit einem zufriedenen Lächeln, zog er das Messer wieder aus der Wunde.

Von draußen hörte man Wolfsheulen. Belustigt sah der Sadist ihn an. „Scheinbar ist das Rudel dir gefolgt“, sagte er und sah aus dem Fenster auf die langen Eiszapfen, die vom Dach aus nach unten wuchsen. LeFreys Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. Eis war hart und die Zapfen spitz. Wenn er ihn gleich anwenden würde, dann könnte er es in den Körper des Agents rammen und dabei zusehen wie der Eiszapfen in der Wunde schmolz. Was würde geschehen, wenn er den Zapfen genau in die große Beinvene stach? Würde das Blut sofort fließen, oder erst wenn das Eis langsam schmolz? Das war etwas ganz neues für ihn und er liebte Experimente. Die Augäpfel entfernen konnte er auch noch, wenn der Agent tot war.  

Schwer atmend lag Tony, zur Bewegungslosigkeit verdammt auf dem Tisch. Sein Oberarm schmerzte stark. Die Wölfe interessierten ihn im Moment wenig. Palmer...Oh Gott Palmer. Was hatte er nur mit ihm angestellt? Alles war seine Schuld. Wie hatte es nur so weit kommen können. Wie war das alles nur passiert. Gibbs schien schwerer verletzt als Tony angenommen hatte und Jimmy? Mein Gott, ein einziges Desaster. Ziva, Milena seine kleine Tochter, das Baby. Er wollte doch nur nach Hause. Nicht mehr und nicht weniger. Nach Hause. Nur am Rande bekam er mit, wie LeFrey zur Tür ging und die Hütte verließ. Viel Kraft zum kämpfen blieb ihm nicht mehr. Sein Bewusstsein befand sich auf einem schmalen Grad. Seine Sinne wanderten zwischen einer Ohnmacht und dem Kampf um jeden Atemzug. Das Schlucken und das Atmen viel ihm immer schwerer. Er wollte nicht aufgeben, aber er spürte, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb.

TBC........................................

25. Kapitel (08.11.11)

„Da, das muss es sein“, sagte McGee und legte noch einen Zahn zu, als er die kleine Ansammlung von Hütten in der Ferne ausmachte. Aus einem Gebäude stieg aus dem Kamin Rauch auf. Das musste es einfach sein. Befriedigt sah er, dass Fornell ihm zunickte und Sacks mit den Augen rollte.

„Männer, ihr habt es gehört. Wir teilen uns auf.“ Tobias zeigte auf einen Mann und Sacks, die sich sofort hinter ihn stellten. „Ihr zwei geht mit Agent McGee und nähert sich von hinten.“

„Sir! Halten Sie das für eine gute Idee?“, sagte Sacks in den Moment und hielt seinen Chef am Arm fest.

Tobias sah seinen Mann nicht an, sondern starrte nur auf die Hand herunter, die seinen Oberarm umklammert hielt. Langsam lösten sich die Finger.

„Sir, bitte. Ich habe wesentlich mehr Erfahrung als Agent McGee. Lassen Sie mich den Trupp leiten.“

Zum ersten Mal hörte McGee, wie die Stimme Fornells leise und bedrohlich wurde. „Agent Sacks, wenn ich es wollte, dass sie den Trupp anführten, hätte ich es ihnen zugestanden. Sie bleiben bei mir und Agent McGee wird sich mit den anderen zur Rückseite der Hütte begeben und auf MEIN Zeichen werden wir zuschlagen.“ Noch immer spürte Tobias Sacks Griff um seinen Arm. Langsam wandte er den Blick und seine Stimme wurde noch leiser. „Und jetzt lassen Sie mich los, sonst garantiere ich Ihnen wird es nicht nur einen Verweis in Ihrer Dienstakte geben.“

„Sir“, kam es von Sacks widerwillig aber er nahm seine Hand weg und drehte sich um.

Fornell wandte sich an Tim. „Agent McGee, sie haben ihre Befehle. Nehmen sie ihre Männer und nähern Sie sich von hinten.“ Ohne auf irgendeine Antwort zu warten, ließ er die beiden Männer stehen.

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Dillan hörte wie LeFrey die Tür hinter sich ins Schloss zog. Er war in den letzten Minuten so mit seinen Fesseln beschäftigt gewesen, das er kaum etwas von dem Geschehen um sich herum mitbekommen hatte. Er spürte einen Ruck, etwas zerriss, dann konnte er eine Hand aus den Klebefesseln ziehen. Endlich hatte er es geschafft und das Timeing passte perfekt. Der Killer außer Haus und Tonys Boss war scheinbar auch weiterhin ohne Bewusstsein. Vorsichtig zog er seine Arme nach vorne. Das Blut musste erst einmal wieder richtig durch die abgebundenen Gliedmaßen kreisen. Mit schmerzverzerrten Gesicht rieb er sich kurz die Handgelenke, dann rappelte er sich auf und lief gebückt  auf die Küchenzeile zu, schnappte sich das lange Gemüsemesser das noch auf der Spüle lag und kam dann zu Tony. Der Anblick der sich ihm bot, brachte ihn zum Stöhnen.

„Oh Gott Tony!“, entfuhr es ihm. Der Körper des jungen Mannes war Blut überströmt. Zitternd fuhren seine Finger zum Hals, um den Puls zu spüren und erleichtert stellte er fest, dass dieser schlug, wenn auch nicht sehr regelmäßig. Er braucht dringend ärztliche Hilfe. Dillan schaute über seine Schulter zur Tür. Von draußen hörte er hämmernde Geräusche, konnte sich aber keinen Reim daraus machen. Vorsichtig um Tony nicht noch weiter zu verletzen, schob er das Messer zwischen Haut und Klebeband, an seiner linken Hand. Dann nahm er sich die anderen Gliedmaßen vor. Zum Schluss war der Kopf dran. Noch immer war Tony ohne Bewusstsein. Langsam lief Dillan die Zeit davon. Wenn LeFrey erst einmal wieder die Hütte betreten hatte, war alles zu spät. Darum fasste der den Agent an die Wange und kniff leicht hinein.

„Hey Tony, aufwachen. Komm, wir haben nicht ewig Zeit.“ Doch der Agent rührte sich nicht. Dillans Blick glitt herüber zu dem Grauhaarigen. Ihn konnte er leider nicht befreien, Tonys Boss war mit seinen eigenen Handschellen gefesselt worden und die Schlüssel waren wahrscheinlich bei LeFrey. Wieder rüttelte er an Tonys Schulter. Viel Zeit blieb ihnen nicht mehr.

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Sie umklammerte ihre Puppe als wenn ihr Leben davon abhängen würde. Dicke Tränen rannen ihr immer noch über die bleichen Wangen. Neben sich hörte sie ihre Tante Abby schluchzen und auch ihr liefen die Tränen über das Gesicht. Alles war durcheinander. Ihr kleiner Verstand lief auf Hochtouren, aber sie konnte es einfach nicht verstehen. Erst kam ihr Daddy nicht wieder, dann musste ihr Opa ins Krankenhaus und sie wusste noch nicht einmal wie es ihm ging und jetzt ging es auch noch ihrer Mommy schlecht. Alle waren weg und hatten sie allein gelassen. Traurig kuschelte sie sich tiefer in Tabithas Schoß. Sie suchte Trost und fast automatisch wanderten ihre Finger in ihren Mund und sie fing schnell an zu nuckeln. Das war vertraut, so vertraut wie der Geruch und die Wärme die sie umfing. Müde fielen ihr immer wieder die Augen zu.

Tabitha strich Mia das Haar aus dem Gesicht und zog die Decke, in die sie die Kleine gehüllt hatte, fester um sie herum. Milena tat ihr so leid. Damals war sie froh, dass das kleine Mädchen es, nach dem verheerenden Verkehrsunfall ihrer Mutter und ihres Stiefvaters, bei den beiden Agenten so gut getroffen hatte. Aber mittlerweile war sie sich gar nicht mehr sicher, ob die Wahl wirklich gut gewesen war. Vielleicht hätte sie es in einer Pflegefamilie doch besser und ruhiger gehabt. Im selben Moment als sich dieser Gedanke festsetzten wollte, revidierte sie ihn auch schon wieder. Dieses kleine Mädchen wurde geliebt und das war das wichtigste in Leben. Außerdem war sie gerade selber dabei, ein Kind in ähnliche Verhältnisse zu setzen. Jethro konnte jederzeit etwas geschehen, auch wenn sie daran lieber gar nicht denken wollte. Doch was würde passieren, wenn er nicht aus der Eiswüste heim kam? Gedankenverloren strich sie mit ihrer freien Hand über ihren noch flachen Bauch. Wenn sie sich doch nur mit Ziva darüber unterhalten könnte. Sie sehnte sich nach einem Gespräch mit der Schwangern. Aber sie hatten sich versprochen es gemeinsam zu erzählen, also musste sie hoffen das ihr Gunny…..Ein kalter Windzug von der Tür her, ließ sie hochschrecken und ihre trüben Gedanken erst einmal vergessen.

„Hallo Annie, wo brennt es denn?“, hörte Tab die ruhige Stimme einer Frau im Empfangsbereich.

Endlich war die Gynäkologin eingetroffen. Mit neuem Vertrauen und einem Lächeln zog sie das schlafende Kind fester in ihre Arme. „Alles wird wieder gut, Mia“, flüsterte sie ihr zu, als diese in ihren Armen unruhig wurde. „Auch wenn es jetzt noch nicht so aussehen mag, aber bald sind wir alle wieder vereint.“ Das wirkte auch beruhigend auf sie selber.  

~~~***~~~

Ron Sacks war wütend. Wütend auf den Alten, wütend auf McGee und erst recht wütend auf sich. Er war nach Fornell der dienstälteste Agent hier vor Ort. Wie konnte ihn der Alte nur so bloßstellen? Wie konnte er es wagen, ihm diesen Hosenschisser vor die Nase zu setzen? Seit fünfzehn Jahren machte er nun schon für das FBI den Buckel krumm. Dreimal war er im Dienst angeschossen worden. Hatte er dafür jemals eine Auszeichnung bekommen? Nein, und dann, als er dachte in dem Schnösel DiNozzo einen Mörder überführen zu können, hatte sich die ganze Angelegenheit zu seinem Nachteil entwickelt. Im Hauptquartier wurde auch heute noch, über seinen Fehlgriff gespottet. Und was dem Ganzen die Krone aufsetzte, war die Tatsache, dass er jetzt auch noch zu einer Rettungsmission für eben diesen Schönling aufgebrochen war. Wütend stampfte er dem Alten hinterher. Seine Zeit würde schon noch kommen, da war er sich sicher.

~~~***~~~

„Hallo, darf ich mich vorstellen? Ich bin Dr. Vanessa Shaw, die ortsansässige Gynäkologin“, sagte eine etwa fünfzigjährige Frau mit schon angegrauten blonden Haaren und streckte Ziva ihre Hand entgegen.

„Ziva DiNozzo“

„Hallo Mrs. DiNozzo, ich möchte sie gerne untersuchen, dafür müssen Sie sich allerdings oben herum freimachen und am besten ziehen sie sich auch Ihre Hose ein Stück herunter.“

Ziva nickte und machte sich auch gleich an die Arbeit, während die Ärztin ihr Equipment auspackte.

„So, dann wollen wir mal sehen. In welcher Woche sind Sie, Mrs. DiNozzo?“, fragte die Ärztin und öffnete ihre Tasche um ein Blutdruckgerät herauszunehmen.

„In der 30zigsten Woche“, sagte Ziva wahrheitsgemäß. Seitdem Ducky sie genötigt hatte einen Liter Wasser zu trinken, ging es ihr erstaunlicherweise wirklich besser.

„Na dann dauert es jetzt nicht mehr lange. Haben Sie schon einen Namen?“, fragte sie und nahm das Blutdruckgerät wieder von Zivas Arm.

„Wir wissen noch nicht was es wird“, sagte Ziva und zog die Luft an, weil die Ärztin hier den Bauch abtastete.

„Oh Entschuldigung, ich weiß, ich habe kalte Finger... aber ihr Baby wird groß. Kommt wohl ganz nach dem Vater, habe ich recht?“

Ziva schenkte ihr ein wehmütiges Lächeln. „Das könnte gut sein“, kam es dann verhalten von ihr, während die Ärztin schweigend weiter arbeitete.

„Schön, das sieht alles soweit gut aus. Ihr Blutdruck ist etwas zu hoch, aber dem Baby geht es gut. Seine Herztöne sind hervorragend und was sich sonst noch so alles erfühlen kann scheint auch in Ordnung zu sein. Nur Sie sehen etwas abgekämpft aus und sie haben Wasser in den Beinen. Sie sollten sich etwas Ruhe gönnen. Gibt es einen Grund, warum sie sich hochschwanger noch eine solche Reise antun? Sie sollten es sich jetzt eigentlich auf einem Sofa gemütlich machen. Lassen sie sich verwöhnen. Die nächsten Monate werden schon schwer genug werden.“ Vergnügt packte sie ihre Tasche wieder ein.

Ziva schwieg, doch als sie weiterhin den Blick der Ärztin auf sich spürte, sah sie wieder hoch. „Mein Mann ist hier in den Wäldern mit einem Flugzeug abgestürzt. Aber er lebt und ist auf dem Weg hierher“, fügte sie mit einem kleinen Lächeln dazu.

„Du meine Güte, was für ein Unglück. Aber das erklärt dann auch Ihren hohen Blutdruck. Sicher hat er den Absturz gut überstanden“, sagte sie mit einem aufrichtigen Lächeln und tätschelte Zivas Knie. „Sie können sich nun wieder anziehen. Bevor ich gehe, rede ich noch kurz mit ihrem Arzt. Wenn sie Wehen bekommen, oder Ihnen sonst unwohl wird, scheuen Sie sich nicht, mich wieder anzurufen.“

Ziva sah ihr nach wie sie den Raum verließ und zog sich wieder an. Tony war auf dem Weg, alles andere würde sich wieder finden. Wenn sie ihn hier bei sich hatte, würde sich alles klären.

~~~***~~~

Dr. Shaw wandte sich indessen an Ducky. „Dr. Mallard. Sie haben es dringlich gemacht. Was liegt bei der Patientin noch im Argen?“

Ducky, der während der Untersuchung vor der Tür gewartet hatte, kam langsam auf seine Kollegin zu. „Es sind ihre Nieren die mir Sorgen bereiten. Sie hat eine Vorschädigung.“ Kurz erklärte er der Ärztin Zivas Probleme und ihre Schmerzen.

„Okay, das erklärt dann auch ihre geschwollenen Fesseln. Im Moment sehen Ihre Werte aber ganz gut aus. Aber wenn sie beobachten, das Mrs. DiNozzo Schmerzen hat, oder das sich ihr Allgemeinzustand verschlechtert, dann zögern Sie nicht einen Krankenwagen zu rufen. Sicher ist sicher.“ Sie schüttelte leicht ihren Kopf. „Sie hat viel mitgemacht in letzter Zeit. Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ihre Reise hierher halte ich für keinen guten Einfall. Das Krankenhaus in Barrie steht in keinem Vergleich zu ihren in Washington D. C. Wir haben zwar hier auch eine Fachabteilung, aber Risikoschwangerschaften werden im Normalfall immer nach Toronto überführt.“

„Ich habe versucht es ihr auszureden. Aber sie kennen nicht den Starrsinn, der in dieser Familie herrscht.“ Frustriert rieb sich Ducky das Gesicht, während die Ärztin sich ihre Jacke anzog.

„Sehen Sie zu, dass Sie es so angenehm wie möglich hat, solange sie noch auf ihren Mann warten muss. Außerdem sollte Sie viel trinken. Aber das muss ich Ihnen als Arzt ja nicht sagen.“ Lächelnd streckte sie ihm ihre Hand entgegen, die Ducky auch sofort ergriff.

„Danke meine Liebe, dass Sie so schnell gekommen sind.“

„Aber das war doch selbstverständlich und wenn noch etwas sein sollte, meine Nummer haben Sie ja jetzt.“

~~~***~~~

Irgendetwas störte ihn im Schlaf. Er wollte nicht aufwachen. Aufwachen würde nur wieder neue Schmerzen bedeuten und davon hatte er in letzter Zeit genug gehabt. Doch wer immer ihn störte, dieser Jemand war hartnäckig. Immer wieder spürte er, wie man ihn leise rief und an seinen Schultern schüttelte. Scheinbar war es wirklich für ihn an der Zeit aufzuwachen.

„Na endlich. Das wird jetzt aber auch Zeit“, flüsterte Dillan ihm zu. „Tony, meinst du wir können einen Fluchtversuch unternehmen. LeFrey ist draußen und ich konnte mich befreien.“ Stolz zeigte er ihm die blutigen Stellen an seinen Händen.

Erst jetzt bemerkte der Agent, dass auch er nicht mehr an den Tisch gefesselt war. Endlich konnte er auch wieder seinen Kopf und seine Gliedmaßen bewegen. Er hob einen Arm an und zuckte gleich vor Schmerzen zusammen, denn jetzt spürte er auch wieder die ganzen Stich- und Schnittverletzungen, die der Verrückte ihm beigebracht hatte. Besonders die Stichverletzung im Bizeps bereitete ihm Probleme und blutete auch noch leicht.

Dillan sah seinen jungen Freund skeptisch an. Noch immer hatte der jüngere Mann keinen Ton gesagt, aber an seinen Augen konnte Dillan erkennen, dass er wieder voll da war. Trotzdem brauchte Tony einfach zu lange zum überlegen. Wenn nicht bald etwas geschehen würde, hätten sie ihre Chance verpasst und so hielt er ihm seine Hand entgegen, um ihm hoch zu helfen.

Bereitwillig ließ der Agent sich helfen, doch kaum wollte er die Beine über den Tischrand heben, fuhr ein heftiger Schmerz von seine Bein hoch durch seinen Körper. Nur mit Mühe konnte er einen Aufschrei verhindern und mit beiden Händen umklammerte er seinen Unterschenkel, während er stoßweise den Atem raus ließ.

„Tony?“, fragte Dillan wieder leise und legte ihm mitfühlend eine Hand auf die Schulter.

„Es geht nicht. Du musst alleine fliehen“, sagte dieser schwach und noch immer wütete der Schmerz in seinem Bein.

Der alte Holzfäller schüttelte den Kopf. „Ich geh nicht ohne dich. Hast du gehört?“

„Versteh doch, ich kann nicht mehr laufen“, zischte Tony durch zusammengebissene Zähne. „Du würdest zusammen mit mir nicht weit kommen. Versuch alleine durchzukommen und hol Hilfe.“ Der Braunhaarige spürte wie der Husten sich in seiner Lunge fing. Lange würde er ihn nicht mehr unterdrücken können. „McGee, mein Partner, und die FBI Leute können nicht mehr weit weg sein.“

„Ich kann dich hier nicht alleine lassen. Junge, er bringt dich um.“ Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit und sein Blick glitt immer wieder zur Tür, doch von draußen hörte man immer noch die beunruhigenden Klopfgeräusche. Was auch immer er dort draußen trieb, er war scheinbar noch nicht fertig. Dillan sah wieder zu Tony. „Komm Junge, denk an deine Kleine. Lass es uns noch einmal versuchen.“

Der Braunhaarige schluckte schwer, ließ sich dann aber wieder von Dillan hochziehen. Der alte Holzfäller hatte seinen Standpunkt klar gemacht. Er würde die Flucht nicht ohne ihn versuchen. Diesmal war er vorsichtiger und belastete weder den verletzten Arm noch das Bein, stark. Mit zusammengebissenen Zähnen und unter gelegentlichen Stöhnlauten rutschte er der Tischkante entgegen. Dabei fiel sein Blick auf Gibbs, der noch immer mit stark blutender Kopfwunde und viel zu bleichem Gesicht in tiefster Bewusstlosigkeit lag.

„Was ist mit ihm?“, fragte Tony flüsternd.

Dillan ging schnell hinüber zu dem Grauhaarigen. Seine Finger suchten den Puls am Hals, dann nickte er Tony zu und kam wieder zurück.

„Ich habe keine Ahnung, aber er lebt. Ich konnte seinen Pulsschlag spüren.“

„War er schon mal wach in der Zwischenzeit?“

„Nicht das ich es gemerkt hätte. Ist das gut oder schlecht?“, fragte er den Jüngeren.

Tony unterdrückte gerade den aufsteigenden neuen Husten. „Schlecht“, sagte er nach einer Weile. „Seine Kopfverletzung scheint schlimmer zu sein, als sie aussieht“, stellte er mit besorgter Stimme fest und ließ sich mit Dillans Hilfe langsam vom Tisch gleiten. Kaum berührten seine Füße den Boden, wäre er fast zusammengebrochen, wenn ihn der alte Holzfäller nicht festgehalten hätte.

„Kannst du alleine stehen?“, fragte dieser leise und beäugte ihn skeptisch, doch als er Tony nicken sah, drehte er sich um und holte eine weite Hose, Schuhe und eine dicke Jacke für den Verletzten.

Um den Husten nicht wieder zu reizen, versuchte Tony so flach wie möglich zu atmen. Verzweifelt klammerte er sich am Tisch fest, während Dillan ihm schnell in die Kleidung half. Das Stehen übertraf schon fast seine Kräfte. Wie sollte er laufen oder sich schnell bewegen? Vorsichtig versuchte er ein bisschen Gewicht auf sein verletztes Bein zu verteilen, ließ davon aber schnell wieder ab. Das Bein war unbrauchbar und der Schmerz schien seltsamerweise von seinem Fuß auszugehen, bevor er die Wade hochschoss und sich im Knie fing. Er konnte es kaum belasten, ohne das Gefühl zu haben, dass die Wade platzte. Außerdem schien das Knie durch die Schläge mit dem Knüppel, wieder in Mitleidenschaft gezogen zu sein, denn das Gelenk fühlte sich steif und träge an. Dillan half ihm gerade in die Jacke, was gar nicht so einfach war, da er aufgrund seiner Rippenverletzung den rechten Arm kaum bewegen konnte, im Anschluss ließ sich der alte Holzfäller auf die Knie nieder.

„Du musst die Schuhe anziehen. Du kannst nicht barfuss nach draußen.“ Ängstlich blickte er immer mal wieder zur Tür. Das Messer, mit dem er Tonys Fesseln aufgeschnitten hatte, steckte in seinem Hosenbund.

Tony schüttelte den Kopf, wischte sich den Schweiß von der Stirn und legte eine Hand auf Dillans Schulter. „Ich schaff das nicht mehr. Du musst alleine los.“ Der, die ganze Zeit unterdrückte Husten gewann die Oberhand und ein heftiger Anfall, schüttelte seinen vom Fieber geschwächten Körper durch und bevor Dillan wieder zugreifen konnte, sackte er kraftlos, mit verzerrtem Gesicht nach unten.

TBC...................................

26. Kapitel (11.11.11)

„Was ist mit Ziva und dem Baby?“, fragte Tabitha, nachdem Ducky die Ärztin zur Tür begleitet hatte. Noch immer hielt sie das schlafende Kind in ihren Armen.

„Es geht ihnen gut, meine Liebe. Aber es war keine so gute Idee hierher zu fliegen.“ Resigniert fuhr er sich durch das Haar. Die Verantwortung, die er für die drei Frauen und das Kind übernommen hatte, wog schwer in ihm. Behutsam streckte er nach der immer noch weinenden Abby seine Hand aus.

„Komm her Abigail. Es geht ihnen gut.“

Abby ließ sich die Einladung nicht entgehen und so schnell es ihre Platoostiefel zuließen, eilte sie in seine sichere Umarmung.

„Warum passiert das immer uns, Ducky?, fragte sie weinend.

Beruhigend strich er ihr über den Rücken. „Du weißt, dass das nicht stimmt. Der Job ist nun einmal gefährlich. Und jetzt lasst uns zu Ziva gehen. Ich denke, sie hätte uns jetzt gerne um sich“, teilte er den beiden Frauen mit und nickte Annie, die stumm dem ganzen gefolgt war, zu. Außerdem musste er in D. C. anrufen und sich nach Anthony Seniors Befinden erkundigen. Doch erst wollte er die Frauen zusammen wissen.

~~~***~~~

„Leise, wir wollen doch nicht, dass er uns bemerkt“, flüsterte McGee seinen Männern zu. Von ihrem Standpunkt aus konnten sie den Hintereingang der Hütte sehen, aber LeFrey war nicht auszumachen. Allerdings hörten sie vom Haus her seltsame Klopfgeräusche.

~~~***~~~

„Tony“, rief Dillan besorgt und ließ sich neben dem zusammengebrochenen Agent nieder.

Dieser versuchte wieder auf die Füße zu kommen, aber sein Körper wollte ihm einfach nicht mehr gehorchen. Geschwächt durch Fieber und fortschreitender Entzündung, wollte es ihm einfach nicht mehr gelingen. Seine Rippen und sein Bein schmerzten mittlerweile bei jedem Atemzug. Mühsam zog er sich in eine sitzende Position und schüttelte den Kopf.

„Ich schaff das nicht, Dillan“, brachte er unter Husten hervor. „Du musst alleine los.“

Dillan fuhr sich über seine Glatze. An der Stelle waren sie doch vorhin schon einmal angekommen. Ohne den Jüngeren würde er die Hütte nicht verlassen. Besorgt blickte er von Tony zur Tür.

„Du zögerst zu lange“, sagte Tony und wies zur Tür. In dem Moment hörten sie, das sich die Geräusche von draußen veränderten. Das stete Gehämmer hatte aufgehört und Schritte näherten sich der Hütte. Frustriert sah Tony, Dillan an. Jetzt hatte der Holzfäller zu lange gezögert, denn die Tür öffnete sich wieder langsam.

~~~***~~~

„Ja, ich danke Ihnen für die Auskunft“, sagte Ducky, legte den Hörer wieder auf und drehte sich zu den Wartenden um. Drei, nein vier besorgte Augenpaare blickten ihn an.

„Und?“, fragte Ziva und blickte besorgt zu ihrer Stieftochter, die zu ihren Füßen auf dem Sofa saß, ihre Puppe und Peppo umklammerte und an den Fingern nuckelte. Noch eine negative Meldung würde sie nicht verkraften. Und obwohl es Ziva wieder gut ging, hatte Ducky darauf bestanden, das sie nach ihrem Schwächeanfall auf dem Sofa liegen blieb. Doch als Ziva jetzt Duckys Lächeln sah, entspannte sie sich etwas.

Der alte Pathologe kam auf das Sofa zu und setzte sich zu den Beiden. Er ergriff Mias Hand an der sie nuckelte und zog an ihr. Mit einem PLOPP lösten sich die Finger aus ihrem Mund.

„Milena? Kannst du mir bitte einmal kurz zuhören? Ich habe gute Neuigkeiten für dich.“ Als er eine Bewegung in ihren Augen sah, fuhr er fort. „Deinem Grandpa geht es gut und er hat schon nach dir gefragt“, fügte er mit einem breiten Lächeln hinzu. Von vier Stellen hörte er ein erleichtertes Durchatmen. Doch sein schönstes Geschenk war Mias Lächeln.

„Dann fehlt jetzt nur noch Daddy!“, sagte sie bestimmt und mit einem glücklichen Aufseufzen kuschelte sie sich enger an das Stoffäffchen.

Ducky wandte sich wieder an die Frauen. „Dr. Taylor sagte, er hat die OP gut überstanden. Trotzdem wird er es in Zukunft langsamer angehen müssen. Aber er hat bereits versucht die Oberschwester dazu zu bringen, ihm etwas „Vernünftiges“ zum Essen zu besorgen.“

Duckys Lachen wirkte befreiend und ansteckend und alle fielen mit ein.

~~~***~~~

Dillan hatte sich hinter der Tür versteckt und das erste was er sah, als die Tür aufging, war ein riesiger Eiszapfen, dann kam auch LeFrey in sein Blickfeld. Dieser blieb verwundert stehen, dann nickte er anerkennend dem am Boden liegenden Agent zu. Seine Augen suchten jedoch den Raum ab und blieben an der Tür hängen. Dann ging alles ganz schnell. LeFrey warf sich gegen die Tür. Dillan wurde von der Wucht voll erwischt und zurückgedrängt. Dabei schlug er sich den Kopf an und ging leicht benommen zu Boden.

~~~***~~~

Die Männer hatten die Hütte fest umzingelt. Alle überprüften ein letztes Mal ihre Waffen und zogen die Schutzwesten fest. Jetzt ging es um Leben und Tod. Fornell und McGee gaben unabhängig voneinander fast gleichzeitig das Kommando, sich dem Holzfällerhaus zu nähern. Dadurch dass die Fenster von innen verdunkelt waren, konnten sie leider keinen Blick in die Hütte werfen und mussten sich auf ihr Glück und ihre Erfahrung verlassen.

Plötzlich hörte Tim von drinnen Kampfgeräusche. Schnell verständigte er sich mit den beiden FBI Agents, dann näherten sie sich rasant der kleinen Hintertür.

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„Warum meldet sich Timmy denn nicht? Sie müssten doch schon lange da sein“, fragte Abby und lief mit hinter ihrem Rücken verschränkten Armen vor Annies Instrumentenpult hin und her und grübelte dabei laut. „Tim hat sich doch nicht verlaufen? Er war Pfadfinder, er darf sich nicht verlaufen. Das ist auch Palmers Aufgabe und der ist bei Tony und Gibbs.“ Nervös kratzte sie sich am Kopf und warf der älteren Fluglotsin einen betrübten Blick zu. Doch Annie hob nur ihre Augenbrauen und sah sie besorgt an. Also nahm sie ihre Grübelei wieder auf. „Okay, er reagiert auf Giftefeu extrem allergisch, aber das sollte er jetzt doch nicht finden können. Immerhin ist es tiefster Winter.“ Plötzlich blieb sie vor Annie stehen. „Vielleicht ist ja ihr Telefon kaputt, oder der Funk ist gestört.“ Sie wollte sich gerade das Telefon vom Pult schnappen, als sie an den Schultern herum gedreht wurde.

„Abigail, bitte beruhige dich. Es ist alles in Ordnung und Timothy hat ein Satellitentelefon. Er wird sich melden, wenn er da ist. Und jetzt solltest du dich bitte setzen, du machst sonst auch noch unsere liebe Annie ganz verrückt.“ Mit starkem Griff führte Ducky sie wieder zurück zur Gruppe.

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Tabitha war dankbar, das der alte Pathologe die quirlige Kriminaltechnikerin in ihrem nervösen Lauf unterbrochen hatte. Denn auch sie war mit den Nerven am Ende und Abbys „Herumgewusel“ machte alles nur noch schlimmer. Dazu kam noch ihre Morgenübelkeit, unter der sie seit ein paar Tagen litt. Sie machte sich genau wie die anderen beiden Frauen Sorgen um die Männer. Nur wusste sie nicht damit umzugehen und leider fühlte sie sich immer noch nicht so richtig zur Familie dazu gehörig.

Von der kleinen Teeküche hörte sie Geräusche. Annie und Milena bereiteten das Frühstück zu. Müde sah sie zur Fensterfront. Es war für alle eine mehr oder weniger schlaflose Nacht geworden und dem Himmel sei Dank war es draußen schon fast wieder hell. Aus dem Augenwinkel sah sie Annie mit einem Tablett auf den Tisch zukommen. Milena hüpfte an ihrer Seite.

„Ich hab mitgeholfen die Kartoffeln zu schälen“, verkündete sie stolz.

Ziva warf der älteren Dame einen tadelnden Blick zu, doch Annie wiegte nur den Kopf. „Es war nur ein Schälmesser“, sagte sie mit einem Grinsen. Dass sie ihr auch erlaubt hatte die Kartoffeln kleinzuschneiden, würde sie wohl lieber für sich behalten. Aber die Kleine hatte sie dadurch erfolgreich von ihren Sorgen und Nöten ablenken können.

„Kartoffeln?“, fragten Tabitha und Ziva wie aus einem Mund.

„Ja, Frühstück“, sagte Annie und stellte das Tablett auf den Tisch. Sofort machte sich der schwere Geruch von gerösteten Kartoffeln, Knoblauch und Zwiebeln breit. Dazu gab es Spiegeleier, Bohnen und Bacon. Auf einem zweiten Teller lagen Mias heißgeliebte Pancakes. Der Kaffee, den Ducky jetzt zum Tisch brachte, gab den Ausschlag. Tabitha schlug sich eine Hand vor den Mund und rannte würgend zur Toilette. Verwundert sahen ihr vier Augenpaare hinterher. Nur Mia widmete sich ganz ihrem Frühstück und war durch nichts abzulenken. Um ihren Mund herum klebten bereits die ersten verräterischen Spuren des Ahornsirups.

„Das kommt mir irgendwie bekannt vor“, sagte Ziva gerade, als es auch bei Abby „klick“ machte und ein Strahlen ihr Gesicht überzog.

„Du meinst...?“ Irgendwie traute sie sich nicht das Wort auszusprechen.

„Könnte doch sein, oder?“, fragte Ziva unschuldig und stocherte mit ihrer Gabel lustlos auf ihrem Teller herum. Dieses deftige Frühstück war so gar nicht nach ihrem Geschmack.

„Du meinst mein Silberfuchs wird noch einmal Vater?“

Jetzt hatte auch Ducky die Lage durchschaut. „Wie habe ich das nur übersehen können?“, fragte er an sich selbst gerichtet.

„Ob Gibbs es weiß?“, fragte derweilen Abby.

Ziva deutete zur Tür. „Fragen wir sie doch selbst.“

~~~***~~~

Tim stürmte an vorderster Front durch die kleine Nottür in eine Art Vorratskammer. Die beiden FBI Agents waren ihm dicht auf den Fersen. Ihre Taschenlampen durchleuchteten den Raum und im Schatten sahen sie zwei Personen auf dem Boden liegen. Eine reglose, bei der es sich wahrscheinlich um den Hubschrauberpiloten handelte, und jemanden, der wie wild an seinen Fesseln zerrte.

„Jimmy?“, fragte Tim leise und ließ sich bei der zweiten Person auf dem Boden nieder. Mit einem Ruck zog er ihm den Knebel aus dem Mund. Als Jimmy antworten wollte, legte sich McGee einen Finger auf die Lippen. Der junge Mediziner verstand sofort.  

„Versteck dich dahinten. Wir müssen da rein.“

Von drinnen hörte man immer noch Kampfgeräusche. Mit seiner freien Hand griff er sich an den Fußknöchel und nahm seine zweite Waffe aus dem Holster.

„Hier, für den Notfall. Du weißt damit umzugehen?“ Als er Jimmy nicken sah, nahm er Aufstellung vor der nächsten Tür.

~~~***~~~

Bleich kam Tabitha aus dem Bad zurück. Als sie die fragenden Gesichter von Gibbs Freunden sah, konnte sie sich ein Lächeln nicht mehr verkneifen. Abby sprang plötzlich auf und hüpfte auf Tab zu. Vor ihr angekommen, zog sie ihre Stirn kraus.

„Du bist schwanger?“ Eigentlich war es keine Frage sondern vielmehr eine Feststellung und als sie Tab nicken sah, glättete sich ihre Stirn wieder und sie strahlte von einem Ohr zum anderen. „Wie weit?“, fragte Abby und war jetzt ganz aus dem Häuschen.

„Die zehnte Woche.“

„Warum hast du denn nichts gesagt, meine Gute?“, schaltete sich nun auch Ducky ein.

„Weiß es mein Silberfuchs?“, kam es wieder von Abby.

„Warum bekommst du ein Baby?“, fragte Mia, starrte Tabitha mit großen Augen an und kratze sich am Hinterkopf. Das würde ja bedeuten, ihr Lieblingsonkel wurde ein Daddy? Aber sie war doch sein Baby? Was würde dann aus ihr werden?

Im Raum wurde es immer hektischer und lauter. Abby sprudelte nur so ihren Fragenkatalog herunter und Mia wollte gerade wieder den Mund öffnen, als sie die laute Stimme ihrer Mommy hörte.

„STOPP. Sie kann ja bei den ganzen Fragen gar nicht antworten.“ Schlagartig war Ruhe eingekehrt und alle sahen Ziva an. Diese wandte sich nun wieder an Tabitha. „Also bitte, nun erzähl.“

Tab wand sich verlegen. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ja, ich bin schwanger und Ja, der Gunny weiß Bescheid und Nein, wir werden nicht heiraten. Wir haben entschlossen unser Glück nicht herauszufordern.“

Glücklich strahlte Abby in die Runde. „Na wenn das keine guten Nachrichten sind. Da müssen unsere Männer nun einfach wiederkommen.“

„Wenn doch alles so einfach wäre“, hörte Ziva Ducky neben sich flüstern. Und auch sie musste seinen düsteren Gedanken zustimmen.

~~~***~~~

Tony hatte sich mit fast unmenschlicher Kraft wieder aufgerappelt. Nun stand er schwankend vor LeFrey. Er musste ihn unbedingt von Dillan ablenken.

„Du Mistkerl willst doch mich, dann komm und hol mich. Ich bin hier und ich bin wehrlos“, schmiss Tony ihm entgegen.

LeFrey lächelte ihm zu. „Seltsam, wie sich doch alles verändert. Mit dem Grauhaarigen habe ich gerechnet, aber nicht mit dem Alten da und schon gar nicht mit dir.“ Mit gezogener Waffe kam er langsam auf Tony zu. „Leider haben wir nicht mehr die Zeit, uns genauer kennen zu lernen.“ Während er sprach, warf er dem auf den Boden liegenden Eiszapfen einen bedauernden Blick zu. Zu gerne hatte er diese neue Methode ausprobiert. „Du bist leider meine Fahrkarte zum guten Leben. Nimm es also nicht persönlich“, sagte er, richtete die Waffe aus und drückte ab.

Tony spürte das er von etwas getroffen wurde und nach hinten fiel. Sein Kopf prallte unsanft auf dem Boden auf und das letzte was er sah, bevor ihn die Dunkelheit holte, war Dillans entsetzter Gesichtsausdruck.

~~~***~~~

McGee hörte den Schuss, dann verselbstständigte sich alles. Er riss die Tür auf und stürmte zusammen mit den anderen den Raum. Von der Haupttür sah er Fornell den Raum betreten. Auf dem Boden lagen drei Personen. Schüsse fielen, neben sich hörte Tim ein Stöhnen, dann fiel eine Person zu Boden.

„DECKUNG“, brüllte Fornell und McGee suchte sich eine sichere Position.

„Lassen sie die Waffe fallen und ergeben Sie sich“, rief Tobias und schoss in die vermeintliche Richtung in der sich LeFrey verschanzt zu haben schien. Sofort wurde das Feuer erwidert.

Tim blickte wieder auf die am Boden liegenden Personen. Es bestand im Moment keine Möglichkeit sie aus dem Gefahrenbereich zu ziehen und er konnte durch die Dunkelheit auch keine Verletzungen erkennen. Sie mussten erst LeFrey ausschalten, bevor sie sich um die Freunde und die beiden bereits verletzten FBI Agents kümmern konnten.

„Okay, hören Sie auf zu schießen und ich komm raus“, hörte McGee da eine Stimme. Verwundert zog er die Augenbrauen hoch, dass es so leicht werden würde, hatte er bei diesem Killer nicht vermutet. Fast automatisch fiel ihm Gibbs Regel Nummer drei ein. „Glaube nie was man dir sagt und überprüfe alles immer ein zweites Mal.“ Sein Blick suchte Fronell und warnend hob er eine Hand, doch es war schon zuspät.  

TBC.........................

27. Kapitel  (15.11.11)

LeFrey nutzte die Zeit der Verunsicherung, die er bei den Agents geschürt hatte, und überprüfte seine Waffe. Während seine Hände arbeiteten entwarf sein Gehirn schon einen Plan. Wie ein Anfänger hatte er sich in den Rausch, der Folterung gesteigert und dabei die anrückenden FBI Agents übersehen. Durch die Haupttür würde er nicht flüchten können, da standen drei Agents, die das Feuer auf ihn aufrecht hielten. Es blieb ihm also nur noch der Rückzug durch die Speisekammer. Dort stand nur noch ein Bulle aufrecht. Die anderen beiden hatte er zu Beginn schon angeschossen oder auch erschossen. Kurz nahm er Maß, dann setzte er seinen Plan um, gab in einer schnellen Folge Schüsse ab und rannte Richtung Speisekammer.

~~~***~~~

Jimmy hatte sich in die hinterste Ecke des kleinen Raums gesetzt. Von irgendwoher hörte er ein seltsame Geräusche und mutiger als er sich fühlte, folgte er ihnen. Langsam öffnete er die hintere Tür und schaute ängstlich hinaus. Da war wieder dieses Geräusch. Seine Nackenhaare stellten sich auf, als er ein Winseln erkannte, das sich kurz darauf in ein Knurren wandelte. Verunsichert blieb er stehen. Was, wenn das Wolfsrudel der Spur gefolgt war? Vorsichtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Im nächsten Moment sah er eine Bewegung und etwas Weißes auf sich zuschießen. Mit einen leisen „MUFFF“ ließ er sich nach hinten fallen und landete mit dem Hintern im Schnee. Direkt vor sich sah er das beeindruckende Gebiss eines Hundes. Nicht ein Wolf war hier, sondern Piet, schoss es ihm durch den Kopf. Irgendwie hatte er es geschafft sich von LeFrey zu befreien. Schnell erhob sich Jimmy auf die Knie.

„Hey Piet. Erkennst du mich noch. Ich bin´s, Jimmy“, sagte er und hielt ihm seine Hand zum schnüffeln entgegen. Der Malamut fletschte die Zähne und wich langsam vor ihm zurück.

„Na komm schon Piet, hier ist es kalt, komm her, bitte.“ Noch einmal streckte er die Hand aus und diesmal hatte er Glück. Piet kam kriechend näher, schnupperte und ließ sich schwer auf die Hinterbeine fallen. Seine rechte Seite was blutverschmiert und der Hund zog sich mehr über den Boden, als das er lief.  

„Da hast du aber eine hässliche Schusswunde in der Flanke“, sagte Palmer, während er den Hund streichelte. „Komm mit, ich kann dir helfen.“

~~~***~~~

In einem Bruchteil von Sekunden hatte sich die Lage wieder gedreht. Gerade noch hatte Fornell gedacht das LeFrey aufgeben würde, doch im nächsten Moment zog der wieder seine Waffe und schoss auf ihn. Fluchend nahm er Deckung. Aus den Augenwinkeln sah er den Killer auf McGee zurennen, doch dessen Reflexe ließen zu wünschen übrig. Der junge NCIS Agent würde es nie rechtzeitig aus der Schußbahn schaffen.

„McGee, Achtung!“, rief er ihm zu und sah zu Sacks, der unbewegt dem Drama folgte.

~~~***~~~

Ron Sacks stand mit gezogener Waffe in einer günstigen Position. Es wäre für ihn ein leichtes gewesen, sich auf McGee zu werfen und ihn so aus der Schußbahn zu ziehen. Doch wollte er das überhaupt? Wollte er das Greenhorn retten? DiNozzo`s keinen Arschkriecher? Zugegeben, der Junge hatte sich im laufe der Zeit zu seinem Vorteil verändert. Er hatte an sich gearbeitet und sogar den Babyspeck abgelegt.  Aber war er es wert von ihm gerettet zu werden?

~~~***~~~

Tim sah LeFrey auf sich zurennen. Abby, dachte er benommen. So hätte es nicht enden sollen. Starr stand er auf der Stelle und konnte sich einfach nicht rühren. Irgendjemand schrie seinen Namen, ein seitlicher Schlag traf ihn und bevor er sich besah, lag er unter Sacks auf dem Boden. Benommen sah er diesen an.

„Danke“, sagte Tim leise und erhob sich auf die Knie.

Ron nickte ihm nur zu und stand ebenfalls wieder auf. Er konnte seine Tat selbst nicht glauben, aber tief in sich drin wusste er, dass er genau das Richtige getan hatte. Denn jetzt war keine Zeit um Rache oder eine Intrige gegen McGee zu spinnen. Er drehte sich um und lief zusammen mit McGee hinter LeFrey her, der sich in die Speisekammer flüchtete.

„Palmer ist da drin“, rief Tim, Fornell und Sacks zu. Dann hörte man plötzlich von drinnen Schüsse. Sofort stürmten die Männer in den kleinen Raum und blieben an der Tür erstaunt stehen.

~~~***~~~

Zusammen mit Piet betrat Palmer wieder die Speisekammer. Mit einer Hand rieb er seinen Hinterkopf, wo er eine große Beule spüren konnte. Dort hatte der Verrückte ihn dreimal mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen, kaum dass er die Speisekammer auf dem Weg zur Toilette durchqueren wollte. Dann hatte er ihm ein gefährlich aussehendes Messer ins Gesicht gehalten und ihn nach DiNozzo`s Familie gefragt. Als Jimmy nicht antwortete, hatte LeFrey ihm das Messer in das linke Nasenloch geschoben und da hatte er festgestellt, war für ein Feigling er doch war. Alleine die Vorstellung, wie das Messer seine Nasenwand durchschneiden würde, reichte aus seine Zunge zu lockern und beschämt erinnerte er sich wie er dem Verrückten von Ziva und Mia erzählt hatte. Nicht viel, aber soviel das dieser das Messer wieder aus seiner Nase zog und Jimmy`s Kopf noch ein weiteres Mal gegen die Wand schleuderte und ihn damit ins Reich der Träume schickte. Als er wieder zu sich kam, war er an ein Regal gefesselt und in seinem Mund steckte ein Knebel. So festgeschnürt musste er sich, als er nicht mehr einhalten konnte, an Ort und Stelle erleichtern. Seine nasse, stinkende Hose erinnerte ihn auch jetzt an diese peinliche Situation.

Die Waffe, die Tim ihm gegeben hatte, steckte in seinem Hosenbund. Plötzlich änderte sich die Situation und Piet fing wieder an zu knurren. Vom Hauptraum hörte Jimmy Schüsse und krampfhaft versuchte er den Zwang seinen Kopf einzuziehen, zu unterdrücken. Ruckartig wurde die Tür aufgerissen und LeFrey stürzte mit gezogener Waffe in den Raum.

Palmer schluckte und zog mit zitternden Händen die Waffe. LeFrey hatte ihn scheinbar in dem dunklen Raum noch nicht ausgemacht. Neben ihm knurrte Piet. Der Verrückte trug immer noch sein Basecup, das er von ihm erbeutet hatte. Langsam kroch in Jimmy die Wut hoch. Er hatte Wochen gebraucht dieses Cup zu formen. Woher er plötzlich den Mut nahm, war ihm rätselhaft. Jedenfalls schnellte er in die Höhe und richtete seine Waffe auf LeFrey.

„Das ist meins“, sagte er ruhig und deutete auf das Basecup.

Der Killer war überrascht. Bisher hatte er nur das leise Knurren eines Tieres vernommen. Den Jungspund hätte er hier nicht vermutet. Trotzdem erholte er sich schnell von dem Schreck. „Meinst du? Was meinst du wer du bist, du Scheißer?“

Mit einem Grinsen hob LeFrey die Waffe, doch Piet war schneller. Wie ein Blitz schnellte er auf seinen Peiniger zu und verbiss sich in seinem Schussarm. LeFrey wehrte sich mit Leibeskräften, doch der Malamut verbiss sich immer heftiger in seinem Arm. Endlich schaffte er es die Waffe in die andere Hand zu wechseln und krümmte den Finger. Doch nun war Jimmy schneller. All die Übungsstunden mit Tony am Schießstand zahlten sich jetzt aus. Während er sich auf die Seite fallen ließ, gab er zwei schnelle Schüsse ab und hörte gleich darauf ein Stöhnen. Dann waren auch schon Tim und die FBI Leute vor Ort.  

~~~***~~~

Lange konnte Tony nicht bewusstlos gewesen sein. Etwas benommen und desorientiert blickte er sich um. Der Schuss war gefallen, aber ein neuer Schmerz war ausgeblieben. Im selben Augenblick kamen die Erinnerungen vollends zurück. Besorgt weiteten sich seine Augen und er suchte nach seinem Freund. Dann sah er ihn ein wenig von sich entfernt auf dem Boden liegen.

„Nein, DILLAN, nein.“ Da Tony sein Bein kaum noch bewegen konnte, zog er sich über den Boden, indem er das gesunde Bein anwinkelte und sich so Stück für Stück auf ihn zuschob.

„Bitte Dillan! Tu mir das nicht an.“

Endlich hatte er seinen väterlichen Freund erreicht. Mittlerweile wimmelte es in der Hütte vor Personen, doch das bekam Tony gar nicht mit. Es gab nur ihn und den alten Holzfäller, der vor ihm auf dem Boden lag und dafür dass er ihm das Leben gerettet hatte, verletzt worden war. Seine Erfahrung mit Schussverletzungen sagte ihm, dass der alte Mann diese Wunde nicht überleben würde, aber sein Verstand wollte es nicht wahr haben.

„Dillan hörst du mich? Du musst wach bleiben. Hilfe ist unterwegs.“ Vorsichtig, um ihm nicht noch mehr Schaden zuzufügen, hob er sich Dillans Kopf auf den Schoss und legte ihm eine Hand auf die Wange, während seine andere auf die Wunde drückte, um die Blutung zu stillen. Als er das nächste Mal zu dem Gesicht des Verletzten aufschaute, merkte er, dass der Holzfäller ihm aus seinen Bernsteinaugen anblickte.

„Tony“, sagte dieser unter Röcheln und kleine blutige Luftbläschen bildeten sich an seinem Mund. „Tony......es ist seltsam, aber es tut gar nicht weh.“ Er sah den jüngeren Mann fest an, da gab es noch etwas, was er ihm unbedingt sagen musste. Soweit es ging holte er Luft.

„Dillan bitte...“, flüsterte Tony.

„Nein, hör mir zu Junge. Es war schön, dass ich dich kennen lernen durfte. Du warst der Sohn, den ich nie hatte und....“, wieder wurde er von einen Röcheln unterbrochen. „....und ich bereue es nicht. Ich habe mein Leben gelebt.“

„Oh Gott..sag doch so etwas nicht. Du wirst nicht sterben, hörst du?“ Diese Worte hatte damals Gibbs zu ihm gesagt, als alles aussichtslos erschien und sein Tod zum greifen nah war. Damals hatten ihm die Worte geholfen. Tränen bildeten sich in DiNozzos Augen, aber er schämte sich ihrer nicht. „Du hast noch so viel zu erledigen. Du musst noch unbedingt meine Ziva und Mia kennenlernen.“

Der alten Hölzfäller lächelte ihn an. „Das würde ich gerne...“ Jeder Atemzug war ein Kampf und jedes Wort fast zuviel. „Grüß sie von mir und sag ihnen.....“, das Röcheln nahm zu. „...sag ihnen...“ Seine Stimme wurde immer leiser und war kaum noch zu verstehen.

„Was soll ich ihnen sagen?“, fragte Tony und pure Verzweiflung erklang in seiner Stimme.  „Was Dillan, bitte?“

Doch dazu sollte der Verletzte nicht mehr kommen. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper und es war, als wenn er noch einmal all seine Kraft zusammennahm. Er streckte seinen Arm aus und deutete lächelnd in Richtung Tür.

„Lizzie? Wie schön du doch bist. Tony.... das.... ist... meine.... Lizzie....“

Verständnislos blickte der Agent zur Tür. Sehen konnte er nichts, aber Tony verstand. Seine Finger lösten sich von der Wunde und er strich Dillan noch einmal über den Kopf, während der ein Zwiegespräch mit seiner Frau hielt. Die Kraft verließ den Holzfäller und ruckartig fiel sein Arm zu Boden, sein Kopf neigte sich leicht auf die Seite, aber das Lächeln blieb auch noch auf seinem Gesicht, als er den letzten Atemzug tat.

„Nein, NEIN. DILLAN bitte. Du darfst nicht sterben.“ Doch Tony wusste, dass dieser Befehl zu spät kam. Dillan war bereits gegangen.

~~~***~~~

Palmer lag mit der Waffe in seinen bebenden Händen noch immer völlig angespannt auf dem Boden. „Hab ich...“, stotterte er. „Ist er...“ Die Waffe war auf LeFrey gerichtet und zitterte auf und ab.

Langsam ging Tobias, außerhalb der Schussbahn, auf ihn zu und streckte seine Hand nach der Waffe aus. Dabei hatte er immer einen Blick auf den großen weißen Hund, mit der blutigen Schnauze, gerichtet. „Geben Sie mir die Waffe.“

Wie automatisiert reichte er ihm die Waffe, froh das Gewicht und die Verantwortung abgeben zu können. „Hab ich ihn …. Ist er tot?“, fragte Jimmy wieder, rappelte sich auf und sah McGee nicken. „Oh mein Gott“, brach es aus ihm heraus und plötzlich waren seine Knie nicht mehr fest und er sackte wieder auf den Boden. „Ich habe einen Menschen umgebracht?“, stammelte er.

„Was ist das für ein Hund?“, fragte Fornell und sah hilflos von Palmer zu McGee, der sofort zu dem jungen Pathologen kam. „Du hast ihn getötet und uns gerettet. Jimmy, was ist mit dem Hund?“

„Ich bin Arzt“, stammelte der junge Mediziner. „Ich soll Menschenleben retten, nicht auslöschen.“

„Jimmy, was ist mit dem Hund?“, fragte McGee wieder.

„Piet, das ist Piet. Dillans Hund.“

„Agent McGee?“, hörte Tim einen der Agents aus dem Hauptraum nach ihm rufen. „Kommen Sie bitte, schnell.“

„Du bist Arzt? Dann rette Menschenleben. Nebenan warten Patienten auf dich“, sagte Tim und eilte aus dem Raum, bevor Palmer ihm eine Antwort geben konnte.

~~~***~~~

Tim verschaffte sich erst einmal einen Überblick. Die unverletzten FBI Agents hatten sich schon um ihre verletzten Kameraden gekümmert. Sein Boss war befreit und lag lang ausgestreckt auf dem Boden. Seine Kopfwunde war notdürftig verbunden worden, doch aus seiner Ohnmacht aufgewacht war er nicht. Die beiden leicht verletzten Agents waren ebenfalls versorgt und kurz fragte sich Tim warum man ihn so eilig gerufen hatte. Dann erblickte er Tony in einer Ecke des Raumes. Dieser saß mit Dillan in den Armen auf dem Boden. Fornell war unbemerkt von ihm, neben ihn getreten.

„Was ist mit ihm“, fragte Tobias seinen Agent und deutete auf den alten Holzfäller.

Der junge Mann schüttelte den Kopf. „Tot. Aber wir kommen nicht an Agent DiNozzo heran. Er ist nicht ansprechbar und er lässt die Leiche nicht los.“

Fornell warf McGee einen fragenden Blick zu und als dieser nickte, sagte er zu seinem Agent: „Agent McGee übernimmt ab jetzt. Wir kümmern uns um den Abtransport. Öffnen Sie schon einmal eine Satellitenverbindung mit Barrie. Ich komme gleich.“ Er sah den Mann davon eilen und wandte sich noch einmal an Tim.

„Mit den ganzen Verletzten können wir nicht mehr zum Flugzeug zurück. Ich werde Barrie bitten uns einen Helikopter mit einem Notarztteam zu schicken. Der kann vor der Hütte landen. Ich denke das geht am schnellsten.“ Er warf einen Blick zu der Nebentür und sah Palmer kommen. „Solange muss ihr Mediziner die Versorgung der Schwerverletzten übernehmen.“

Tim blickte sich um und nickte Palmer zu. Dieser war noch ein wenig blass um die Nase, aber scheinbar konnte er wieder eins und eins zusammenzählen, denn er ging neben Gibbs auf die Knie. „Ja“, sagte McGee, froh das der Ältere ihm die Organisationsarbeit abnahm. So hatte er Zeit sich um seine Freunde zu kümmern. „Und danke. Ich spreche mit Tony.“

~~~***~~~

„Tony?“, sprach Tim den Verletzten an. „Hey Tony, lass Dillan los, ja?“ Doch von dem Braunhaarigen kam keine Reaktion.

“Hey Tony, las bitte Dillan los.” Immer noch reagierte DiNozzo nicht.

Tim fuhr sich durch die Haare, dann fuhr er seinen Joker aus. “Der Boss ist verletzt. Er braucht dich jetzt.”

Entsetzt sah Tony hoch. Plötzlich hatte ihn die Gegenwart wieder. Wortlos ließ er Dillan los und Tim gab einem Agent ein Zeichen, damit der den toten Holzfäller von DiNozzo herunterziehen konnte. Ein jaulen war plötzlich zu vernehmen und dann war auch Piet da und es war, als wenn er Tonys Posten übernahm. Eng schmiegte er sich an sein totes Herrchen und winselte leise.

Noch immer hatte Tony kein Wort gesagt und mit seiner Schweigsamkeit machte er Tim langsam Angst.  „Komm schon, ich bin dein Rettungsteam. Rede mit mir. Mach schon, Tony.“

~~~***~~~

Langsam nahm er wieder seine Umgebung war. Das Adrenalin, das gerade noch durch seine Blutbahn gesaust war, hatte sich verflüchtigt. Eine tiefe Müdigkeit machte sich dafür in ihm breit und er versuchte Tim, der vor ihm kniete, zu verstehen. Doch das Einzige das ihm in den Sinn kam, war Dillan und sein Opfer, das er für ihn gebracht hatte. Er war für ihn gestorben. Hatte sich in die Schussbahn geworfen. Und wofür? Tony schluckte schwer. Und plötzlich fiel ihm Gibbs ein Sein Boss war verletzt. Er musste zu ihm, doch sein Körper war wie abgestorben. Ihm war kalt und das Atmen fiel ihm schwer, aber er hatte keine Schmerzen. Wie lange hatte er jetzt schon den Husten unterdrückt? Außerdem war es in der Hütte viel zu warm zum atmen. Noch immer konnte er Tim nicht verstehen. Aber er verstand, dass er hier raus musste. Nur noch einmal tief durchatmen, dann würde er aufstehen und nach draußen gehen.....

In dem Moment drängte sich der lang unterdrückte Husten an die Oberfläche. Seine Lungen und Bronchien verkrampften sich. Durch seine Rippen und sein Bein schoss der Schmerz. Die Luft blieb ihm weg und er krümmte sich leicht zusammen. Er spürte er wie etwas Warmes, Süßes seinen Hals hoch kroch und mit dem nächsten Husten spuckte er Blut, Eiter und Schleim aus.

„TONY“, rief McGee entsetzt, doch das bekam der Braunhaarige schon nicht mehr mit. Bewusstlos brach er in Tims Armen zusammen.

~~~***~~~

Als das Telefon schellte, schreckten alle hoch. Sie saßen zwar immer noch beim Frühstück, aber wirklich gegessen hatte nur Milena.

„Mallard!“, meldete sich Ducky, der den kleinen Wettkampf um das Gerät gewonnen hatte.

„Fornell hier. Dr. Mallard? LeFrey ist tot.“

Der alte Pathologe seufzte. „Damit ist der Schuldigkeit genüge getan“, sagte er und ein Lächeln erstrahlte seine Gesichtszüge. Doch plötzlich schlich sich Besorgnis in seine Sinne. Warum rief Tobias an und nicht Jethro oder Timothy? Die Freude über die Mitteilung schwand und besorgt formulierte er seine nächsten Worte.

„Was ist mit unseren Freunden?“

Fornell räusperte sich. „Agent McGee und Mr. Palmer sind gerade beschäftigt mit ähmmm...“ Man hörte, dass ihm die Worte schwer fielen. „Sie kümmern sich um Agent Gibbs und DiNozzo. Beide sind verletzt.“

„Schwer?“

„Ja. Wir haben einen Notarzthelikopter angefordert. Der müsste gleich hier sein...“

„......hallo Ducky, wir brauchen deine Hilfe“, hörte der Pathologe plötzlich Timothys Stimme. Scheinbar hatte der Tobias den Telefonhörer entwendet.

„Was gibt es?“, fragte er darum sofort, weil er die Not in seiner Stimme hören konnte.

„Gibbs hat eine Kopfwunde und ist bewusstlos, aber dafür brauchen wir deine Hilfe nicht. Tony macht uns Sorgen. Er hat gerade blutigen Schleim gespuckt, hohes Fieber und er bekommt kaum Luft. Jimmy gibt sein bestes, aber er könnte hier deinen Rat gebrauchen.“

Ducky fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und seufzte tief. „Ist er bei Bewusstsein?“

„Es ist keine tiefe Ohnmacht wie bei Gibbs. Aber er ist kaum ansprechbar.“

„Das hört sich nach einer Lungenentzündung an. Die Kälte und Tonys durch die Lungenpest vorgeschädigte Lungen. Da haben Bakterien und Viren ein leichtes Spiel. Da kann man nicht viel machen. Er muss dringend in ein Krankenhaus. Seht zu, dass er atmen kann. Er muss sich hinsetzen, das erleichtert die Atmung“, teilte er ihm mit und fügte in Gedanken noch hinzu. *Und betet dass das Ärzteteam schnell genug da ist.*

„Danke, ich glaube Gibbs wird wach, ich melde mich später“, sagte Tim und legte auf.

Langsam drehte sich der Mediziner wieder zu den Frauen um. Was sollte er ihnen nun sagen? Auf ihn wartete eine verdammt schwere Aufgabe.

TBC.................................................

28. Kapitel (18.11.11)

Licht blitzte vor seinen Augen. Entschlossen dieses auszublenden, versuchte er seine Augen zu schließen und merkte erst jetzt, dass sie geschlossen waren. Stimmen drangen zu ihm durch, doch den Sinn dahinter, konnte er nicht verstehen. Hinter seinen Augen tobte ein Schmerz, wie er ihn schon lange nicht mehr gespürt hatte. Sein Magen zog sich zusammen und obwohl er versuchte ein Würgen zu verhindern, spürte er die Galle hochkommen. Mühsam gelang es ihm seinen Kopf zur Seite zu drehen, bevor er sich auf den Boden erbracht.

„Boss?“

Er vernahm die Stimme, aber er verstand immer noch nicht den Sinn der Worte.  

„Boss?“

Wieder dieses Wort. War er damit gemeint? Wer war er?

„Gibbs?“

Panik machte sich in ihm breit, doch dann fand sein Verstand die losen Enden und zog sie zu seinem SEIN zusammen. Er war Gibbs. Er war der Boss. Gefahr. TONY. Schlagartig öffneten sich seine eisblauen Augen und er sah McGee zurückschrecken. Alles drehte sich und plötzlich sah er Tim zweifach. Seine Hände fuhren hoch zu seinem Kopf. Sein Schädel pochte. Eine neue Welle der Übelkeit überkam ihn und dankbar nahm er von Palmer einen Eimer entgegen.

McGee sah ihn skeptisch an. Bisher hatte er noch nicht reagiert. Mit einem beklommenen Gefühl dachte er an die Bombenexplosion zurück, bei der Gibbs 15 Jahre seines Lebens verloren hatte und nur durch Zivas beherztes Eingreifen war die Amnesie relativ schnell behoben gewesen.

Langsam beruhigte sich sein Magen wieder und wenn er seinen Kopf nicht allzu schnell bewegte, hielt sich auch der Schwindel in Grenzen. McGee stand immer noch zur Salzsäule erstarrt und blickte zu ihm herunter. Vorsichtig streckte er eine Hand nach ihm aus.

„Helf mir auf“, krächzte der Grauhaarige.

Verunsichert sah Tim zu Palmer, doch der war voll mit Tony beschäftigt und zuckte nur mit den Schultern.

„Meinst du das ist eine gute Idee? Du warst lange bewusstlos. Wir wissen noch nicht wie schwer deine Kopfverletzung….“ Gibbs Blick ließ ihn schweigen und schlucken.

„Helf mir hoch, Elfenkönig. Oder ich versetze dich zurück zu den Kellerasseln.“

Erschrocken streckte Tim ihm die Hand entgegen. Sein Boss war zurück, daran gab es keinen Zweifel.

Gibbs zog sich mit einem Ächzten in eine sitzende Position. Schwindel und Übelkeit überkamen ihn erneut und frustriert schloss er die Augen. In dem er tief ein und aus atmete, versuchte er den Zwang des Würgens zu verhindern. Als er das nächste Mal die Augen wieder öffnete, sah er Jimmy mit einer kleinen Taschenlampe vor sich knien. Müde versuchte er Palmers Hände wegzuschlagen, der mit der Lampe unangenehm in seine Augen leuchtete. Aber die Bewegung tat seinem Kopf nicht gut und er spürte wie die Säure wieder seinen Hals hoch kroch. Erleichtert registrierte er, wie Palmer die Lampe ausmachte.

„Sie sollten sich nicht zu viel bewegen. Genaueres kann ich zwar noch nicht sagen, doch der Schädelknochen fühlt sich nicht verletzt an, aber Sie haben auf jeden Fall eine schwere Gehirnerschütterung. Das sagen schon die Symptome, wie Übelkeit, Schwindel. Erbrechen.....“ Weiter kam Jimmy mit seinem Monolog nicht.

„Sag mir was, was ich noch nicht weiß, Palmer“, knurrte der Ältere ihn an. „Was ist mit DiNozzo?“, fragte er und lehnte sich mit zusammengekniffenen Augen gegen die Wand.

Jimmy stöhnte einmal auf und wünschte sich das Notärzteteam herbei. Wo sollte er nur anfangen? „Lungenentzündung, hohes Fieber und eine schwere Sepsis im Unterschenkel. Außerdem scheint sein Knie einiges abbekommen zu haben. Jedenfalls hat er eine große, druckempfindliche Prellung am Bein. Ich habe sein Bein erst einmal ruhig gestellt. Gegen die Lungenentzündung kann ich hier nichts tun. Aber ein Notarztteam ist schon unterwegs zu uns und müsste gleich hier eintreffen.“

„LeFrey?“, fragte Gibbs und nahm aus Tims Händen ein Glas Wasser entgegen.

„Tot, Boss.“

„Was hab ich noch verpasst?“ Belebend rang die kühle Flüssigkeit durch seine wie ausgedörrte Kehle.

„Ähm, vielleicht sollten wir das später....“

Gibbs schluckt das Wasser herunter. „Wag es nicht, McGee“, sagte er leise.

Jetzt war auch der letzte Zweifel verschwunden. Gibbs hatte nichts verlernt und Tim brachte seinen Boss schnell auf den Stand der Dinge.

„Wo?“, fragte Gibbs, als McGee mit seinem Bericht endete. Doch die Beiden sahen ihn nur fragend an. Resigniert fasste er sich an die Schläfe und strich vorsichtig über den provisorischen Verband, den Jimmy ihm angelegt haben musste. „Tony?“ fragte er noch einmal und erntete einen fragenden Blick. Tief atmete er ein und versuchte Palmer nieder zu starren. „Wo ist er?“, vollendete er nun seinen Satz und sah sich unbeholfen um. Plötzlich stand McGee vor ihm und hielt ihm seine Hand entgegen.

„Komm Boss, ich helf dir zu ihm.“

~~~***~~~

Mit zitternden Knien erreichte er das Bett auf das man Tony gelegt hatte. Schweratmend ließ er sich hinter seinen Stellvertreter nieder und zog mit Tims Hilfe Tony in eine aufrechte Position, so dass dessen Kopf an seiner Schulter zu liegen kam. Sein Körper war heiß und sein Atem ging langsam und unregelmäßig.

In einer Ecke sah er unter einer Decke den Leichnam des alten Holzfällers liegen. Darauf, wie zur Bewachung des Toten, lag der große weiße Malamut und trauerte um sein Herrchen.

Jethro griff nach Tonys Hand und drückte sie leicht. Seine Haut fühlte sich klamm an. „Hey DiNozzo“, flüsterte er dem Jüngeren zu. „Das hatten wir doch alles schon einmal. Du musst dich einfach nur an damals erinnern. Weißt du noch, was ich dir damals gesagt habe? DU DARFT NICHT STERBEN! Hörst du mich?“ Eine Antwort bekam er diesmal nicht, doch im Hintergrund konnte er die Geräusche eines landenden Hubschraubers ausmachen.

~~~***~~~

Als Ducky das Handy wieder auf die Tischplatte legte, blickten ihn die Frauen ungeduldig an. Er schaute zu Milena und sah auch in ihren Augen die Angst.

„Sie sind auf dem Weg zurück. Alle.“ Er versuchte die Antwort so einfach wie möglich zu machen. Zum einen um Mia nicht noch weiter zu entmutigen und zum anderen um den Frauen zu signalisieren, das es da noch mehr mitzuteilen gab.

„Daddy kommt?“, fragte Mia und ein Leuchten trat in ihre Augen.

Ducky lächelte sie an. „Ja, dein Daddy ist auf dem Weg zurück.“ Und das war er ja auch, da war er sich sicher, auch wenn er nicht wusste, in welchen Zustand Tony hier ankommen würde. „Mia, würdest du bitte zu Annie in die Küche gehen und mir ein Glas Wasser holen. Mein Hals ist schon ganz rau.“

Milena rutschte schon von Zivas Schoß und sauste in Richtung Küche. „Mach ich“, rief sie ihm über die Schulter zu. Beim dem Tempo das die Kleine anschlug, würde er nicht viel Zeit haben, mit den Frauen zu reden.

„Also?“, fragte ihn Ziva sofort, als Mia aus der Hörweite war.

„Ein Heli ist auf dem Weg die beiden Schwerverletzten abzuholen. Tonys Beinwunde hat sich entzündet und er hat eine Lungenentzündung. Jethro hat eine Kopfverletzung. Wie schwer sie ist, konnte mir unser lieber Timothy leider nicht sagen. Sie melden sich sobald sie wissen in welches Krankenhaus die Beiden gebracht werden.“ Er hörte Abby aufschluchzen und Tabitha stöhnen. Nur Ziva saß unbewegt und ohne einen Ton von sich zu geben, auf ihrem Stuhl und starrte ihn an. Scheinbar war für sie alle die Zeit des Wartens noch nicht vorbei.

~~~***~~~

Das Ärzteteam wurde von Fornell in die Hütte gelassen und machte sich ohne große Worte schnell an die Arbeit. Tony wurde aus Gibbs Armen gezogen und auf eine Bahre gehoben. Während sich zwei Sanitäter um DiNozzo kümmerten, machte sich ein weiterer an Gibbs zu schaffen. Die beiden leichtverletzten FBI Agents waren schon zuvor von Palmer versorgt worden.

Tony bekam Zugänge gelegt und ein Mittel verabreicht, das ihm das Atmen erleichtern solle. Sein Bein wurde notdürftig neu versorgt und in eine aufblasbare Schiene gelegt. Jethros Kopfwunde wurde neu verbunden und auch ihm wurde ein Zugang gelegt. Als ihn der Sanitäter dazu bringen wollte sich auf eine Bahre zu legen, protestierte der Grauhaarige jedoch stark. Nie und nimmer würde er sich aus der Hütte tragen lassen.

„Lassen Sie mich in Ruhe. Ich kann laufen“, knurrte er den Sani an. „Kümmern Sie sich lieber um meinen Agent“, fügte er hinzu und stand schwankend auf. Wie unauffällig stellte sich McGee an seine Seite und Gibbs legte ihm eine Hand auf die Schulter. Jethro musste erst einmal den Schwindel bekämpfen, der dafür sorgte dass auch die Übelkeit wieder zunahm.

„Wir können fliegen“, sagte in dem Moment ein junger Arzt. „Wir können allerdings nur die beiden Schwerverletzten mitnehmen. Mehr passen nicht in unseren Helikopter.“

Fornell nickte ihm zu. „Das geht in Ordnung. Wir haben einen Flieger hier. Schaffen meine beiden Agents einen Fußmarsch von etwa einer Stunde?“, fragte er den Mediziner und sah dabei seine beiden Männer an.

„Ich denke ja. Ihre Verletzungen sind nicht schlimm. Wenn Sie es langsam angehen, sollte das kein Problem werden. Und zur Not haben Sie ja auch einen Arzt dabei“, sagte er und nickte in Jimmys Richtung, der auf dem Boden kniete und Piets Wunde versorgte. Der Schuss schien glatt durch seinen Körper gegangen zu sein und wie durch ein Wunder hatte er scheinbar keine Organe verletzt. Mit ein bisschen Pflege und gutem Willen würde der Hund überleben.

„Gut“, sagte Tobias und griff zu seinem Satellitentelefon. „Wo bringen Sie, sie hin?“

„In das Ortho Health Hospital, nach Barrie. Das liegt von hier aus am nächsten.“

„Danke“, sagte Fornell und während die Männer die Bahre zum Helikopter brachten, informierte er Gibbs Team.

~~~***~~~

Seit zwei Stunden saßen sie nun schon im Wartebereich des Krankenhauses. Nach Tobias Anruf hatten sie sich sofort aufgemacht und waren sogar noch vor dem Helikopter angekommen. Das Warten sog an Zivas Nerven. Nur Milenas Anwesenheit hielt sie von einem Zusammenbruch ab. Noch immer wussten sie nichts über den Zustand der Beiden. Sie hatten Tony und Jethro kurz gesehen, als sie aus dem Heli herein gebracht wurden. Seitdem warteten sie auf eine Nachricht.

„Kannst du nicht noch einmal nachfragen?“, fragte Abby in dem Moment und sah Ducky flehend an.

„Meine liebe Abigail“, sagte dieser und öffnete seine Arme, in die sich Abby auch sofort flüchtete. „Lassen wir die Ärzte doch einfach ihre Arbeit machen. So erfahren wir am schnellsten wie es ihnen geht“, sagte der Pathologe und strich ihr beruhigend über den Rücken.

Tabby, der das Warten auch zu lang wurde, sprang auf und nahm ihren Lauf durch den Korridor wieder auf.

Ziva, die Mia auf dem Schoß hatte, zog die Kleine nur noch enger an sich. „Alles wird gut, Engelchen. Du wirst sehen“, flüsterte sie ihr zu.

„Gehören Sie zu den NCIS Agents?“ Ohne dass sie es bemerkt hatten, waren ein Arzt und eine Schwester auf sie zugekommen.

„Ja“, kam es aus allen Mündern und dann übernahm Ducky kurz das Vorstellen.

Der Arzt nickte ihnen zu. „Ich bin Dr. Jackson. Mrs. Gibbs?“, fragte er und blickte in die Runde.

Abby schuppste Tab an. „Er meint dich.“

Die dunkelhaarige Jugendarbeiterin sah auf. „Ich.... ich...ich bin nicht.....“, stotterte sie.

„Sie müssen entschuldigen“, fuhr Ducky ihr über den Mund. „Aber Sie ist etwas durcheinander. Es waren lange Tage für uns alle“, teilte der Pathologe Dr. Jackson mit. Auf keinen Fall wollte er das Tabitha sich jetzt verriet. Danach würde der Arzt sich auf seine Schweigepflicht berufen und das würde nur zu einem weiteren Zeitverlust führen.  

„Also Mrs. Gibbs, warum setzen Sie sich nicht etwas zu mir?“

Unsicher sah Tabitha in die Runde. Sie verstand schon Duckys Bemühungen, aber sollte sie sich wirklich als Jeths Frau ausgeben? Ja, sie lebten zwar wie Mann und Frau zusammen, aber den amtlichen Trauschein hatte sie nicht und würde sie auch nie haben. Hilfe suchend sah sie Ziva an und diese nickte ihr zu. Okay, dann sollte es  eben so sein.

Nachdem Tab sich zu den anderen gesetzt hatte, fuhr der Arzt fort. „Also ihr Mann hat einen starken Schlag gegen den Kopf bekommen. Wir haben zuerst einen Schädelbruch vermutet, da Agent Gibbs lange bewusstlos war. Aber das CT hat keine Anzeichen einer Fraktur ergeben. Wir haben die Wunde genäht und sobald er die schwere Gehirnerschütterung überstanden hat, kann er wieder nach Hause.“

Tabitha lächelte den Arzt an. „Kann ich zu ihm.“

„Aber natürlich“, erwiderte der Arzt ebenfalls mit einem Lächeln. „Die Schwester wird sie zu ihm bringen. Wir haben ihn auf ein Zimmer gelegt. Er hat im Moment noch schwer mit den Auswirkungen der Gehirnerschütterung zu kämpfen. Aber die Medikamente sollten bald anschlagen, also halten Sie es bitte kurz.“

Unsicher schaute Tab die Krankenschwester an. Sollte sie mit ihr zu Jethro gehen? Oder lieber bei den anderen warten. Doch dann stand ihr Entschluss fest. „Was ist mit Tony, Agent DiNozzo?“, verbesserte sie sich sofort. Sie musste erst wissen wie es Tony ging, bevor sie zu ihrem Gunny konnte. Denn den würde das sicher auch interessieren.

„Mrs. DiNozzo?“, wieder blickte Dr. Jackson in die Runde und als Ziva nickte, sprach er weiter. „Hallo? Wer bist denn du?“, fragte er das Kind auf ihrem Schoß, das herzzerreißend an ihren Fingern nuckelte.

Mit einem Plopp zog Mia ihre Finger aus dem Mund. „Milena DiNozzo“, sagte sie zaghaft und sah den Arzt aufmerksam an.

„Milena, das ist aber ein schöner Name. Magst du Eis?“

Vorsichtig nickte sie. So ganz geheuer war der Mann ihr nicht. „Darf ich zu Daddy?“, fragte sie gerade heraus.

Der Arzt lächelte sie milde an. „Später. Was hältst du davon, wenn du dir jetzt ein Eis holst und dann sehen wir weiter.“

Mias Kopf schoss hoch. Ein Eis? Sie wollte jetzt kein Eis. Sie wollte auch nicht weg. Sie wollte zu ihrem Daddy. „Mommy?“, fragte sie unsicher. „Ich will kein Eis und ich will nicht weg.“

Ziva sah von Mia zu dem Arzt. „Das musst du nicht.“ Aber sie hatte verstanden das der Arzt ihr etwas wichtiges zu sagen hatte, das nicht unbedingt für Kinderohren gedacht war. „Gibst du mir bitte deinen I Pod?“, fragte sie Abby daher. Damit konnte sie die Kleine bei sich behalten und trotzdem würde sie nicht alles sofort mitbekommen. Während Abby ihr das Gerät überreichte, sah sie ihre Stieftochter an. „Du hörst jetzt kurz Tante Abbys Musik.“

Mias Gesichtsausdruck änderte sich von fragend zu ängstlich. Irgendwas wollten die Erwachsenen ihr verschweigen. Nur so konnte sie sich das alles erklären. Tapfer steckte sie sich die Stöpsel in die Ohren und gleichzeitig auch wieder die Finger in den Mund. Puppe wog heute schwer in ihren Armen, als ihre Mommy die Musik lauter drehte.

Nachdem Ziva sicher war das Mia nur noch Musik hörte, sah sie den Arzt auffordernd an.

„Also Mrs. DiNozzo. Ihr Mann hat zwei gebrochene Rippen, eine tiefe Stichwunde im  Bizep und eine infizierte Bisswunde am Unterschenkel. Die sonstigen Prellungen, Abschürfungen, und Schnitte am Körper, sind nur von oberflächlicher Natur und werden problemlos verheilen. Allerdings hat er viel Blut verloren, dazu kommt noch eine schwere Lungenentzündung und eine Patellaluxation der rechten Kniescheibe.“ Er machte eine kleine Pause.

„Damit hatte unser Anthony schon einmal ein Problem“, sagte Ducky leicht abwesend.

„Ja, das dachte ich mir schon. Die Kniescheibe ist aufgrund eines heftigen Schlages herausgesprungen und hat sich alleine wieder eingerenkt. Normalerweise würden wir so eine Luxation operativ versorgen, gerade weil ihr Mann schon einmal daran gelitten hat, aber aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes haben wir davon Abstand genommen und uns für die konservative Art der Heilung entschieden.“ Wieder machte er eine kleine Pause.

Ziva sah ihn an und wappnete sich für die Dinge, die scheinbar noch folgen sollten. Erst jetzt bemerkte sie, dass auch der Rest des Außenteams zu ihnen gestoßen war. Tim und Fornell standen bei Ducky und unterhielten sich leise mit dem Pathologen.

„Im Moment kann ich Ihnen nicht sagen, was uns mehr Kopfzerbrechen bereitet. Die Lungenentzündung oder die Sepsis. Die Beinwunde haben wir erst einmal medizinisch gereinigt. Er bekommt ein starkes Antibiotikum, aber sein Körper ist aufgrund des Fiebers sehr geschwächt. Wir können jetzt nur hoffen, dass die Sepsis noch nicht zu weit fortgeschritten ist, es zu keinem Organversagen kommt und das das Fieber schnell fällt. Sollte das nicht der Fall sein, werden wir den Unterschenkel amputieren müssen.“

Ziva schnappte nach Luft und Abby flüchtete sich in Tims Arme.

„Aber das ist wirklich das letzte, was bleiben würde. Es tut mir leid, das ich Ihnen nichts erfreulicheres mitteilen kann.“

„Können wir ihn sehen?“, fragte Ziva leise.

Der Arzt stand auf und nickte ihr zu. „Ja, er liegt auf der Intensiv-Station. Bis seine Entzündungswerte fallen, kann ich sie leider nicht zu ihm lassen, aber Sie können Ihn durch die Scheibe sehen. Es tut mir leid.“

Ziva zog Milena die Kopfhörer aus den Ohren. Sie hatte beobachtet, wie die Kleine versucht hatte, trotz der Musik, dem Gespräch zu folgen. Jetzt sah sie sie wartend an. „Komm“, sagte Ziva leise. „Wir gehen zu Daddy.“

TBC.................................................

29. Kapitel (22.11.11)

Um ihn nicht aufzuwecken, betrat Tabitha leise das Krankenzimmer ihres Gunnys. Doch ihre Sorge war unbegründet, denn blaue Augen blickten sie zwar schmerzvoll aber doch wach an. Um seine Stirn hatte er einen dicken Verband und seine Gesichtsfarbe machte der Verbandsfarbe Konkurrenz. Unter den Augen standen dunkle Ränder und in seiner rechten Hand hielt er eine Spuckschale, in die er sich wohl gerade erst übergeben hatte.  

Schnell war sie an seiner Seite. „Hey“, sagte sie leise, nahm vom Nachttisch einen feuchten Lappen und half ihm kurz dabei sich zu säubern. Dann legte sie ihre Lippen auf seine.

„Ich hatte solche Angst“, gestand sie ihm mit Tränen in den Augen und schmiegte ihre Stirn an seine, während er seine Arme um sie legte und sie eng an sich zog.

„Was machst du hier, Tab“, flüsterte ihr Gunny. „Warum bist du hier in Kanada?“

„Wir sind alle hier. Wir haben das Warten nicht mehr ausgehalten.“

„Ziva etwa auch?“ Und als er sie nicken sah, seufzte er auf. „Verdammt noch mal. Ich hätte es wissen müssen. Diese Frau kann man nur anbinden, um sie von irgendwas abzuhalten.“

„Hey“, sagte Tab aufgebracht. „Dir scheint es ja gut zu gehen, wenn du schon wieder fluchen kannst.“ Wütend rückte sie ein Stück von ihm weg und schlängelte sich aus seinem Griff.

„Nein“, sagte er flehend. „Bleib. Bitte.“ Schwäche und Gefühle zu zeigen, lag ihm nicht besonders. Er verstand sich mehr aufs Grummeln und Meckern. Im Affekt hatte er etwas zu schnell seinen Kopf gehoben und sah Tab plötzlich doppelt. Schwindel überkam ihn und schnell griff er wieder zu der Spuckschale. Ein paar Augenblicke später, als der Reiz nachließ, ließ er seinen Kopf vorsichtig in die Kissen sinken. Nachdem er die Schale an Tabitha weiter gereicht und ein paarmal tief durchgeatmet hatte, streckte er seine Hand wieder nach ihr aus. „Verlass mich nicht Tabby. Ich brauche dich. Dich und unser Baby.“

Schnell stellte sie die Schale in das Waschbecken, dann ließ Tab sich wieder auf der Bettkante nieder. Mit Wohlwollen sah sie, wie Jethro eine Hand auf ihren noch flachen Bauch legte. „Ich bin hier, wo ich sein will.“

„Ich liebe dich Tab“, sagte er leise und zog sie wieder in seine Arme.

Obwohl sie ihre Tränen eigentlich zurückhalten wollte, liefen sie ihr jetzt doch über die Wangen. „Ich dich auch Gunny“, wisperte sie.

~~~***~~~

„Hallo Mr. DiNozzo. Wie geht es ihnen heute Morgen“, fragte die junge Krankenschwester und öffnete die Fenstervorhänge, bevor sie mit einem Fieberthermometer auf ihn zukam.

„Wenn ich Sie sehe schon deutlich besser“, flirtete der ältere Mann mit ihr. „Sie sehen heute Morgen aber auch wieder bezaubernd aus“, sagte er und ließ sich von ihr das Thermometer in den Mund stecken.

Ihr Lachen war glockenhell und wärmte sein altes Herz. Nach dem Piepen zog sie ihm das kleine Gerät wieder aus dem Mund heraus und warf einen Blick darauf. „Na das sieht doch gut aus. Ich bin sicher, wenn Sie so weiter machen, werde ich Sie nicht mehr lange wecken können.“

„Oh“, machte er. „Alleine darum könnte ich es mir überlegen und lass mir noch eine andere Krankheit einfallen. Aber mal ehrlich, was sagen Sie dazu, wenn ich Sie zum Essen einlade?“

Wieder lachte sie auf und ihr Zopf wippte im Takt ihrer Tätigkeiten. „Vergessen Sie es. Sie wissen doch. Unsere Regeln. ‚Lass dich nie mit einem Patienten ein‘.“

„Regeln sind dazu da, umgangen zu werden“, teilte er ihr gut gelaunt mit und sah ihr bei der Arbeit zu. Es ging ihm wirklich gut, so gut wie schon seit langem nicht mehr. Die OP hatte er gut überstanden und seit er wieder auf der normalen Station lag, ging es stetig weiter bergauf. Sein Körper war zwar noch schwach, aber er war auf dem besten Wege zu genesen. Das Einzige, das sein Gemüt nieder drückte, war die Tatsache, dass er immer noch keine Neuigkeiten aus Kanada hatte. Das leise Geräusch der Tür ließ ihn aufblicken.

„Dr. Talor. Was verschafft mir die frühe Ehre ihres Besuches?“, fragte er seinen Arzt. „Die Visite ist doch sonst erst um die Mittagszeit.“

Der Arzt schenkte seinem Patienten ein verwirrtes Lächeln. „Wie geht es ihnen heute Morgen?“

„Gut, danke der Nachfrage. Wann kann ich hier raus?“

Dr. Talor hatte sich auf die Bettkante gesetzt und in seiner Akte geblättert. Jetzt verglich er gerade die letzten EKGs. „Wenn Sie weiter solche Fortschritte machen, dann kann ich sie in spätestens drei Tagen in die Reha überführen.“

„Na, das ist aber nicht das, was ich meinte. Da tausche ich ja nur ein Bett gegen ein anderes.“

„Von wegen, die werden Sie wieder fit machen. Dann hat das müde herumliegen ein Ende.“

Das tiefe Einatmen des Arztes verhieß nichts Gutes. Und Anthony Seniors Nerven spannten sich an. „Was wollen sie mir noch sagen?“, fragte er gerade heraus und wappnete sich für die Antwort.

„Ihre Schwiegertochter hat sich gemeldet und ....“

„Mein Sohn? Was ist mit meinem Sohn?“, unterbrach er den Mediziner.

„Beruhigen Sie sich erst mal wieder, dann erzähle ich weiter.“

„Sagen Sie es mir sofort, sonst garantiere ich für nichts.“

„Okay, wie Sie meinen. Ihr Sohn liegt im Krankenhaus in Barrie, in der Nähe von Toronto. Er hat eine Lungenentzündung und eine tiefe Sepsis am Bein.“

Anthonys Hand fuhr hoch zu seiner Narbe. Plötzlich hatte er ein starkes Beklemmungsgefühl in der Brust. Die Stimme des Arztes hörte er nur noch wie durch Watte.

„Ruhig atmen, Mr. DiNozzo. Beruhigen sie sich.“

„Wie soll ich mich beruhigen, wenn mein Sohn vielleicht stirbt?“ Plötzlich machte alles keinen Sinn mehr und resigniert schloss er die Augen.

~~~***~~~

Mia kuschelte sich ganz eng an Ziva, während sie durch die Glasscheibe zu Tony sahen. Das schlimmste für Ziva war, das sie nicht zu ihm durfte, dass sie ihn nur hier durch eine Scheibe sehen konnte. Dass sie ihn nicht berühren und streicheln konnte, sie wollte ihm ihre Nähe zeigen. Kurz hatte sie überlegt sich dem Verbot zu widersetzen und das Zimmer zu stürmen. Aber in Rücksicht auf ihr Baby verwarf sie den Gedanken wieder.

Irgendeine freundliche Krankenschwester hatte für Milena einen Stuhl gebracht, auf den die Kleine nun stand. Ihre Nase drückte fast gegen die Glasscheibe. Sie wollte so viel wie möglich von ihrem Vater sehen und auch Ziva versuchte es ihr gleich zutun. Doch so wirklich viel konnten sie von ihrem Standort aus nicht erkennen. Die Geräte die um ihn herum standen, nahmen ihnen die Sicht. Als eine Schwester kurz darauf den Raum verließ, hielt Ziva sie auf.

„Wie geht es meinem Mann?“

„Mrs. DiNozzo?“ Ziva nickte ihr zu. „Im Moment sehen seine Werte ganz gut aus.“ Beruhigend lächelte sie ihr zu. „Er ist wach. Wenn sie durch die Scheibe an der Tür schauen, dann können Sie ihn besser sehen.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging weiter.

Ziva zwinkerte Mia zu, dann zogen sie mitsamt dem Stuhl um. Sie stellte sich ganz nah an die Scheibe und hob eine Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. Müde grüne Augen sahen sie an. Es war für beide schrecklich ihn so zu sehen. Sein Atem war kurz und oberflächlich und sie konnte sehen, wie ihm jeder Atemzug zusetzte. Auf dem Gesicht hatte er eine Sauerstoffmaske und diverse Geräte hingen an ihm und erzeugten ein ihr nur zu vertrautes Geräusch. Zivas Lippen formten ein stummes „Ich liebe dich“. Sie sah seinen Versuch sich die Maske vom Gesicht zuziehen, aber die Anstrengung war zuviel für ihn und sein Arm fiel wieder zurück aufs Bett. Plötzlich veränderten sich die Geräusche und aus der Taktfrequenz wurde ein Daueralarmton. Beunruhigt sah Ziva sich um und sah auch schon ein paar Ärzte und Schwestern auf sich zukommen. Eilig machte sie ihnen Platz und drehte Milena von dem Fenster weg.

„Wird Daddy wieder gesund?“, fragte diese ihre Mommy ängstlich.

„Ja Schatz, Daddy wird wieder gesund.“

„Versprichst du es?“, sagte Mia, mit weinerlicher Stimme.

Zivas Stimme zitterte leicht, als sie ihr antwortete. „Ich verspreche es dir.“ Und ich hoffe, dass ich das Versprechen auch halten kann, fügte sie in Gedanken hinzu.

~~~***~~~

Tony schwebte. Er schwebte noch immer über den Wolken, aber er hatte keine Schmerzen mehr. Von dem Flug zurück in die Zivilisation hatte Tony so gut wie nichts mitbekommen. Sie hatten ihn ein starkes Beruhigungsmittel gespritzt und er war immer wieder eingeschlafen. Doch jedes Mal, wenn er wach war, hatte Gibbs an seiner Seite gesessen und seine Hand gehalten. Erst im Krankenhaus waren sie getrennt worden. Die Untersuchungen und Behandlungen die Tony über sich ergehen lassen musste, hatten ihn an den Rand seiner Kräfte gebracht. Jetzt war er nur froh, dass etwas Ruhe eingekehrt war und er wieder zu Atem kommen konnte.

An der Tür sah er eine Bewegung. Da standen sie, seine Frau und seine Tochter. Ziva war wunderschön, aber in ihren Gesichtszügen hatten auch Angst und Sorge ihre Spuren hinterlassen. Sie wirkte übernächtigt, doch sein benebeltes Gehirn, ließ keine logische Überlegung mehr zu. Daher konnte er nur raten ob es wegen ihm oder der Schwangerschaft war.

Tony sah wie sich ihre Lippen bewegten und er hob den Arm um es ihr gleich zutun, aber vorher musste er die Sauerstoffmaske loswerden. Doch die Anstrengungen der letzten Tage, forderten ihren Tribut und sein Arm viel kraftlos wieder auf die Kissen. Die Luft die ihm eh schon zu eng war, wurde schlagartig noch knapper. Ein neuer Schmerz fraß sich durch seine Brust und unweigerlich krümmte er sich zusammen. Ein einsetzender Hustenanfall hinderte ihm am atmen. Er bekam einfach keine Luft mehr in seine Lungen. Fühlte es sich so an, wenn man erstickte? Luft, er brauchte Luft. Sein ängstlicher Blick fing den von Ziva, die Milena vom Fenster weg drehte, dann war ein Ärzteteam vor Ort, sein Kopf wurde nach hinten gedehnt, sein Hals überstreckt und die Welt um Tony herum wurde wieder dunkel.

~~~***~~~

Unbemerkt von Ziva und Milena, war der alte Pathologe hinter sie getreten. Jetzt legte er der werdenden Mutter eine Hand auf die Schulter und zog sie sanft von der Tür weg. „Komm meine Liebe, hier können wir im Moment nichts machen. Wir sollten uns darüber setzen.“

Ziva folgte ihm ohne die Worte so richtig verstanden zuhaben. Nur am Rande bekam sie mit, wie eine verweinte Abby ihr Mia aus den Armen nahm. Ihr Körper war wie abgestorben. Sie spürte nichts mehr, nur noch einen Schmerz in der Brust. Tony durfte einfach nicht sterben. Was sollte sie nur ohne ihn machen? Wie sollte ihr Leben aussehen? Es würde leer und einsam werden. Stumm und ohne Tränen, blickte sie immer noch auf das Fenster in der Tür.

~~~***~~~

Abby war mit Milena und Tim langsam den Flur entlang gelaufen. Sie wollte sich nicht all zu weit von dem Intensivzimmer entfernen. Aber Ducky hatte sie gebeten sich kurz um Mia zu kümmern, denn das Kind war schon traumatisiert genug.

„Tante Abby?“

„Ja Engelchen? Was gibt es?“

„Ich habe Angst“, sagte sie und zog ihre Unterlippe hoch.

Sofort ließ sich Abby auf ein Knie nieder. Was sollte sie dem Kind jetzt nur sagen. Auch sie hatte Angst. Doch das würde Mias Panik nur verschlimmern. Also biss sie sich auf die Lippen und schluckte ihre eigene Angst herunter.

„Schhhccchhhh Kleines, alles wird wieder gut.“

„Ich....“, sagte Mia und zog ihre Nase hoch. „Ich glaube nicht.“

Abby schloss Milena stumm in ihre Arme und sah hilflos zu Tim hoch. Was sollte sie darauf nur antworten? Sie fühlte sich überfordert und wünschte sich einmal mehr ihren Silberfuchs herbei.

~~~***~~~

Als der Arzt wieder aus Tonys Zimmer kam, sprang Ziva ihm vor Ungeduld, fast entgegen.

„Es tut mir leid“, sagte er leise und Zivas Augen weiteten sich.

Ganz ruhig legte sie eine Hand auf ihren Bauch. Das Baby fiel ihr plötzlich ein. Sie hatte schon lange nicht mehr das Baby gespürt. Hatte sie es in dem ganzen Stress nicht bemerkt? Oder hatten die Bewegungen wirklich aufgehört?

„Ziva meine Liebe, hörst du zu?“, drang Duckys Stimme zu ihr durch.

„Ja.“ Fahrig fuhr sie sich über die Stirn. „Ja, natürlich. Tony ist tot.“

Der alte Pathologe fasste sie sanft an den Schultern und schüttelte sie leicht. „Nein meine Liebe. Was sagst du denn da, er lebt. Tony lebt.“

„Mrs. DiNozzo es stimmt, ihr Mann lebt. Im Moment. Aufgrund der fortgeschrittenen Sepsis hat seine Atmung ausgesetzt. Erschwerend kommt auch noch die Lungenentzündung dazu. Wir mussten ihn intubieren und haben ihn in ein künstliches Koma versetzt.“

Ziva hörte zu, konnte aber nichts sagen. So übernahm Ducky das Gespräch. „Wie sehen seine Chancen aus?“

Der Mediziner fuhr sich über die Stirn. „Wenn noch mehr Organe versagen und sich seine Werte nicht bessern...“

Ducky nickte ihm zu. Er musste den Satz auch gar nicht beenden, er verstand ihn auch so.  

~~~***~~~

Am nächsten Morgen

„Das ist jetzt nicht dein ernst, Ducky.“ Um seine Haltung zu unterstützen, verschränkte er seine Arme vor der Brust. „Da setz ich mich auf keinen Fall rein.“

Der Pathologe lächelte. Auf das Gespräch war er vorbereitet gewesen. „Das ist der einzige Kompromiss den ich dir anbieten kann. Wenn du zu Anthony willst, dann so“, sagte er und fuhr den Rollstuhl ans Bett.

„ICH habe nichts an meinen Beinen. Ich kann laufen, im Gegensatz zu DiNozzo“, kam es kämpferisch vom Bett.

„Jethro, ich bitte dich. So oder gar nicht. Du willst zu Anthony? Das kann ich verstehen, aber sieh dir doch bloß deine Hände an, sie zittern immer noch. Und was meinst du wie weit du zu Fuß kommen würdest? Nicht bis zur Tür.“

„Das werden wir ja sehen“, knurrte Gibbs, schlug die Decke auf und rutschte zur Bettkante. Dabei versuchte er seinen angeschlagenen Kopf so ruhig wie möglich zu halten, um einen erneuten Schwindelanfall zu vermeiden. Angewidert warf er einen Blick auf den Infusionsständer, der neben seinem Bett stand und mit dem er verbunden war. Ihn würde er notgedrungen mit nehmen müssen. Langsam ließ er sich von der Kante gleiten und stand Augenblicke später auf seinen nackten, wenn auch wackligen Füßen. Na das ging doch schon einmal ganz gut, dachte er und grinste Ducky siegessicher zu. Er streckte seinen Arm aus, um den Infusionsständer an sich zu ziehen. Die Schwindelattacke kam ohne Vorwarnung und traf ihn völlig unvorbereitet. Plötzlich drehte sich der Raum und Ducky stand doppelt vor ihm. Mit einem Stöhnen fiel er zurück auf sein Bett und spürte den besorgten Blick seines alten Freundes auf sich. Resigniert schloss er die Augen. Wenn doch nur der Schwindel aufhören würde. Leichte Übelkeit machte sich in ihm breit.

„Ich muss jetzt nichts sagen, oder?“, fragte ihn der Pathologe. „Aber ich denke, wir versuchen es jetzt doch mit dem Rollstuhl?“

~~~***~~~

Kurz darauf standen sie vor Tonys Zimmer. Es war das erste Mal das der Grauhaarige seinen Agent wieder sah. Ducky hatte ihn zwar über DiNozzos Gesundheitszustand auf dem Laufenden gehalten, aber es zu hören oder zu sehen, war ein Himmel weiter Unterschied. Durch die künstliche Beatmung hob und senkte sich sein Brustkorb regelmäßig. Wenn die Maschinen und Schläuche nicht gewesen wären, hätte es so aussehen können als schliefe Tony lediglich.

„Wie stehen seine Chancen?“

„Wenn die Entzündungswerte in den nächsten 12 Stunden nicht sinken, müssen sie ihm das Bein amputieren. Es darf jetzt zu keinem weiteren Organversagen kommen, dann käme jede Hilfe zu spät. Wir können nur abwarten und hoffen, dass die Medikamente anschlagen.“

Immer noch waren die Augen des Grauhaarigen auf das Bett seines Freundes gerichtet.

„Bring mich zu ihm“, forderte Gibbs.

„Jethro, das wäre weder für deine Kopfverletzung noch für sein schwaches Immunsystem ratsam.“

„Ducky, du verstehst nicht. Wenn er es schaffen soll, dann muss ich es ihm befehlen. Das hat bisher immer funktioniert.“ Er spürte eine Hand auf seiner Schulter.

„Warte hier, ich rede mit den Ärzten“, sagte der Mediziner und machte sich auf die Suche nach Tonys zuständigem Arzt.

~~~***~~~

Alleine saß Gibbs neben Tonys Bett und hielt dessen Hand in seiner. Ducky hatte sich respektvoll, weil er wusste das Jethro ein paar Minuten alleine mit seinem Agent haben wollte, in den Flur begeben. Dort sah er ihn leise mit einer Krankenschwester sprechen.

„Hey DiNozzo, ich weiß nicht ob du mich hören kannst, aber du musst kämpfen.“ Beruhigend fuhren seine Finger über Tonys Hand. Dann warf er einen Blick über seine Schulter, nur um sicher zugehen, das er noch immer alleine im Zimmer war.

„Tony, kämpfe. Kämpfe für Ziva. Deine Kinder brauchen dich.“ Seine Hand stellte die Bremse des Rollstuhls fest. Langsam schob er sich auf die Füße und beugte sich leicht schwankend über seinen Freund. Eine Hand legte er auf Tony Wange und spürte die Wärme die vom Fieber kam.

„Ich brauche dich an meiner Seite. Ich will keinen anderen. Ich will dich. Hörst du? Ich brauche dich, als Agent, als Freund und auch..“, er schluckte krampfhaft. „…und auch als Sohn.“ Ein letztes Mal streichelte er Tonys Wange, dann ließ er sich mit einem Ächtzen wieder in den Rollstuhl sinken. Was hatte Ducky noch gesagt? 12 Stunden? Das Warten war noch nicht vorbei.

TBC.....

30. Kapitel (25.11.11)

Fünf Tage später

Ziva hatte eine Hand in ihrem Rücken liegen. Sie hatte schon den ganzen Morgen Rückschmerzen, aber mittlerweile wurden sie immer heftiger. Seit fünf Tagen stand sie nun schon vor der Scheibe, auf der Intensivstation und konnte nichts anderes tun, als ihrem Mann beim Kampf um sein Leben zuzusehen. Meistens hatte sie dabei Gesellschaft von Gibbs oder den anderen bekommen. Nur Milena hatten sie, seitdem ihr Vater beinah vor ihren Augen gestorben war, nicht mehr mitgenommen. Die Kleine hatte es schon schwer genug im Moment und Annie kümmerte sich gerne um das Kind, oder sie blieb bei einem ihrer Tanten und Onkel.  

Dreimal wäre Tony, in den letzten Tagen, beinah gestorben, weil aufgrund der Sepsis seine Organe nicht mehr mitmachten. Dreimal stand sein Leben so weit auf der Kippe, das Ziva ihre Erlaubnis zur Amputation gegeben hatte. Doch plötzlich wie durch ein Wunder besserten sich seine Werte. Seit gestern waren seine Lungenwerte so gut, dass sie ihm den Tubus ziehen konnten und ihn langsam aus dem künstlichen Koma holten. Heute durfte Ziva zum ersten Mal zu ihm ins Zimmer. Die Sepsis war zwar noch nicht ausgestanden, aber er war nicht mehr hochgradig ansteckend und ein kurzer Besuch würden Mutter und Kind nicht schaden. Milena hatte sie heute vorsorglich bei Tabitha und Gibbs gelassen. Diesem ging es schon wieder so gut, dass er die Schwestern mit seiner grummeligen Art, zur Weißglut trieb. Er würde schon morgen die Klinik verlassen können und sobald Tony transportfähig war, wollten sie das Land in Richtung Heimat verlassen. Ziva sehnte sich nach ihrem und Tonys zu Hause. Nach ein Stückchen Normalität. Außerdem spürte sie, dass das Baby kommen wollte. Beruhigend strich sie wieder über ihren Bauch.

„Mrs. DiNozzo?“

„Ja“, sagte Ziva und drehte sich zu der Stimme um.

„Ihr Mann wacht gerade auf. Wenn Sie möchten, bring ich Sie jetzt zu ihm.“

Ziva nickte dankend und ließ sich von der Intensivschwester in einen Kittel helfen.

„Zu ihrer eigenen Sicherheit sollten Sie einen Mundschutz tragen“, sagte die Schwester und reichte Ziva das Gazestück.

~~~***~~~

Langsam ging sie auf sein Bett zu. Zum ersten Mal seit Monaten sah sie ihn wieder aus der Nähe. Beruhigend strich sie über seine Hand und seine Wange, um zu spüren das er auch Wirklichkeit war und nicht nur ein Trugbild ihrer Einbildung.

„Tony“, flüsterte sie.

Die Schwester schob ihr einen Stuhl unter, auf den sich Ziva nur zu gerne setzte, dann wanderte ihr Blick wieder zu ihrem Mann. An seiner Stirn hatte er eine kleine Platzwunde, sein Gesicht war immer noch von Schnitten und Abschürfungen gezeichnet. Um sein rechtes Auge sah sie noch die Reste eines Veilchens und die Haut über seinen Wangenknochen war noch immer etwas geschwollen, doch die Heilung hatte hier schon eingesetzt. Unter seinem Krankenhaushemd konnte sie einen Brustverband erahnen und seine Arme waren von frischeren Schnitten und Stichwunden übersät. Die tieferen waren verbunden, die leichteren heilten an der Luft. Ziva atmete schmerzerfüllt aus. Was würde sie nicht dafür geben, ihm seine Schmerzen nehmen zu können. Jetzt hatte sie schon so viel gesehen, dass der Rest ihr auch noch zustand. Also schlug sie seine Bettdecke hoch. Sein verletztes Bein lag erhöht, die Wunde an der Wade war nur mit einem sterilen Tuch abgedeckt, sein Knie dagegen war fest bandagiert.

„Oh Tony, hört das denn nie auf.“ Vom Bett her vernahm sie eine Bewegung. Ziva deckte ihn wieder zu, stand auf, kam näher und blickte in müde grüne Augen.

„Ziva“, hauchte er. Seine Atmung war immer noch angestrengt und ein Hustenanfall schüttelte seinen Körper durch.

„Schsst nicht sprechen, Tony. Spar deine Kräfte.“

„Ich dachte ich sehe dich und Mia nie wieder“, kam es schwach von ihm und Tränen lösten sich aus seinen Augen.

Zum zweiten Mal in ihrem Leben sah Ziva ihren Mann weinen. Vorsichtig, um ihm nicht noch mehr Schmerzen zu bereiten, beugte sie sich über ihn und nahm ihn in die Arme. Sie wiegte ihn, wie sie auch Mia wiegte und genauso beruhigten ihn ihre kleinen, leisen Worte. Sie hätte hinterher nicht mehr sagen können, wie lange sie so da saßen, aber es war ihr auch egal. Es zählte nur seine Nähe.

„Du schaffst das, hörst du? Wir schaffen das, Tony. Wir haben schon so viel zusammen durchgestanden, da wird uns das hier nicht in die Knie zwingen.“ Vorsichtig ließ sie ihn wieder ins Kissen sinken. „Hast du Schmerzen?“, fragte sie ihn.

„Nein, mir geht es gut. Wie geht es dir und dem Baby?“ Erst jetzt wurde er sich ihres Bauches bewusst. Sie sah wirklich wunderschön aus, noch viel schöner als in seinen wildesten Träumen. „Du bist so schön Ziva“, flüsterte er ihr zu.  

Sie lächelte ihn an. „Ich bin ein dicker Elefant. Da ist nichts mehr dran schön.“

„Oh doch. Immer wenn ich nicht weiter wusste, dann habe ich mich dich vorgestellt und immer sah ich dich so wie jetzt. Wunderschön und schwanger mit unserem Kind.“ Tony musste immer wieder kleine Pausen einlegen, da das Reden ihn sehr anstrengte und müde schlossen sich seine Augen.

„Du solltest jetzt etwas schlafen. Ich komme später wieder“, sagte sie leise und wollte sich schon umdrehen, als er seine Augen wieder öffnete.

„Was ist mit Gibbs?“

„Er kann die Klinik morgen schon verlassen. Und jetzt schlaf, den Rest erzähl ich dir später.“ Kurz lüftete sie ihre Maske und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn, dann verließ sie sein Zimmer.

~~~***~~~

Drei Tage später

„Na DiNozzo? Wie fühlst du dich jetzt, wo es nach Hause geht?“, fragte Gibbs grinsend und sah zu, wie die Sanitäter Tony flugfertig machten. Seine Stirn schmückte noch immer ein großes Pflaster und er hatte eine lächelnde Tabitha im Arm.

„Ich fühle mich berauscht. Im wahrsten Sinne“, kam es von dem Jüngeren. Und damit hatte er gar nicht mal so unrecht, denn sie hatten seine Schmerzmitteldosierung, für den Transport, erhöht und es kam Tony vor, als wenn er jetzt schon fliege.

„Ich freue mich einfach auf mein eigenes Bett“, sagte er und kniff gleichzeitig die Augen zusammen. Von zwei starken Pflegern wurde Tony aus dem Bett und auf eine Trage gehoben. Die Bewegung ging ihm durch Mark und Bein und er stieß pfeifend die Luft zwischen den Zähnen aus.

„Atmen, immer schön weiter atmen, Liebling. Dein eigenes Bett muss noch warten. Du bist noch lange nicht so weit das Krankenhaus zu verlassen.“, kam es von Ziva, sie rückte seine Sauerstoffbrille zurecht und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.

„Man darf ja noch träumen“, kam es von dem Jüngeren.

„Wenn alles weiterhin so gut verheilt, dann musst du bestimmt nicht mehr lange im Bethesda bleiben“, warf Palmer ein. Er konnte seine Hände nur mit Mühe davon abhalten, den Pflegern zur Hilfe zu eilen.

„Du bist mein Held, Jimmy“, sagte DiNozzo lachend. Er hatte sich Palmers Geschichte mehrfach von Tim erzählen lassen und konnte es immer noch nicht wirklich glauben. Sein Autopsiegremlin hatte LeFrey die finale Kugel verpasst und die Welt von einem Psychopathen befreit. Leider kam für Dillan die Rettung zu spät, dachte Tony traurig.

„Was ist jetzt eigentlich für Piet vorgesehen?“

Ziva blickte sich kurz zu Mia um, doch die Kleine saß bei Tabitha und schien ihrem Gespräch nicht zu folgen, denn der Hund war Milenas rotes Tuch.

„Er darf bei Annie und ihrer Bella bleiben“, sagte Ziva. Die ältere Frau war zutiefst erschüttert über Dillans Tod gewesen und da sie wusste, wie sehr der alte Holzfäller seinen Hund geliebt hatte, war es für sie selbstverständlich, Piet bei sich aufnehmen.

Als Milena den Hund kennenlernte, hatte sie sich sofort in ihn verliebt und wollte Piet adoptieren. Nur durch Zivas gutes Zureden und weil sie ihr versprochen hatte, das sie eine Patenschaft für Piet übernehmen könnte, hatte sie sich bereit schlagen lassen, Piet in Kanada zu lassen. Dieser Kompromiss war für alle Beteiligten das Beste. Zum einen blieb der Hund in seiner gewohnten Umgebung, bei ihm vertrauten Menschen und zum anderen war der Malamut nicht unbedingt für die Straßen von D.C. erzogen worden.

„Gut, dann hat er es wenigstens schön auf seine alten Tage“, kam es von dem Braunhaarigen und seine Frau drückte ihm leicht die Hand, während das Pflegepersonal Tony weiterhin auf dem Transport vorbereiteten.

~~~***~~~

Mit einem leichten Lächeln auf dem Gesicht sah Ziva zu, wie die Pfleger Tony aus dem Zimmer schoben. Endlich ging es nach Hause. Ihre Rückschmerzen vor ein paar Tagen hatten sich als Vorwehen herausgestellt und man hatte ihr noch im Krankenhaus einen Wehenblocker verabreicht. Das Partusisten nahm sie nun in Tablettenform ein, doch das hatte sie Tony bisher verschwiegen. Er musste sich jetzt erst einmal auf sich selber konzentrieren, dabei wollte sie ihn nicht mit Sorgen um ihre Person ablenken. Abby, Tim und Ducky waren schon vor zwei Tagen zurückgeflogen, das FBI Team schon etwas eher. Für sie war die Arbeit getan und neue Taten warteten auf Fornell und sein Team.

~~~***~~~

Schweigend folgten Gibbs und Tabitha, die Milena an der Hand hielt, den anderen. Bewundernd sah er seine Tab an. Sie konnte gut mit Kindern und würde eine wunderbare Mutter werden, das war ihm schon heute klar. Mia hüpfte an ihrer Seite vor Vorfreude auf und ab. Sie würden mit einem Jet der Navy zurück fliegen. Das hatte Direktor Vance für sie eingefädelt. An Bord befand sich ein Sanitäterteam und für Notfälle war ja auch Palmer zur Stelle. Gibbs konnte über den jungen Mediziner immer noch nur mit dem Kopf schütteln. Jimmy hatte eine große Wandlung mitgemacht. Vom verweichlichten jungen Pathologen zum mutigen Helden. Ohne ihn und sein Eingreifen hätte LeFrey vielleicht gewonnen. Nicht auszudenken, was das bedeutet hätte. Vor dem Fahrstuhl kamen sie alle wieder zusammen. Als sich dir Türen öffneten und die Pfleger die Bahre über den Eingang schoben, wurde Tony durchgeschüttelt. Sofort maulte er los.

„Könnt ihr nicht aufpassen. Ich will nach Hause und nicht noch mit einem Hüftbruch hier eingeliefert werden.“ Gibbs musste grinsen. Scheinbar war alles wieder beim alten. Tony war noch lange nicht wieder fit und seine Genesung würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber er war auf dem besten Weg dahin.

~~~***~~~

Bethesda, Washington D.C.

„Wann kommen sie denn endlich hier an?“, fragte Abby zum wiederholten Male.
Das restliche Team und Anthony Senior saßen im Wartebereich des Bethesda Naval Hospital und warteten auf die Ankunft des Überführungstransportes vom Flughafen. Tonys Vater hatte sich extra für den heutigen Tag von seiner Reha Maßnahme abgemeldet. Er konnte es kaum erwarten seinen Sohn zu sehen und wenn er sich die junge Labortechnikerin so ansah, ging es ihr wohl ähnlich. Als sich endlich die Türen öffneten, blickten sie erwartungsvoll auf und sahen Ziva, Mia, Tabitha, Gibbs und Jimmy auf sich zukommen.

„Gibbs, Gibbs, Gibbs. Da seid ihr ja endlich. Ich fing schon an mir wieder Sorgen zu machen. Wo ist Tony?“, fragte Abby sofort und versuchte an Gibbs vorbei zu schauen.

„Er wurde untersucht und bekommt gerade ein Zimmer. Du kannst gleich zu ihm. Etwas musst du dich allerdings noch gedulden.“ Damit sah er Tonys Vater an und nickte ihm zu. „Ich glaube, er wartet zuerst auf sie.“

„Grandpa“, jauchzte in dem Moment Milena und wollte zu ihrem Opa flitzen, wurde aber von ihrer Mutter daran gehindert, denn immerhin hatte Tonys Vater eine schwere Operation hinter sich und sie wusste nicht in welcher körperlichen Verfassung er sich zur Zeit befand.

Langsam stand der alte Mann auf und ging auf seine Schwiegertochter und seine Enkelin zu. Beide schloss er in seine Arme. „Ich bin so froh, dass euch nichts passiert ist.“

„Uns geht es gut.“ Ziva nahm ihn fest in den Arm. „Und dir geht es auch wieder besser. Das macht mich glücklich. Und jetzt geh zu ihm. Er wartet schon auf dich, Dad“, sagte sie mit einem Lächeln und erstaunt zog er sie noch enger in seine Arme.

Um seine Gefühle in dem Griff zu bekommen, musste er ein paarmal blinzeln. „Du machst mich glücklich. Danke Ziva.“ Er wuschelte Mia durchs Haar und ging in das offenstehende Zimmer.

~~~***~~~

Lächelnd winkte er der letzten Krankenschwester zu, die gerade das Zimmer verließ. Doch kaum war die Tür ins Schloss gefallen, fiel sein Kopf erschöpft zurück in die Kissen. Er würde es zwar nie zugeben, aber der Flug und der Transport hatten ihm seine Grenzen gezeigt. Und als er dachte es wäre vorbei, standen hier im Bethesda die Untersuchungen an. Da ein Zugang, der gelegt werden musste, dort eine Kanüle Blut und letztlich das Neuverbinden seiner Wunden hatten ihn noch weiter erschöpft.

Sein Bein schmerzte stark, aber er hatte in den letzten Tagen gelernt, den Schmerz zu akzeptieren. Von Gibbs wusste er, wie nah er an einer Amputation vorbeigeschrammt war. Seitdem lebte er mit dem Schmerz irgendwie anders. Sie hatten die Wunde großräumig medizinisch gesäubert. Was aber nichts anderes bedeutete, als das sie große Teile seines Beines aufgeschnitten und das Fleisch abgeschält hatten. Dabei waren sie laut Aussage der Ärzte sehr vorsichtig vorgegangen und hatten nur fauliges, infiziertes Fleisch entfernt. Doch auch Muskeln und Nerven waren der Säuberung zum Opfer gefallen und es würde Monate dauern, bis sich diese durch Physiotherapie und anderen muskelaufbauendem Training neu gebildet hatten. Hinzu kam noch die erneute Beschädigung seiner Kniescheibe. Die Ärzte rieten zu einer Operation, da sonst die Gefahr bestand, dass die Kniescheibe immer mal wieder herausspringen könnte. Aber im Moment wollte Tony davon nichts hören. Es würde noch lange dauern, bis er wieder einigermaßen schmerzfrei auftreten konnte.

Die Lungenentzündung war ebenfalls noch nicht auskuriert, aber die erstickenden Hustenanfälle waren in den letzten Tagen ausgeblieben. Seine Rippenverletzung spürte er dafür kaum noch. Nur an manchen Tagen, wenn er sich zu viel im Bett bewegte. Von den vielen Schnitten und Stichwunden in seinem Oberkörper bereitete ihm nur noch die Stichwunde im Bizeps Probleme. Rein körperlich war Tony also auf dem Weg der Genesung. Doch sein psychischer Zustand sah anders aus. Des Öfteren wurde er nachts von Albträumen gejagt. Dann sah er sich immer wieder dem Wolf oder LeFrey gegenüber. In manchen Nächten verschwand die Grenze zwischen den Beiden und er sah ein Wesen halb Mensch, halb Tier hinter sich her hetzen. Bisher hatte er noch mit niemanden darüber geredet. Vielleicht würde sich das alles auch wieder von alleine legen. Und wenn nicht, dann würde er sich mit einer Flasche Bourbon in Gibbs Keller schleichen und mit seinem Boss reden. Der war ihm immer noch tausendmal lieber als so eine Psychotante vom NCIS.

Zum ersten Mal sah sich Tony bewusst in seinem neuen Zimmer um. Die Wände waren in einem hellen Gelb gestrichen und an den Fenstern hingen Vorhänge. Die Bilder an der Wand ihm gegenüber, entsprachen nicht seinen Vorstellungen von Kunst, aber sie waren ein netter Blickfang. Der große LCD Bildschirm, der an der Wand hing, war über eine Fernbedienung vom Bett aus zu bedienen. Da es sich um ein Privatzimmer handelte, hatte er den Luxus wahrscheinlich seinem Vater zu verdanken.

In dem Moment in dem die Tür aufging, bekam er einen Hustenanfall. Mit einer Hand zog er sich an dem Haltegriff über seinem Bett in eine sitzende Position. Das dabei sein Bein protestierte, nahm er missbilligend in Kauf. Kräftige Hände klopften ihm leicht auf den Rücken und hielten ihm eine Spuckschale, in die er den Schleim abhusten konnte. Als sich seine Atmung einigermaßen beruhigt hatte, ließ er sich wieder in die Kissen sinken und war dankbar für den zusätzlichen Sauerstoff, der ihm über eine Nasenbrille zugeführt wurde. Erst jetzt nahm er seinen Vater wahr.

„Dad, schön dich zu sehen“, kam es heiser von Tony. Seine Stimme war von dem letzten Anfall noch belegt. „Ziva hat mir schon alles erzählt. Du hättest dich früher operieren lassen sollen. Das war Wahnsinn, was du da vorhattest“, sagte sein Sohn vorwurfsvoll.

Anthony Senior zog sich einen Stuhl ans Bett, dann ergriff er die Hand seines Sohnes.

„Wahnsinn, ist das was mit dir passiert ist. Ich hatte Angst…“ Nervös fuhr er über den Arm seines Sohnes. „Ich hatte Angst, dich zu verlieren. Noch nie so sehr wie diesmal. Anthony, es tut mir leid.“

Verwirrt sah ihn sein Sohn an. „Was sollte dir leid tun? Pass nur in Zukunft ein bisschen besser auf dich auf. Wir brauchen dich noch.“

„Nein“, sagte dieser. „Das ist nett, aber das meinte ich nicht.“ Nervös fuhr er sich über die Anzugjacke und entfernte eine nicht vorhandene Fluse. „Ich hätte bei dir sein sollen, als es dir so schlecht ging. Oder wenigstens bei Ziva und Milena.“

„Dad, ich weiß doch Bescheid. Du hattest selbst eine schwere Operation zu überstehen und du bist jetzt da, das ist mehr als wir früher hatten.“

„Junior, du wärst beinah gestorben und wenn ich deiner Frau glauben darf, dann bist du alleine im Krankenhaus in Barrie dem Tod dreimal von der Schippe gesprungen.“

Tonys Kopf zuckte zurück und er zog überrascht die Augenbrauen hoch. „So oft?“, fragte er und ein Grinsen erhellte seine bleichen Gesichtszüge. „Da siehst du es doch wieder. Wir DiNozzos haben halt mehr Leben als eine Katze.“

„Ich würde mit solchen Aussagen vorsichtiger sein und schon mal durchzählen, wie viel dir dann noch bleiben“, sagte in dem Moment Gibbs sonore Stimme von der Tür. Unbemerkt von den Beiden DiNozzos hatte sich die Tür geöffnet.

„Och komm schon Boss. Lass einem kranken Mann doch auch sein Vergnügen“, quengelte Tony und obwohl man aus seiner Stimme die Schwäche hören konnte, spiegelten die Worte den alten Tony wieder und das entlockte allen ein Grinsen.

„Es tut mir leid eure Zweisamkeit zu stören, aber ich hab hier zwei junge Damen, die ich einfach nicht mehr bremsen kann“, sagte er und gab lachend die Tür frei.

Also erstes sah Tony Abby auf sich zu tippeln. Da ihre Platoosohlen immer höher wurden, wurden ihre Schritte scheinbar immer vorsichtiger. Der zweite Wirbelwind war seine Tochter, die schnurstracks aufs Bett zu eilte und schon fast gewohnheitsmäßig den Weg hinauf fand. Während Abby ihren Tiger erst einmal in eine Umarmung zog, die einer Bärenmutter gleichkam.

Glücklich, immer noch am Leben und im Kreise seiner Familie zu sein, fuhr sein Blick dankend über jeden einzelnen. Tim, der einsam in der Türzarge verweilte, aber seine Abby nicht aus den Augen ließ. Ziva, die nun ebenfalls langsam und wunderbar schwanger auf sein Bett zukam und sich auf die andere Seite setzte. Tabitha und Gibbs, die Arm in Arm am Fußende standen und nicht zu vergessen, Ducky und Jimmy, ohne dessen Hilfe er dieses Abenteuer vielleicht nicht überlebt hätte. Und natürlich würde er sich auch noch bei Fornell und Sacks bedanken, oder vielleicht doch nur bei Tobias?  Noch hatte er ein wenig Zeit das zu überdenken. Nur bei Dillan konnte er sich jetzt nicht mehr bedanken, aber er hoffte, dass es ihm dort wo er nun war gut ging.

TBC..............................

31. Kapitel (30.11.11)


Vier Wochen später

Wo war nur die Tasche? Gestern hatte er sie noch neben der Tür stehen sehen und jetzt war sie plötzlich verschwunden. Gehetzt warf er einen Blick ins Wohnzimmer, dann fuhr er sich über die schweißnasse Stirn und humpelte so schnell er konnte zum Schlafzimmer. Sein Blick suchte das Zimmer ab, als er aus dem Wohnzimmer erneut ein Stöhnen hörte. Oh Gott, er konnte die Tasche einfach nicht finden. Gott sei Dank hatten sie Milena heute früh noch zu ihrer Kindergartenfreundin Taljah gebracht. Die beiden Mädchen wollten zusammen mit Talis Mutter in den Zoo. Nicht auszudenken, wenn sie jetzt auch noch hier wäre.

„Schau im Wandschrank nach“, hörte er aus dem Nebenzimmer Zivas Stimme.

Der Wandschrank, klar, warum war er da nicht alleine drauf gekommen? Fast schon panisch öffnete er die Tür zum Schrank, als er die Türglocke hörte. Das musste das Taxi sein, das er bestellt hatte. Er ließ den Schrank Schrank sein, hinkte zur Tür und drückte die Gegensprechanlage.

„DiNozzo?“, fragte er ungeduldig.

„Ihr Taxi, Sir.“

„Nicht wegfahren, wir sind gleich da“, sagte Tony und ließ den Knopf los, dann lief er wieder ins Wohnzimmer.

„Ziva, das Taxi ist da. Komm, kannst du alleine aufstehen?“, als Antwort hörte er nur ein Japsen und Stöhnen. Schnell war er um den Tisch herum und hielt ihr seine Hand hin. Mühsam zog sich Ziva hoch. Doch als sie stand, machte sie sich von ihm frei und presste eine Hand in ihren schmerzenden Rücken, die andere unter ihren Bauch. Dann warf sie ihrem Mann einen besorgten Blick zu.

„Tony, atme einmal tief durch. Wir haben noch Zeit. Die Wehen sind noch nicht so schlimm. Entspann dich etwas, du siehst schrecklich aus.“

„ZIVA ich …“ Die Tasche!!, fiel ihm plötzlich ein. „Ich hol nur schnell die Tasche. Geh schon mal zur Tür“, sagte er und humpelte auch schon wieder los. Schmunzelnd sah sie ihrem Mann hinterher. Er war völlig durch dem Sturm. Seid sie ihm vor einer halben Stunde gestanden hatte, das sie schon seit Stunden Wehen hatte, stand er neben sich. Jetzt kam er gerade wieder ins Wohnzimmer. In einer Hand ihre Tasche, in der anderen ihre dicken Jacken. Bestürzt sah sie, wie er sich gerade seine Jacke anzog.

„Tony?“, sagte sie vorsichtig mit lächelndem Gesicht.

„WAS Ziva?“, fragte er irritiert.

„Meinst du nicht es wäre besser du würdest dir eine Hose anziehen? Draußen ist es sehr kalt.“ Grinsend deutete sie auf seine nackten Beine. Sie waren gerade dabei gewesen seine Beinwunde neu zu verbinden, als Zivas Geständnis Tony nicht mehr auf dem Sofa hielt.

Sichtlich verdattert zog er ohne ein Wort zu sagen seine Jacke wieder aus und humpelte zurück ins Schlafzimmer.

Ziva runzelte die Stirn. Wo wollte er denn nun schon wieder hin? „Tony?“

„WAS ZIVAAAAAA?“, kam es jetzt mehr als ungehalten von ihm.

„Deine Jeans liegt noch hier, wo du sie ausgezogen hast. Ich meine ja nur. Du solltest deinem Bein die unnötigen Wege ersparen.“ Sie war mehr als froh, dass er sein Abenteuer in Kanada überlebt hatte. Bis auf sein angeschlagenes Knie und die Bisswunde, die aufgrund der Sepsis immer noch nicht richtig verheilt war, hatte er die anderen Verletzungen und die Lungenentzündung mehr oder weniger überstanden.

Fast schon lachend verfolgte sie, wie er mit einem bösen Blick in ihre Richtung zurück humpelte und seine Hose in die Hand nahm. Ziva spürte derweil wie sich wieder alles in ihr zusammenzog. Ihre Augenbrauen legten sich kraus und ihre Hand fuhr unter ihrem Bauch, dann beugte sie sich etwas nach vorne und stöhnte laut auf. Sofort ließ Tony seine Hose wieder fallen und eilte auf sie zu, doch da hatte sie sich schon wieder aufgerichtet.

„Ich glaube jetzt wird es doch langsam Zeit“, sagte sie und diese Worte beflügelten ihren Mann noch mehr. Geschwind zog er seine Hose an und legte sich die Schiene, die er immer noch zu Stützung trug, um sein Knie. Dann half er Ziva in die Jacke und wollte mit ihr zur Tür.

„Tony?“, kam es da wieder von ihr.

„Was ist denn nun noch?“, sagte der Braunhaarige und fuhr sich mit dem Jackenärmel über die schweißnasse Stirn.

„Die Tasche.“

Oh Gott, dachte Tony. Schon wieder diese vermaledeite Tasche. Wo hatte er sie doch gleich wieder stehen lassen? Etwas unsicher fuhr er auf seinem heilen Bein herum und schaute in Richtung Wohnzimmer.

„Wohnzimmer, Couch“, kam da Zivas Anweisung und Tony setzte sich in Bewegung.

Kurz darauf standen sie im Aufzug nach unten und das behagte dem werdenden Vater nun gar nicht. Was würde passieren, wenn der Aufzug stecken blieb? Panisch sah er alle paar Sekunden auf die Anzeige, die aber weiterhin kontinuierlich abwärts zählte. Müde schloß er kurz die Augen. Die letzte Nacht war mal wieder nicht sehr erholsam gewesen. Immer noch plagten ihm Alpträume, die ihn aus dem Schlaf rissen und ein wieder einschlafen fast unmöglich machten. Es grenzte fast an ein Wunder, aber bisher hatte er es geschafft, es vor Ziva, und den anderen zu verheimlichen. Doch der Alpdruck wurde immer eindringlicher und er wusste, das er bald mit jemanden darüber reden musste. Doch wer kam da in Frage? Ziva auf keinem Fall, sie musste nicht jedes kleine Detail seiner Folter erfahren und Gibbs hatte jetzt auch andere Probleme, immerhin würde sein väterlicher Freund demnächst ebenfalls Vater. Noch immer leicht erstaunt über diese Tatsache, verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen.

Mit einer Hand stützte sich Tony an der Aufzugswand ab und entlastete sein schlimmes Bein. Die Ärzte hatten ihm wenig Aussicht gemacht, dass er jemals wieder einen Marathon laufen würde. Wahrscheinlicher war, das ein Hinken bleiben würde. Die Verletzungen seines rechten Beines waren in zu kurzer Zeit, zu schwer gewesen und die Vorstellung, nie mehr schmerzfrei laufen zu können, jagte ihm auch heute noch einen riesigen Schauer über den Rücken. Kurz schweiften seine Gedanken in die Richtung, in die sie in den letzten Tagen häufiger gewandert waren. Was wenn er die Prüfungen zum Field Agent nicht mehr schaffte? Was wenn er ein Leben lang nur noch Akten bearbeiten durfte? Schreibtischarbeit langweilte ihn immer so schnell. Doch er wollte nicht undankbar sein. Er lebte und er war zu Hause bei seiner Familie. Das war die Hauptsache und der Rest würde sich zeigen.

Missmutig sah er wieder auf die Anzeige. Wie lange fuhr dieser Aufzug denn nur? Ungeduldig trommelten seine Finger an die Wand, an der er sich noch abstützte. Dass Ziva ihn dabei immer noch mit diesem besorgten Blick ansah, machte die Sache auch nicht gerade besser. Sie war ihm wie immer ein Rätsel. Sie hatte Schmerzen und sie sorgte sich um sein Wohlergehen. Als endlich die Türen aufgingen, hatte er das Gefühl Jahre im Aufzug verbracht zu haben. Er atmete so tief es seine, noch immer lädierten Lungen erlaubten, ein und schnappte sich wieder die Tasche, als er von Ziva aufgehalten wurde. Ihre Hand packte seinen Oberarm und drückte zu. In Panik ließ Tony die Tasche fallen und drehte sich zu seiner Frau um. Sie stand nun wieder leicht vorn herüber gebeugt und unter ihr machte sich eine kleine Pfütze breit.

„Oh“, sagte sie überrascht. „Ich glaube jetzt wird es wirklich Zeit.“

~~~***~~~

Die Taxifahrt kam Tony ewig vor. Immer wieder hatte Ziva leise aufgestöhnt, seine Hand zerquetscht, böse auf Hebräisch vor sich hin gemurmelt und einmal mehr war der werdende Vater froh, dass er nur wenige Brocken ihrer Muttersprache verstand. Je mehr die hübsche Frau versuchte den Schmerz der Wehen zu unterdrücken, umso nervöser wurde der Taxifahrer. Immer wieder warf er ihnen über den Rückspiegel einen Blick zu. Als das Krankenhaus endlich in Sicht kam, war nicht nur Tony schweißnass, sondern auch der Fahrer, der vor lauter Panik kaum noch auf den Gegenverkehr achtete und sein Taxi in „Ziva-Manier“ durch den Berufsverkehr lenkte. Mit quietschenden Reifen hielt er das Gefährt vor der Notaufnahme an. In Windeseile hatte er die Tasche aus dem Kofferraum geholt und war scheinbar so froh seine heikle Fracht los zu werden, dass er noch nicht einmal auf das Trinkgeld warten wollte, sondern fast sofort den Wagen wendetet und die beiden verdutzt stehen ließ.

„Was war denn das gerade?“, fragte Ziva und presste eine Hand in ihren schmerzenden Rücken.

Tony wischte sich erst einmal den Schweiß von der Stirn, bevor er seiner Frau antwortete. „Ich schätze mal, er konnte mehr Hebräisch als ich?“, fragte er vorsichtig zurück, hob die Tasche vom Boden auf und verzog schmerzhaft das Gesicht. Immer wieder war er erstaunt, wie viel Kraft doch in ihrer kleinen, zierlichen Gestalt steckte. Leicht besorgt blickte er auf seine rote, leicht geschwollene Hand und wechselte die Tasche in die andere Hand. „Was hast denn gesagt?“

Seine Frau schaute einen Moment verdutzt, dann schenkte sie ihm ihr bestes Lächeln, während sich in ihrem Inneren schon wieder die nächste Wehe ankündigte. „Ich denke, du musst nicht alles wissen.“

~~~***~~~

Im Flur zum Kreissaal kam ihnen schon die Hebamme entgegen. Tony hatte die Frau, die Ziva fast durch die ganze Schwangerschaft begleitet hatte, erst vor ein paar Wochen kennengelernt. Sein erster Eindruck von der Hebamme, die ihre Haare nur mit einem Stift zu seinem gedrehten Knoten aufsteckte, war nicht der beste gewesen, aber er hatte sich im Laufe der Zeit durch ihre Kompetenz und Freundlichkeit eines Besseren belehren lassen und war nun mehr als froh sie zu sehen.

„Oh, da ist aber einer überpünktlich. Wie weit bist du jetzt? 33. Woche?“, begrüßte sie die beiden besorgt.

„35. Woche und das kann es nicht von seinem Vater geerbt haben“, kam es von der Brünetten schmunzelnd.

Tony wollte protestieren, aber die Hebamme ließ ihn nicht zu Wort kommen und deutetet auf Zivas dicken Bauch. „Wann haben die Wehen angefangen?“

„Heute früh, Megan“, teilte Tony ihr mit und warf seiner Frau einen bösen Blick zu. „Aber sie hat es mir erst vor…“, nervös sah er auf die Uhr. „..einer Stunde gesagt.“

Megan sah kurz zu der Schwangeren, die zwar das Gesicht etwas verzogen hatte, aber ansonsten noch Herrin ihrer Lage zu sein schien. „Alles klar bei dir, Ziva?“, und als diese ihr lächelnd zunickte, aber Tony mit besorgtem Blick anschaute, konzentrierte sie sich wieder auf den werdenden Vater. „Tony, beruhige dich. Du willst doch bei der Geburt dabei sein, oder? Denn, wenn du so weiter machst, dann kippst du hier noch um. Ich bringe euch jetzt zu einem Kreißsaal und dann setzt du dich hin.“ Als sie sah, dass er zu einer Erwiderung ansetzte, fuhr sie schnell fort. „Damit ich mich um deine Frau kümmern kann.“

Während sich Megan bei Ziva einhakte, nahm Tony die Tasche wieder auf und folgte den beiden Frauen nachdenklich. Umkippen? Er und umkippen? Auf was für Ideen die Frau doch kam.

Kurz darauf hatten sie das Zimmer erreicht und während seine Frau sich umzog, zog auch der werdende Vater seine Schuhe aus und humpelte zum Bett um dort auf seine Frau zu warten. Die Hebamme, die vorgab die Instrumente zu sortieren, warf ihm immer mal wieder einen besorgten Blick zu. Da sie Ziva die letzten Monate durch die Schwangerschaft begleitet hatte, wusste sie, wie es um deren Mann stand. Sie wusste von seinen Verletzungen und auch davon, dass die Wunde am Bein immer noch nicht richtig abgeheilt war. Eigentlich durfte niemand mit einer offenen Wunde in den Kreissaal, aber sie war bereit für eine Ausnahme. Außerdem war es keine akute Sepsis mehr und es wurden nur noch die Auswirkungen bekämpft. Es bestand also für Mutter und Kind keine greifbare Gefahr. Sie musste jetzt nur dafür sorgen, dass er auf dem Bett blieb und niemandem im Weg stand. Als die Tür zum Bad aufging und Ziva ins Zimmer kam, wollte Tony sofort wieder aufspringen, doch der starre Blick der Hebamme hinderte ihn daran.

„Wie schnell kommen die Wehen?“, fragte Megan und sah zu wie es sich Ziva in den Armen ihres Mannes gemütlich machte.

„Alle 15 oder 10 Minuten.“

„Okay, dann will ich mal nachsehen.“ Schnell war die Bettdecke hochgeschlagen und ihr Kopf zwischen Zivas Schenkeln verschwunden.

„Tja“, sagte sie, als sie wieder hochschaute. „Das wird noch etwas dauern.“ Sie hatte gerade die Decke wieder zurück geschlagen, als ihr Handy piepte. Megan warf einen Blick auf das Display, dann stand sie auf. „Ich muss kurz weg, ein Notfall. Aber ich schick euch gleich eine Krankenschwester. Nur keine Sorge. Bis es soweit ist, bin ich wieder bei euch. Also keine Angst“, und an Tony gewandt fuhr sie fort: „Und immer schön ruhig durchatmen.“ Mit einem Lächeln verschwand sie aus dem Raum.

~~~***~~~

„Hecheln, du musst hecheln Schatz“, kam es von ihrem Mann, der breitbeinig hinter ihr saß und sie dadurch stützte.

„AAAhhhhrrrggg“, machte seine Frau. „Woher willst DU das WISSEN, DiNozzo? Soweit ich mich erinnern kann, war ich bei der Geburtsvorbereitung ALLEINE“, rief sie zurück.

„Hey, gib mir nicht die Schuld, ich war Undercover und hab in Kanada um mein Leben gekämpft. Ich weiß was ich sage. Ich habe das oft genug im Fernsehen gesehen und jetzt Hechel, Schatz“, mit angestrengtem Gesicht machte er es ihr vor.

Die Krankenschwester, die dem Gespräch folgte, lächelte vor sich hin. Kanada, ums Leben gekämpft. Der Mann hatte eine blühende Fantasie, dachte sie grinsend.

Über Ziva rollte gerade die nächste Welle dahin und sie schrie ihre Wut heraus. „Nenn mich nicht SCHATZ!“, rief sie und drückte Tonys Hand so fest, das ihm ebenfalls ein Stöhnen entwich.

„M`am, Sie sollten auf ihren Mann hören und hecheln. Der Muttermund ist schon auf 10cm geweidet. Es wird jetzt nicht mehr lange dauern, dann können sie pressen. Aber solange sollten sie hecheln.“

Ziva hatte das Geschwafel über Muttermund und Wehenhäufigkeit satt. Sie hob die Hand, mit der sie nicht gerade Tonys Hand zerquetschte, und zog die Schwester am Kittel zu sich. „Nennen Sie..“, sie stöhnte. „mich nie wieder..“, wieder stöhnte sie, als die nächste Wehe ansetzte. „M´am! VERSTANDEN! AAAhhhrrrggg“, sagte sie noch, ließ die Krankenschwester los und fing an zu hecheln.

Die Schwester schaute beleidigt zwischen Tony und seiner Frau hin und her. „Sir, sie sollten zusehen, dass sie ihre Frau beruhigen. Diese ganze Aufregung verlangsamt nur die Geburt. Ich hole jetzt die Hebamme und komme gleich wieder“, teilte sie ihnen genervt mit und verließ fluchtartig den Raum.

„Was fällt der… UUUhhhhUUU.. ein?“, fragte Ziva aufgebracht. Zuerst sah es so aus, als wollte die junge Frau die Verfolgung aufnehmen und Tony spannte schon einmal seine Muskeln an. Doch dann ließ sie sich einfach in seine Arme zurücksinken.

Tony nahm den Lappen, den man ihm gegeben hatte und strich ihr den Schweiß von der Stirn. „Alles wird wieder gut“, sagte er gerade, als sie sich wieder in seinen Armen aufrichtete.

„Ich will dass das aufhört“, und als Tony den Mund aufmachte um ihr zu antworten, hob sie mit bösem Blick die freie Hand. „Komm mir ja nicht zu nah. Du bist schuld das ich hier liege“, grummelte sie vor sich hin.

Der werdende Vater hatte die Vergangenheit etwas anders im Gedächtnis, aber mit seiner Frau zu streiten war so ein Ding und mit seiner schwangeren Frau, die auch noch in den Wehen lag, war das noch ein ganz anderes Ding. Auf die Konsequenzen wollte er lieber verzichten. Es reichte schon, wenn sie ihm die Hand brach.

~~~***~~~

„Und noch einmal, Ziva, pressen, los, ich kann schon das Köpfchen sehen“, rief die Hebamme durch den Raum.

Die junge Frau holte noch einmal Luft und würgte den Schrei, der sich auf ihren Lippen formte, im letzten Moment ab. Etwas zerriss in ihr, das Baby bahnte sich seinen Weg nach draußen und Zivas Gedanke war, dass das Kleine selbst im Geburtskanal noch um sich trat. Dann war schlagartig der Druck verschwunden und sie spürte nur noch große Erleichterung.

Sekunden später setzte der erste Schrei an und die Hebamme hielt das Kleine hoch. „Ein Junge, aber soweit ich sehen kann, ist alles dran“, fügte sie grinsend hinzu. „Komm Tony, jetzt kommt dein Part“, sagte sie und machte ihm Platz, damit er die Nabelschnur durchtrennen konnte.

Staunend kam der Braunhaarige näher. „Es ist ein Junge“, wiederholte er, während er die wenigen Handgriffe tat, die man ihm gezeigt hatte.

„Das hört sich irgendwie enttäuscht an?“, fragte Megan und legte das Baby Ziva auf dem Bauch.

„Nein, nein, nur habe ich immer gedacht es würde ein Mädchen.“ Stolz ging er wieder auf seine Frau und seinen Sohn zu. Ein Junge. Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet. Schmerzhaft verkrampfte sich sein Herz und fast sofort erwachte sein Beschützerinstinkt. Völlig verblüfft sah er sich dieses kleine, blutverschmierte Etwas auf Zivas Bauch an. Noch immer schrie der Kleine aus Leibeskräften. Es war ein Wunder, nein, er war ein Wunder. So klein und zart, aber doch kräftig in der Stimme. Allen Widrigkeiten zum Trotz hatte dieses Menschenkind die Welt erblickt.

Noch immer hatte keiner im Raum etwas gesagt. Ziva hatte eine Hand auf den kleinen Rücken gelegt und weinte still, während ihr Mann nur sprachlos dastand. Klein DiNozzo hatte sich derweil wieder beruhigt und nuckelte an seiner Faust.

Megan warf den sprachlosen Eltern ein Lächeln zu. Sie erlebte es täglich, manchmal sogar mehrmals an einem Tag und doch war auch für sie jede Geburt und die ersten Minuten danach, ergreifend. Alle Eltern reagierten anderes. Die einen schrien ihre Freude heraus, die anderen beteten zu einer höheren Macht und wieder anderen verschlug es die Sprache. So gern sie ihnen auch die Zeit des Begreifens lassen wollte, das Leben ging nun einmal weiter.

„Ist er nicht etwas klein?“, fragte der frische Vater besorgt.

Megan lächelte. „Dafür das er in der 35. Woche geboren wurde, ist er ein Riese“, erklärte sie ihm belustigt. „Du kannst ihn jetzt anfassen Tony, er beisst nicht“, sagte sie. „Ich werde eben die Nachgeburt entsorgen und dann einen Arzt holen.“ Als sie die entsetzten Gesichter der Beiden sah, sprach sie weiter. „Das ist normal, keine Panik.“ Und mit diesen Worten verschwand sie aus dem Raum.

„Na los“, sagte Ziva. „Trau dich ruhig.“ Mit einem Lächeln ergriff sie Tonys Hand die immer noch über den kleinen Körper ihres Sohnes schwebte und leicht zitterte. Behutsam legte sie seine Finger auf den kleinen Rücken. Klein DiNozzo gab dazu einen Laut von sich, der auch eine Art Begrüßung sein konnte. Er quäkte einmal kurz auf, widmete sich dann aber wieder seiner Faust.

„Er ist so klein“, sagte Tony staunend und seine Finger fuhren über die kleinen Rippen.

„Also ich fand ihn recht groß“, kam es von Ziva. Alleine die letzten Minuten hatten ihr viel Kraft abverlangt.

Tony hatte immer noch eine Hand auf dem kleinen Rücken liegen, beugte sich nun aber zu Ziva runter, strich ihr eine aus ihrem Zopf gelöste Haarsträhne hinter das Ohr und küsste sie zärtlich, bis der Kleine sich laut stark bemerkbar machte.

„Oh Gott, was fehlt ihm?“, fragte Tony leicht panisch, doch seine Frau lächelte ihn beruhigend zu.

„Ich denke er hat gerade festgestellt, dass seine Faust den Hunger nicht stillen kann.“ Beruhigend strich sie sowohl ihrem Sohn, als auch ihrem Mann über die Hand. Sie hatten beide noch viel zu lernen. Ein Baby war etwas ganz anderes als eine Vierjährige. „Wie wollen wir ihn nennen?“ Fragend sah sie ihn an.

Tony schluckte und einmal mehr dankte er im Stillen dem alten Holzfäller, der für ihn gestorben war. Wenn Dillan ihn nicht in den Wäldern gefunden hätte, dann würde er hier nicht stehen und seinen Sohn bestaunen können. „Was hältst du von Dillan?“, fragte er sie daher hoffnungsvoll, während seine Finger über das dunkle flaumartige Haar des Kindes fuhren.

„Dillan Anthony DiNozzo. Würde dir der Name gefallen, kleiner Mann?“, fragte sie ihren Sohn, der schlagartig aufhörte zu weinen und wieder anfing an seiner Faust zu nuckeln. Ziva zwinkerte Tony zu. „Ich denke der Name gefällt ihm. Also Dillan.“

„Ja“, kam es nachdenklich von dem Agent. „Dillan ist ein guter Name.“ Und macht in wenig von meiner Schuld weg, dachte er im Stillen. Obwohl Tony wusste, er würde nicht lange genug leben, um all das zurückzahlen zu können, was der Holzfäller für ihn getan hatte. Verstohlen wischte er sich über die Augen und sah glücklich zu seiner kleinen Familie herunter. Vielleicht würde er nie wieder schmerzfrei gehen können und vielleicht blieb auch ein Hinken zurück, aber das würde ihn nicht aufhalten. In zwei Monaten würde er die Prüfungen wagen, die ihn entweder zurück an die Front brachten, oder für immer an den Schreibtisch verbannten. Doch zum ersten Mal seit Wochen war er sich sicher, dass er diese auch bestehen würde. Er hatte einen Weg zu gehen. Für sich und für die seinen.

TBC.................

Epilog (04.12.11)


Sieben Tage später

Tony warf einen letzten Blick in den Spiegel und zupfte sein Haar in Form. Heute konnte er endlich Ziva und Dillan aus dem Krankenhaus abholen. Aufgrund Zivas Nierenerkrankung und den während der Schwangerschaft aufgetretenen Beschwerden, hatte man Mutter und Kind diversen Untersuchungen unterzogen, was die Entlassung verzögert hatte. Doch jetzt war alles ausgestanden. Milena war schon ganz aus dem Häuschen. Sie konnte es gar nicht erwarten „große“ Schwester zu werden und schmunzelnd dachte Tony an das erste Zusammentreffen zurück.

~~~***~~~

Fünf Stunden nach der Geburt waren alle gekommen, um das neuste Mitglied  zu bestaunen, das seelenruhig schlafend in seinen Bettchen neben Zivas Bett lag und dem der ganze Trubel scheinbar nichts anzugehen schien.

Als erstes hatte Tony seine Tochter von ihrer Freundin abgeholt. Behutsam wollte er ihr mitteilen, dass sie doch kein Schwesterchen bekam. Aber Milena war nicht die Spur überrascht. „Daddy, sei nicht traurig, aber ich hab doch immer schon gesagt, dass es ein Junge wird“, hatte sie ihm mit ernstem Gesicht gesagt. Dann als sie im Krankenhaus angekommen waren, war sie mit vor Stolz geschwellter Brust, auf Zivas Bett gekrabbelt und wachte seitdem mit Argusaugen über ihr kleines Brüderchen.

Im Eilgalopp, soweit es ihre Platooschuhe zuließen, waren Abby und Tim aufgetaucht und wenig später auch Tabitha und Gibbs. Ducky und Jimmy erschienen wie meist etwas verspätet. Zivas Eltern hatten ihnen schon am Telefon gratuliert und Ruth hatte ihrer Tochter versprochen mit dem nächsten Flug vorbei zu kommen. Sogar Direktor Vance hatte ihnen schon seine Gratulation zukommen lassen.

Tonys Vater hatte sich zusammen mit Maggie gleich in den Zug gesetzt, nachdem er die Nachricht erhalten hatte. Seine Bypass OP war gut verheilt und die Reha bereits abgeschlossen. Das Unternehmen hatte er allerdings erst einmal seinem Partner überlassen. Zurzeit genoss er einfach die freundlichen Zuwendungen seiner Haushälterin Susanne. Maggie und Jimmy standen händehaltend etwas abseits und waren sich scheinbar selbst genug.

Gibbs ging langsam zu Tab herüber und stellte sich hinter sie. Dann zog er sie an sich und bettete sein Kinn auf ihren Scheitel. Seine Hände streichelten dabei über die kleine Wölbung ihres Bauches, die er schon ertasten konnte. Bald war es soweit, dann würde es auch in seinem Haus wieder Kinderlachen geben. Milena und Tonys Lachen lenkte ihn von seinen Grübeleien ab und gutgelaunt stimmte er in ihr Lachen mit ein. Irgendwie hatte er für sich das Lachen wieder entdeckt, stellte er verwundert fest. Die Zeiten änderten sich scheinbar.

Mit einem stolzen Grinsen sah Tony zu seinem Sohn, der friedlich schlafend in Zivas Armen lag. Alle waren sie gekommen. Die alten Freunde und die erst kürzlich dazugewonnenen, vereint zu etwas neuem, großem. Seine Familie, dachte er lächelnd.


~~~***~~~

Schmunzelnd fuhr Tony sich über seinen Nacken. Es wurde Zeit und er wollte Ziva nur ungern warten lassen. „Mia? Bist du fertig? Können wir los?“, rief er in Richtung Kinderzimmer, während er seine Jacke anzog.

„Gleich“, kam es zurück.

Stirnrunzelnd humpelte er ihr entgegen. „Was machst du denn noch so wichtiges?“, fragte er neugierig und spähte in ihr Zimmer.

Seine Tochter saß an ihrem Tisch und als sie ihn sah, sprang sie auf. „Schau Daddy, das hab ich noch schnell gemalt“, sagte sie und hielt ihm ein Bild entgegen. „Das ist für dich, hat er gesagt.“

Lächelnd nahm ihr Vater das Gemälde an sich und wollte es sich gerade ansehen, als die Türschelle erklang. „Das wird das Taxi sein. Zieh deine Jacke an“, sagte er, nahm seine Schlüssel, legte das Bild ohne einen Blick darauf zu werfen auf den Schuhschrank und folgte seiner Tochter die schon im Flur stand. Durch den Windzug der schließenden Tür, wehte das Bild vom Schrank und segelte durch die kleine Diele, bis es letztendlich auf dem Boden liegen blieb. Das Bild zeigte eine verschneite Waldlandschaft, in deren Mitte ein älterer Mann mit Glatze stand und an seiner Seite eine kleinere ältere Frau. Darunter stand in einer krakligen Kinderschrift: „Mach dir keine Vorwürfe, uns geht es gut.“

~~~***~~~

Ein paar Tage später

Etwa 30 Kilometer außerhalb von Washington, auf einem kleinen unbekannten Friedhof,  auf dem anonyme Beerdigungen stattfanden, beobachtete ein ungefähr siebenjähriger Junge, mit einem wirren blonden Lockenkopf, zusammen mit seiner Mutter, wie ein Grab ausgehoben wurde.

Staunend verfolgte der Kleine jede Bewegung des Einmann-Baggers. Das Wehklagen seiner Mutter bekam er kaum mit. Gerade hob der Bagger die nächste Ladung Erde aus dem Grab und versenkte die Schaufel erneut. Wenn er einmal groß sein würde, dann würde er Baggerführer werden. In seiner Fantasie stellte er sich schon einmal seinen Tagesablauf vor. Wie er morgens die große Maschine anließ und.......“Auuuuaaaaaaa, Maman“, rief er entrüstet und rieb sich das Ohr, an dem seine Mutter ihn zu sich umgedreht hatte.

„Du sollst aufpassen, nicht träumen.“ Ihre Stimme war kalt und beherrscht.

Tapfer verkniff er sich seine Tränen, da er wusste, dass das nur später Schläge nach sich ziehen würde. Aus dem Augenwinkel blickte er noch einmal zu dem kleinen Bagger, dann zog er die Nase hoch und schaute seine  Mutter abwartend an.

„Du weißt warum wir hier sind, Guillaume?“

„Pére wird hier heute beerdigt.“

„Richtig und das darfst du nie vergessen. Hörst du? Du bist...“ Sie suchte nach Wörtern. „Tel pére, tel fils.“ Genau das war es, was sie sagen wollte. Wie der Vater, so der Sohn.

„Maman, du tust mir weh“, jammerte der Kleine.

Noch immer hatte seine Mutter sein Ohr fest im Griff. Mit der freien Hand suchte sie in ihrer Tasche nach einem Foto, das sie vor ein paar Tagen geschossen hatte. Es zeigte eine glückliche Familie. Ein kleines Mädchen schob einen Kinderwagen und Vater und Mutter liefen Arm in Arm, lachend hinterher.

„Sieh es dir an, sieh es dir genau an“, flüsterte sie hasserfüllt und zog seinen Kopf am Ohr zum Bild. „Das ist der Mörder deines Pére. Und das ist seine Familie. Das sind die, die unser Leben zerstört haben. Du musst ihn rächen. Nicht heute, mon petit merdeux und vielleicht auch nicht morgen, aber deine Zeit wird kommen.“ Kalt und gefühllos hatte sie geklungen, doch plötzlich sackte sie wieder wehklagend zusammen und ließ Guillaume los.

Der Junge griff sofort an sein Ohr und versuchte den Schmerz weg zu reiben. Noch einmal warf er einen sehnsüchtigen Blick zu dem Bagger, dann seufzte er einmal tief, ergriff die Hand seiner Mutter und zog sie wieder auf die Füße. „Komm Maman. Wir haben  noch viel vorzubereiten“, sagte er und steckte sich das Photo in die Anoraktasche.  

Denn er war nun einmal was er war, er war der Sohn seines Vaters.


~~~ E N D E ~~~

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Kommentare: 3
  • #1

    Crazy-NCIS (Freitag, 16 März 2012 15:10)

    Was für eine tolle Geschichte!^^
    Gefällt mir richtig gut. Hab alles bis zum Ende durchgelesen.
    Lustig fand ich Tonys Verhalten nachdem Ziva ihm die Wehen gestanden hatte.
    Trauriges gab es vieles. Die Tränen kamen mir aber erst wirklich, als Dillan gestorben war. Der arme Piet!
    Der Rest des Epilogs hat mich am Anfang etwas verwirrt, aber als die Mutter zum Jungen gesagt hatte, dass das der Mörder seines Vaters war, hatte ich verstanden. LeFrey! Der hatte eine Familie? Hattest du das erwähnt? Kann ja sein, dass ich es überlesen habe.
    Naja, wie dem auch sei, tolle FF. War wirklich toll zu lesen! Mein Lob. So gut, würde ich gerne schreiben können. Ich schreibe nämlich auch NCIS FanFictions.
    Liebe Grüße von mir!

  • #2

    Juicer Reviews (Montag, 22 April 2013 17:48)

    This post was in fact just what I had been looking for!

  • #3

    jasmina154 (Mittwoch, 02 September 2015 00:29)

    Ich finde deine Fanfiction wirklich klasse!
    Es ist bis jetzt die Beste die ich gelesen habe. Du triffst die Charaktere total gut und ich konnte gar nicht aufhören zu lesen. Ich habe mehr oder weniger an einem Stück ALLE DEINE KAPITEL gelesen und konnte mein Tablet kaum aus der Hand legen! Ich bin regelrecht in der Welt von dem NCIS-Team versunken.
    Du hast echt ein Talent! Bitte schreib weiterhin so atemberaubend gute Fanfictions mit so viel Gefühlen, Hochs und Tiefs und einer Spannung bei der selbst beim Lesen das Herz schneller schlägt. Mit Szenen die so herzzerreißend schön sind, dass man weint und voll in der Geschichte ist!

    Großen Respekt und viel Erfolg bei weiteren Fanfiction oder Geschichten jeglicher Art.